Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 146
Trier: Im Schatten der glanzvollen Kurfürsten

Deutschordenskommende in Trier (Teil 1)
Das Hauptgebäude und sein Giebel

Dieses Gebäude ist die ehemalige Deutschordenskommende in der Ausoniusstraße 2. Erstmals 1242 werden Deutschordensritter in Trier erwähnt. Jakob von Oeren, ein Trierer Schöffe, schenkte den Deutschordensrittern 1294 die erste Kommende. Von hier aus wurde die Ballei Lothringen verwaltet. Der Ballei Lothringen unterstanden folgende Kommenden: Landkommende Trier (Sitz der Ballei-Verwaltung und des Landkomturs), Kommenden Beckingen, Dahn, Einsiedeln, Luxemburg, Mermersbrunn, Metteswald, Metz, Saarburg, Traar, Saarbrücken.

Eine Ballei ist eine Verwaltungseinheit des Deutschen Ritterordens, eine Ordensprovinz (wie es auch bei anderen Orden heißt). Die Balleien unterstanden in Deutschland dem Deutschmeister, dieser wiederum dem Hochmeister des Deutschen Ordens (erst in der Marienburg, später in Bad Mergentheim, Details in den Kapiteln über Bad Mergentheim). Nur einige Balleien (Österreich, Elsaß-Schwaben-Burgund und Böhmen) unterstanden im Laufe der Geschichte des Deutschen Ordens zeitweise direkt dem Hochmeister, dann nannte man sie Kammer-Ballei. Eine Ballei umfaßt mehrere Kommenden. Eine Kommende ist eine einzelne Ordens-Niederlassung, geführt von einem Komtur. Eine Ballei wird von einem Landkomtur geführt, der die Geschäfte in der Landkommende führt. Das Wort Ballei (auch Bolley) leitet sich von ballivus = Aufseher ab.

In Deutschland gab es folgende Balleien: Thüringen (Sitz in Zwätzen), Hessen (1255 aus der Ballei Thüringen ausgegliedert, Sitz in Marburg), Sachsen (1287 aus der Ballei Thüringen ausgegliedert, Sitz in Lucklum bei Braunschweig), Brandenburg, Westfalen (Sitz in Mülheim), Franken (seit 1216, Sitz der Landkomturei in Ellingen bis 1786), Kammerballei Koblenz (daher der Name "Deutsches Eck", denn genau dort befand sich das Deutschherrenhaus), Elsaß-Schwaben-Burgund (vor 1231, Sitz in Rufach), Lothringen (Sitz in Trier) etc. Daneben gab es auch im Ausland Balleien, z. B. die wichtige Ballei Alden-Biesen in Belgien, wo heute noch ein wunderschönes Deutschordens-Wasserschloß aus Backstein zu bewundern ist, oder die unbedeutende Ballei Apulien mit Sitz in San Leonardo, weitere Balleien sind Armenien, Lamparten, An der Etsch und im Gebirge, Österreich, Romanien, Sizilien, Utrecht etc.

Mit der Umwandlung des Deutschen Ordens vom Ritterorden in einen klerikalen Orden haben sich in neuerer Zeit die Begrifflichkeiten verschoben: Eine Ballei ist jetzt ein Priorat, der Landkomtur ein Prior, eine Kommende ein Konvent, ein Komtur nun ein Superior.

Von der Kommende sind drei Gebäude heute noch erhalten: Haupthaus, Ökonomiegebäude und Marstall/Orangerie. Alle befinden sich in schlechtem Zustand: Das Haupthaus ist offensichtlich renovierungsbedürftig; die Nebengebäude sind über und über mit Graffiti versaut ohne Respekt vor der historischen Bausubstanz und ihrer einstigen Bedeutung. Das abgebildete Gebäude ist das Haupthaus, 1731 errichtet, wie das Chronogramm verkündet: GLORIA IN EXCELSIS DEO ET IN TERRA PAX HOMINIBUS, L + I + I + X + C + L + I + D + I + X + M + I + I + V = 1731 AD. Es wurde unter Einfluß von Joseph Walter erbaut und ist ein zweigeschossiger Traufenbau mit Mansarddach. Der Eingangsrisalit ist einachsig und hat einen geschweiften Wappengiebel mit dem Wappen des damaligen Hochmeisters des Deutschen Ordens, Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg.

Lebenslauf von Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, Fürstbischof von Trier und Mainz (Hochmeister 1694–1732)

Das Herzogtum Pfalz-Neuburg
Das Herzogtum Pfalz-Neuburg ist ein Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, das nur wenig über 300 Jahre bestand und im Vergleich zu anderen Territorien nur eine kurze Geschichte hatte. Zudem war das zugehörige Territorium stark zersplittert. Allein das Stammland teilte sich in Oberland, Pfalz-Sulzbach, Nordgau und einen Teil in Franken. Verwaltungszentrum und Residenzstadt war Neuburg an der Donau. Dieses Herzogtum ist als Produkt des Landshuter Erbfolgekrieges 1505 für die beiden minderjährigen Söhne des Wittelsbacher Pfalzgrafen Ruprecht von der Pfalz, Ottheinrich und Philipp aus der Taufe gehoben worden. Später kamen weitere zersplitterte Gebiete hinzu, 1609/14 die niederrheinischen Länder Jülich und Berg, 1685 auch die Kurpfalz. Pfalz-Neuburg war damit ein geographisch zersplittertes Konstrukt, das 1777 zu einer gewissen Größe kam, als unter der Linie Pfalz-Sulzbach auch noch die Wittelsbacher Länder dazukamen, das aber schon 1808 aufgehoben wurde. Wenn etwas die Geschichte dieses etwas artifiziellen Herzogtums Pfalz-Neuburg prägt, so sind das territoriale Zerrissenheit und Erbauseinandersetzungen.

Das Wappen im Detail, Zuordnung
Das Wappen ist aufgeteilt in Hauptschild, Mittelschild, Hochmeisterkreuz und Herzschild und nochmals einen winzigen Schild auf diesem, hat also rein formal 5 (!) Ebenen übereinander. Der Hauptschild enthät das Familienwappen, also amtsunabhängige Komponenten, die auch während seiner Lebenszeit nicht verändert wurden. Der Mittelschild enthält Amtswappen, die im Laufe seiner Karriere Änderungen erfuhren. Zwischen Mittelschild und Herzschild liegt das Großmeisterkreuz, der Herzschild mit dem schwarzen Adler in Gold gehört zu ihm. Das winzige Herzschildchen ganz obenauf ist wieder ein kirchenamtsabhängiges Detail. Das eigentliche Stammwappen ist aber das der Wittelsbacher, von denen die Herzöge von Pfalz-Neuburg abstammen, als schmalrechteckiges Feld eingeklemmt zwischen dem Pfälzer Löwen und dem Wormser Schlüssel.

Hauptschild: Familienwappen der Herzöge von Pfalz-Neuburg

Der Mittelschild enthält ausschließlich geistliche Ämter. Dieser Mittelschild hat sich im Laufe des Lebens entsprechend verändert, er wurde immer den jeweiligen Ämtern angepaßt. Frühe Hochmeisterwappen zeigen im Mittelschild Worms, Ellwangen und Breslau, welches beide unteren Felder einnimmt. Als Fürstbischof von Trier rückt Breslau in ein einziges Feld (wie hier), das Prümer Lamm belegt Feld 4. Ein kleiner Herzschild (Ebene 5) noch auf dem Hochmeister-Herzschild zeigt das Trierer rote Kreuz in Silber. 1729 wurde dieses gegen das Mainzer silberne Rad in Rot ausgetauscht (wie hier), dem Ämterwechsel entsprechend. Hier finden wir ein Wappen aus der Zeit als Mainzer Fürstbischof:

Zu diesem Zeitpunkt war der Hochmeister nicht mehr Erzbischof von Trier, sondern Erzbischof von Mainz, das Amt in Worms wurde beibehalten, Prüm und Trier flogen aus dem Schild raus. Das heißt, daß dieses Wappen nur in die Zeit von 1729-1732 passen kann, deckt sich also mit der Angabe des Chronogramms mit 1731.

Die dritte und vierte Ebene des Wappens bildet das über alles gelegte Hochmeisterkreuz, ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz. Herzschild in Gold, belegt mit einem schwarzen Adler. Das aufgelegte kleinste Schildchen zeigt in Rot ein silbernes Rad, das Mainzer Rad bzw. das Rad des Hochstifts Mainz, sein zu der Zeit wichtigstes Amt.

Das Pfalz-Neuburg-Wappen in der Trierer Steipe, Innenhof
In Trier gibt es noch ein Wappen des Hochmeisters Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, nämlich im Innenhof der Steipe am Hauptmarkt in die Wand eingemauert. Der Innenhof ist nach einem Umbau Bestandteil der Innenräume des in der Steipe eingerichteten Cafés, deswegen erfolgt hier auch keine Abbildung. Es ist aus Sandstein gehauen und besitzt noch Reste einer Farbfassung, die - soweit erkennbar - korrekter ist als die oben beschriebene mit ihren Abweichungen. Das Wappen in der Steipe ist im Grunde genau wie oben beschrieben aufgebaut, mit zwei Abweichungen:

Damit ist das Wappen in der Steipe zeitlich früher, zwischen 1716 und 1729, einzuordnen. Zur Territorialgeschichte der einzelnen Komponenten des Wappens existiert ein eigener Artikel (ehem. Pfarrhaus Ellwangen).

Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Trierer Erzbischöfe und Kurfürsten:

Balduin von Luxemburg (1307-1354)
Boemund II. von Saarbrücken (1354-1361)
Kuno II. von Falkenstein (1362-1388)
Werner von Falkenstein (1388-1418)
Otto von Ziegenhain (1418-1430)
Raban von Helmstatt (1430-1438)
Jakob I. von Sierk (1439-1456)
Johann II. von Baden (1456-1503)
Jakob II. von Baden (1503-1511)
Richard von Greiffenclau zu Vollraths (1511-1531)
Johann III. von Metzenhausen (1531-1540)
Johann IV. Ludwig von Hagen (1540-1547)
Johann V. von Isenburg (1547-1556)
Johann VI. von der Leyen (1556-1567)
Jakob III. von Eltz (1567-1581)
Johann VII. von Schönenberg (1581-1599)
Lothar von Metternich (1599-1623)
Philipp Christoph von Sötern (1623-1652)
Karl Kaspar von der Leyen (1652-1676)
Johann Hugo von Orsbeck (1676-1711)
Karl Joseph von Lothringen (1711-1715)
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1716-1729)
Franz Georg von Schönborn (1729-1756)
Johann Philipp von Walderdorff (1756-1768)
Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1768-1801)

Literatur:
Hans-Georg Böhm: Hochmeisterwappen des Deutschen Ordens 1198-1618, Frankonia Buch 1990, Fränkische Nachrichten Druck- und Verlags-GmbH, Tauberbischofsheim, ISBN 3-924780-15-3
Die Hochmeister der Residenz Mergentheim, Heft 15 der Schriftenreihe der Vereinigung zur Förderung der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Deutschen Ordens e.V. und der Historischen Deutschordens-Compagnie Bad Mergentheim e.V., 1997
http://www.baesweiler.de/tb/bilder/0306_deuren_2.jpg
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen Vierteljahresblätter".
Siebmachers Wappenbuch
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschand, Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 17.1, Hrsg. im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur vom Landesamt für Denkmalpflege: Stadt Trier, Altstadt, bearbeitet von Patrick Ostermann, Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 2001, ISBN 3-88462-171-8
http://www.heraldique-europeenne.org/Armoriaux/Teutonique/index.html
http://www.people.freenet.de/heckmann.werder/Wappen.htm
Rüdiger Schmidt, die Deutschordenskommenden Trier und Beckingen 1242-1794, Marburg 1979
Kommenden des Deutschen Ordens:
http://www.damian-hungs.de/Kommenden%20des%20Deutschen%20Ordens.pdf
Ballei Lothringen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutschordensballei_Lothringen

Deutschordenskommende (1) - Deutschordenskommende (2)

Wappen der Wittelsbacher (1): Pfalz
Die Wappen der Fürstbischöfe von Worms - Teil (1) - Teil (2)
Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
Wappen des Deutschen Ordens - Hochmeister des Deutschen Ordens

Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2006, 2017
Impressum