Bernhard Peter
Historische heraldische Exlibris (42)

Exlibris von Friedrich Wolf
Dieses Blatt führt uns zu einer Münchner Buchdruckerfamilie. Von Peter Philipp Wolf (1758-1808), der aus Pfaffenhofen stammte, erst Buchhändler in Leipzig war und dann 1803 nach München zog, wurde die Druckerei begründet. Der Familienbetrieb ging dann an dessen Sohn Dr. Carl Wolf (1802-1836), und nach diesem an dessen Sohn Friedrich Wolf (1826-1870), den Exlibris-Eigner und zugleich auch dessen Ersteller. Von dessen Nachkommen übernahm 1878 Ludwig Wolf die bis heute bestehende Firma. Das hier im Zentrum des Blattes dargestellte redende Familienwappen Wolf zeigt einen mit einem Wolf belegten Schrägbalken, auf dem Helm ein wachsender Wolfsrumpf (Tinkturen unbekannt, Hinweise willkommen). Friedrich Wolf studierte in München Jura in der Zeit von 1846 bis 1848, und 1949 begründete er die lithographische Anstalt Friedrich Wolf, erst parallel zum väterlichen Betrieb, später mit diesem zu einem vereinigt als Dr. C. Wolf & Sohn.

 

Das Buchdruckerhandwerk wird im vorliegenden Blatt durch eine Buchdruckerpresse am optisch rechten unteren Rand dargestellt. Für seine Verdienste wurde Friedrich Wolf zum Hof- und Universitäts-Buchdrucker ernannt und bekam hohe Auszeichnungen. Das von ihm selbst entworfene Blatt ist ein Wappen- und ein Portrait-Exlibris zugleich, denn der in der Tracht des 17. Jh. dargestellte Mann, der mit der Rechten das Wappen hält, trägt die Züge des Eigners selbst. Zwischen dem kreisrunden Lorbeerkranz, der um das Wappen gelegt ist, und der Kartusche mit der Eignerinschrift liegen diverse Waffen (Flinte, Degen, Pulverbehälter), was daran erinnert, daß Friedrich Wolf Hauptmann der Münchner Bürgerwehr war. Heraldisch links ist ein Ratsabzeichen zu sehen, Friedrich Wolf war Vorstand des Gemeindekollegiums zu München. In den oberen beiden Ecken befinden sich die heimatbezogenen Wappenschilde für Bayern (silbern-blau schräggerautet) und München (in Silber ein Mönch mit schwarzer Kutte und roten Schuhen, in der Linken ein rotes Buch haltend, die Rechte zum Schwur erhoben). Die Devise auf dem Schriftband lautet: "Ich trotz der Not, ich steh dem Tod".

Exlibris von Lorenz Rheude
Dieses auf 1902 datierte zweifarbige Exlibris stammt aus der Feder von Lorenz M. Rheude (17.12.1863-1.5.1939) und ist für die Bücherei von Walter Vogt angefertigt worden. Im Gegensatz zu anderen Arbeiten Rheudes ist dieses Blatt künstlerisch wie technisch unterdurchschnittlich. Der Wappenschild zeigt in Rot über einer goldenen, dreizinnigen Mauerkrone drei gestürzte silberne Pfeile, der mittlere pfahlweise, die äußeren darüber schräggekreuzt. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre ein offener roter Flug, beiderseits belegt mit zwei schräggekreuzten, gestürzten, silbernen Pfeilen, auf einem rot-silbern bewulsteten Helm mit ebensolchen Decken. Dieses Wappen für die aus Langenreinsdorf, Krs. Werdau/Sachsen stammende Familie ist in der Deutschen Wappenrolle eingetragen in Band: XII, Seite: 92, Nummer: 5542/57. Das Wappen wurde im Jahre 1906 vom Exlibriseigner Peter Walter Vogt (1873-1941) neu angenommen. Er war Verlagsbuchhändler in Gotha (Thüringen). Dort wurde u. a. das "Archiv für Stamm- & Wappenkunde, hrsg. von Lorenz M. Rheude, verlegt. Hermann Vogt ließ es am 20.2.1958 in die DWR eintragen. Führungsberechtigt sind alle Nachkommen im Mannesstamm des Stammvaters Görge Voytt, der um 1550/60 geboren wurde und am 10.12.1609 in Langenreinsdorf beerdigt wurde. Die beiden am oberen Rand zusätzlich angebrachten Wappenschilde sind Berufswappen für den Verlagsbuchhändler Walter Vogt, die Schildchen des Künstlerwappens kombiniert mit dem Hermesstab der Händler ergibt das Symbol für den kunsthandel, gegenüber der Adler mit den Buchdrucker- und Setzerwerkzeugen in den Fängen als Symbol des Buchdrucks.

Exlibris von Hugo Gerard Ströhl
Dieses Blatt ist eine undatierte Lithographie (ca. 19,5 cm x 14 cm) von Hugo Gerard Ströhl (24.9.1851-7.12.1919). Die eingedruckte Künstlersignatur befindet sich rechts unten am Rand einer Weintraube entlang gelegt. Die dreigeteilte Inschrift lautet "EX LIBRIS CANONIAE CLAUSTRONEOBURG". Es handelt sich um das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg in Niederösterreich, welches auch im unteren Teil des Blattes in einer Vedoute zu sehen ist. Dieses Stift wurde 1114 durch Markgraf Leopold III. gegründet. Seine heutige Form erhielt der gewaltige Klosterkomplex erst im 18. und 19. Jh., als er zur Klosterresidenz mit enger Verbindung von Herrschaft und Kontemplation ausgebaut werden sollte. Die riesig geplanten Stiftsgebäude rings um vier regelmäßig angelegte Innenhöfe, von denen nur einer im Osten fertiggestellt wurde, sind ein Produkt des späten Barockzeitalters. Insbesondere Karl VI. wollte hier eine Art österreichischen Escorial schaffen, und den Verlust der Möglichkeit, die spanische Krone zu tragen, kompensierte er hier durch Baulust. Das erst zu einem Viertel fertiggestellte Klosterprojekt wurde aber nach seinem Tod nicht mehr vollendet. Die Stiftskirche erhielt im 19. Jh. neugotische Türme. Die Ansicht auf dem Exlibris ist die von Norden. Rahmenwerk, das rechts und links von Büchern und einem Globus flankiert wird, leitet nach oben über zu dem oval gefaßten Stiftswappen, in Rot eine silberne Sturzkrücke. Es wird überhöht von einem geflügelten Engelskopf mit Inful, dahinter schrägrechts ein Abtsstab. Naturalistische Bäume bilden den Hintergrund für den oberen Teil der Komposition.

 

Exlibris von Lorenz Rheude
Dieses auf 1919 datierte und von Lorenz M. Rheude (17.12.1863-1.5.1939) geschaffene Exlibris ist für Alfred Baumeister aus München, einem Auftraggeber von sehr vielen Varianten seines Familienwappens, das in mehreren Entwicklungsstufen auf den Bucheignerzeichen überliefert wird. Das erste Wappen wird von Alfred Baumeister 1903 geführt, auf einem Dreiberg einen flugbereiten Vogel (Häher), der in seinem rechten erhobenen Fuß einen Stein trägt, auf dem Helm wiederholt sich das Schildbild. Um 1908 taucht ein ganz anderes Wappen auf, ein redendes, in Blau ein silbernes Haus, auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender Baumeister in blau-silbern gespaltenem Gewande mit Kragen in verwechselten Farben und mit blauer, silbern gestulpter Mütze und goldenem Stechzirkel in der Hand zwischen einem rechts silbernen, links blauen Paar Büffelhörner. In der DWR ist dieses Wappen unter Nummer 4317/43 registriert, bis jetzt aber noch nicht publiziert worden. Solche Exlibris begegnen uns 1908 und mehrfach 1910 für Alfred Baumeister, 1912 für Jenny Baumeister sowie 1913 für Fritz Baumeister (siehe vorherige Seiten dieser Sammlung). Und in dem hier vorliegenden Beispiel von 1919 muß der Eigner wohl Wehmut ob des aufgegebenen älteren Wappens verspürt haben, denn er fügte dem redenden Baumeisterwappen mit dem Haus im Schild und dem Baumeister als Helmzier einen zweiten Helm mit dem wachsamen Häher hinzu, der aus dem älteren Wappen entnommen ist.

Exlibris von Oskar Roick
Dieses Blatt ohne Jahresangabe hat der Künstler, Oskar Roick (28.3.1870-11.12.1926), für sich selbst angefertigt (Buchdruck, Witte, Bibliographie 3, 27; Gutenberg 38.700). Auf der Rückseite ist ein Stempel "Prof. Oskar Roick, Wappenmaler Berlin-Steglitz". Das Blatt ist optisch rechts über dem Berliner Stadtwappenschild im Druck monogrammiert, ein "R" mit unten an die Vertikale angesetztem und dessen Ende umgreifendem "O", eine von mehreren Signaturvarianten. Das Blatt hat drei Zonen innerhalb des alles umfassenden Rahmens. Die unterste Zone beinhaltet die Kartusche mit der Eignernennung in Neorenaissance-Stil. Darüber ist eine schmalere Zone, in der zwei Wappenschilde und typische Utensilien eines Malers und Zeichners wie Palette, Pinsel, Zeichendreieck, Papierrolle etc. zu sehen sind. Der optisch linke Schild enthält das gewendete Wappen des Königreichs Preußen, in Silber ein königlich gekrönter, schwarzer, golden bewehrter und rotgezungter Adler mit goldenen Kleestengeln auf den Flügeln und goldenem preußischen Königszepter und Reichsapfel in den Fängen sowie den Initialen FR (für Fridericus Rex, König Friedrich I.) auf der Brust, und optisch rechts der Schild zeigt das Stadtwappen Berlins, in Silber ein aufgerichteter schwarzer Bär. Diese mittlere Zone ist der Sockel für die obere Zone. Diese ist als Bogenfeld gestaltet, und das darin enthaltene Vollwappen der Familie Roick und die daneben mit aufgestütztem Buch in der Linken und Gänsefeder in der Rechten dargestellte, auf dem Sockel sitzende Dame, die sinnierend den Betrachter gerade anschaut, greifen beide auf die mittlere Zone des Blattes über.

 

Das Wappen der Familie Roick zeigt in schwarz-silbern gespaltenem Schild ein die Spaltung überdeckender, eingebogener roter Sturzsparren, letzterer belegt mit drei (2:1) aufrechten silbernen Schildchen. Auf dem schwarz-silbern-rot-silbern bewulsteten Helm mit rechts schwarz-silbernen und links rot-silbernen Decken ein wachsender schwarzer Bär. Die Symbolik dieses Wappens ist naheliegend, es wurden die typischen drei Schildchen des Künstlerwappens verwendet und auch die dort vorkommenden Farben, und der Wohn- und Tätigkeitsort Berlin spiegelt sich in der Helmzier wider. Das Wappen wird im Siebmacher Band: Bg10 Seite: 31 Tafel: 35 beschrieben, mit gleichem Schildinhalt, aber anderer Helmzier. Für die aus der Niederlausitz und der preußischen Provinz Sachsen stammende Familie, die sich auf Christian Roick, bis 1726 Schulmeister in Labrun, Kreis Torgau, zurückführt, und von der der Hofwappenmaler Oskar Roick abstammt, wird als Helmzier ein Flug angegeben, rechts schwarz, links silbern, beide Flügel schräg nach außen mit einem roten Balken mit zwei aufrechten goldenen Lindenblättern darin belegt. Im Jahre 1894 hatte Oskar Roick, Sohn von Carl Otto Roick, Ziseleur und Medailleur (geb. 25.1.1842) und dessen Frau Eugenie Carl (geb. 6.7.1847), das Wappen für die Familie angenommen. Oskar Roick, der übrigens einen im gleichen Geschäft tätigen Bruder Hugo (6.2.1873-16.4.1945) hatte, machte in Hannover bzw. München eine Lehre zum Xylographen und Lithographen, danach besuchte er die Kunstgewerbeschule Hannover. 1890 machte er sich als Zeichner selbständig, erst in Hannover, dann in Berlin, wo er seit 1897 Mitglied des Vereins Herold wurde. In Hannover war er Mitglied im Verein Kleeblatt. 1904 wurde er Hof-Wappenmaler des Fürsten zur Lippe. Professor wurde er 1918.

Exlibris von Oskar Roick
Ein undatiertes Exlibris aus der Feder von Oskar Roick (28.3.1870-11.12.1926) für Rudolf Schönrock (Klischee, 11 cm x 6,3 cm). Das Blatt ist am unteren Rand im Druck monogrammiert. Eine schmale Zone ist unten für die Kartusche mit der Eignerinschrift abgetrennt, und das darüberliegende hochrechteckige Feld wird ganz von dem Vollwappen dominiert, das mit dem unteren Schilddrittel ein einreihiges Bücherregal verdeckt, das neben dem Berliner Stadtwappen (in Silber ein aufgerichteter schwarzer Bär) optisch links noch als interessantes Detail ein Flügelrad rechts enthält. Das Wappen Schönrock ist gespalten, rechts in Blau auf grünem Dreiberg eine silberne Lilie, links in Silber ein blauer Pfahl, auf dem Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender, barhäuptiger Jünglingsrumpf in blauem, an Kragen und Ärmeln silbern aufgeschlagenen Rock, in der Rechten die silberne Lilie emporhaltend, die Linke eingestemmt. Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bg11 Seite: 37 Tafel: 45. Rudolf Hermann Gustav Schönrock (geb. 26.12.1890) war Eisenbahn-Betriebskontrolleur in Berlin-Steglitz, deshalb findet sich das Flügelrad im Exlibris als Hinweis auf seinen Beruf. Der Eigner hatte am 30.11.1918 Herta Eva Ruth Salomon (geb. 24.5.1894) geheiratet. Das Wappen nahm der Eigner am 30.11.1918 für sich und für seine Nachkommen an. Auch sein Bruder Bruno Johannes Hermann Gustav Schönrock (geb. 2.5.1879) war im gleichen Gewerbe, jener war kgl. Eisenbahnbetriebsingenieur in Charlottenburg, und auch er war an der Wappenannahme 1918/1920 für die Familie beteiligt. Hinter dem Wappen ragt im Hintergrund ein Turm auf. Die oberen Zwickel des Rahmenwerks sind mit Eichenlaub gefüllt.

 

Exlibris von Walter Wilfried Sturtzkopf
Dieses Blatt ist eine undatierte Arbeit von Walter Wilfried Sturtzkopf (10.5.1871-5.10.1898) für Max v. Fabrice (30.8.1845-19.11.1914). Das ca. 8 cm x 7 cm messende Blatt ist in der Platte "W.W. S. fec." signiert. Die v. Fabrice sind ein hessisches Geschlecht, das ursprünglich Fabricius hieß, Weyprecht Schmidt gen. Fabricius (1551-1610), isenburgischer Rat und Sekretär zu Birstein, zum Stammvater hat und gegen Ende des 17. Jh. die Namensform "Fabrice" annahm. Am 19.11.1644 wurden die Söhne und Enkel des erwähnten Weyprecht in drei Linien von Kaiser Ferdinand III. in den Reichsadelsstand erhoben. Besagte Söhne waren Dr. iur. utr. Esaias Fabricius (1579-1660), hessischer Geheimrat und Kanzler in Darmstadt, Dr. iur. utr. Philipp Ludwig Fabricius, hessischer Geheimer Rat und Kanzler. Die Enkel waren ein Sohn des Erstgenannten, Johann Esaias Fabricius von Grass (1620-1680), Reichshofrat, Kanzler und Gesandter, sowie die Söhne des dritten, verstorbenen Bruders, Philipp Conrad Fabricius, nämlich Conrad, Jakob und Johann Richard. Die einzelnen Linien nannten sich v. Fabrice, Fabricius von Westerfeld und Fabricius von Graß, aus der die nassauische Freiherrenfamilie v. Grass hervorging.

Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher V, 21, Siebmacher III, 4, ferner im Siebmacherschen Wappenwerk Band: He Seite: 9 Tafel: 8, Band: PrE Seite: 65 Tafel: 54, Band: PrE Seite: 199 Tafel: 173, Band: AnhA Seite: 76 Tafel: 44, Band: Frkft Seite: 1 Tafel: 1, Band: Me Seite: 8 Tafel: 5 und Band: Sa Seite: 26 Tafel: 27, im Hessischen Wappenbuch und im Rietstap unter "Fabrice de Westerfelt".

Das bürgerliche Stammwappen war nur der waagerecht liegende Ast mit der daraus hervorwachsenden gestielten und beblätterten Rose, auf dem Helm die gestielte Rose zwischen einem Flug, so bei Dr. iur. Conrad v. Fabrice, Geheimer Rat und hessischer Vizekanzler zu Darmstadt, im Jahre 1633, bzw. einen Ast mit drei Rosen, so im Jahre 1635 bei Dr. Philipp Ludwig Fabricius.

Das hier vorliegende, vermehrte Wappen ist geteilt, oben in Silber ein natürlicher, wachsamer Kranich mit einem goldenen Stein im erhobenen rechten Fuß zwischen zwei goldenen, sechszackigen Sternen, unten in Rot ein balkenweise liegender silberner Ast mit einer daraus nach oben hervorwachsenden gestielten und beblätterten silbernen Rose mit goldenem Butzen. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken der Kranich zwischen einem silbern-rot übereck geteilten Fug, dessen beide silbernen Plätze mit einem goldenen Stern und dessen rote Plätze mit einer silbernen Rose wie im Schild belegt sind. Es finden sich in der Literatur auch abweichende Beschreibungen mit roten Sternen, im vorliegenden Beispiel ist die Farbschraffur jedoch die für goldene Tinktur. Der Kranich des Schildes und der Helmzier wird auch als "wachsend" beschrieben, gemeint ist zumindest beim Schildbild wohl eher "wachsam".

Der Wappenschild nimmt nur einen geringen Anteil an der Gestaltung ein, Hauptattraktion des Blattes ist eine zweitürmige Burg, die an einem Ufer ins Wasser hinein gebaut ist und noch einmal von einem niedrigen Zwinger mit runden Ecktürmchen umgeben wird. Aufgrund der typischen zwei Türme an der dem Wasser abgewandten Seite kann es als das Schloß Gottlieben im Schweizer Kanton Thurgau identifiziert werden, welches der Freiherr Maximilian von Fabrice, kurfürstlich hessischer Kammerherr, bewohnte, aber in einer Rekonstruktion des mittelalterlichen Zustandes. Hier saßen einst berühmte Gefangene ein, u. a. Johannes Hus, Hieronymus von Prag und Baldassare Cossa = Gegenpapst Johannes XXIII. Heute sieht das Schloß bis auf die Türme ganz anders aus. Das im 19. Jh. neugotisch umgebaute Bauwerk liegt am Seerhein, dem 4 km langen Flußstück zwischen dem Obersee und dem Untersee des Bodensees, am Ufer gegenüber der Stadt Konstanz. Der Abstand des Gebäudes zum Wasser ist heute auch wesentlich größer als auf dem Exlibris dargestellt. Da der Künstler M. M. Sturtzkopf in Konstanz tätig war, ergibt sich der räumliche Bezug zum Auftraggeber. Im Vordergrund des Blattes befindet sich Bibliothekstypisches; ein dicker Wälzer, darauf Brille und Schreibgerät. Übrigens hatte die Tochter von Maximilian von Fabrice, Blanche, 1902 den Schriftsteller und Dichter Emanuel von Bodman geheiratet, sie trennten sich 1909.

Exlibris von Bodo von Bose:
Dieses Anfang des 20. Jh. entstandene Bücherzeichen wurde von Bodo von Bose (24.9.1873-15.1.1915) gezeichnet. Die Algraphie ist 6,5 x 7 cm groß und trägt auf der Rückseite einen Stempel "Selbstgezeichnet von Bose Oberleutnant im Regiment Graf Bose Altona a.d. Elbe Allee 97". Der Künstler war also Mitglied im Infanterieregiment Graf Bose (1. Thüringisches), das eine gewisse historische Berühmtheit durch die Teilnahme an der Schlacht bei Yorktown 1781 erlangte und im 1. Weltkrieg die Reg.- Nr. 31. hatte. Bodo von Bose, geb. 24.9.1873 in Bruchsal, ist am 17.1.1915 bei Croix des Larmes (Priesterwald) gefallen. Zwei Schilde sind unter einer Krone einander zugeneigt. Das alte, korrekte Stammwappen der von Bose ist ein von Silber und Schwarz gespaltener Schild, Helmzier ein viereckiges, auf die Spitze gestelltes Schirmbrett, oder auch ein fächerförmiges Schirmbrett, von Schwarz und Silber gespalten, Decken schwarz-silbern. Das spätere, ab etwa Mitte des 16. Jh. geführte und hier optisch links zu sehende Wappen zeigt einen innerhalb eines roten Bordes einen von Silber und Schwarz gespaltenen Schild. Die Veränderung durch den Bord ist sekundär und beruht wohl auf einer Fehlinterpretation. Aus einem farblich gefaßten Schildrand könnte sekundär ein heraldisch relevanter Inhalt entstanden sein. Helmzier auf schwarz-silbern bewulstetem oder gekrönten Helm eine gestürzte, rot gestulpte, von Silber und Schwarz gespaltene Mütze, aus der sechs, rechts rot-schwarz und links rot-silbern geteilte (Varianten, z. B. in neueren Darstellungen: rechts von Silber und Schwarz gespalten, links ganz silbern, alle mit roten Spitzen) Federn hervorkommen. Ursprünglich sollte diese Figur wohl ein Hifthorn sein, so auf älteren Siegeln. Aus dem Hifthorn wurde eine Stulpmütze, aus dem Beschlag der Stulp. Helmdecken schwarz-silbern.

Die Eignernennung "Ottoni von Bose" ist jedoch kein Kasus von "Otto", wie er nach "Ex Libris..." im Genitiv durchaus möglich wäre und den man auf den ersten schnellen Blick annehmen möchte, der dann aber sowieso "Ottonis" lauten müßte, sondern der Vorname seiner Frau: Ernst August Bodo von Bose hatte am 24.5.1899 in Berlin-Wilmersdorf Ottoni Leoni Anna Ferdinande Sophie Elisabeth Ruth Georgine Maximiliane Gräfin v. Sparr (12.11.1877-29.8.1953) geheiratet, die Tochter von Leo Heinrich Friedrich Graf von Sparr (geb. 11.05.1847) und Anna Dennstedt (geb. 13.04.1850). Der Schild gegenüber zeigt das Wappen der Grafen von Sparr, innerhalb eines blauen, mit sieben silbernen sechsstrahligen Sternen belegten Bordes in Silber ein gekrönter schwarzer Doppeladler (vgl. Siebmacher Band: PoA Seite: 92 Tafel: 58). Dazu würden drei hier nicht dargestellte, gekrönte Helme gehören, Helm 1 (Mitte): ein Adlerflügel, belegt mit einem blauen, mit drei silbernen Sternen belegten Schrägbalken, Helm 2 und 3: ein einwärts gewendeter, aufrecht stehender, goldener, gekrönter Löwe, mit den Vorderpranken ein bloßes Schwert vor sich haltend. Decken blau-silbern. Die märkische Familie erhielt den Grafenstand 1654 und 1670, anerkannt 1672 in Brandenburg. Das Paar war aufgrund des frühen Kriegstodes von Bodo von Bose kinderlos; Ottoni heiratete danach in zweiter Ehe Albert Plange (geb. 03.09.1873). Das Bose-Wappen taucht noch einmal ganz klein als Künstlersignatur auf.

Exlibris von Barthel Beham:
Dieses ist ein Nachdruck von der historischen Platte, ein heraldisches Exlibris aus dem Zeitraum 1520-1540, gestochen von Barthel Beham (ca. 1502 - 1540, jüngerer Bruder Hans Sebald Behams) für Hieronymus Paumgartner (Baumgartner, 9.3.1498-8.12.1565) aus Nürnberg. Der Kupferstich mißt in Bezug auf die Platte 85 x 69 mm. Im Zentrum steht das Vollwappen der Paumgartner (Baumgartner), von Silber und Schwarz geteilt, oben ein rot bewehrter grüner Sittich mit rotem Halsband, unten eine silberne Lilie. Auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken eine silberne Lilie, auf der der grüne Sittich sitzt. Das Wappen wird von drei Symbolen für Vergänglichkeit umgeben, optisch rechts oben ist das runde Ziffernblatt einer mechanischen Uhr zu sehen, links oben eine Sanduhr, und unten links befindet sich ein Totenschädel als Vanitassymbol.

 

Hieronymus Paumgartner, Sohn von Gabriel I. Paumgartner, Dr. iur. utr., 1478 Professor in Ingolstadt und 1497 Rechtskonsulent des Nürnberger Rates, und dessen Frau Dorothea Stengel, war ebenfalls ein berühmter Nürnberger Rechtsgelehrter. Dazu war er aufgrund seiner Studienzeit in Wittenberg (ab 1518 immatrikuliert) ein Bekannter Luthers und Melanchthons und nahm am 3.3.1525 an dem vom Nürnberger Rat herbeigeführten Religionsgespräch teil und wurde zu einem der Protagonisten der Nürnberger Reformation. Hieronymus wurde Ratsmitglied und leitete das Nürnberger Schul- und Kirchenwesen und vertrat die Stadt in diplomatischen Geschäften. 1530 wurde er jüngerer Bürgermeister, 1533 Älterer Bürgermeister und Kirchenpfleger. Da er damit praktisch die Leitung der gesamten Kirchen und Schulen Nürnbergs innehatte, konnte er maßgeblich das kirchliche Leben im reformatorischen Sinne beeinflussen. 1544 wurde er während der Rückreise von einer diplomatischen Mission vom Raubritter Albrecht von Rosenberg entführt und gefangengesetzt, was zu einer Strafaktion der Nürnberger gegen das Rosenberger Schloß Haltenbergstetten führte. Erst nach 14 Monaten unter üblen Bedingungen kam Hieronymus frei. Danach machte er weiter im Rat Karriere, insbesondere als sein ebenfalls im Stadtregiment vertretener älterer Bruder Bernhard 1549 verstarb, wurde 1553 schließlich dritter Oberster Hauptmann, nahm weitere Ämter aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr an. Paumgartners Sohn Hieronymus II. (1538-1602) heiratete Klara Örtel und wurde 1590-1602 Vorderster Losunger in Nürnberg.

Neben dem beherrschenden Hauptwappen ist ein etwas verzerrt dargestellter Beischild für die Ehefrau zu sehen. Es handelt sich um den Wappenschild der Dichtel (Tichtel, Dichtl), in Silber ein blauer, mit drei goldenen Sternen belegte Schrägbalken (Schöler Tafel 34). Das hier nicht abgebildete Oberwappen wäre zu blau-silbernen Decken ein wachsender silberner Mannesrumpf mit silbernem Hut, dessen blauer Stulp mit den drei goldenen Sternen belegt ist, oben gekrönt und mit blauen und silbernen Federn besteckt (Siebmacher Band: BayA1 Seite: 10 Tafel: 8). Diese 1647 erloschene Familie, Bürger von Nürnberg, gehörte zum Münchner Patriziat. Hieronymus I. Paumgartner hatte am 23.1.1526 Sibylla Dichtel (gest. 1566) geheiratet, nachdem er zuerst eigentlich hätte Katharina von Bora heiraten sollen, die dann aber die Frau Luthers wurde. Aber auch Sibylla Dichtel stammt aus zutiefst der Reformation verbundenem Hause, ihr Vater Bernhard Dichtel (1494-1532) wurde 1523 in München wegen seiner religiösen Einstellung noch an Stirn und Wangen gebrandmarkt.

Exlibris von Oskar Roick:
Ein heraldisches Exlibris aus dem Jahr 1897, entworfen von Oskar Roick (28.3.1870-11.12.1926) für C. Ungerer (86 x 55 mm, Buchdruck, Witte, Bibliographie 3, 27; nicht bei Gutenberg). Das Blatt ist links unten auf dem Sockel des optisch linken Säule im Druck monogrammiert und datiert. In einer prunkvollen architektonischen Rahmung mit Rundbogen mit Muschelnische ist das Wappen Ungerer aufgestellt, in Rot eine oben von zwei silbernen Rosen begleitete, erhöhte, eingebogene, silberne Spitze, darin auf grünem Dreiberg ein aufgerichteter blauer Löwe, in der erhobenen rechten Vorderpranke einen Krummsäbel schwingend, auf dem gekrönten Helm die wachsende Dreiviertelfigur eines ungarischen Husaren mit über der Brust schräggekreuzten Bändern, mit schwarzem Schnurrbart und mit Kappe, in der erhobenen Rechten einen Krummsäbel schwingend, mit der Linken ein Feldzeichen mit abfliegendem Schweif haltend, das oben einen liegende Halbmond zeigt. Der Ungar ist wohl als lautliche Anspielung auf den Familiennamen zu interpretieren. Einen ganz ähnlichen Schild führt übrigens die Familie Sigher (Siebmacher Band: Kro Seite: 168 Tafel: 122). Zu dem Wappen findet sich kein Literaturbeleg, Hinweise willkommen.

 

Die beiden oberen Bogenzwickel enthalten die Schild für Bayern (silbern-blau schräggerautet) und München (in Silber ein Mönch mit goldgeränderter schwarzer Kutte und roten Schuhen, in der Linken ein rotes Buch haltend, die Rechte zum Schwur erhoben).

   

Literatur, Quellen und Links:
Elke Schutt-Kehm, Exlibris-Katalog des Gutenberg-Museums, 2. Teil, Band 1: A-K, 720 Seiten, 1685 Abb., Verlag Claus Wittal, Wiesbaden, 1998, ISBN 978-3-922 835-31-8.
Elke Schutt-Kehm, Exlibris-Katalog des Gutenberg-Museums, 2. Teil, Band 2: L-Z, 736 Seiten, 1795 Abb., Verlag Claus Wittal, Wiesbaden, 1998, ISBN 978-3-922 835-32-5
Claus Wittal, Eignerverzeichnis zum Exlibris-Katalog des Gutenberg-Museums, Verlag Claus Wittal, 2003, 336 Seiten, 595 Abb., ISBN 978-3-922 835-33-2
Siebmachers Wappenbücher
v. Fabrice:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016320/images/index.html?seite=745
v. Fabrice: Dieter Krieger, Hessisches Wappenbuch, 3. Teil, Familienwappen Band 1, C. A. Starke Verlag, Limburg / Lahn 1999, ISBN 3-7980-0002-6, S. 56
Schloß Gottlieben:
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Gottlieben - http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/45/Leiner_Schloss_Gottlieben.jpg - http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/4/45/Leiner_Schloss_Gottlieben.jpg/628px-Leiner_Schloss_Gottlieben.jpg
Ottoni v. Bose:
http://www.geneall.net/D/per_page.php?id=1850514
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Sparr: Siebmacher Pommern
Siebmachers großes Wappenbuch, Sonderband H: Jürgen Arndt: Biographisches Lexikon der Heraldiker; 1992. XXIV und 664 S. mit zahlr. Wappenabb., Festeinband, Degener Verlag, ISBN 3-87947-109-6
Planung Klosterneuburg: http://www.austria-lexikon.at/attach/Wissenssammlungen/Symbole/Klosterneuburg_Stift/Escorial_Stich.jpg
Stift Klosterneuburg:
http://www.stift-klosterneuburg.at/
Victor von Kraus, Hieronymus Baumgartner, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 168 f. - online: http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Baumgartner,_Hieronymus
Otto Puchner, Hieronymus Baumgartner, in: Neue Deutsche Biographie, Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, S. 664 f. - online:
http://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016233/images/index.html?seite=684
Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Nürnberger Forschungen, Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, herausgegeben vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. Bände 31/1, 31/2, 21/3 (Stammbäume) und 31/4. VDS Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch. ISBN 978-3-87191-333-4.
Friedrich Wolf: Das Exlibris war eine kommentierte Beilage in einer heraldisch-genealogischen Publikation, loses Blatt unbekannter Herkunft.
Exlibris Vogt: Archiv für Stamm- & Wappenkunde, hrsg. von Lorenz M. Rheude, 4. Jahrgang 1903-1904, Verlag Gebr. Vogt, Roda, Nr. 12, Beilage

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Die Abb. sind selbst angefertigte Scans historischer, aufgrund ihres Alters gemeinfreier Originale.
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