Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 801
"Schönborn-Barock":
Schloß Bruchsal - Teil (4)
Schloß Bruchsal, Position 3: Corps de logis, Ehrenhofseite
Baugeschichte:
Das Corps de logis
Das Corps de logis ist der
eigentliche Hauptbau des Schlosses, der zeitlich erst nach
Kammerflügel und Kirchenflügel in Angriff genommen wurde. 1721
wurde mit den ersten Gebäuden begonnen, aber erst 1725 faßte
der Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn den Entschluß, den
Hauptbau in Angriff zu nehmen. Interessant ist dabei, daß zu dem
Zeitpunkt noch kein wirklicher Plan vorlag. Man hatte den
abgelehnten Entwurf von Maximilian von Welsch und ein paar eigene
Ideen des Fürstbischofs. Schloßbaumeister Michael Ludwig Rohrer
wird ein Entwurfsplan aus dem Jahre 1725 zugeschrieben, aber auch
das ist nicht die schließlich gebaute Fassung. Man schließt
letztlich auf eine Entwurfsausführung des Mainzer Architekten
Anselm Franz Freiherr Ritter zu Grünstein, der dann von Rohrer
als örtlicher Bauleiter ausgeführt wurde. Damian Hugo von
Schönborn überließ an diesem Kernbau nichts dem Zufall, und am
allerwenigsten wollte er sich wie vorher am Kirchenflügel über
Eigenmächtigkeiten (wie er es sah) der Künstler aufregen. Die
einzigen zulässigen Eigenmächtigkeiten waren seine eigenen. In
der Tat griff er sogar sehr stark verändernd in die Planungen
ein. Ursprünglich war ein zweistöckiges Gebäude vorgesehen mit
Mansarddach oder mit einem voll ausgebauten Mezzaningeschoß, und
der Fürstbischof ließ zwischen Erdgeschoß und erstem
Obergeschoß (Beletage) ein zweites Mezzaningeschoß einfügen.
Das hatte weitreichende Konsequenzen:
Nach einigen Disputen und Versuchen, das Problem zu lösen, zog sich der Planer, Anselm Franz Freiherr Ritter zu Grünstein, verschnupft von dem Bauprojekt zurück. Schloßbaumeister Rohrer sollte den Karren nun aus dem Dreck ziehen. Dies endete aufgrund des ungeheuren Drucks in Erkrankung und Demission aus des Fürstbischofs Diensten im Jahre 1727. Wie ein Retter in der Not bekam der Bischof über seinen Mainzer Onkel und den Würzburger Fürstbischof Balthasar Neumann vermittelt, der hier 1728-1731 eine der großartigsten Treppenhäuser schuf, die der Barock je hervorgebracht hatte. 1728-1755 folgte als Schloßbaumeister für die Fertigstellung des Corps de logis Johann Georg Stahl nach. Er führte den nördlichen Teil des Hauptbaus der äußeren Vollendung entgegen, und 1728 konnte die Eindeckung des Nord-Daches mit Schieferplatten erfolgen. Der Südteil folgte nach. 1729 war man bei der Einwölbung des Erdgeschosses, und mit allen Arbeiten im Innern zog sich die Fertigstellung des Corps de logis bis 1742 hin. Danach hatte der Fürstbischof nur noch ein knappes Jahr, um die vollständige Pracht zu genießen, denn er verstarb am 19.8.1743 im Alter von 66 Jahren.
Abb.: Blick von Osten auf das Corps de logis, links am Bildrand der südliche Verbindungsbau mit Durchgang zum Park. Am Mittelrisalit des Corps de logis ist oben das dreieckige Giebelfeld zu erkennen, in dem sich das Schönborn-Wappen befindet.
Die Ausschmückung des Giebelfeldes erfolgte jedoch nicht unter Damian Hugo von Schönborn, sondern erst später 1752 unter seinem Nachfolger Franz Christoph Freiherr von Hutten, vermutlich aus Achtung vor dem Werk seines Vorgängers. Die Ausführung erfolgte durch den Stukkateur Johann Michael Feichtmayr aus Augsburg.
Das dreieckige Giebelfeld. Bestes Licht für's Photographieren: vormittags.
Das
Prunkwappen im Giebelfeld:
Drei separate Wappenschilde
sind in eine verschwenderische Dekoration eingebettet. Ganz
außen befinden sich zwei vergoldete Löwen, der heraldisch
rechte sitzend, der heraldisch linke aufspringend, beide dem
Betrachter zugewandt. In der Mitte wird das Feld von
überbordenden teils floralem Blattwerk, teils Rocaille-Motiven
ausgefüllt. Der mittlere der drei Schilde ist etwas niedriger,
in der entstehenden Lücke tummeln sich zwei Putten, die den
Fürstenhut tragen. Dahinter ragen schräg Krummstab und Schwert
heraus, über dem Fürstenhut sind Vortragekreuz und Kardinalshut
zu sehen, von dem seitlich geknotete Schnüre herabhängen; die
Fiocchi sind aber nicht sichtbar. Alles ist ausschließlich in
den Farben Weiß und Gold gehalten, es werden keine heraldischen
Tingierungen wiedergegeben, das Wappen wird zum Ornament. Die
Deutschordenssymbolik tritt hier nicht auf.
Die Tatsache, daß hier die Deutschordens-Heraldik nicht in Erscheinung tritt, kann darin begründet sein, daß dieses Wappen erst später unter seinem Nachfolger gestaltet wurde.
Das dreieckige Giebelfeld mit dem Wappen in goldenem Morgenlicht um 7 Uhr früh.
Baugeschichte:
Veränderungen unter Franz Christoph von Hutten
Nach dem überraschenden Tod
von Damian Hugo von Schönborn am 19.8.1743 wählte das
Domkapitel von Speyer am 14.11.1743 den damals 37jährigen Franz
Christoph Freiherr von Hutten zu Stolzenberg zum Nachfolger, das
damals jüngste Mitglied des Domkapitels.
Sein bauliches Engagement war erst einmal von Zurückhaltung geprägt, woran nicht zuletzt der österreichische Erbfolgekrieg (1740-1748) schuld war, zu dessen Geschehen Speyer 300 Soldaten beisteuern und finanzieren mußte, abgesehen von den politische Unsicherheiten der Situation.
Franz Christoph Freiherr von Hutten vollendete die Grabkirche St. Peter und richtete eine ständige Landesbehörde statt des Aparten Bauamtes ein. Schloßbaumeister waren bis 1755 Johann Georg Stahl und 1755-1774 dessen Sohn Johann Leonhard Stahl. Als beratender Architekt für die Planungen und Entwürfe konsultierte Franz Christoph Freiherr von Hutten Balthasar Neumann aus Würzburg.
Eine der wichtigsten Veränderungen waren die beiden Verbindungsbauten (Kommunikation) zwischen Corps de logis und Kammerflügel einerseits und Kirchenflügel andererseits. Die Verbindungsbauten griffen im Äußeren die Fassadenaufteilung des Hauptbaus auf, hatten also die gleiche Einteilung in Erdgeschoß, Zwischenmezzaningeschoß und Beletage, nur das obere Mezzaningeschoß fehlte. Der nördliche Verbindungsbau war 1752 abgeschlossen.
Eine zweite wichtige Veränderung waren die Altane des Corps de logis. Um die Portalfront auf der Ehrenhofseite zu verbessern und dem Bau mehr wahrnehmbare Tiefe zu geben, um die große Fassade aufzulockern und Tiefenstaffelung zu erzeugen, wurde hier ein Altan auf vier Säulenpaaren vorgebaut. Johann Leonhard Stahl fertigte den Entwurf, und 1752 war Baubeginn. Die Bildhauerarbeiten wurden von Joachim Günther aus Zusmarshausen ausgeführt, auch das Wappen unterhalb der Altan-Brüstung.
Abb.: Blick von Süden auf das Corps de logis zur Linken und den Kammerflügel zur Rechten, in der Mitte der nördliche Verbindungsbau mit Durchgang zum Park. Am Mittelrisalit des Corps de logis vorgebaut der Altan, unter dessen Balustrade das Hutten-Wappen angebracht ist.
Das Hutten-Wappen. Bestes Licht für's Photographieren: vormittags. Wegen der starken Biegung ist Sonne eher ungünstig, weil das Licht extreme Kontraste schafft.
Das
Prunkwappen am Ehrenhofaltan:
In einer Umrahmung aus
Rocaille-Arbeiten sind drei Wappenschilde zusammengestellt.
Obendrüber ist in das Ornamentwerk ein Puttenkopf eingepaßt,
der den Fürstenhut trägt, aber nicht auf dem Kopf, sondern mit
den angewinkelten Armen nach oben stemmt. Die Position des
Ensembles ist eine schwierige: Der untere Teil des Wappens liegt
viel weiter hinten als der vordere, der Vorsprung des Altans wird
durch eine starke Kehlung ausgeglichen, wodurch sich das
Wappenensemble fast um 90 Grad biegt, um dann wieder nach oben in
die Senkrechte umzuknicken, und genau an dieser Stelle wird der
Knick durch die angewinkelten Arme vollzogen, und der Fürstenhut
befindet sich wieder in der Senkrechten. Für den Betrachter ist
diese Kehlung interessant, denn er kann das Wappen aus großer
Entfernung wie aus allernächster Nähe mit nach oben gerecktem
Kopf wahrnehmen, so daß ihn der Anblick des Wappens den ganzen
Weg vom Tor bis zum Betreten der Eingangshalle begleitet.
Abb.: Blick vom Ehrenhof auf den dem Mitelrisalit vorgebauten Altan. Interessant ist der scheinbar gleiche Abstand zwischen den Säulenpaaren. Die Säulen wurden so gestellt, daß sie von weitem betrachtet in der Projektion gleiche Abstände haben. Weil der Altan aber seitlich "in die Kurve" geht, ist der tatsächliche Abstand zwischen den äußeren Säulen wesentlich größer als bei den inneren Säulenpaaren. Unter der Brüstung das Hutten-Wappen.
Abb.: Grundriß der Gesamtanlage mit Position der beiden hier besprochenen Wappen.
Zur
Übersicht: Fürstbischöfe von Speyer:
Marquard Freiherr von
Hattstein (1560 - 1581)
Eberhard von Dienheim (1581 - 1610)
Philipp Christoph von Sötern (1610 - 1652), Personalunion mit
Trier
Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1652 - 1675),
Personalunion mit Mainz und Worms
Johann Hugo von Orsbeck (1675 - 1711), Personalunion mit Trier
Heinrich Hartard von Rollingen (1711 - 1719)
Hugo Damian von
Schönborn (1719 - 1743)
Franz Christoph von Hutten zu Stolzenberg (1743 - 1770)
Damian August Philipp Karl
Graf von Limburg-Styrum (1770 - 1797)
Philipp Franz Wilderich von Walderdorff (reg. 1797 - 1802, gest.
1810)
Sedisvakanz 1802-1818
Abb.: Detail vom Corps de logis, zweibeiniger geflügelter Drache (Wyvern). Linke Gebäudeecke. Insgesamt gibt es vier dieser Drachen entlang des Dachansatzes zum Ehrenhof.
Abb.: Detail vom Corps de logis, zweibeiniger geflügelter Drache (Wyvern). Links am Mittelrisalit.
Abb.: Detail vom Corps de logis, zweibeiniger geflügelter Drache (Wyvern). Rechte Gebäudeecke.
Einer der Drachen in goldenem Morgenlicht um 7 Uhr früh.
Filigrane Schmiedeeisenkonstruktion mit Monogramm und Krone.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
(insbesondere Band Bistümer)
Kurt Lupp: Schloß Bruchsal, Bau, Zerstörung und Wiederaufbau,
Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt
Bruchsal, Band 21, Verlag Regionalkultur, 2003, ISBN
3-89735-263-X
Stephan Mauelshagen, Ordensritter - Landesherr - Kirchenfürst:
Damian Hugo von Schönborn, Veröffentlichungen der Historischen
Kommission der Stadt Bruchsal, Band 18, Verlag Regionalkultur,
2001, ISBN 3-89735-173-0
Hans Leopold Zollner, Damian Hugo von Schönborn und seines
"Lebens Arbeit", Beiträge zur Landeskunde,
regelmäßige Beilage zum Staatsanzeiger für Baden-Württemberg,
Nr. 6, Dez. 1975
Kurt Andermann, Otto B. Roegele, Residenzen der Bischöfe von
Speyer: Speyer - Udenheim - Bruchsal, Veröffentlichungen der
Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Band 5, Verlag
Regionalkultur, 1989
http://www.schloss-bruchsal.de/de/schloss-bruchsal
http://www.schloesser-magazin.de/de/saekularisation/Schloss-Bruchsal/236276.html
http://www.belle-alliance.com/bruchsal/bruchsal.html
Hans Huth: Schloss Bruchsal. Die ehemalige Residenz der
Fürstbischöfe von Speyer (Langewiesche-Bücherei). 3. Auflage.
Langewiesche, Königstein 1990, ISBN 3-7845-0311-X
Hajo Rheinstädter: Schloß Bruchsal. Führer. Verwaltung der
Staatlichen Schlösser und Gärten
Baden-Württemberg/Staatsanzeiger für
Baden-Württemberg/Brausdruck, Heidelberg 1996, ISBN
3-932489-02-0
Artur Hassler: Der Wiederaufbau des Bruchsaler Schlosses -
Sonderbeilage der BNN 28.2.1975 zur Schloßeinweihung
Thomas Moos: Bruchsal, ein Rundgang durch Geschichte und
Gegenwart, Verlag Regionalkultur, ISBN 3-89735-202-8
Hans Huth: Der Wiederaufbau des Schlosses in Bruchsal -
Denkmalpflege in Baden-Württemberg 4/1975, S. 143-148
Hartmut Platte: Das Haus Schönborn, Grafen, Fürstbischöfe und
Mäzene, Börde-Verlag Werl, 2006, Reihe Deutsche Fürstenhäuser
Heft 13, ISBN 3-980 9107-3-3
Ausstellungskatalog "Die Grafen von Schönborn.
Kirchenfürsten, Sammler, Mäzene", Verlag des Germanischen
Nationalmuseums, Nürnberg 1989
Bruchsal: Übersicht + Konzept - Kammerflügel (1) - Kammerflügel (2) - Corps de logis, Ehrenhof - Kirchenflügel (1) - Kirchenflügel (2) - Schloßkirchturm - Forstamtsgebäude - Kanzleibau - Kommandantenwohnung - Damianstor - Landhospital - Großer Dienerbau - Corps de logis, Gartenseite - Torpfosten - Hofapotheke
Die Entwicklung des Wappens der von
Schönborn
Die Wappen der Fürstbischöfe und
Bischöfe von Speyer
Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2008-2009
Impressum