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Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 748
Barockstadt
Fulda
Fulda: Schloß Fasanerie in Eichenzell - Teil 1
Das Barockschloß Fasanerie in Eichenzell wenige Kilometer südlich von Fulda ist das Lustschloß der Fürstäbte und Fürstbischöfe und ihre Sommerresidenz. Die Lage ist idyllisch inmitten von Wiesen, Feldern und Wäldern abseits des städtischen Geschehens, auf einer leichten Anhöhe, zu erreichen durch einen riesigen Schloßpark von ca. 100 Hektar. Im wesentlichen wurde es unter zwei Herrschern auf dem Fuldaer Stuhl erbaut: Adolf von Dalberg und Amand von Buseck. Nach dem ersten Bauherrn trägt das Schloß auch den Namen Lustschloß Adolphseck. Er ließ schon ab 1735 hier ein Landschlößchen errichten, noch klein und zurückhaltend, welches sich heute zwischen den beiden hohen Zwiebeltürmen wiederfinden läßt. Vor 1735 gab es, entgegen vielfach zu findenden anderslautenden Angaben, keine Bautätigkeit, wie durch dendrochronologische Untersuchungen belegt wurde. Erste Baurechnungen gibt es ab dem 6.3.1735. Wir sprechen also 1735 keinesfalls von einem Umbau, sondern von einem Neubau.
Dieser Vorgängerbau entstand also 1735-1738 und erlebte einen Bauherrenwechsel. Vier Monate nach dem Tod des ersten Bauherrn war der Rohbau so weit fertiggestellt, daß schon Sturmschäden an einem offensichtlich bereits fertigen Dach repariert werden mußten. Von diesem sogenannten Adolfshof sind das "Alte Schlößchen" und die beiden Marstallflügel beiderseits des Wirtschaftshofes in das spätere Schloß übernommen worden. Der neue Fürstabt Amand von Buseck ließ das Schloß beträchtlich erweitern und zu seinen heutigen Dimensionen finden. Eigentlich baute er während seiner ganzen Amtszeit an diesem Schloß. Der Schloßerweiterung ging noch vor 1738 die Anlage eines einfachen Jagdparks voraus, der später zu einem bedeutenden Barockgarten ausgestaltet wurde. 1739 umzog man das ca. 100 ha große Areal der Wilden Fasanerie mit einer Mauer. Zum Schloß wurde die Anlage 1739-1756 umgeformt, und das in zwei Bauphasen.
1740 wurden die Fundamente für den "Flügel zum hochfürstlichen Bau" gegraben, also für den Südflügel zum Schloßpark hin. Der Rohbau des neuen Südflügels mit dem Corps de Logis stand 1743. Der Architekt war während der gesamten Bauzeit ab dem ersten Spatenstich und der Grundsteinlegung 1735 bis kurz vor seinem Tod Hofbaumeister Andrea(s) Gallasini. Aus einem kleinen Schlößchen wurde unter seiner Bauaufsicht eine hochherrschaftliche Anlage mit Wachhäuschen, Kavaliershäusern, doppelten Gittersperren und angrenzenden Wirtschaftsgebäude, eine Anlage, die den internationalen Vergleich mit zeitgenössischen barocken Residenzen nicht scheuen muß. Die erste Bauphase entsprach der ursprünglichen Idee des Fürstabtes mit Nord-Süd-Ausrichtung. Der neue Südflügel war der wichtigste Teil des neuen Konzepts, denn er beherbergte das Corps de Logis und war für die wichtigsten Funktionen vorgesehen. Der große Erschließungsraum lag oben in der Mitte. Die Wohnung des Fürstabts lag im ersten Obergeschoß des westlichen Seitenteils, als Enfilade konzipiert mit dem Schlafzimmer am äußersten Ende im westlichen Pavillon. Im östlichen Teil sollte die über beide Stockwerke reichende Schloßkirche eingebaut werden, nach außen hin nicht als solche erkennbar, mit dem Chor im östlichen Pavillon. Der Südflügel blieb trotz der unterschiedlichen Innen-Nutzung absolut symmetrisch, gegliedert durch drei pavillons, eine fast 100 m breite Front zum Park hin. Der Bauherr konnte seine neue Schloßkirche am 17.11.1745 selbst weihen.
Parkfront, Zustand 2020
Doch 1743 kam es zu einer grundlegenden Planänderung. Bisher verlief die funktionale und architektonische Achse in Nord-Süd-Richtung, mit dem Ehrenhof im Norden in Richtung Fulda und mit dem Schloßflügel im Süden quer zum Garten. Das wurde jetzt von Gallasini in ein völlig neues Konzept umgewandelt mit der Hauptachse in West-Ost-Richtung. Der bisherige Ehrenhof wurde geschlossen, der Südflügel bekam eine Kopie seiner selbst im Norden mit gleicher Dimension, gleicher Gliederung und Gestaltung, und nach Westen hin wurde der neue Ehrenhof gelegt. Nach Osten hin entstandd der Marstallhof. Warum? Man wollte vermutlich eine möglichst lange und repräsentative Wagenzufahrt haben, dafür war im Norden kein Platz, und von Westenher hatte man ein leicht ansteigendes Terrain für die Zufahrt, so daß man den Zuweg zumSchloß großartiger und repräsentativer gestalten konnte als in der ursprünglichen Planung. So hatte man das Schloß schon 1,2 km lang im Blick, ehe man endlich da war - je länger der Weg, je langsamer das Schloß vor dem Besucher immer merh in Erscheinung tritt, desto wichtiger der Besitzer. Nord- und Südflügel bekamen einen neuen Verbindungsbau, dessen mittelpavillon charakterisch abgeschrägte Kanten besitzt, wie Gallasini das auch an Schloß Bartenstein gemacht hat. Dieser Mittelpavillon enthielt im Erdgeschoß eine Durchfahrt, im Obergeschoß aber den großen Festsaal. Eine Sache vollzog die Wendung der Hauptachse aber nicht mit: Die Wohnung des Fürstabts blieb im Südflügel bestehen und wurde nicht verlegt. Die Hauptachse wird auch über eine zweite Duchfahrt bis in den Marstallhof hin weitergeführt. Ende 1946 war die H-förmige neue Schloßanlage im Rohbau vollendet. Fast ganz zum Schluß wurden die beiden symmetrisch positionierten Türme errichtet, beide in Verlängerung des alten Adolfshofes stehend. Der Nordturm entstand 1748-1749, der Südturm 1751. Ab 1743 kümmerte man sich um die Innenausstattung, was sich bis in die Mitte der 1750er Jahre hinzog. 1753-1755 arbeitete Gallasini noch an Nebengebäuden wie das Japanische Haus im Park, die beiden Wachhäuser, das Gärtnerhaus und Bauten im Fasanengarten und im Gemüsegarten.
Am Schloß arbeiteten u. a. die Maurer Melchior Wolfschlag und Gallus Diemar. Der Zimmerer war Johannes Heil. Der Brunnenbaumeister Johann Nikolaus König faßte Quellen, verlegte Röhren und baute einen Ziehbrunnen. Als Stukkateure waren beschäftigt Georg Conrad Albin, Joseph Fischer, Johannes Koch und Johann Georg Stürzenhöffer. Für den Schloßbau waren als Steinmetze und Marmorierer tätig Johann Adam Becker, Johannes Dannhard und Nikolaus Schmidt. An Bildhauern werden Johann Jakob Faulstich, Valentin Schaum und Franz Adam Weber genannt. Carl Philipp Arndt, Heinrich Goldbach und Andreas Ruppel waren für die Innenausstattung als Schreiner tätig. Die schmiedeeisernen Arbeiten wurden von den Schlossern Johann Stöppler, Jacob Pfeiffer und einem Herrn Heil angefertigt. Als Maler waren für die Gestaltung der Innenräume Wmanuel Wohlhaupter und Johann Andreas Herrlein tätig. Andrea(s) Gallasini arbeitete an diesem Schloß von 1735 bis 1755. Als er seine Tätigkeit im Dienste des Fürstbischofs Amand von Buseck beendete, war er 35 Jahre lang fürstäbtlicher und zuletzt fürstbischöflicher Hofbaumeister gewesen. Das letzte Jahr, in dem an Schloß Fasanerie gebaut wurde, stand unter der Leitung von Franz Engelbert Springer. Mit dem Tod des Bauherrn endete die Bautätigkeit am Schloß.
Westfront, Zustand 2007
Im Gegensatz zu dem Fuldaer Stadtschloß ist dieses Schloß viel schöner und harmonischer, weil es zum einen niedriger ist und eine dynamischere Höhengestaltung hat, und weil es zum andern in weitläufige Höfe und pavillonartige Einzelelemente aufgelöst ist und bei weitem nicht so wuchtig wirkt wie das Stadtschloß, sondern idyllischer, lieblicher, sich in die Landschaft einpassend und mit seinen ausgreifenden Pavillons mit ihr verwoben. Schloß und Landschaft zeigen ein gelungenes Zusammenspiel. Die Landschaft ist quasi von architektonischer Gestaltung durchdrungen. Wenn man sich von der Parkseite her nähert, passiert man zuerst zwei vorgeschobene einstöckige Wach-Pavillons mit Arkaden in relativ enger Stellung zueinander, durch die man aber schon bis auf den Mittelrisalit in der Hauptachse blickt. Danach weitet sich ein Vorplatz, durch den die Achse der seitlichen Zufahrten verläuft. Hinter einem weiteren Gitter, wie das erste zwischen vier steinernen Pfeilern aufgespannt, gelangt man in den Ehrenhof, der von drei Gebäudeflügeln umgeben ist. Diese bestehen aus fünf aus dem Zusammenhang herausragenden Pavillons mit Mansarddach, die sich deutlich über die niedrigeren Zwischentrakte erheben, die nur als verbindendes Element wahrgenommen werden. Diese aus dem baulichen Zusammenhang ragenden Pavillons sind das bestimmende Element der lockeren Architektur des Schlosses. Die Eckpavillons am Ende der Längsflügel sind dreistöckig, dagegen ist im Mittelrisalit ein Saal, der den gesamten Oberteil in Höhe zweier Stockwerke einnimmt. Zu beiden Seiten des dreiflügelig umgebenen Ehrenhofes befinden sich noch zwei niedrigere Pavillons. Durchschreitet man die Durchfahrt im Mittelrisalit des Hauptgebäudes, gelangt man in einen allseitig geschlossenen Hof, dessen Seitenflügel ganz analog zu den Ehrenhofflügeln wiederum einen Pavillon besitzen, der über die niedrigeren Verbindungstrakte hinausragt, nur hört die Bebauung nicht mit diesen auf, sondern setzt sich fort und knickt ab, um den Hof auch hinten zu schließen. Durchschreitet man in der Hauptachse auch den Torweg durch diesen zweiten Quertrakt, gelangt man in einen dritten Hof, wie der zweite rundum bebaut, aber schmaler und länger im Grundriß, auch besteht die Bebauung nicht aus herrschaftlichen Repräsentationsbauten, sondern aus Wirtschaftsbauten, Scheunen, Pferde-Ställen, und in der Hofmitte, nach Westen verschoben, befindet sich eine kreisrunde, große Pferdeschwemme mit geneigtem Boden. Durchschreitet man den dritten und letzten Querbau, öffnet sich der Bau wieder in einen dreiflügelig bebauten letzten Hof, ebenfalls mit Wirtschaftsgebäuden umstanden, diesmal der klaren Symmetrie des baulichen Konzeptes nicht mehr streng folgend.
Wappen im Giebel des Mittelrisalits des Westflügels, Zustand 2007
Wappen im Giebel des Mittelrisalits des Westflügels, Zustand 2020
Im runden Segmentbogengiebel über zwei Pilasterpaaren des Mittelrisalites des den Ehrenhof abschließenden Mitteltraktes befindet sich das Wappen des zweiten Bauherrn, der Schloß Fasanerie beträchtlich erweitern und ausbauen ließ, das von Amand von Buseck.
Wappen im Giebel des Mittelrisalits des Westflügels, Zustand 2007
Wappen im Giebel des Mittelrisalits des Westflügels, Zustand 2020
Das Wappen des Fürstabtes und Fürstbischofs Amand von Buseck ist geviert:
Wappen im Giebel des Mittelrisalits des Westflügels, Ostseite, Innenhofseite, 2020
Auf der Rückseite des Westflügels ist der Giebel analog gestaltet, mit den musizierenden Engeln in vergleichbarer Pose, mit dem Fürstenhut, mit Schwert und Krummstab, aber mit dem einzigen Unterschied, daß hier kein Wappen die Kartusche füllt, sondern ein kunstvoll verschlungenes und symmetrisch angelegtes Monogramm, das die Buchstaben A für Amand, P für Princeps und F für Fuldensis enthält. Zustand 2020.
Zweiter Querbau, Westseite, Zustand 2007
Zweiter Querbau, Westseite, Zustand 2020
Hier blicken wir auf den Giebel des zweiten Querbaues, der den zweiten Hof abschließt und Duchgang zum langgestreckten Wirtschaftshof gewährt. Zwischen zwei den verkröpften Segmentbogengiebel tragenden Pilasterpaaren befindet sich das Wappen von Amand von Buseck.
Zweiter Querbau, Westseite, Zustand 2007
Zweiter Querbau, Westseite, Zustand 2020
Das Wappen des Fürstabtes und Fürstbischofs Amand von Buseck ist geviert:
Westseite, Mittelrisalit, Zustand 2007
Westseite, Mittelrisalit, Zustand 2020
Übersicht:
Die Äbte und Fürstäbte von Fulda
Philipp Georg Schenk zu
Schweinsberg (1567-1568), Fürstabt
Wilhelm Hartmann von Klauer zu Wohra (1568-1570), Fürstabt
Balthasar von Dernbach (genannt Grauel) (1570-1576 und
1602-1606), Fürstabt
Johann Friedrich von Schwalbach (1606-1622), Fürstabt
Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg (1623-1632), Fürstabt
Johann Adolf von Hoheneck (1633-1635), Fürstabt
Hermann Georg von Neuhof (genannt Ley) (1635-1644), Fürstabt
Joachim Graf von Gravenegg (1644-1671), Fürstabt
Kardinal Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach (1671-1677),
Fürstabt
Placidus von Droste
(1678-1700), Fürstabt
Adalbert I. von Schleifras (1700-1714),
Fürstabt
Konstantin von Buttlar (1714-1726), Fürstabt
Adolf von
Dalberg (1726-1737), Fürstabt
Amand von Buseck, (1737-1756), Fürstabt 1737-1752, Fürstbischof
ab 1752, am 5.10.1752 wurde
die Fürstabtei durch Papst Benedikt XIV. in den Rang eines
Bistums erhoben.
Adalbert II. von Walderdorff (1757-1759), Fürstbischof
Heinrich VIII. von Bibra, (1759-1788), Fürstbischof
Adalbert III. von Harstall, (1789-1814), Fürstbischof bis 1802,
danach Bischof. Im Jahre 1803 wurde mit dem
Reichsdeputationshauptschluß das geistliche Fürstentum mit
seinen Klöstern aufgelöst.
Literatur:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Band Bistümer.
Kulturamt der Stadt Fulda: http://www.museum-fulda.de
http://www.tourismus-fulda.de/, www.fulda.de, http://www.tourismus-fulda.de/sehenswertes/sehenswuerdigkeiten/index.php
Michael Imhof, Fulda - Ein Führer durch die Barockstadt, Michael
Imhof Verlag, 3. Auflage 2006, ISBN 3-935590-03-2 und
978-3-935590-03-7
http://www.schloss-fasanerie.de/, http://www.schloss-fasanerie.de/schloss/index.php
Volker Rößner, Sabine Wagner, Sabine
Fechter: Andrea(s) Gallasini 1681-1766: Vom Stuckateur zum
fürstlichen Baumeister in Fulda, 320 S., Verlag Michael Imhof
Verlag, 2018, ISBN-10: 3731907178, ISBN-13: 978-3731907176, S.
180-189
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