Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1868
Bischofsstadt Eichstätt

Collegium Willibaldinum

Rechts neben der Giebelfassade der Schutzengelkirche (Studienkirche) befinden sich das Collegium Willibaldinum und das bischöfliche Priesterseminar (Hauptzugang Leonrodplatz 3). Es wurde 1564 mit Rudolf Clenck als Leiter gegründet, nachdem bereits 1561 das Domkapitel seine Einrichtung vom Bischof Martin von Schaumberg gefordert hatte. Es war damals das erste Priesterseminar in Deutschland, das nach den Vorgaben des tridentinischen Konzils (abgeschlossen 1563) zur besseren Ausbildung der Seelsorger am Bischofssitz selbst (eine der wesentlichen Forderungen des Tridentinums) errichtet wurde, und - weltweit betrachtet - folgte es zeitlich gleich nach der Gründung von Rieti. Gelehrt wurden hier die Artes liberales und die Sacrae litterae, und die Gleichwertigkeit mit anderen philosophisch-theologischen Hochschulen der Zeit wurde durch einen Privilegienbrief des Herzogs Albrecht V. 1565 aus dem Jahr bestätigt. Seit 1565 bestand zudem ein Vertrag mit der Artistenfakultät der Hochschule zu Ingolstadt bezüglich einer Zusammenarbeit, von wo auch Teile des Lehrkörpers kamen. Nach dem Tod des Gründers, der die Hochschule entscheidend gefördert hatte, nahm das Lehrprogramm ab, nicht zuletzt sank die Qualität durch eine hohe Fluktuation des Lehrkörpers und wegen ständiger Geldprobleme, und 1602 war das Angebot schließlich nur noch auf den bloßen Lateinunterricht reduziert. 1614 wurde der Jesuitenorden zum neuen Träger der im Niveau gesunkenen Bildungsstätte. Von 1614 bis 1773 war hier dann ein Jesuitenkolleg (Auflösung des Jesuitenordens 1773) eingerichtet, und die Societas Jesu brachte die Bildung an diesem Ort zu neuer Blüte. Seit 1783 war die wieder mit dem Alumnenseminar zusammengeführte Bildungsstätte erneut bischöfliches Seminar, jedoch in modernisierter, nicht mehr tridentinischer Form, aber 1802/1806 kam mit der Säkularisierung, der Aufhebung des Hochstifts und wechselnden Landesherren die zeitweise Auflösung der Priesterbildungsstätte. 1807 wurde das akademische Gymnasium aufgehoben und erst durch eine sechsklassige Königliche Studienschule und dann ab 1816 durch eine Königliche Lateinschule ersetzt. 1838 wurde neben dem Priesterseminar ein Knabenseminar gegründet, und 1843 wurde unter Bischof Karl August von Reisach ein kirchliches Lyzeum neu eingerichtet. Aus diesem wurde die von 1924 bis 1958 bestehende bischöfliche Philosophisch-Theologische Hochschule (Bischöfliche Pädagogische Hochschule), daraus die von 1958 bis 1972 bestehende Kirchliche Pädagogische Hochschule Eichstätt, daraus die seit 1972 bestehende Kirchliche Gesamthochschule Eichstätt, aus der 1980 die Katholische Universität Eichstätt mit sieben, später acht Fakultäten wurde, die wiederum 2001 zur Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt umstrukturiert und umbenannt wurde. Diese ist inzwischen weit über das Gründungsgebäude hinausgewachsen, und auch für das Priesterseminar wurden in der Flucht der Schutzengelkirche Neubauten angegliedert.

Die mittig durch das goldene IHS-Zeichen auf blauem Grund in zwei Abschnitte unterteilte Inschrift über dem Hauptportal lautet: "COLLEGIVM S(ANCTI) WIL(L)IBALDI QVOD MARTIN A SCHAVMBERG EPISCOPVS AICHSTADIANVS ANNO M D LXII CAEPIT (= COEPIT) - IO(H)AN(NES) CHRISTOPHOR(VS) A WESTERSTETTE(N) EP(ISCO)PVS A FVNDAMENTIS EREXIT ET SOCIET(ATE) IESV ATTRIBVIT ANNO M DC XXVI" - Kollegium des heiligen Willibald welches der Eichstätter Bischof Martin von Schaumberg im Jahre 1562 begann und welches Bischof Johann Christoph von Westerstetten von Grund auf neu erbaute und der Gesellschaft Jesu zuwies im Jahre 1626.

Der Dreiecksgiebel über dem Portal wird von einer Wappenplatte gesprengt, welche insgesamt drei Wappendarstellungen enthält. Oben in der Mitte befindet sich das Hochstiftswappen von Eichstätt, in Rot ein silberner, aufrechter Krummstab (Bischofsstab), auf dem Helm mit rot-silbernen Decken (hier fälschlicherweise komplett grün gestrichen) ein wachsender behandschuhter Arm, in der Faust einen silbernen (hier abweichend golden gestrichenen) Krummstab haltend.

Unten stehen zwei fast gleiche Wappen nebeneinander. Heraldisch rechts, also optisch links befindet sich das persönliche Wappen von Martin von Schaumberg (amtierte 1560–1590), von Silber, Rot und Blau halbgespalten und geteilt, auf dem Helm mit rechts blau-silbernen, links rot-silbernen Decken (hier fälschlicherweise komplett grün gestrichen) ein Mannesrumpf (Heidenrumpf), der Kopf mit einer nach vorn gebogenen, roten Spitzmütze bedeckt (Tinkturen je nach Quelle, Diskussion der Varianten im Kapitel Strössendorf). Heraldisch links befindet sich das Familienwappen des über-übernächsten Fürstbischofs, Johann Christoph von Westerstetten (amtierte 1612–1636), von Rot, Silber und Blau (es findet sich auch eine andere Reihenfolge in den Quellen) halbgespalten und geteilt, auf dem Helm mit rot-silbernen oder rechts rot-silbernen und links blau-silbernen Decken (hier ebenfalls fälschlicherweise komplett grün gestrichen) ein roter Flug, besät mit silbernen Lindenblättern. Alternativ führte dieser Bischof auch die beiden Symbole in einem gevierten Schild.

Unter der wuchtigen Inschrift "COLLEGIUM WILLIBALDINUM" findet sich ein solches Wappenpaar auch an einer seitlichen Portalgestaltung, wobei die beiden Wappenbestandteile, optisch links das Hochstiftswappen (s. o.), optisch rechts das Wappen der Familie von Westerstetten (s. o.) in stark asymmetrisch verzierten und nach innen gekippten ovalen Kartuschen die Zwickel links und rechts des Bogens ausfüllen.

 

Literatur, Links und Quellen:
Hinweistafel am Gebäude
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Baudenkmäler in Eichstätt: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Baudenkm%C3%A4ler_in_Eichst%C3%A4tt
Martin von Schaumberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_von_Schaumberg
Johann Christoph von Westerstetten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Christoph_von_Westerstetten
Collegium Willibaldinum:
http://www.ku.de/universitaetsarchiv/universitaetsgeschichte/collegium-willibaldinum/ - http://www.ku.de/universitaetsarchiv/universitaetsgeschichte/jesuitengymnasium/ - http://www.ku.de/universitaetsarchiv/universitaetsgeschichte/pth/ - http://www.ku.de/universitaetsarchiv/universitaetsgeschichte/kph/ - http://www.ku.de/universitaetsarchiv/universitaetsgeschichte/ghe/ - http://www.ku.de/universitaetsarchiv/universitaetsgeschichte/kue/ - http://www.ku.de/universitaetsarchiv/universitaetsgeschichte/ku/ - http://www.ku.de/universitaetsarchiv/universitaetsgeschichte/zeittafel/
Collegium Willibaldinum:
http://www.ps-eichstaett.de/index.php/collegium-willibaldinum
Collegium Willibaldinum:
http://de.wikipedia.org/wiki/Collegium_Willibaldinum
Bischöfliches Seminar:
http://www.ps-eichstaett.de/

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