Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 724
Barockstadt
Fulda
Fulda - Stadtschloß: Historischer Fürstensaal
Der historische Fürstensaal im zweiten Obergeschoß des zentralen Querbaues des Stadtschlosses ist der barock umgebaute Renaissance-Festsaal; er wurde 1712-1713 mit Deckenstuck von Andreas Schwarzmann und mit Deckengemälden des Tiroler Freskenmalers Johann Melchior Steidel ausgestattet. Der Fürstensaal, der seinen Namen nach den Portraits der Fuldaer Fürstäbte trägt, ist reich mit Heraldik ausgestattet. Besonders springt an der Stirnseite über einem großen Spiegel das hervorragend restaurierte Wappen desjenigen Fürstabtes ins Auge, der dem Stadtschloß sein heutiges Gesicht verlieh: Fürstabt Adalbert I. von Schleifras (17001714).
Das Wappen des Fuldaer Fürstabtes Adalbert I. von Schleifras (17001714) ist geviert und wie folgt tingiert:
Das Oberwappen hat drei Helme, hinter dem Schild Schwert (heraldisch links) und Abts-Pedum (heraldisch rechts):
Der Adler ist der Reichsadler (Reichsunmittelbarkeit), der grüne Lilienstock steht für das Fuldaer Domkapitel und symbolisiert mit seinen drei silbernen Blüten die drei Märtyrer und Schutzpatrone der Stadt Fulda (Simplicius, Faustinus und Beatrix). Bonifatius brachte einst Reliquien dieser drei Heiligen nach Fulda. Der rote Hintergrund steht für den Märtyrertod, den die drei Schutzpatrone gestorben sind.
Rechts und links des Spiegels halten zwei Putten zwei kleinere ovale Wappenschilde, Abb. links gespalten, vorne in Gold ein halber schwarzer Adler am Spalt (Reichsunmittelbarkeit) und hinten in Rot aus einem grünen Dreiberg wachsend ein grüner Lilienstock mit drei silbernen Blüten (Domkapitel), Abb. rechts ein Wappen, das identisch mit dem heutigen Wappen der Stadt Fulda ist, gespalten, vorn in Silber ein schwarzes, durchgehendes Kreuz (Hochstift), hinten in Rot aus grünem Dreiberg wachsend ein grüner Lilienstock mit drei silbernen Blüten (Domkapitel, Bedeutung siehe oben).
Der Fürstensaal hat noch die ursprüngliche Stuckdecke mit mythologischen Malereien (Götter der klassischen Mythologie) des Tiroler Freskomalers Melchior Steidl von 1712. Das Deckengemälde verherrlicht ebenfalls den Fürstabt Adalbert I. von Schleifras (17001714), denn beim näheren Hinsehen erkennt man, daß der Schild der zentralen Figur Minerva mit dem Wappen des Fürstabtes bemalt ist. Sein eigenes Wappen einem Gott der antiken Mythologie zu geben gibt einen tiefen Einblick in das Selbstverständnis eines barocken Fürstabtes.
Abb.: Ceres (links) und Minerva (Mitte), letztere mit dem Wappen des Fürstabtes
Weiterhin sind im Schloß Portraitgemälde aller Fürstäbte ab Johann Friedrich von Schwalbach (1606-1622) und aller Fürstbischöfe bis zur Säkularisation an den Wänden aufgehängt. Nach diesen trägt der Raum auch den Namen "Fürstensaal". Jedes dieser Gemälde hat oben auf dem üppig verzierten Rahmen das Amtswappen und auf den vier Ecken des Bilderrahmens eine 4er-Ahnenprobe. Weiterhin sind die Lebensdaten auf dem Rahmen verzeichnet. Im Einzelnen sind folgende Wappen zu sehen:
Johann Friedrich von Schwalbach (regierte 1606-1622), Fürstabt, Eltern: Johann der Jüngere von Schwalbach, Anna von Hertingshausen, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Konrad von Schwalbach, Anna Schenk von Nideck (Schenk von Nideggen), Johann Burchard von Hertingshausen (Hertinghausen), Itta von Steinbach (Steinebach).
Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg (regierte 1623-1632), Fürstabt, Eltern: Friedrich Schenk zu Schweinsberg, Binhild(is) von Schwalbach, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens, nach den Stammtafeln von Knetsch: Huprecht (Haupert) Schenk zu Schweinsberg, Ermgard von Steinbach (hier statt dessen Wallbrunn), Gernand von Schwalbach, Grete von Wallbrunn (hier statt dessen von Stockheim, Großmutter väterlicherseits der Mutter). Eine korrekte Ahnenprobe sehen wir im Vergleich im Inneren der Klosterkirche St. Maria auf dem Gewölbeschlußstein, dort taucht das schwarz-silbern geständerte Wappen der von Steinbach an der korrekten Position heraldisch rechts unten auf, und das Wappen der von Wallbrunn ist links unten angebracht, wie es sein muß.
Johann Adolf von Hoheneck (regierte 1633-1635), Fürstabt, Eltern: Johann Philipp von Hoheneck, Anna Wolf-Metternich zu Gracht, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Hans Wilhelm von Hoheneck, Maria von Weichs, Heinrich von Wolff-Metternich zur Gracht, Anna von Troisdorf.
Hermann Georg von Neuhof genannt Ley (regierte 1635-1644), Fürstabt, Eltern: Wilhelm von Neuhof zu Ahausen, Ursula von Hatzfeld-Wildenburg, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Hermann von Neuhof gen. Ley zu Ahausen, Elisabeth von Schnellenberg, Georg von Hatzfeld-Wildenburg, Ursula von Neuhof genannt Ley.
Hermann Georg von Neuhof (genannt Ley) (1635-1644), Fürstabt, Detail
Joachim Graf von Gravenegg (regierte 1644-1671), Fürstabt, Eltern: Ferdinand Reichsfreiherr von Gravenegg, Brigitta Hundbiss von Walrams, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Wilhelm von Gravenegg, Felicitas von Rechberg, Friedrich Hundbiss von Walrams, Anastasia Sürg von Sürgenstein.
Joachim Graf von Gravenegg (1644-1671), Fürstabt, Detail.
Kardinal Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach (regierte 1671-1677), Fürstabt, Eltern: Friedrich V. Markgraf von Baden-Durlach, Eleonore Gräfin zu Solms-Laubach, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Georg Friedrich Markgraf von Baden-Durlach, Juliane Ursula Wild- und Rheingräfin von Dhaun-Neufviller, Albrecht Otto I. Graf zu Solms-Laubach, Anna von Hessen-Darmstadt.
Kardinal Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach (1671-1677), Fürstabt, Detail.
Placidus von Droste (regierte 1678-1700), Fürstabt, Eltern: Philipp von Droste zu Erwitte, Agnes von Heygen (Heggen), Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Henneke von Droste zu Erwitte, Margret von Spiegel, Kaspar von Heygen zu Amicke und Ewig, Anna von Schorlemer zu Overhagen.
Placidus von Droste (1678-1700), Fürstabt, Detail.
Adalbert I. von Schleifras (regierte 1700-1714), Fürstabt, Eltern: Georg Lukas von Schleifras, Maria Margareta von Rotzmann, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Hermann Otto von Schleifras, Cordula Katharina von der Tann, Romann von Rozmann zu Dotzelenroda, Barbara Juliane von Buseck.
Konstantin von Buttlar (regierte 1714-1726), Fürstabt, Eltern: Johann Christoph von Buttlar zu Mariengart, Maria Renate von Freyberg, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Johann Friedrich von Buttlar, Anna Kunigunda von Boineburg zu Lengsfeld, Johann Franz von Freyberg, Maria Eva von Hornstein (falsch tingiert).
Adolf von Dalberg (regierte 1726-1737), Fürstabt, Eltern: Franz Eberhard Kämmerer von Worms gen. von Dalberg, Anna Katharina Franziska von Dalberg, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Philipp Balthasar Kämmerer von Worms gen. von Dalberg, Magdalena von Warsberg, Johann XXV. Kämmerer von Worms gen. von Dalberg, Anna Antonetta von der Leyen.
Amand von Buseck (regierte 1737-1756), Fürstabt 1737-1752, Fürstbischof ab 1752, Eltern: Philipp Franz Edmund Freiherr von Buseck Herr zu Eppelborn, Maria Antonia Amalia von Fechenbach zu Sommerau, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Conrad Philipp von Buseck, Maria Margaretha von Löwenstein zu Randeck, Adolf Ernst von Fechenbach, Johanna Elisabetha von Breidenbach zu Breidenstein.
Adalbert II. von Walderdorff (regierte 1757-1759), Fürstbischof, Eltern: Karl Lothar Freiherr von Walderdorff, Anna Katharina Elisabeth Freiin von Kesselstadt, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Georg Friedrich von Walderdorff, Johanna Elisabeth Frey von Dehrn (falsches Wappen, Niederisenburg statt Frey von Dehrn), Johann Eberhard Freiherr von Kesselstatt, Anna Antoinetta von Orsbeck.
Heinrich VIII. von Bibra (regierte 1759-1788), Fürstbischof, Eltern: Heinrich Karl von Bibra, Maria Johanna Theresia von Eyb, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Georg Christoph von Bibra, Maria Barbara von Bronsart, Marquard Franz von Eyb, Catharina Sophia Schenk von Stauffenberg.
Adalbert III. von Harstall (regierte 1789-1814), Fürstbischof bis 1802, danach Bischof, Eltern: Hartmann Ernst von Harstall, Amalia Rosina Sophia Theresia von Redwitz, Großeltern für die 4er-Ahnenprobe in den Ecken des Bilderrahmens: Friedrich Hermann von Harstall zu Dietdorf, Anna Maria von Hagen, Franz Carl von Redwitz auf Schmölz, Sophia Juliana von Gebsattel.
Adalbert III. von Harstall, (1789-1814), Fürstbischof bis 1802, danach Bischof, Detail.
Übersicht:
Die Äbte und Fürstäbte von Fulda
Philipp Georg Schenk zu
Schweinsberg (1567-1568), Fürstabt
Wilhelm Hartmann von Klauer zu Wohra (1568-1570), Fürstabt
Balthasar von Dernbach (genannt Grauel) (1570-1576 und
1602-1606), Fürstabt
Johann
Friedrich von Schwalbach
(1606-1622), Fürstabt
Johann Bernhard
Schenk zu Schweinsberg
(1623-1632), Fürstabt
Johann Adolf
von Hoheneck (1633-1635),
Fürstabt
Hermann Georg
von Neuhof (genannt Ley) (1635-1644),
Fürstabt
Joachim Graf
von Gravenegg (1644-1671),
Fürstabt
Kardinal
Bernhard Gustav Markgraf von Baden-Durlach (1671-1677), Fürstabt
Placidus
von Droste (1678-1700),
Fürstabt
Adalbert I. von
Schleifras (1700-1714),
Fürstabt
Konstantin von Buttlar (1714-1726),
Fürstabt
Adolf von
Dalberg (1726-1737), Fürstabt
Amand von
Buseck, (1737-1756), Fürstabt
1737-1752, Fürstbischof ab 1752, am 5.10.1752 wurde die
Fürstabtei durch Papst Benedikt XIV. in den Rang eines Bistums
erhoben.
Adalbert II.
von Walderdorff (1757-1759),
Fürstbischof
Heinrich VIII.
von Bibra, (1759-1788),
Fürstbischof
Adalbert III.
von Harstall, (1789-1814),
Fürstbischof bis 1802, danach Bischof. Im Jahre 1803 wurde
mit dem Reichsdeputationshauptschluß das geistliche Fürstentum
mit seinen Klöstern aufgelöst.
Johann Adam Rieger (1829-1831), Bischof
Position der beschriebenen Wappen
Literatur:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Band Bistümer.
Hinweisschilder und Erklärungen im Museum der historischen
Räume des Stadtschlosses Fulda
Kulturamt der Stadt Fulda: http://www.museum-fulda.de
http://museen-in-hessen.de/museum/?id=63
Museumsführer: Stadtschloß - Historische Räume
http://www.tourismus-fulda.de/, www.fulda.de, http://www.tourismus-fulda.de/sehenswertes/sehenswuerdigkeiten/index.php
Michael Imhof, Burghard Preusler,
Gregor Stasch: Barockkirchen in Fulda und im Fuldaer Land mit dem
Geisaer Amt, Dermbach, Hammelburg und Hünfelder Land, mit einem
Beitrag von Gerd Weiß, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2020,
496 S., ISBN-10: 3731908050, ISBN-13: 978-3731908050, S. 174-175
Fulda: Stadtschloß: Schloßkapelle - Stadtschloß: Fayence - Stadtschloß: historische Räume - Stadtschloß: Fürstensaal - Orangerie - Floravase - Hauptwache - Paulustor - Stadtschloß: Ehrenhof (1) - Stadtschloß: Ehrenhof (2) - Stadtschloß: Brunnen - Stadtschloß: Zentralhof - Stadtschloß: hinterer Hof - Stadtschloß: Längsseite zur Stadt - Stadtschloß: gartenseitiges Portal - Konventsgebäude/Priesterseminar - Hof- und Klosterbibliothek - Am Frauenberg - Stadtpfarrkirche St. Blasius - Obelisken auf dem Domplatz - Hauptportal des Domes - Domdechanei - Stützmauer Michaelsberg - Päpstliches Seminar - Alte Universität - Heiliggeistkirche
Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
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Veröffentlichung der Innenaufnahmen aus dem Stadtschloß Fulda mit freundlicher Erlaubnis vom Magistrat der Stadt Fulda, Pressestelle, Herr Harald Merz, vom 29.10.2007, wofür ihm an dieser Stelle ganz herzlich gedankt sei.
©
Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2007
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