Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 725
Barockstadt Fulda

Fulda: Stadtschloß, gartenseitiges Portal der nordwestlichen Fassade

Wenn wir von der Orangerie auf das Stadtschloß blicken (Abb. 2020), sehen wir die ganze Baugeschichte auf einen Blick: Der Unterbau des Turmes stammt aus dem Mittelalter, sein achteckiger Oberbau aus der Renaissance, dann folgt links davon der Anbau, der die Barockisierung unter Adalbert von Schleifras einleitete. Rechts vom Turm blicken wir auf das Kernschloß, in dem noch die alte Burg steckt, das aber so tiefgreifend umgebaut und mit einer barocken Außenhaut versehen wurde, daß sein Erscheinungsbild allein auf die Bautätigkeit von Adalbert von Schleifras zurückgeht. Und ganz rechts liegt der gartenseitige Ehrenhofflügel, den der Bauabt nicht mehr fertigstellen konnte und der erst nach vierjähriger Baupause unter seinem Nachfolger vollendet wurde. Um genau diesen geht es hier, denn dort ist der einzige Wappenstein der gesamten Nordseite des Schlosses zu finden.

In der Abb. unten (2007) blicken wir auf die Gartenseite des parkseitigen Seitenflügels des Ehrenhofes. Die beiden diesen flankierenden Bautrakte sind zum Ehrenhof hin gleich, beide haben die gleiche Aufteilung, die gleichen Maße, die gleichen Freitreppen. Aber nur dieser Flügel hat zum Park hin ein weiteres Portal, und zwar ein einziges, mittig angeordnetes. Das Wappen wiederum ist inhaltlich das gleiche wie dioe beiden anderen auf der ehrenhofseitigen Seite des Gebäudeflügels, das des Fuldaer Fürstabtes Konstantin von Buttlar.

Der im Bild angeschnittene Weg ist die Hauptachse des Gartens und führt geradewegs auf die Treppenanlage und auf der anderen Seite auf die Orangerie zu. Diese Achse geht nicht von dem beschriebenen Portal aus, sondern vom Kaisersaal (sala terrena) im Erdgeschoß des Mittelbaus.

Das Wappen über dem Eingang ist dasjenige des Fürstabtes Konstantin von Buttlar (1714-1726) und ist geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein schwarzes, durchgehendes Kreuz (Hochstift Fulda), Feld 2 und 3: in Rot eine silberne Butte mit goldenen Reifen und links zwei goldenen Tragbändern (Stammwappen der von Buttlar). Über dem Wappen stehen drei Helme: Helm 1 (Mitte): auf einem roten Kissen mit Quasten in einer Laubkrone ein stehendes schwarzes Kreuz (Hochstift Fulda), Helm 2 (rechts): gekrönt, eine mit einem blattartigen Ornament verzierte Bischofsmütze, aus der noch zwei Fähnchen schräg herausragen. Hier sind keine Feinstrukturen erkennbar, doch auf einer gemalten Darstellung im Schloß ist jedes Fähnchen gespalten, vorne in Rot ein grüner Lilienstock mit drei silbernen Blüten und hinten in Gold ein halber schwarzer Adler am Spalt (Hochstift Fulda), Helm 3 (links): gekrönt, ein hier beschädigtes Jagdhorn, dessen verschlungenes Band verschwunden ist, ebenso die Besteckung des Mundloches mit Straußenfedern (Stammkleinod der von Buttlar). Die Helmdecken des Stammwappens sind rot-silbern. Hinter dem Schild stecken links das Schwert und rechts der Krummstab, bei dem die Krümme verloren gegangen ist. Die Portalbekrönung selbst hat eine interessante Konstruktion: Das Gebälk ist über den seitlichen Schneckenornamenten im Winkel nach außen gestellt, und darauf ruhen die äußeren Abschnitte des verkröpften Segmentbogengiebels, wodurch diese fast 45° nach vorne gedreht werden. Die Schnittkanten der Verkröpfung werden so zum Betrachter gedreht. Dadurch wird die sonst harte und kantige Verkröpfung aufgedehnt, und die Portalbekrönung erhalt dadurch eine dynamische Schwingung und Bewegtheit: Das Portal wölbt sich scheinbar dem Betrachter entgegen, was aber durch die Verkröpfung sofort wieder zurückgenommen wird. Über den Schnecken entstehen schräg nach außen weisende Kraftlinien, in den Segmentbogenenden entstehen im rechten Winkel dazu auf den Besucher gerichtete Kraftlinien der Architektur, und so entstehen insgesamt Spannung, Dyamik und Raumanspruch. Das Gebälk weist eine sehr schöne, friesartige Verzierung auf, und die beiden freien Zwikel des Segmentbogens sind mit Blumenmotiven ausgefüllt. Die Kombination von rotem und gelbem Sandstein betont das Wechselspiel zwischen architektonischen Linien (roter Sandstein) und Verzierungen (gelber Sandstein).

Detailvergrößerung.

Position des beschriebenen Wappens am Stadtschloß Fulda

Übersicht: Die Äbte und Fürstäbte von Fulda
Philipp Georg Schenk zu Schweinsberg (1567-1568), Fürstabt
Wilhelm Hartmann von Klauer zu Wohra (1568-1570), Fürstabt
Balthasar von Dernbach (genannt Grauel) (1570-1576 und 1602-1606), Fürstabt
Johann Friedrich von Schwalbach (1606-1622), Fürstabt
Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg (1623-1632), Fürstabt
Johann Adolf von Hoheneck (1633-1635), Fürstabt
Hermann Georg von Neuhof (genannt Ley) (1635-1644), Fürstabt
Joachim Graf von Gravenegg (1644-1671), Fürstabt
Kardinal Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach (1671-1677), Fürstabt
Placidus von Droste (1678-1700), Fürstabt
Adalbert I. von Schleifras (1700-1714), Fürstabt
Konstantin von Buttlar (1714-1726), Fürstabt
Adolf von Dalberg (1726-1737), Fürstabt
Amand von Buseck, (1737-1756), Fürstabt 1737-1752, Fürstbischof ab 1752, am 5.10.1752 wurde die Fürstabtei durch Papst Benedikt XIV. in den Rang eines Bistums erhoben.
Adalbert II. von Walderdorff (1757-1759), Fürstbischof 
Heinrich VIII. von Bibra, (1759-1788), Fürstbischof 
Adalbert III. von Harstall, (1789-1814), Fürstbischof bis 1802, danach Bischof. Im Jahre 1803 wurde mit dem Reichsdeputationshauptschluß das geistliche Fürstentum mit seinen Klöstern aufgelöst.

Literatur:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer.
Kulturamt der Stadt Fulda: http://www.museum-fulda.de
http://www.tourismus-fulda.de/, www.fulda.de, http://www.tourismus-fulda.de/sehenswertes/sehenswuerdigkeiten/index.php
Michael Imhof, Fulda - Ein Führer durch die Barockstadt, Michael Imhof Verlag, 3. Auflage 2006, ISBN 3-935590-03-2 und 978-3-935590-03-7

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