Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 570
Bischofsstadt Eichstätt

Eichstätt: Willibaldsburg, Innerer Hof des Gemmingenbaus

Der Nordflügel des innersten Hofes, also im sog. Gemmingenbau, ist der älteste Teil und stammt noch aus dem Mittelalter, während die anderen Flügel ein Werk der Renaissance darstellen. Er ist unregelmäßig und kleiner durchfenstert, den Fenstern fehlen die für die beiden anderen Seiten typischen abwechselnd geschlossenen und gesprengten Dreiecks-Giebel. Zwischen den Fensten des Obergeschosses befindet sich ein gut erhaltener, plastischer und bemalter Wappenstein des Bischofs Wilhelm von Reichenau (reg. 1464-1496)

Das Wappen des Eichstätter Fürstbischofs Wilhelm von Reichenau (reg. 1464-1496) ist geviert:

Zwei Helme:

Wilhelm von Reichenau hatte von Kaiser Friedrich III. im Jahre 1490 das erweiterte Privileg erworben, Schlösser, Städte und Märkte im Hochstift Eichstätt zu befestigen. Die von Reichenau sind fränkischer Uradel aus der Ansbacher Gegend. Im Schöler (Familienwappen in Franken, S. 86, T. 4) wird als Reihenfolge bei den von Reichenau rot-golden-schwarz-golden angegeben, wahrscheinlich nach Siebmacher Band: BayA1 Seite: 53 Tafel: 53. Dem widersprechen historische Darstellungen, die im Gegensatz zu untingierten oder möglicherweise fehltingierten bauplastischen oder reliefplastischen Wappen im Außenbereich als authentisch anzusehen sind, z. B. im Ortenburger Wappenbuch (BSB Cod. icon. 308) oder auf einem Schlußstein im Willibalds-Chor des Eichstätter Doms, wo beidesmal eindeutig die Farbe Silber vorhanden ist, nicht golden. Dem widerspricht auch die Tatsache, daß die Stammesgenossen der von Reichenau, die von Dürrwangen (Siebmacher Band: BayA2 Seite: 24 Tafel: 15) und die von Farrenbach auch die Abfolge rot-silbern-schwarz-silbern haben. Ganz anders ist die Reihenfolge im Berliner Wappenbuch: Rot-silbern-rot-schwarz. Die Verwechslung ist offensichtlich, aber auch hier wird Silber verwendet, kein Gold. Am Stadttor in Dollnstein im Landkreis Eichstätt ist die Farbabfolge gleichfalls rot-silbern-schwarz-silbern. Bei Conrad Grünenberg (Münchener Handschrift: "die richennower"): Von Rot, Silber, Schwarz und Silber dreimal geteilt, die Büffelhörner in der Helmzier ebenso, zwischen den Büffelhörnern: ein goldener auffliegender Vogel (Taube, Adler). Aus diesen Gründen ist die genannte wahrscheinlich die korrekte Farbabfolge, und bei Schöler ist Fehlerfortpflanzungsgesetz nach Siebmacher passiert. Viel später taucht eine Familie des Namens von Reichenau, vermutlich Abkömmlinge der aus der Gegend von Ansbach stammenden fränkischen Familie, mit genau dieser Farbabfolge im mährischen Adel auf (Siebmacher Band: Mä Seite: 110 Tafel: 86, Freiherrenstand 20.12.1773 für Franz von Reichenau für geleistete Kriegsdienste, freiherrliches Wappen mit unverändertem Schild, aber drei Helmen).

Das heutige Aussehen des Hofes entspricht nicht mehr der Gestaltung, wie sie der Renaissance-Architekt Elias Holl 1609 geplant und teilweise ausgeführt hat. Südseite und Westseite waren früher höher, sie hatten ein drittes Stockwerk. Der Hof muß also früher wesentlich höher und enger gewirkt haben. Dieses zweite Obergeschoß wurde im 19. Jh. abgebrochen, wie auch ein Erker, der am mittelalterlichen Flügel rechts im Bild war. Die Renaissance-Flügel des Gemmingen-Baus wurden zwar im wesentlichen unter Bischof von Gemmingen konzipiert und in Angriff genommen, vollendet wurden sie aber erst unter seinem Nachfolger von Westerstetten, dessen Wappen sich in sehr flachem Relief über den Arkaden der Südseite befindet. Er mußte sich bereits bei seiner Wahl verpflichten, die von seinem Vorgänger begonnenen Bauten zu vollenden. Der Plan von Elias Holl wurde aber nicht zur Gänze ausgeführt. Der mittelalterliche Flügel rechts im Bild sollte abgebrochen werden, das an der Rückseite des Hofes sichtbare Portal sollte die Mittelachse der neuen Anlage bilden, dieser Flügel insgesamt fünfachsig werden. Auch der nicht realisierte Nordflügel hätte dann Arkaden wie beim Südflügel bekommen.

Das Wappen des Eichstätter Fürstbischofs Johann Christoph von Westerstetten (reg. 1612-1636) ist geviert:

Helme:

Bischof von Westerstetten kümmerte sich auch mit besonderem Eifer um die Neuanlage von Bastionen, den militärischen Erkenntnissen seiner Zeit entsprechend.

Genealogie nach Falckenstein:

Eltern:
  • Wolfgang (Wolff) Rudolf von Westerstetten zu Altenberg, ellwangischer Pfleger zu Wasseralfingen
  • Ursula von Riedheim zu Wasseralfingen

Großeltern:

  • Wolfgang von Westerstetten
  • Catharina Margarita von Freyberg
  • Christoph von Riedheim
  • Catharina von Bodman

Urgroßeltern:

  • Wolfgang von Westerstetten
  • Benigna von Eps
  • Johann von Freyberg
  • Genoveva von Roth
  • Udalricus (Ulrich) von Riedheim
  • Veronica von Landau
  • Johann von Bodman
  • Anna von Closen
  Ururgroßeltern:
  • Wolfgang von Westerstetten
  • Ottilia von Rammingen
  • Johann von Eps
  • Margaretha von Freyberg
  • Johann Heinrich von Freyberg
  • N.N. Marschall von Oberndorff
  • Conrad von Roth
  • Anna von Wembdingen
  • Conrad von Riedheim
  • Sophia von Knöringen
  • Jacob von Landau
  • Amalia Besserin
  • Johann von Bodman
  • Anna Ursula von Grünenberg
  • Stefan von Closen
  • Elisabeth von Rechberg

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher, bes. Band Bistümer
Reclams Kunstführer Bayern
Wolfgang Kootz, Willi Sauer: Bischofsstadt Eichstätt im Naturpark Altmühltal, Stadtführer, 2003 Kraichgau-Verlag, ISBN 3-929228-10-6
Amtlicher Führer: Die Willibaldsburg in Eichstätt, bearbeitet von Manfred F. Fischer, 1977, Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, München
Johann Heinrich von Falckenstein: Antiquitates Nordgavienses oder Nordgauische Alterthümer und Merckwürdigkeiten, aufgesucht in der Aureatensischen Kirche, oder Hochfürstl. Hochstifft Eichstett, 2. Teil, Lochner, Frankfurt und Leipzig 1733 -
https://books.google.de/books?id=fwZDAAAAcAAJ
ein herzliches Dankeschön an Frau Siglinde Buchner für wertvolle Hinweise zu den von Reichenau

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