Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 809
"Schönborn-Barock":
Schloß Bruchsal - Teil (12)
Schloß Bruchsal, Wappen 11: Landhospital
Das
Landhospital
Im Süden der Schloßanlage
befindet sich ein symmetrisch gestalteter Komplex beiderseits der
Schönbornstraße. Im Westen ist das Landhospital und das
Priesterseminar (Seminargebäude), im Osten der Große Dienerbau,
beide mit gleicher Fassadengestaltung. Dieses Bauwerk ist
sichtbarer Beleg für des Fürstbischofs Sozialpolitik, die ihn
seit seinen ersten Amtsjahren beschäftigte. 1721 wurde der erste
Plan für ein Hospital vorgestellt.
Warum ein Hospital? Natürlich ist das ein typischer Akt sozialen Engagements für einen Landesherrn, aber wir dürfen nicht außer Acht lassen, daß Damian Hugo ein Mann des Deutschen Ordens war, der sein Entstehen auf ein Kreuzfahrerhospital in Jerusalem zurückführt und ganz früher, ehe er ein Ritterorden wurde, ein Krankenpflegeorden war. Mit der Stiftung erfüllte Damian Hugo zugleich einen Auftrag im ursprünglichsten Sinne seines Ordens.
1723 wurde ein Hospitalfond zur Finanzierung gegründet, in den als Grundstock Kapital seines Amtsvorgängers einfloß. Weitere Gelder bekam man, indem man Strafen für schwere Vergehen, die ansonsten mit Zwangsarbeit oder Ausweisung geahndet worden wären, in Geldstrafen zugunsten des Hospitals umwandelte. Dazu stifteten Damian Hugo von Schönborn, der Bau- und Landesherr, und Augusta Maria Herzogin von Orleans weitere Mittel aus ihrem Privatvermögen. Bei Damian Hugo waren das Mittel aus der sog. Dreikönigsstiftung, denn er pflegte an diesem Datum eine Spende für karitative Zwecke zu tätigen.
Baubeginn für das Landhospital war 1724. 1726/27 konnten die Dächer vollendet werden. Bestimmt war das Hospital als Altenstift für Senioren beiderlei Geschlechts, aber katholischen Glaubens, und fromme Lebensführung war Pflicht. Natürlich war das Hospital vordergründig für Arme aus dem eigenen Land bestimmt, doch wurden Menschen unabhängig vom Vermögen aufgenommen, bei Vermögenden erwartete man jedoch ein entsprechendes Vermächtnis zugunsten des Hospitals. Landfremde wurden dagegen zur Kasse gebeten, wenn sie aufgenommen werden wollten. Wer letztendlich einen Platz erhielt, entschied Damian Hugo von Schönborn persönlich auf Empfehlung von Pfarrern seines Landes. 1734 konnten die ersten Pfründner einziehen, 12 Plätze waren vorgesehen, eine geplante Erweiterung fand nicht statt. Warum 12? Das hatte Tradition, 12 oder ein Vielfaches von 12, bezieht sich auf die Jünger Jesu, und die Hospitäler in Marburg und Alden-Biesen hatten ebenfalls 12 Plätze. Im gleichen Gebäudekomplex war das Priesterseminar untergebracht. Beide Einrichtungen wurden auch gemeinsam verwaltet.
Abb.: Blick von Osten auf das Landhospital. Heute werden die Gebäude vom Finanzamt genutzt.
Das
Prunkwappen am Landhospital:
Eingefaßt von einem roten,
hermelingefütterten, zu beiden Seiten hochgerafften Wappenmantel
werden unter einem roten Kardinalshut mit verschlungenen
Schnüren und beiderseits angeordneten roten Fiocchi drei
einzelne Wappenschilde zusammengestellt, die beiden äußeren
stark asymmetrisch verzogen, der untere fast roßstirnschildartig
geformt, alle mit prächtig gearbeiteten und vergoldeten Rahmen,
hinter den Schilden ein Vortragekreuz und ein Krummstab auf den
geistlichen Rang und ein Schwert auf die Landesherrschaft
verweisend. Oberhalb der Schilde, aber unterhalb des
Kardinalshutes ist ein roter, hermelinverbrämter Fürstenhut zu
sehen. Hinter den Schilden, zuunterst auf dem Wappenmantel liegt
außerdem noch ein riesiges schwarzes, silbern bordiertes
Tatzenkreuz des Deutschen Ordens, dessen äußerste Spitzen man
erkennen kann.
Das Wappen ist darstellungsgleich mit dem gegenüber am Großen Dienerbau. Bestes Licht für's Photographieren: spätvormittags.
Abb.: Blick von Süden auf das Landhospital
Weitere
Projekte des Sozialprogramms
Das Landhospital mit
Priesterseminar ist nur ein Teil seines Planes gewesen. War dies
für die Unterbringung gesellschaftlich Integrierter,
Bedürftiger oder finanziell Unabhängiger gedacht, so hatte er
für die Randgruppen der Gesellschaft, von Straftätern bis zu
Schwererziehbaren, von psychisch Kranken bis zu Arbeitslosen ein
Zucht- und Arbeitshaus angedacht, das aber nicht unter seiner
Herrschaft verwirklicht wurde. Beide, so seltsam es uns heute
anmutet, waren Teil einer integrierten Sozialpolitik, um mit
gesellschaftlichen Problemfällen fertig zu werden, und trotz des
Zwangscharakters wurde das Zucht- und Arbeitshaus als
wohltätiger Akt angesehen, denn die Menschen wurden nach der
damaligen Auffassung dort auf den Pfad der Tugend
zurückgebracht. Erst 1776 wurde das Projekt unter Limburg-Styrum
verwirklicht. Vierter Teil des Sozialprogramms war ein
Waisenhaus, auch dieses wurde erst unter Limburg-Styrum in die
Tat umgesetzt. Auch wenn nur zwei von insgesamt vier sozialen
Projekten tatsächlich unter Damian Hugo von Schönborn
verwirklicht wurden, zeigen sie doch deutlich, daß hier unter
der ordnenden und lenkenden Hand des Fürstbischofs die sozialen
Aufgaben aus der bisherigen Fürsorge durch Gemeinden oder
unabhängige Stiftungen herausgelöst und zentralisierend
gebündelt und als Ganzes im Rahmen eines straff organisierten
Gesamtkonzeptes gelöst werden sollten, ein gänzlich neuer
Ansatz, der zugleich die Kompetenzen des absoluten Herrschers
hervorhob und die gegenseitige Abhängigkeit von Herrscher und
Beherrschten ganz im absolutistischen Sinne verstärkte.
Abb.: Grundriß der Gesamtanlage mit Position des besprochenen Wappens.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
(insbesondere Band Bistümer)
Kurt Lupp: Schloß Bruchsal, Bau, Zerstörung und Wiederaufbau,
Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt
Bruchsal, Band 21, Verlag Regionalkultur, 2003, ISBN
3-89735-263-X
Stephan Mauelshagen, Ordensritter - Landesherr - Kirchenfürst:
Damian Hugo von Schönborn, Veröffentlichungen der Historischen
Kommission der Stadt Bruchsal, Band 18, Verlag Regionalkultur,
2001, ISBN 3-89735-173-0
Informationstafeln an den Gebäuden
Kurt Andermann, Otto B. Roegele, Residenzen der Bischöfe von
Speyer: Speyer - Udenheim - Bruchsal, Veröffentlichungen der
Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Band 5, Verlag
Regionalkultur, 1989
http://www.schloss-bruchsal.de/de/schloss-bruchsal
http://www.schloesser-magazin.de/de/saekularisation/Schloss-Bruchsal/236276.html
http://www.belle-alliance.com/bruchsal/bruchsal.html
Hans Huth: Schloss Bruchsal. Die ehemalige Residenz der
Fürstbischöfe von Speyer (Langewiesche-Bücherei). 3. Auflage.
Langewiesche, Königstein 1990, ISBN 3-7845-0311-X
Hajo Rheinstädter: Schloß Bruchsal. Führer. Verwaltung der
Staatlichen Schlösser und Gärten
Baden-Württemberg/Staatsanzeiger für
Baden-Württemberg/Brausdruck, Heidelberg 1996, ISBN
3-932489-02-0
Thomas Moos: Bruchsal, ein Rundgang durch Geschichte und
Gegenwart, Verlag Regionalkultur, ISBN 3-89735-202-8
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