Bernhard
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Photos schöner alter Wappen Nr. 736
Barockstadt
Fulda
Fulda: Priesterseminar, ehemaliges Konventsgebäude
Inmitten der Barockstadt Fulda besitzt das Priesterseminar, das ehemalige Konventsgebäude (Domplatz 3/5) eine der wenigen Renaissance-Fassaden. Eigentlich handelt es sich um den Konventsbau des ehemaligen Benediktinerklosters, der 1666-1670 im Auftrag des Fürstabtes Joachim Graf von Gravenegg (1644-1671) von Sebastian Villinger (Planung und Bauleitung) aus Würzburg erbaut wurde. Es ist ein Vierflügelbau, der direkt im Westen an den Dom anschließt und einen annähernd quadratischen Innenhof mit vier Flügeln umgibt, deren nördliche und südliche nach Westen über den Verbindungsflügel hinaus verlängert sind. Im Jahre 1712 wurde das alte Konventsgebäude nach Plänen von Johann Dientzenhofer nämlich erweitert und barockisiert, wovon die Nordfassade aber nicht betroffen war. Seit 1803 und der Aufehebung des Benediktinerklosters ist in diesem Gebäude das bischöfliche Priesterseminar untergebracht.
Das Priesterseminar in Fulda hat eine lange und wechselvolle Tradition. Im Jahre 748, nur 4 Jahre nach der Gründung des Klosters Fulda, gründete der erste Abt von Fulda, Sturmius, nach Rückkehr von seiner Italienreise die erste Klosterschule zum Zwecke der Priesterausbildung. In karolingischer Zeit erreichte diese Schule unter Abt Rabanus Maurus (822-842) eine Hochblüte. Im Spätmittelalter erfolgte ein Niedergang der Ausbildung, und andere Orte wurden von Priesteramtsanwärtern bevorzugt aufgesucht. In der Reformationszeit folgte Fulda weitgehend der neuen Lehre, so daß die klassische katholische Priesterausbildung in Fulda einen Tiefpunkt erreichte. Soweit die erste Phase.
Das Blatt wendete sich unter Fürstabt Balthasar von Dernbach (1570-1576,1602-1606), der die Rekatholisierung Fuldas betrieb und die Jesuiten nach Fulda einlud. Die Jesuiten waren nicht nur die Speerspitze der Gegenreformation und Rekatholisierung, auch halfen sie ab 1571 die Beschlüsse des tridentinischen Konzils durchzuführen. Ein wichtiges Instrument war die Gründung des Priesterseminars in Fulda im Jahre 1572, zuerst nur für 24 Studenten ausgelegt.
Abb.: Blick von Nordosten auf das ehemalige Konventsgebäude. Die Nordfassade wird durch ein prächtiges Portal und zwei Erker im Stile der Renaissance akzentuiert.
Dieses aus dem fürstäbtlichen Haushalt finanzierte Priesterseminar (Alumnathaus) war nicht die einzige höhere Ausbildungsstätte in Fulda, daneben gab es das von Papst Gregor XIII. (1572-1585) im Jahre 1584 gegründete Päpstliche Seminar in Fulda für die Ausbildung von jungen Adligen aus den protestantischen Territorien Norddeutschlands.
1731 gab es Sorgen um die Bleibe des Priesterseminars. Das Gebäude, in dem es untergebracht war, stammte von 1625 und mußte 1731 unter der Regierung von Fürstabt Adolf von Dalberg (1726-1737) dem Neubau der Universität weichen. Erst war die Vereinigung von Priesterseminar und päpstlichem Seminar angedacht, was von jesuitischer Seite verhindert wurde. Also wurde das Priesterseminar im Kollegiatsstift untergebracht. Mit der Säkularisierung kam es zu einer Umnutzung der bestehenden Gebäude: Am 23.12.1802 bestimmte Prinz Wilhelm Friedrich von Oranien, dem das Hochstift Fulda im Wiener Kongreß zugefallen war, daß das Priesterseminar in den Konventsbau des aufgehobenen Benediktinerklosters umzuziehen hat. 1803 wurden dann die Räume im funktionsenthobenen ehemaligen Konventsgebäude bezogen.
Das Wappen des Fuldaer Fürstabtes Joachim Graf von Gravenegg (1644-1671) ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz (Fürstabtei Fulda), Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Raute (Stammwappen der von Gravenegg bzw. von Grafeneck). Die hier verwendete Rollwerkkartusche ist beiderseits zu zwei grotesken Profilmasken ausgezogen.
Es ist mit drei Helmen ausgestattet, Krummstab (rechts) und Schwert (links) sind hinter dem Wappen gekreuzt: Helm 1: auf einem eigentlich roten, hier silbern gestrichenen Kissen aus einer Krone wachsend ein stehendes schwarzes Kreuz (Fürstabtei Fulda). Helmdecken eigentlich schwarz-silbern, aber hier sind die Helmdecken gespalten, rechts wie Helm 2, links wie Helm 3. Helm 2: gekrönt, Bischofsmütze, aus der zwei schräggestellte Fähnchen hervorkommen, die jeweils gespalten sind, vorne eigentlich in Rot, hier in Grün eine eigentliche grüne, hier abweichend tingierte Lilienstaude mit drei silbernen Blüten, hinten in Gold ein schwarzer Adler am Spalt (Fürstabtei Fulda), Helmdecken schwarz-silbern. Helm 3: gekrönt, golden eingefaßte rote Bischofsmütze, aus der rechts ein Kreuz (auch als Schwertgriff angesprochen) und links eine silberne Raute hervorkommen, zwischen einem roten, beiderseits mit einer silbernen Raute belegten Adlerflug (Stammkleinod von Gravenegg bzw. von Grafeneck bzw. eine Kombination aus den beiden Stammkleinoden, denn man findet sie auch getrennt, einerseits auf Platz 2 die Inful mit Kreuz und Raute, andererseits auf Platz 1 der Flug, so. B. auf einem Totenschild und einem Grabmal in der Amandus-Kirche in Bad Urach - die von Grafeneck stammen aus dieser schwäbischen Gegend), Helmdecken rot-silbern.
Blick auf den linken der beiden Erker der Nordfassade. Rechts Detailvergrößerung.
An beiden Erkern ist eine einfachere Variante des Wappens zu finden: Der Schild ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes durchgehendes Kreuz (Fürstabtei Fulda), Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Raute (Stammwappen der von Gravenegg bzw. von Grafeneck). Auf dem Schild ruht eine einfache heraldische Laubkrone; Krummstab (rechts) und Schwert (links) sind hinter dem Wappen gekreuzt. Auch hier sind die Schmuckumrandungen seitlich zu einer grotesken Maske im Profil ausgezogen, freilich nicht so aufwendig wie am Hauptportalwappen. Ein weiteres Wappen dieses Fürstabtes befindet sich im Inneren über dem Portal zum Speisesaal (Refektorium) im Kreuzgang, datiert auf 1670, mit einer Inful zusätzlich. Zwei weitere Portale im Kreuzgang und ein drittes, ehemaliges, nun zugemauertes Portal im Inneren des Gebäudekomplexes tragen jeweils ein Wappen des gleichen Typs, so daß man innen im Kreuzgangbereich vier Wappen insgesamt finden kann, sofern man eingelassen wird.
Blick auf den rechten der beiden Erker der Nordfassade. Rechts Detailvergrößerung.
Blick auf den linken (östlichen) der beiden Erker.
Unten: Blick auf das Hauptportal mit den Figuren des Hl. Bonifatius (Patron des Bistums Fulda, links auf dem Portalgebälk, mit dem beim Angriff auf sein Leben beschädigten Buch, das er der Legende nach schützend über sich gehalten hatte zum Abwehren der Schwerthiebe und dem Schwert oder Dolch, das/der es zerstörte, wobei wahrscheinlicher ist, daß das Buch von den Angreifern nachträglich am Boden liegend zerstört wurde) und des Hl. Benedikt von Nursia (Abt des von ihm gegründeten Stammklosters der Benediktiner Monte Cassino, rechts auf dem Portalgebälk, zu seinen Füßen ein Rabe, mit einem Abtspedum und mit dem Krug vergifteten Weines, mit denen Mönche von Vicovaro einst ihren unbequemen Abt umbringen wollten, und mit dem Buch der Ordensregel, die von ihm verfasste "Regula", die ihn zum Begründer des abendländischen Benediktiner-Mönchtums machte). Beide Figuren sind Kopien aus dem Jahre 1890, denn die Originale sind heute Bestandteile des Stiftsbrunnen am Borgiasplatz. In der Mitte befindet sich in der Wandnische Christus als Erlöser der Welt. Das Portal ist ein Werk von Johann Philipp Preuß aus Würzburg (1668).
Die Inschrift auf dem Türsturz lautet: DEO OPTIMO MAXIMO SS BONIFACIO MART: ET ARCHIEP: ET BENEDICTO ORDINIS FVNDATORI DIVIS LOCI PATRONIS HANC REGVLARIVM HABITATIONEM FVNDITVS EXSTRVI AC FIERI CVRAVIT Rmus ET ILLmus PRINCEPS AC DNs IOACHIMVS ECCLESIAE FVLDENSIS ABBAS S R IMPERY PRINCEPS DAE AVGVSTAE ARCHICANCELLARI PER GERMAN ET GALL PRIMAS IMPERY COMES A GRAVENEGG ANNO MDCLXVIII" bzw. ergänzt "DEO OPTIMO MAXIMO S(ANCTIS) BONIFACIO MART(YRI) ET ARCHIEP(ISCOPI) ET BENEDICTO ORDINIS FVNDATORI DIVIS LOCI PATRONIS HANC REGVLARIVM HABITATIONEM FVNDITVS EXSTRVI AC FIERI CVRAVIT R(EVERENDISSIMVS) ET ILL(VSTRISSIMVS) PRINCEPS AC D(OMI)N(VS) IOACHIMVS ECCLESIAE FVLDENSIS ABBAS S(ACRI) R(OMANI) IMPERI(I) PRINCEPS D(IV)AE AVGVSTAE ARCHICANCELLARI(VS) PER GERMAN(IAM) ET GALL(IAM) PRIMAS IMPERI(I) COMES A GRAVENEGG ANNO MDCLXVIII"
Übersetzung: Dem gnädigsten und erhabensten Gott und den Heiligen und Ortspatronen, Bonifatius, Märtyrer und Erzbischof, und Benedikt, dem Ordensgründer, zu Ehren wurde also dieses Ordensgebäude gegründet und erbaut und zwar von dem hochwürdigsten und durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Joachim, Abt der Kirche Fuldas, des Heiligen Römischen Reiches Fürst, der erhabenen Kaiserin Erzkanzler, Primas für Germanien und Gallien, Reichsgraf von Grafenegg, im Jahre 1668. Hier begegnet uns ein seltsamer Titel: Erzkanzler der Kaiserin. In der Tat verlieh Kaiser Karl IV. dem Fürstabt von Fulda im Jahre 1356 diesen Ehrentitel, der an die Nachfolger auf dem Fuldaer Abtssitz weitergegeben wurde. Insgesamt gab es mehrere solcher Erzämter für die Kaiserin, neben dem Fürstabt von Fulda, der ihr Erzkanzler war, war der Fürstabt zu Kempten Erzmarschall und der Abt zu St. Maximin in Trier Erzkaplan der Kaiserin. Kardinal Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach (1671-1677) hatte als Fürstabt von Fulda und von Kempten gleich zwei Ämter inne.
Übersicht:
Die Äbte und Fürstäbte von Fulda
Philipp Georg Schenk zu
Schweinsberg (1567-1568), Fürstabt
Wilhelm Hartmann von Klauer zu Wohra (1568-1570), Fürstabt
Balthasar von Dernbach (genannt Grauel) (1570-1576 und
1602-1606), Fürstabt
Johann Friedrich von Schwalbach (1606-1622), Fürstabt
Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg (1623-1632), Fürstabt
Johann Adolf von Hoheneck (1633-1635), Fürstabt
Hermann Georg von Neuhof (genannt Ley) (1635-1644), Fürstabt
Joachim Graf
von Gravenegg (1644-1671), Fürstabt
Kardinal Bernhard Gustav
Markgraf von Baden-Durlach (1671-1677), Fürstabt
Placidus von Droste
(1678-1700), Fürstabt
Adalbert I. von Schleifras (1700-1714),
Fürstabt
Konstantin von Buttlar (1714-1726), Fürstabt
Adolf von Dalberg (1726-1737), Fürstabt
Amand von Buseck, (1737-1756), Fürstabt 1737-1752, Fürstbischof
ab 1752, am 5.10.1752 wurde die Fürstabtei durch Papst Benedikt
XIV. in den Rang eines Bistums erhoben.
Adalbert II. von Walderdorff (1757-1759), Fürstbischof
Heinrich VIII. von Bibra, (1759-1788), Fürstbischof
Adalbert III. von Harstall, (1789-1814), Fürstbischof bis 1802,
danach Bischof. Im Jahre 1803 wurde mit dem
Reichsdeputationshauptschluß das geistliche Fürstentum mit
seinen Klöstern aufgelöst.
Literatur:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Band Bistümer.
Kulturamt der Stadt Fulda: http://www.museum-fulda.de
http://www.tourismus-fulda.de/, www.fulda.de, http://www.tourismus-fulda.de/sehenswertes/sehenswuerdigkeiten/index.php
Michael Imhof, Fulda - Ein Führer durch die Barockstadt, Michael
Imhof Verlag, 3. Auflage 2006, ISBN 3-935590-03-2 und
978-3-935590-03-7
http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/Erz%E4mter
Geschichte des Priesterseminars: http://www.priesterseminar-fulda.de/geschichte.htm
Fulda - das Stadtlexikon, hrsg. vom Fuldaer Geschichtsverein e.
V., Redaktion: Thomas Heiler und Klaus H. Orth, Parzellers
Buchverlag, Fulda 2019, ISBN 978-3-7900-0542-4, S. 394-395
Michael Imhof, Burghard Preusler, Gregor Stasch: Barockkirchen in
Fulda und im Fuldaer Land mit dem Geisaer Amt, Dermbach,
Hammelburg und Hünfelder Land, mit einem Beitrag von Gerd Weiß,
Michael Imhof Verlag, Petersberg 2020, 496 S., ISBN-10:
3731908050, ISBN-13: 978-3731908050, S. 80-83
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