Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 771
Trier - in der
ältesten Stadt Deutschlands
Trier - Kurfürstliches Palais
Kurfürstliches
Palais, Baugeschichte
Die Stelle des ehemaligen
konstantinischen Herrschaftssitzes ging nach den vielen Irrungen
und Wirrungen der Völkerwanderungszeit in die Hände des Trierer
Bischofs, der die alten Gemäuer, oder das, was von ihnen
übriggeblieben war, in Herrschaftskontinuität nutzte. Erste
Planungen für ein neues Schloß gab es bereits unter
Fürstbischof Johann von Schönenberg: Er kaufte Bürgerhäuser
im beabsichtigten Expansionsbereich auf und ließ sie abreißen,
um so sukzessive den Bauplatz vorzubereiten. Aber erst Lothar von
Metternich konnte mit dem Bau des Schlosses beginnen. Während
seiner Regierungszeit entstand die St. Petersburg, die nicht nach
der russischen Stadt, sondern nach dem Trierer Schutzpatron so
genannt wurde. 1615 war Grundsteinlegung für die geplante
Vierflügelanlage. Der Entwurf von Georg Riedinger aus Mainz sah
ein Schloß vom Kastelltyp mit vier Flügeln um einen Innenhof
und mit Ecktürmen vor. Der Fürstbischof legte Hand an die
antike konstantinische Thronhalle und ließ die Ostwand der
Basilika abreißen. Die Apsis blieb als nordwestlicher Eckturm
der Anlage bestehen; die Westwand wurde als Außenwand
beibehalten. Auf dem Boden der Basilika wurde ein
Renaissanceflügel geplant, der nur ca. ein Drittel der Breite
der Palastaula tief war. Unter Lothar von Metternich entstand
zunächst der Nordflügel, dann wurde der Ostflügel begonnen.
Die Vollendung des Schlosses erlebte der Bauher nicht mehr.
Sein Nachfolger Philipp Christoph von Soetern vollendete den Ostflügel, der also noch unter beiden Bauherren entstand. Der daraufhin in Angriff genommene Südflügel und der in die Basilika hineingebaute Ostflügel entstanden allein unter Fürstbischof Soetern. Das Hochschloß besaß in diesem Bauzustand mehrere Zwerchgiebel, je einen mittig zum Innenhof und zwei auf der Nordseite. Philipp Christoph von Soetern kümmerte sich nach Vollendung des Hochschlosses um das Niederschloß im Norden der Vierflügelanlage, mit einem zwischenzeitlichen Baustopp wegen seiner Gefangenschaft. 1620 folgte das Petersburgportal, 1647 der Rote Turm als Kanzlei- und Archivbau. Unter Fürstbischof von der Leyen kam es zu weiteren Zubauten. Der Ostflügel ragte parkseitig über den Südflügel hinaus, und im Westen war in Verlängerung des Südflügels eine Kirche angebaut, so daß im Gegensatz zur heutigen Südansicht (Abb. oben) die Reste der Konstantinsbasilika verdeckt waren. Danach erlahmte das Interesse der Trierer Kurfürsten an dem Schloß, weil ca. ein Jahrhundert lang Schloß Ehrenbreitstein die bevorzugte Residenz wurde.
Erst unter Johann Philipp von Walderdorff sollte sich das wieder ändern: Er präferierte wieder die Trierer Residenz, die aber nun nach einem Jahrhundert des Desinteresses stilistisch auf den neuesten Stand gebracht werden mußte, denn mittlerweile war das Rokoko angebrochen. Der Architekt Johannes Seiz wird mit dem Umbau des Schlosses beauftragt. Eigentlich sollte die Umgestaltung das ganze Schloß erfassen, doch nur der Gartenflügel im Süden wurde verwirklicht. Vorbild war das von Balthasar Neumann konzipierte Dikasterialgebäude in Koblenz. Oben sind die Initialen des Bauherrn am gartenseitigen Balkon zu sehen, bekrönt von einem Kurhut. 1757 wurde die im Weg stehende Schloßkapelle abgebrochen, und 1757-1761 wurde der Gartenflügel errichtet, der aber auch nicht zur Gänze fertig wurde. Der Flügel sollte symmetrisch werden und insgesamt eine Länge von 31 Fensterachsen haben. Davon wurden nur 22 Achsen ausgeführt. Hinter den drei Fensterachsen des Mittelrisalites liegt der Festsaal; die fünf Achsen links daneben enthalten das Rokoko-Treppenhaus. Dann wurde nicht mehr weitergebaut, so daß im Westen insgesamt 9 Achsen fehlen, von denen drei auf den Eckrisalit entfallen wären. Unter Clemens Wenzeslaus von Sachsen wendete sich wieder das Blatt: Er bevorzugte wiederum koblenz als Residenzstadt und ließ dort am westlichen Rheinufer ein komplett neues Schloß im frühklassizistischen Stil errichten. Die Trierer Residenz nutzte der letzte Trierer Kurfürst nur selten. Die Eroberung und Besetzung Triers durch französische Truppen beendet die Herrschaft der geistlichen Fürsten jäh; das Schloß wurde ausgeplündert.
Kurfürstliches
Palais, nördliche Außenfassade
Der Nordflügel war der zuerst
in Angriff genommene Teil des Renaissance-Neubaus. Dieser Trakt
wurde vollständig unter Lothar von Metternich errichtet und war
bei dessen Tod fertiggestellt. Deshalb finden sich hier auch die
meisten heraldischen Spuren des Bauherrn, aber nicht in Form von
großen Wappensteinen, sondern als subtiler Fassadenschmuck.
Das Renaissance-Portal an der Nordseite des kurfürstlichen Palais, die zum Caspar-Olevian-Saal führt, zeigt oben in der Mitte das rote Kreuz auf silbernem Grund für Kurtrier.
Blick von Nordosten auf die Nordfassade des Trierer Schlosses. Im gesprengten Dreiecksgiebel des Portals klafft eine große Lücke, wo eigentlich ein Wappen des Bauherrn zu erwarten gewesen wäre. Zum Glück haben die Revolutionäre die subtilere Heraldik des Bauwerks nicht wahrgenommen und an Ort und Stelle belassen.
An den gesprengten Dreiecksgiebeln aller Fenster des Renaissance-Baus finden wir nämlich als Erinnerung an Fürstbischof Lothar von Metternich (reg. 1599-1623) eine schwarze Pilgermuschel..
Diese Muscheln werden im Erdgeschoß konvex dargestellt, also mit ihrer Außenseite zum Betrachter (beide Abb. oben). Auf der Nordseite des Schlosses (alle Abb.) sind die Muscheln plastisch, auf der dem Park und der Tiefgarage zugewandten Ostseite jedoch nur in Illusionsmalerei ausgeführt.
Im ersten Obergeschoß jedoch werden die Muscheln konkav dargestellt, also mit ihrer Innenseite zum Betrachter gewendet (Abb. oben und unten). Streng genommen ist das nicht mehr die Metternich-Muschel. Die Giebelformen in den beiden unteren Stockwerken sind ähnlich.
Im zweiten Obergeschoß werden die Muscheln wieder konvex dargestellt, haben aber deutlich weniger Rippen auf ihrer Fläche (Abb. unten). Die obere Fensterbekrönung ist zudem anders gestaltet, verzichtet einerseits auf den gesprengten Giebel, bekommt andererseits einen schmalen Rollwerkaufsatz.
Kurfürstliches
Palais, Innenhof (1): Renaissance-Flügel
Im Innenhof des
kurfürstlichen Palais in Trier befinden sich zwei schöne
Wappen. Das eine ist am Ostflügel gegenüber der römischen
Palastaula, die eine Seite des Gevierts bildet. Das ist der
Flügel, der unter Metternich begonnen und unter Soetern
vollendet wurde. Das üppige Wappen im Stile der Renaissance
befindet sich im ersten Obergeschoß des dreigeschossigen Baues
zwischen zwei Fenstergewänden, zwischen dem 5. und 6. Fenster
vom Treppenturm an gerechnet. Es ist das des Fürstbischofs
Lothar von Metternich (reg. 1599-1623). Das
Relief ist eine Arbeit der Hoffmann-Werkstatt, vermutlich von
Heinrich Hoffmann. Der Wappenstein ist vom Typus einer
Pilasterädikula mit dreizonigem Aufbau, von unten nach oben sind
das Inschriftenzone, Wappenzone und Muschelmedaillon-Aufsatz.
Seitlich rahmen vor ionischen Pilastern zwei auf sich nach unten
verjüngenden Postamenten stehende, unbekleidete, menschliche
Halbfiguren die Wappenzone. Beizeichen statten die linke mit
gekürztem Schwert (aufrecht gehalten) und Gebotetafel aus, die
rechte mit Schwertknauf (gestürzt gehalten), Totenkopf und
Schlange. Dahinter schmücken Beschlagwerk, Tuch- und Fruchtgehänge
die Seitenwangen. Ein profiliertes Gesims trennt die Mittelzone
vom Inschriftenfeld ab. Die untere Zone ist seitlich mit
vollplastischen Köpfen, Tuch- und Fruchtgehängen verziert. Eine
Löwenmaske dekoriert unten mittig den halbkreisförmig
ausgeweiteten unteren Teil.
Unter dem Wappen lautet die Inschrift wie folgt: "LOTHARIVS DEI GRATIA ARCHIEP(ISCOPVS) TREVIR(ENSI)S ROM. IMP. PER GALLIAM ET REGNVM ARELATENSE ARCHICANCELLARIVS ET PRINCEPS ELECTOR ADMINISTRATOR PRVMIENSIS PERPETVVS". Das ist freilich das Ergebnis einer Restaurierung. Historische Aufnahmen offenbaren, daß hier früher ein längerer Wortlaut stand: "(LOT)HARIVS D(EI) G(RATIA) ARCHIEP(ISCOPVS) / (TREVIRENSIS) S(ACRI) R(OMANI) IMP(ERII) PER GALLIAM (ET) / REGNVM ARELATE(N)SE ARCHI/CANCELLARI(VS) AC PRINCEPS / ELECTOR AD(M)INISTRATOR PRV/MIE(N)SIS PERPETV(VS) / FIERI CV(R)AVIT" - "Lothar, von Gottes Gnaden Erzbischof von Trier, des hl. Römischen Reiches Erzkanzler für Gallien und das Arelat (Burgund) und Kurfürst, auf alle Zeit Administrator von Prüm, sorgte dafür, daß das hier gemacht wurde". Die Schrifttafel war in der Nachkriegszeit 1955/56 vollständig erneuert worden, und dabei kam es zu erheblichen Abweichungen vom Original: Die Kürzungen sind teilweise anders, die Zeilenübergängesind mehrfach anders platziert und die letzte, in kleinerer Schrift ausgeführte Zeile fehlt nun. Historische Aufnahmen zeigen aber auch, daß das Wappen einst mutwillig im Zuge der französischen Besetzung ab 1794 aus ideologischen Gründen zerstört worden war: Der Schildinhalt war vollständig abgeschlagen, und alle Kleinode waren bis zur Unkenntlichkeit zerstört, während man den seitlichen Hermen-Schmuck unangetastet hatte. Und auf die Schriftzeilen hatte man ebenso mit verbisserner revolutionärer Bilderstürmerenergie eingeschlagen.
Das Wappen ist wie folgt aufgebaut
Drei Helme:
Seitlich hinter dem Wappen Krummstab und Schwert. Im Siebmacher, Band Bistümer, ist zu lesen, daß Metternich Prüm aus seinem Schild verbannt hätte. Die Darstellung am Allerheiligenaltar im Trierer Dom enthält dagegen eindeutig einen Herzschild mit Prüm, desgleichen weitere bauplastische Darstellungen wie hier im Innenhof des kurfürstlichen Palais. Es gibt aber auch Belege ohne den Prümer Schild wie am Rathaus in Bernkastel, so daß davon ausgegangen werden kann, daß Lothar von Metternich beide Varianten geführt hat.
Kurfürstliches
Palais, Innenhof (2): Rokoko-Flügel
Das zweite Wappen ist im
Segmentbogengiebel des spätbarocken Südflügels; es ist das des
Fürstbischofs Johann Philipp von Walderdorff.
Die üppige Rocaille-Kartusche wird von zwei Löwen als
Schildhaltern flankiert, der optisch linke aufrecht und
widersehend, der auf der anderen Seite liegend und einwärts
blickend. Über der Schildkartusche schwebt der kurfürstliche
Hut, hinter dem Schild sind schrägrechts das Schwert und
schräglinks der Bischofsstab angebracht.
Das Wappen hat zwei Ebenen, die untere ist der Hauptschild mit den Kirchenämtern, die obere ist der Herzschild mit dem Familienwappen. Beide sind aus je zwei Komponenten geviert, was das Wappen insgesamt sehr symmetrisch wirken läßt. Es ist im Detail wie folgt aufgebaut:
Das Wappen hat damit eine Form, die nur im Zeitraum 1756-1763 üblich war, weil der Träger 1763 auch noch Fürstbischof von Worms wurde und dieses Element im Wappen hinzunahm.
Abb.: Rokoko-Gartenfassade des Trierer kurfürstlichen Schlosses bei Nacht.
Die Dekoration beider Fassaden des Mittelrisalites, der zum Innenhof und der zum Garten, ist sehr unterschiedlich. Der dem Innenhof zugewandte Giebel ist der staatstragende: Dort ist das Wappen des Bauherrn angebracht, dort ist der blitzeschleudernde Jupiter der Hüter von Recht und Ordnung. Die Gartenfassade hingegen hat das Blühen und Gedeihen des Trierer Landes unter der kurfürstlichen Regierung zum Thema: Auf der Attika stehen vier Allegorien der Tageszeiten; auf dem Balkon stellen Kindergruppen die Jahreszeiten nach, und im Giebelfeld ist der Musenberg Parnaß mit Venus und musizierendem Apollo dargestellt, auch die Fruchtbarkeitsgöttin Pomona wird dargestellt. Hier dienen Ovids Metamorphosen als Grundlage für Kreisläufe in der Natur, die symbolhaft dargestellt werden. Entsprechend ist der kurfürstliche Bauherr auch nur mit seinen Initialen am Balkon präsent; die Gartenfassade besitzt kein Wappen.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers
Wappenbücher, insbesondere Band Bistümer
Die Wappen der Hochstifte, Bistümer und Diözesanbischöfe im
Heiligen Römischen Reich 1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von
Clemens Brodkorb, Reinhard Heydenreuter und Heribert Staufer,
Schnell & Steiner Verlag 2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Michael Losse, Die Mosel, Burgen,
Schlösser, Adelssitze und Befestigungen von Trier bis Koblenz,
Band 3 in der vom Marburger Arbeitskreis für europäische
Burgenforschung herausgegebenen Reihe
Burgen-Schlösser-Herrensitze, Michael Imhof Verlag, 2007, ISBN
978-3-86568-240-6
Alexander Thon, Stefan Ulrich, Von den Schauern der Vorwelt
umweht, Burgen und Schlösser an der Mosel, Schnell und Steiner
Verlag, 2007, ISBN 978-3-7954-1926-4
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler
in Rheinland-Pfalz, Band 17.1, Hrsg. im Auftrag des Ministeriums
für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur vom
Landesamt für Denkmalpflege: Stadt Trier, Altstadt, bearbeitet
von Patrick Ostermann, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms,
2001, ISBN 3-88462-171-8, S. 163-169.
Hans Petzholdt (Hrsg.): Trier, 2000 Jahre Stadtentwicklung,
Katalog zur Ausstellung in der Tuchfabrik Weberbach 1984,
Selbstverlag des Baudezernates der Stadt Trier, S. 92-93
Deutsche Inschriften Bd. 71, Stadt Trier, Teil II, Nr. 607()
(Rüdiger Fuchs), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di071mz11k0060701 - https://www.inschriften.net/trier-ii/inschriften/inschrift/nr/di071-0607.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=ddf2ebe3543cb8d430cac47402c7f2dc
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Veröffentlichung der Aufnahmen aus dem Innenhof mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Kleinbauer, Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, vom 27.12.2007, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.
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