Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2933
Arnstein
(Landkreis Main-Spessart, Unterfranken)
Pfarr-
und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Epitaph für Ludwig von
Hutten (-1548)
und Agatha von Liebenstein (-1547)
Dieses figürliche Epitaph ist für den Ritter Ludwig von Hutten d. J. (7.9.1483-25.7.1548) zu Frankenberg und seine Frau Agatha von Liebenstein (-19.11.1547). Es ist in drei Zonen gegliedert, eine Sockelzone mit einer Inschrift in der Mitte und zwei Wappenschilden seitlich, eine Hauptzone mit dem knienden Ehepaar in Anbetung rechts und links des Gekreuzigten (mit besonders voluminös geschlungenem Hüfttuch) und mit vier Wappenschilden und eine obere Abschlußzone über dem horizontalen Gesims, halbrund geformt und mit einer Inschrift in der Mitte und zwei Vollwappen seitlich. Ehemann Ludwig wird in vollständiger Rüstung dargestellt, mit Schwert und Dolch, mit mehreren Ketten auf der Brust. Den federgeschmückten Helm hat er auf dem Boden abgestellt, dieser wird von dem dort kauernden Löwen bewacht, der eine Tatze auf ihn legt, den Blick aber zu Ludwig erhoben hat. Ludwig von Hutten ist in Blickkontakt mit dem Gekreuzigten, der ihm seinerseits sein Antlitz zuwendet. Agatha hingegen hat den Blick waagerecht auf ihren Ehemann gerichtet; von ihren gefalteten Händen hängt ein Rosenkranz mit kugelförmiger Kapsel herab. Das Epitaph in Stil der Renaissance ist auf den seitlichen Einfassungen des Zentralfeldes mit floralen Ranken verziert.
Die obere Inschrift ist für den Ehemann und lautet: "An(n)o 1548 uff Mit(t)/woche(n) den tag Jacobi / Verschi(e)d Der Gestreng(e) / Edel(e) und E(h)r(e)nvest(e) Her(r) / Ludwich vo(n) Hutten / Ritter zum forderen / Franckenberck Würcz/burgischer Rathe De(m) / Got(t) Ein fro(eh)liche Ur/stend Verleihe(n) wolle a(men)" (unpräzise bei Hanna gelesen). Der Jacobi-Tag ist der 25. Juli.
Die untere Inschrift ist für die Ehefrau und hat folgenden Wortlaut: "An(n)o D(omi)ni 1547 Uff Son(n)tag nac(h) / Marthini de(n) 19. Novembris Ver/schi(e)d die Edell thugenthafft Fraw / Agatha vo(n) Hutten gebor(e)ne Von / Liebenstein der Got(t) gn(a)edig sey a(men)". Übrigens - der 25.7.1548 war korrekt ein Mittwoch wie angegeben, aber der 19.11.1547 war ein Samstag, kein Sonntag. Der Martinstag ist der 11.11., und das war ein Freitag. Der Sonntag nach Martini wäre der 13.11. gewesen, angegeben ist aber der 19.11.
Die Beiden hatten 1508 geheiratet. Ludwig von Hutten, der in frühen Jahren in den Feldzügen gegen die Türken in Ungarn (wo er in Notwehr 1516 Hans von Gundelsheim erschlug) und gegen Frankreich mitfocht, war einer der wichtigsten Ratgeber des etwa gleichaltrigen Markgrafen Kasimir von Brandenburg-Ansbach und ca. ein Jahrzehnt lang Amtmann zu Kitzingen, das ebenfalls markgräflich war. Weiterhin war Ludwig Hauptmann der Reichsritterschaft des Kantons Odenwald. Er war ein Bruder des Hans von Hutten, welcher von Herzog Ulrich von Württemberg ermordet wurde. 1517 unternahm Ludwig von Hutten eine Pilgerfahrt nach Jerusalem. Ebenfalls 1517 wurde Ludwig nach dem Tod seines gleichnamigen Vaters Familienoberhaupt. Er wuchs noch in Arnstein auf und vollzog nach dem Erwerb von Frankenberg den Wechsel der Familie ins neue Domizil, wo er ab 1521 zusammen mit seinen Brüdern Georg und Ulrich wohnte.
Die Inschrift nennt "zum forderen / Franckenberck" - es handelt sich um das Rittergut Vorderfrankenberg, das die drei Brüder am 22.2.1520/15.2.1521 für 28000 fl. erworben hatten, eine rechtlich kompliziert gemischte Herrschaft, teilweise ein brandenburg-ansbachisches Lehen, teilweise ein Reichslehen und teilweise Eigengut und mit eigenen Herrschaftsrechten versehen. Im Kapitel zu dem Vater der drei Brüder wurde beschrieben, wie sehr sich dieser um territorialen Ersatz für Arnstein zum Aufbau eines eigenen Herrschaftsgebietes bemühte. Eine wichtige Rolle spielten dabei drei Ämter auf der fränkischen Alb, u. a. Hilpoltstein, die die Familie von Bayern nach dem Landshuter Erbfolgekrieg bekommen hatte. Bayern löste sie wenig später wieder ein, als wieder Liquidität vorhanden war, und diese Summe, die der Vater erhalten hatte, bildete den Grundstock für den Erwerb von Frankenberg. Diese Summe dürfte für den Kauf relevanter gewesen sein als die Entschädigungs- oder Sühne-Summe, die von Württemberg eher schleppend kam für den ermordeten Bruder, wobei nicht klar ist, ob zu dem Zeitpunkt überhaupt schon Geld geflossen war, denn diese Zahlung war eine eher zähe Angelegenheit.
Die drei Brüder ließen sich am 27.4.1521 auf dem Wormser Reichstag von Kaiser Karl V. mit dem Halsgericht zu Ippesheim belehnen, wodurch sie jetzt die hohe Gerichtsbarkeit besaßen, und damit waren die Anteile gesichert, die den Charakter eines Reichslehens hatten. Und er ließ sich mit dem Zoll zu Vorderfrankenberg belehnen. Der Markgraf von Brandenburg-Ansbach stellte am 25.10.1521 eine Lehensbestätigung aus. Ludwig von Hutten bekam schließlich 1544 einen kaiserlichen Schutz- und Schirmbrief für die Burg Frankenberg, worin die Reichsfreiheit bestätigt wurde. Dieser Schutzbrief galt wegen eigener Kinderlosigkeit auch für seinen Neffen Konrad von Hutten. Im Laufe seines Lebens arrondierte Ludwig den Frankenberger Besitz durch Zukäufe von Zehntrechten und Grundbesitz. Mit dem Ankauf von Nenzenheim 1524/1527/1538 in mehreren Teilstücken kamen neben ansbachischen auch würzburgische Lehen hinzu. Dieser Ludwig von Hutten ist der Erbauer des Schlosses Frankenberg, ca. 1530 errichtet. Für die Finanzierung hilfreich war die Sühnezahlung der aufständischen Bauern, die dem Vorgängerbau zerstört hatten.
Die würzburgische Burgruine Hinterfrankenberg konnte nicht in den Besitz der Familie gebracht werden, obwohl man sich mehrfach darum bemüht hatte. Vorderfrankenberg blieb zum Erlöschen der Linie 1783 im Besitz der von Hutten, dann wurde das Lehen an die von Pölnitz vergeben, die es bis 1971 besaßen, dann kam der Besitz an die Freiherren von Lerchenfeld, 2006 an den Unternehmer Roland Belz, dann 2014 an die Livia Investment Group, die zwei Jahre später auch die Wirtschaftsgebäude übernahm.
Ehewappen und Ahnenprobe sind hier miteinander vermischt: Die beiden Vollwappen im Aufsatz stellen einerseits als horizontales Paar das Ehewappen dar, andererseits sind sie selbst Teil der vertikal angeordneten Ahnenprobe und ergänzen die je drei Wappenschilde darunter als viertes Wappen zur vollständigen Ahnenprobe auf Großelternebene für beide Ehepartner. Das hier gewendete Wappen der von Hutten zeigt in Rot zwei goldene Schrägbalken, auf dem ungekrönten Helm mit rot-goldenen Decken ein wachsender, rot gekleideter und bärtiger Mannesrumpf, auf dem Kopf eine rote, golden gestulpte Mütze mit schwarzen Hahnenfederbüscheln im Stulp und einem weiteren auf der Hutspitze. Das Wappen der von Liebenstein ist dreimal silbern-schwarz geteilt, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein dreimal silbern-schwarz geteiltes Paar Büffelhörner.
Dieser Ludwig von Hutten d. J. war der Sohn von Ludwig von Hutten d. Ä. (-1517), kaiserlicher Hauptmann, würzburgischer Rat und Amtmann zu Trimberg, und dessen zweiter Frau, Margarethe Speth von Hohenegk und Steingebronn (-1505). In erster Ehe hatte Ludwig, der Stifter der Linie Frankenberg, Susanne von Bickenbach geheiratet. Die Großeltern väterlicherseits waren Konrad von Hutten (-1502), würzburgischer Amtmann zu Trimberg, Rat und Oberhofmeister, und dessen erste Frau Anna von Rechberg, Tochter des Wilhelm von Rechberg und dessen Frau Jolanthe von Hirschhorn. In zweiter Ehe hatte Konrad Elisabeth von Sickingen geheiratet. Die Großeltern mütterlicherseits waren Caspar Speth von Hohenegk und Steingebronn (-30.4.1460), gefallen bei Winzerhausen in der Fehde Württembergs mit der Pfalz, und Maria Agatha Speth von Neidlingen, eine Tochter des Dietrich I. Speth von Neidlingen. Entsprechend besteht die Ahnenprobe der Schwertseite von oben nach unten aus den Wappen der von Hutten, der von Speth (in Rot drei übereinander liegende silberne Schlüssel mit gezähntem Bart), der von Rechberg (in Gold zwei aufspringende Löwen Rücken an Rücken, Linie Hohenrechberg) und ganz unten am Sockel erneut der von Speth, alle drei Abb. unten.
Agatha von Liebenstein war nach Hattstein die Tochter von Peter von Liebenstein jr. aus der Linie des Oberen Hauses in Bönnigheim und Apollonia von Wernau. Ihre Großeltern waren väterlicherseits Peter von Liebenstein sen. und seine Frau Agatha von Kaltenthal sowie mütterlicherseits Henrich von Wernau und Adalberta von Ellerbach. Entsprechend sehen wir von oben nach unten auf der Spindelseite die Wappen von Liebenstein, von Wernau (n Silber ein schwarzer, mit drei goldenen Kugeln belegter Schrägbalken, normalerweise schrägrechts, hier ungewöhnlich schräglinks), von Kaltenthal (in Rot ein silbernes Hirschgeweih mit Grind) und von Ellerbach (golden-grün geviert), alle drei Abb. unten.
Ludwig und Agatha hatten keine Söhne, aber zwei Töchter, Sabina von Hutten, vermählt mit Andreas von Stein zum Altenstein, und Margareta, vermählt mit Kasimir von Seckendorff-Aberdar. Frankenberg ging an den Neffen Konrad (-1556), Sohn seines Bruders Ulrich Lorenz, dann wegen dessen Kinderlosigkeit an die Söhne des Wilhelm von Hutten zu Birkenfeld aus einem anderen Familienzweig der fränkischen Linie.
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Neben diesem Epitaph gibt es auch noch eine Grabplatte für Agatha von Liebenstein, die nun auch einem Epitaph gleich an der Wand bei den anderen Grabmonumenten aufgereiht ist. Die Inschrift beginnt links auf dem oberen Rand, läuft einmal komplett im Uhrzeigersinn auf dem Rand herum, nur unterbrochen durch die vier Wappen der Ahnenprobe, und wird dann noch einmal oben im Zentralfeld dreizeilig fortgesetzt. Im Gegensatz zum Epitaph nennt sie nur das Jahr, aber nicht den Tag: "An(no) D(omi)ni 1547 / am s(o)nntag nach martini ist verschieden die / edel u(nd thuge)/nthafftige fraw Agatha vom hutten gebor(e)ne vo(n) / liebe(n) / stain / der se(e)/len got(t) / gnad(e) / amen". Die Platte ist nicht figürlich, sondern rein heraldisch, mit einem großen Wappen der von Liebenstein im Zentralfeld, oben zwischen den Büffelhörnern des Kleinods ein Schild der von Hutten für den Ehemann mit linksgewendeten Schrägbalken, und die vier Wappenschilde der Ahnenprobe in den vier Ecken der Platte wiederholen die bereits vom Epitaph bekannten Wappenschilde der von Liebenstein (oben rechts, angeschlagen), der von Wernau (oben links, stark angeschlagen), der von Kaltenthal (unten rechts, völlig zerstört) und der von Ellerbach (unten links, als einziges der vier gut erhalten).
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,19z - https://www.google.de/maps/@49.9733188,9.9627368,162m/data=!3m1!1e3
Pfarreien-Gemeinschaft "Um Maria Sondheim": https://www.pg-um-maria-sondheim.de/ - https://www.pg-um-maria-sondheim.de/gemeinden/arnstein
Wallfahrtskirche Maria Sondheim: https://wallfahrt.bistum-wuerzburg.de/wallfahrtsorte/region-main-spessart/maria-sondheim/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von
Herrn Pfarrer Christian Ammersbach vom 23.5.2022, wofür ihm an
dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Genealogie von Hutten: Johann Gottfried Biedermann,
Geschlechtsregister Der Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft
Landes zu Franken Löblichen Orts Baunach http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ ab Tafel 72 ff.
von Hutten: https://de.wikipedia.org/wiki/Hutten_(Adelsgeschlecht)
Georg-Wilhelm Hanna: Die Ritteradeligen von Hutten, ihre soziale
Stellung in Kirche und Staat bis zum Ende des Alten Reiches,
Dissertation, Fakultät für Geschichts- und Geowissenschaften,
Otto-Friedrich-Universität Bamberg, 2006, https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/105 - Download: https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/105/1/Dokument_1.pdf - S. 432-442
von Liebenstein: https://de.wikipedia.org/wiki/Liebenstein_(Adelsgeschlecht)
von Wernau: https://de.wikipedia.org/wiki/Wernau_(Adelsgeschlecht)
von Kaltental: https://de.wikipedia.org/wiki/Kaltental_(Adelsgeschlecht)
von Ellerbach: https://de.wikipedia.org/wiki/Ellerbach_(Adelsgeschlecht)
Speth von Zwiefalten: https://de.wikipedia.org/wiki/Speth_(Adelsgeschlecht)
von Rechberg: https://de.wikipedia.org/wiki/Rechberg_(Adelsgeschlecht)
Schloß Vorderfrankenberg: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Frankenberg
Ruine der Burg Hinterfrankenberg: https://de.wikipedia.org/wiki/Burgruine_Hinterfrankenberg
Pfarrkirche Maria Sondheim: Grabdenkmäler außen - Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Sondheim, Hans von Hutten (-1515) - Catharina Zobel von Giebelstadt (-1533) - Wolff von Hutten (-1517) - Anna von Rosenberg (-1528) - Agapitus von Hutten (-1520) - Ludwig von Hutten d. Ä. (-1517) - Bernhard von Hutten (-1539) und Gertraud von Ebersberg gen. Weyhers (-1544) - Philipp von Hutten (-1546) - Wilhelm von Hutten (-1546), Eva von Heßberg (-1541) und Anna von Selbitz (-1599) - Konrad von Hutten (-1502), Anna von Rechberg (-1471) und Elisabeth von Sickingen (-1479) - Bartholomäus von Hutten d. J. (-1495) - Stephan Zobel von Giebelstadt (-1597) und Cordula Echter von Mespelbrunn (-1599) - Johann Julius Zobel von Giebelstadt (-1585) - Konrad von Hutten (-1556) - Jobst von Hutten (-1483) - Amalia von Berlichingen (-1570) - Bartholomäus von Hutten d. Ä. (-1452) und Elisabeth (Else) von Thüngen (-1458) - Konrad von Hutten (-1447) - weitere Wappendarstellungen
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