Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2934
Arnstein
(Landkreis Main-Spessart, Unterfranken)
Pfarr-
und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Epitaph für Bernhard von
Hutten (-1539)
und Gertraud von Ebersberg gen. Weyhers (-1544)
Dieses ist ebenfalls eines der größeren und kunstvolleren Epitaphien der Renaissance-Zeit. Es ist eine Arbeit des Würzburger Bildhauers Peter Dell d. Ä. Es besteht aus einem rechteckigen Hauptfeld und einem zweistufigen Aufsatz. Das Hauptfeld wird von zwei Pilastern mit phantasievollen Kapitellen gerahmt. Im oberen Teil tragen die beiden Pilaster je drei Wappenschilde, im unteren Teil sind sie mit floralen Ornamenten belegt. Das Epitaph ist vorrangig figürlich aufgebaut und stellt die beiden Ehepartner einander gegenüber kniend beiderseits des Gekreuzigten dar. Der bärtige, barhäuptige Ehemann trägt eine vollständige Rüstung, nur den federgeschmückten Helm hat er abgelegt, dieser ist mit offenem Visier über dem Allianzwappen unten zwischen beiden Eheleuten abgelegt. Bewaffnet ist der Ehemann mit Schwert und Dolch. Er hat die in Plattenhandschuhen steckenden Hände vor der Brust zum Gebet zusammengelegt und richtet den Blick schräg nach oben zu Christus, der sich wiederum ihm zuwendet. Die Ehefrau hingegen hat die einen Rosenkranz umschließenden Hände tiefer als die des Ehemannes miteinander verschränkt und richtet den Blick gerade auf den Ehemann. Bis auf das Gesicht und die Hände ist sie vollständig verhüllt. Die schräg abwärts verlaufenden Falten des Gewandes bilden das optische Gegengewicht zu den durch Schwert und Unterschenkel des Ehemannes erzeugten Schrägen auf der Gegenseite. Christus am Kreuze wird von den gesichteten Himmelsgestirnen flankiert, optisch links die Strahlensonne, rechts der zunehmende Mond. Beide haben einen wehklagenden Gesichtsausdruck, trauern bildlich mit um die beiden Ehepartner.
Der Schlüssel zur Zuordnung der Personen sind die beiden Inschriften im Aufsatz. Die fünfzeilige Hauptinschrift nennt die Personen und ihre Lebensdaten: "Anno D(omi)ni m ccccc xxxix viii mai ist in got(t) / verschi(e)den Der E(h)renvhest Bernhardt von / hutten zu Birckenfeldt Und darnach im m ccccc / 44 ii febr(uari) Die edel und thugenthafft(e) fraw Gertraut / Gebor(e)n(e) vo(n) weiers sein(e) E(he)liche hausfrab de(r) got(t) gnad(e)". Es handelt sich also um Bernhard von Hutten (1474-8.5.1539) aus der Linie zu Birkenfeld und Gertraud von Ebersberg gen. Weyhers (-2.2.1544). In der ersten Jahreszahl ist das "ccccc" offensichtlich vergessen worden oder anfänglich im Layout nicht eingeplant gewesen, und dann nachträglich auf dem oberen Rand ergänzt worden, mit hochgestelltem "o", ebenso der Monatsname Mai. Bei den Daten für die Ehefrau verwundert der Wechsel zu arabischen Ziffern, das liegt daran, daß das Epitaph anläßlich des Todes des Ehemannes angefertigt wurde, und man hatte zu wenig Platz gelassen, als man das Datum der Ehefrau nachtragen mußte. "44 ii febr" ist deutlich kürzer als "xl iv februarii" oder gar die Langform "xxxx iiii februarii".
Im oberen Teil des Aufsatzes ist noch eine zweite Inschrift in Latein und in Kapitalis zu lesen, deren oberste Zeile dem Abschluß wellenförmig folgt: "CHRISTO SERVATORE PROPICIO / MAVRIT(IVS) ELEC(TVS) EISTET(T)EN(SIS) PRAE/POS(ITVS) HERB(IPOLENSIS) ET WILHELM(VS) PHILIPP(VSQVE) F(RATRE) / IN EXT(REMIS) INDIS AGENTE P(ARENTIBVS) P(RO) P(IETATE) P(OSVERVNT) (F)ILII". Vom letzten Wort sind nur die Buchstaben "ILII" zu lesen. Hanna schreibt dazu: "Bei den letzteren drei Buchstaben I. L. H. handelt es sich wohl spätere Ergänzung mit unbekannter Bedeutung." Mitnichten, denn vor den Buchstaben ist ein Bruch mit einer Flickstelle, die einen Buchstaben zunichte gemacht hat, und es handelt sich nicht um ein "H" am Ende, sondern um "II". Insbesondere im Zusammenhang mit dem "P.P.P.P." davor ergibt sich die sinnvolle Lesung "FILII", die Söhne, die aus Frömmigkeit ihren Eltern dieses Epitaph aufgerichtet haben.
Diese drei Söhne werden beim Namen genannt: Moritz (Mauritius, 25.11.1503-6.12.1552) war gewählter Fürstbischof von Eichstätt und Würzburger Dompropst, und er war der Gründer des Pfründnerspitals in Arnstein. Wilhelm (-1554) war derjenige, der zweimal heiratete und den Stamm fortsetzte, dessen Söhne später den Besitz in Frankenberg übernahmen. Und der Ritter Philipp (18.12.1505-17.5.1546) schließlich, der als "IN EXTREMIS INDIS AGENTE" beschrieben wird, tätig im fernsten (West)-Indien und damit abwesend, war Konquistador, Entdecker, kaiserlicher Generalkapitän sowie militärischer Oberbefehlshaber der spanischen Überseeprovinz Venezuela und letzter Statthalter der dort im Handel tätigen Welser. Er konnte weder bei der Beerdigung seines Vaters noch bei der Auftragsvergabe für das Epitaph noch bei der Beerdigung der Mutter dabei sein, dennoch wird er in absentia mitgenannt. Er wurde wenige Jahre später von seinem spanischen Rivalen Juan de Carvajal ermordet. Mehr zu ihm in seinem eigenen Kapitel, denn auch für ihn gibt es in Maria Sondheim ein Epitaph. Die Datierung der Inschrift ergibt sich daraus, daß Moritz als "ELECTVS EISTETTENSIS" bezeichnet wird. Seine Wahl war am 27.6.1539, die päpstliche Bestätigung folgte am 7.5.1540. Diese Inschrift muß in diesem Zeitraum angefertigt worden sein, denn danach wäre er "EPISCOPVS EISTETTENSIS" gewesen. Die oberste Zeile bedeutet "Christus, unserem gnädigen Retter".
Bernhard von Hutten war würzburgischer Amtmann in Königshofen und danach Oberamtmann. Er heiratete am 28.8.1498 Gertraud, eine gute Partie, denn sie brachte einen Anteil an Schloß Weyhers und etliche Lehensgüter in die Familie als Erbe ihres Vaters Lorenz und ihrer beiden Brüder Thomas und Eberhard. Der Fuldaer Abt belehnte Bernhard von Hutten am 20.12.1498 damit. Bernhard und Gertraud verkauften am 3.4.1508 und erneut 1510 wieder einen großen Teil gewinnbringend an ihre Verwandte. Kaiser Maximilian I. stellte ihm am 5.11.1516 zu Bregenz einen Schutz- und Schirmbrief aus, mit dem Recht, befestigte Herrensitze zu bauen und sich danach zu benennen, einen Freisitz zu besitzen der Gewährung des kaiserlichen Schutzes und des alleinigen Gerichtsstandes vor dem Herrscher. Diese Privilegien wurden jeweils 1528, 1544, 1582 und 1613 von nachfolgenden Kaisern bestätigt. Eine etwas unrühmliche Angelegenheit war die Beteiligung Bernhards am Raubrittertum des Götz von Berlichingen, zusammen mit seinem Verwandten Agapitus von Hutten, in dessen Kapitel mehr dazu steht.
Nun zur Heraldik: Das Ehewappen sehen wir unten in der Mitte zwischen beiden Personen, nur als Schilde, nicht als Vollwappen gestaltet. Der gewendete Schild der von Hutten zeigt in Rot zwei goldene Schrägbalken, der Schild der von Ebersberg gen. Weyhers in Blau eine silberne Lilie. Insgesamt sehen wir am gesamten Epitaph acht Schilde, so daß das Ehewappen zugleich Bestandteil der Ahnenprobe ist, denn an den Pilastern sind seitlich nur jeweils drei Wappenschilde angebracht; auf eine Wiederholung wurde verzichtet.
Bernhard von Hutten war der Sohn von Konrad von Hutten (-1513), Ritter, Amtmann zu Arnstein und Trimberg und Gründer der Linie Birkenfeld, und dessen Frau, Ursula von Bibra. Die Großeltern väterlicherseits waren Konrad von Hutten (-1502), Ritter, würzburgischer Amtmann zu Trimberg, Würzburger Rat und Oberhofmeister, und dessen erste Frau, Anna von Rechberg. In zweiter Ehe hatte Konrad am 4.10.1472 Elisabeth von Sickingen geheiratet. Entsprechend sehen wir als zweiten Schild auf der Schwertseite das Wappen der von Rechberg, in Gold zwei aufspringende Löwen Rücken an Rücken (Linie Hohenrechberg). Die Großeltern mütterlicherseits waren nach Salver Georg von Bibra und Anna Fuchs von Burglemnitz. Wir sehen an der Schwertseite übereinander die Wappenschilde der von Bibra (in Gold ein schwarzer aufspringender Biber mit geschupptem Schwanz), der von Rechberg (in Gold oder Silber je nach Linie zwei aufspringende Löwen Rücken an Rücken) und der von Frankenstein (in Gold ein schräggestelltes rotes Axteisen (Beileisen) mit quergestellter rechteckiger Stielöffnung, aber ohne Stiel, hier einwärts gewendet). Hier gibt es eine Unregelmäßigkeit, für das dritte Wappen ging man eine Ebene weiter zurück, denn Konrad von Hutten (1407-21.10.1447), Ritter und würzburgischer Amtmann zu Arnstein, hatte Anna von Frankenstein geheiratet. Vielleicht wollte man durch den Wechsel beim dritten Wappen den dynastischen Aspekt der Abstammung in den Vordergrund stellen. Korrekt nach Logik der Ahnenprobe ist die Abfolge der Schilde auf dem Epitaph für seinen Sohn Wilhelm (siehe dort).
Die Eltern von Gertraud waren Eberhard von Ebersberg gen. Weyhers und Elisabeth Margareta von Hutten. Gertrauds vier Großeltern waren Hans von Ebersberg gen. Weyhers und seine Frau Barbara von Steinau gen. Steinrück sowie Lorenz von Hutten und Elisabeth von Thüngen. Wir sehen auf der Spindelseite übereinander die Wappen der von Hutten (in Rot zwei goldene Schrägbalken, hier schräglinks), von Thüngen (in Silber ein fünfmal rot-golden im Wellenschnitt gespaltener Balken) und der von Steinau genannt Steinrück (in Silber drei (2:1) schwarze, fünfspeichige Wagenräder), alle drei Abb. unten. Auch hier gibt es eine Unregelmäßigkeit, denn eigentlich müßten die beiden unteren Schilde andersherum angeordnet sein, Steinau vor Thüngen, und so ist es auch am Epitaph für den Sohn Wilhelm korrekt gehandhabt worden (siehe in dessen Kapitel).
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Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,19z - https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,162m/data=!3m1!1e3
Pfarreien-Gemeinschaft "Um Maria Sondheim": https://www.pg-um-maria-sondheim.de/ - https://www.pg-um-maria-sondheim.de/gemeinden/arnstein
Wallfahrtskirche Maria Sondheim: https://wallfahrt.bistum-wuerzburg.de/wallfahrtsorte/region-main-spessart/maria-sondheim/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von
Herrn Pfarrer Christian Ammersbach vom 23.5.2022, wofür ihm an
dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Genealogie von Hutten: Johann Gottfried Biedermann,
Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft
Landes zu Franken Löblichen Orts Baunach http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ ab Tafel 72 ff.
von Hutten: https://de.wikipedia.org/wiki/Hutten_(Adelsgeschlecht)
Georg-Wilhelm Hanna: Die Ritteradeligen von Hutten, ihre soziale
Stellung in Kirche und Staat bis zum Ende des Alten Reiches,
Dissertation, Fakultät für Geschichts- und Geowissenschaften,
Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2006, https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/105 - Download: https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/105/1/Dokument_1.pdf - S. 468-471
Ebersberg gen. Weyhers: https://de.wikipedia.org/wiki/Ebersberg_genannt_von_Weyhers
von Bibra: https://de.wikipedia.org/wiki/Bibra_(Adelsgeschlecht)
von Rechberg: https://de.wikipedia.org/wiki/Rechberg_(Adelsgeschlecht)
von Frankenstein: https://de.wikipedia.org/wiki/Frankenstein_(oberrheinisches_Adelsgeschlecht)
von Thüngen: https://de.wikipedia.org/wiki/Thüngen_(Adelsgeschlecht)
von Steinau gen. Steinrück: https://de.wikipedia.org/wiki/Steinau_genannt_Steinrück
Moritz von Hutten: https://de.wikipedia.org/wiki/Moritz_von_Hutten
Philipp von Hutten: https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_von_Hutten
Pfarrkirche Maria Sondheim: Grabdenkmäler außen - Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Hans von Hutten (-1515) - Catharina Zobel von Giebelstadt (-1533) - Wolff von Hutten (-1517) - Anna von Rosenberg (-1528) - Agapitus von Hutten (-1520) - Ludwig von Hutten d. Ä. (-1517) - Ludwig von Hutten d. J. (-1548) und Agatha von Liebenstein (-1547) - Philipp von Hutten (-1546) - Wilhelm von Hutten (-1546), Eva von Heßberg (-1541) und Anna von Selbitz (-1599) - Konrad von Hutten (-1502), Anna von Rechberg (-1471) und Elisabeth von Sickingen (-1479) - Bartholomäus von Hutten d. J. (-1495) - Stephan Zobel von Giebelstadt (-1597) und Cordula Echter von Mespelbrunn (-1599) - Johann Julius Zobel von Giebelstadt (-1585) - Konrad von Hutten (-1556) - Jobst von Hutten (-1483) - Amalia von Berlichingen (-1570) - Bartholomäus von Hutten d. Ä. (-1452) und Elisabeth (Else) von Thüngen (-1458) - Konrad von Hutten (-1447) - weitere Wappendarstellungen
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