Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 806
"Schönborn-Barock":
Schloß Bruchsal - Teil (9)
Schloß Bruchsal, Wappen 8: Kanzleibau
Der Kanzleibau ist das Zentrum der östlich der Schönbornstraße symmetrisch angelegten Verwaltungsbauten, genau in der Achse des Corps de logis stehend, zwischen Forstamt und Kommandantenwohnung, etwas nach hinten versetzt und damit das Ehrenhofprinzip des Schlosses gegenüber im Kleinen aufgreifend. Der Kanzleibau ist auch in Hinblick auf die Höhengestaltung das Pendant zum Corps de logis: Dieses ist der höchste Bau, Kammerflügel und Kirchenflügel sind niedriger, weil Zwischengeschoß und Mezzaningeschoß fehlen, die Pavillons jenseits der Straße sind eingeschossig, die näher an der Straße stehenden Bauten auf der Ostseite sind wieder zweigeschossig, und das höchste Gebäude am anderen Ende der Achse ist der Kanzleibau.
Rechts und links des Kanzleibaus stehen zwei niedrige eingeschossige Verwaltungsbauten, das Zeughaus rechts und das Jagdamt links. Gerade durch diese geduckten, niedrigen Flügelbauten wirkt das Kanzleigebäude noch höher und bildet ein städtebaulich wirkungsvolles Gegenüber zum Schloßkorpus.
Der Kanzleibau wurde 1729-1733 als fürstbischöfliches Verwaltungsgebäude mit Archiv und Registraturen errichtet, um die Verwaltung, die bisher im östlichen Kopf des Kirchenflügels untergebracht war, räumlich zu entlasten. Nach der Säkularisierung war hier ab 1803 die Großherzoglich Badische Verwaltung. Seit 1876 wird das Gebäude als Amtsgericht genutzt.
Der in Backsteinmalerei ausgeführte Baukörper ist nicht in der Horizontalen gegliedert, rechteckige und runde Fenster wechseln sich übereinander gestellt ab. Der Kanzleibau ist damit auch in Hinblick auf die Fassadengestaltung das Pendant zum Corps de logis: Jenes hat einen Rhythmus in der Fenstergestaltung von abwechsend hohen und niedrigen Fenstern, das wird hier in kleinerem Maßstab aufgegriffen. Und noch eine Parallelität gibt es: Die drei Flügel des Schlosses sind schiefergedeckt, das Kanzleigebäude und die beiden niedrigen Flankierungsbauten ebenfalls, während alle anderen Nebenbauten östlich der Schönbornstraße ziegelgedeckt sind. Auch dies erzeugt einen Bezug.
Über dem Hauptgesims erhebt sich ein lebhaft geschwungenes und mit einem weiteren Zwischengesims abgestuftes Dach, auf dessen abschließender Plattform mit umlaufender Balustrade ein turmartiger Aufsatz steht. Das Wappen des Bauherrn finden wir über dem zentralen Fenster des ersten Obergeschosses direkt unter dem Hauptgesims und Dachansatz.
Bestes Licht für's Photographieren: spätnachmittags. Hier eine morgendliche Aufnahme.
Das Wappen in goldenem Abendlicht kurz vor Sonnenuntergang.
Das
Prunkwappen am Kanzleibau:
Auf schlichtem, unregelmäßig
dem Umriß des roten, hermelingefütterten Wappenmantels
folgenden, weiß gestrichenen Untergrund werden unter einem roten
Kardinalshut mit verschlungenen Schnüren und wenigen, roten
Fiocchi drei einzelne Wappenschilde zusammengestellt, die beiden
äußeren stark asymmetrisch verzogen, der untere fast in Form
eines Roßstirnschildes innerhalb einer opulenten, vergoldeten
Rahmenornamentik, hinter den Schilden ein Vortragekreuz und ein
Krummstab auf den geistlichen Rang und ein Schwert auf die
Landesherrschaft verweisend. Oberhalb der Schilde, aber unterhalb
des Kardinalshutes ist ein roter, hermelinverbrämter Fürstenhut
zu sehen. Hinter den Schilden und dem Vortragekreuz liegt
außerdem noch ein großes, schwarzes, silbern bordiertes
Tatzenkreuz des Deutschen Ordens, das nur mit seinen äußersten
Enden in Erscheinung tritt.
Abb.: Grundriß der Gesamtanlage mit Position des besprochenen Wappens.
Drei
Deutschordenskreuze:
Damian Hugo von Schönborn ist
aufgrund seiner Karriere und Ämterakkumulation ein besonderer
Mensch. So wundert es nicht, daß er im Gegensatz zu den meisten
anderen Deutschordens-Würdenträgern dreimal das
Deutschordenskreuz führt. Als Ritter des Deutschen Ordens durfte
er sein Wappen mit einem schwarzen Tatzenkreuz hinterlegen, das
durfte aber selbst der einfache Ritter dieses Ordens. Das nicht
im Schild geführte Kreuz kennzeichnet einfach die
Mitgliedschaft. Ein Deutschordenskreuz in das Wappen selbst
aufzunehmen war Landkomturen und höheren Rängen vorbehalten. In
der Regel wurde ein gevierter Schild verwendet, in zwei Feldern
das Familienwappen, in den anderen beiden Feldern das
Deutschordenskreuz, früher ein durchgehendes schwarzes Kreuz in
Silber, später auch ein Tatzenkreuz oder getatztes Kreuz. Obwohl
zweimal abgebildet, stand es für eine einzige Würde, so wie
auch das Familienwappen in zwei Feldern repräsentiert war, aber
für eine einzige Familie stand. Nicht so in unserem Falle: Hier
führt Damian Hugo von Schönborn tatsächlich zwei
Landkomturs-Kreuze, weil er Landkomtur von zwei verschiedenen
Balleien war, in der Landkommende Marburg (Ballei Hessen) und in
der Landkommende Alden-Biesen (Ballei Alden-Biesen). Die zwei
Kreuze können in ein größeres Komplexwappen als zwei einzelne
Felder aufgenommen werden (wie in Friedberg am Deutschordenshaus,
desgleichen an der Marburger Deutschordenskommende) oder aber wie
hier in einem separaten Schild geführt werden. Somit führt er
wirklich drei Deutschordenskreuze mit drei verschiedenen
Bedeutungen.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
(insbesondere Band Bistümer)
Kurt Lupp: Schloß Bruchsal, Bau, Zerstörung und Wiederaufbau,
Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt
Bruchsal, Band 21, Verlag Regionalkultur, 2003, ISBN
3-89735-263-X
Stephan Mauelshagen, Ordensritter - Landesherr - Kirchenfürst:
Damian Hugo von Schönborn, Veröffentlichungen der Historischen
Kommission der Stadt Bruchsal, Band 18, Verlag Regionalkultur,
2001, ISBN 3-89735-173-0
Informationstafeln an den Gebäuden
Hans Leopold Zollner, Damian Hugo von Schönborn und seines
"Lebens Arbeit", Beiträge zur Landeskunde,
regelmäßige Beilage zum Staatsanzeiger für Baden-Württemberg,
Nr. 6, Dez. 1975
Kurt Andermann, Otto B. Roegele, Residenzen der Bischöfe von
Speyer: Speyer - Udenheim - Bruchsal, Veröffentlichungen der
Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Band 5, Verlag
Regionalkultur, 1989
http://www.schloss-bruchsal.de/de/schloss-bruchsal
http://www.schloesser-magazin.de/de/saekularisation/Schloss-Bruchsal/236276.html
http://www.belle-alliance.com/bruchsal/bruchsal.html
Hans Huth: Schloss Bruchsal. Die ehemalige Residenz der
Fürstbischöfe von Speyer (Langewiesche-Bücherei). 3. Auflage.
Langewiesche, Königstein 1990, ISBN 3-7845-0311-X
Hajo Rheinstädter: Schloß Bruchsal. Führer. Verwaltung der
Staatlichen Schlösser und Gärten
Baden-Württemberg/Staatsanzeiger für
Baden-Württemberg/Brausdruck, Heidelberg 1996, ISBN
3-932489-02-0
Artur Hassler: Der Wiederaufbau des Bruchsaler Schlosses -
Sonderbeilage der BNN 28.2.1975 zur Schloßeinweihung
Thomas Moos: Bruchsal, ein Rundgang durch Geschichte und
Gegenwart, Verlag Regionalkultur, ISBN 3-89735-202-8
Hans Huth: Der Wiederaufbau des Schlosses in Bruchsal -
Denkmalpflege in Baden-Württemberg 4/1975, S. 143-148
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