Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 802
"Schönborn-Barock":
Schloß Bruchsal - Teil (5)
Schloß Bruchsal, Wappen: Der Kirchenflügel (1)
Baugeschichte:
Kirchenflügel
Der Kirchenflügel wurde nach
dem Kammerflügel, aber vor dem Corps de logis in Angriff
genommen. Den spiegelbildlichen Flügeln, die sich genauestens
entsprechen, ist nicht anzusehen, daß zwischen beiden ein
Wechsel des Baumeisters stattgefunden hatte. 1723 beorderte des
Fürstbischofs Bruder den nur ausgeliehenen
bisherigen Schloßbaumeister Johann Georg Seitz nach Wiesentheid
zurück, was den Bau ins Stocken brachte. Nach Ablauf eines an
den Bruder gerichteten Ultimatums stellte der sehr
verärgerte Damian Hugo von Schönborn Michael Ludwig Rohrer als
neuen Schloßbaumeister ein, damit es endlich weiterging, denn
man hatte noch viel vor. Seinem Bruder teilte er eingeschnappt
mit, er könne seinen Baumeister behalten. Am 14.4.1723 wurde der
Grundstein für den Kirchenflügel gelegt, und am 12.6.1723 kam
der neue Baumeister unter Vertrag. Auch dieser war eine
Vermittlung unter Freunden und Nachbarn, nämlich der Markgräfin
Sibylla Augusta von Baden-Baden. Johann Michael Ludwig Rohrer
(1683-1732) war der Schloßbaumeister von Rastatt, und er sollte
bis 1728 in Bruchsal Schloßbaumeister sein.
Die
Funktion ordnet sich vollständig der Form unter
Der 1723, also nach dem
Kammerflügel und vor dem Corps de logis begonnene Kirchenflügel
ist ein genaues Spiegelbild des im Norden gegenüberliegenden
Kammerflügels - außen zumindest, bis in jedes Detail der
Fassadengestaltung. Das Äußere ordnet sich vollständig dem
barocken Gesamtkonzept unter, die Symmetrie und das Ebenmaß der
Anlage waren dem Bauherrn wichtiger als der Zusammenhang zwischen
Form und Funktion. Im Innern des Kirchenflügels befindet sich
die katholische Hofkirche als bischöfliche Prokathedrale und
Pfarrkirche. Die Vierung befindet sich im Mittelrisalit, das
Kirchenschiff im westlichen Teil des Flügels, und der Chor nimmt
die Hälfte des südlichen Teiles des Flügels ein, so daß der
Hochaltar etwa in der Mitte des östlichen Teiles des Flügels zu
stehen kam. Nach außen ist nichts von alledem wahrzunehmen.
Selbst der Kirchturm ist weitab errichtet worden, um das barocke
Konzept der Symmetrie nicht zu durchbrechen. Das ist insofern
besonders, als wir es hier mit einem geistlichen Fürsten und
Landesherrn zu tun haben, der sich entschieden hatte, die
Funktion seiner eigenen Prokathedrale nicht äußerlich in
Erscheinung treten zu lassen.
Wappen
4: Mittelrisalit des Kirchenflügels
Genau wie der
gegenüberliegende Kammerflügel hat auch der Kirchenflügel
einen Mittelrisalit mit sich auf den Ehrenhof öffnendem
Prunkportal, in dessen verkröpftem und gesprengten Giebel ein
Prunkwappen des Kirchenfürsten prangt.
Das
Prunkwappen am Kirchenflügel:
In einer Umrahmung aus
vergoldeten, stilisierten Pflanzen und Blättern im oberen Teil
und goldenen Fransen im unteren Teil werden unter einem roten
Kardinalshut mit beiderseits 15 (1:2:3:4:5, teilweise verdeckt)
Fiocchi auf einem hermelingefütterten Wappenmantel drei einzelne
barock verzogene Wappenschilde zusammengestellt, hinter denen ein
Vortragekreuz und ein Krummstab auf den geistlichen Rang und ein
Schwert auf die Landesherrschaft verweisen, über den Schilden
ein roter, hermelinverbrämter Fürstenhut. Hinter den Schilden
liegt außerdem noch ein riesiges schwarzes, silbern bordiertes
Tatzenkreuz des Deutschen Ordens.
Das Wappen ist darstellungsgleich mit dem Pendant am Kammerflügel. Bestes Licht für's Photographieren: ganz früh morgens.
Abb.: Grundriß der Gesamtanlage mit Position des besprochenen Wappens.
Sparsamkeit
am Bau:
Eine Kleinigkeit am Rande: Das
Bauprojekt war so immens, daß auch ein Kirchenfürst bei aller
barocken Repräsentationssucht bestrebt war, Kosten einzusparen.
So verfügte Schönborn, daß im Obergeschoß nur jedes vierte
Fenster zum Öffnen einzurichten sei, um Beschläge einzusparen,
und im Erdgeschoß sollten aus dem gleichen Grund nur die oberen
Fensterflügel beweglich auszuführen sein. Erst später wurde
die Verglasung durch rechteckige Scheiben mit Bleisprossen
ersetzt.
Auch achtete man sehr darauf, Material zweckdienlich zu gewinnen
und einzusetzen, so wurde beim Aushub der Baugrube für den
Kirchenflügel der in den oberen Schichten gewonnene Lehm
sorgfältig gelagert und im Sommer gleich zu Backsteinen
gebrannt.
Das Wappen in goldenem Morgenlicht um 6 Uhr früh.
Hofkirche:
Künstler und Ausstattung
Schon 1725 veranlaßte
Schönborn, den es drängte, in seinem Rohbau seine erste Messe
zu feiern, eine erste provisorische Ausstattung des
Kirchenschiffes. Ende 1725 war der Rohbau fertig, im Oktober 1726
konnte der Bischof den ersten Gottesdienst in seiner eigenen
Hofkirche feiern, auch wenn die Einrichtung mit 5 hölzernen
Altären, einer mit Teppichen behangenen Kanzel und einem
vorläufigen Baldachin-Thron noch sehr behelfsmäßig war. In der
Folgezeit wurde die Kirche dann richtig ausgestattet,
die Ausmalung der Deckengewölbe schuf ab Mai 1526 bis zu seinem
Tod am 12.9.1727 der Freskomaler Antonio Gresta, danach ab Mai
1728 die Freskomaler Egid Quirin Asam und sein Bruder Kosmas
Damian Asam. Hier kam es zu einem Eklat, da die Brüder Asam
erheblich von den fürstbischöflichen Vorgaben unter Verzicht
auf gemalte Scheinarchitektur abwichen. Um die einheitliche
Wirkung sicherzustellen, und da sich die Brüder Asam weigerten,
die Vorarbeit ihres Kollegen zu übermalen, ließ der
Fürstbischof Grestas Malereien abschlagen. 1729 war die
Ausmalung abgeschlossen. Als die Gesamtwirkung sichtbar wurde,
war der Fürstbischof offensichtlich wieder mit den Brüdern Asam
versöhnt. Als besonderes Zeichen seiner Gnade ließ er den
Künstler Kosmas Damian einen Rehbock schießen. Wir können
heute kaum nachvollziehen, ein wie großes Privileg das war, lag
doch die Jagdhoheit allein beim Landesherrn und war Jagdfrevel
eines der schlimmsten Verbrechen gegen die Obrigkeit.
Die Skulpturen schuf 1526-1527 der Hofbildhauer Johann Valentin Götz, ferner war 1527-1529 der Marmorier Matthäus Brückner am Stuckmarmor der Altäre tätig. Weitere Stuckmarmorarbeiten fertigte ab 1729 bis 1733 der Bruchsaler Hofmarmorier Michael Fischer. Die Stukkaturen der Kirche fertigte der Italiener Bernardo Pasquelli und sein Sohn Domenico Pasquelli. Die schmiedeeiserne Chorschranke wurde 1730 eingebaut.
Reliquienkult hielt bald Einzug in die Kirche, am 27.9.1729 wurden hierhin die sterblichen Überreste des Märtyrers Clemens überführt, später wurden Faustinus und Faustina angekauft.
Der gesprengte Giebel mit dem Wappen in goldenem Morgenlicht um 6 Uhr früh.
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
(insbesondere Band Bistümer)
Kurt Lupp: Schloß Bruchsal, Bau, Zerstörung und Wiederaufbau,
Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt
Bruchsal, Band 21, Verlag Regionalkultur, 2003, ISBN
3-89735-263-X
Stephan Mauelshagen, Ordensritter - Landesherr - Kirchenfürst:
Damian Hugo von Schönborn, Veröffentlichungen der Historischen
Kommission der Stadt Bruchsal, Band 18, Verlag Regionalkultur,
2001, ISBN 3-89735-173-0
Kurt Andermann, Otto B. Roegele, Residenzen der Bischöfe von
Speyer: Speyer - Udenheim - Bruchsal, Veröffentlichungen der
Historischen Kommission der Stadt Bruchsal, Band 5, Verlag
Regionalkultur, 1989
http://www.schloss-bruchsal.de/de/schloss-bruchsal
http://www.schloesser-magazin.de/de/saekularisation/Schloss-Bruchsal/236276.html
http://www.belle-alliance.com/bruchsal/bruchsal.html
Hans Huth: Schloss Bruchsal. Die ehemalige Residenz der
Fürstbischöfe von Speyer (Langewiesche-Bücherei). 3. Auflage.
Langewiesche, Königstein 1990, ISBN 3-7845-0311-X
Hajo Rheinstädter: Schloß Bruchsal. Führer. Verwaltung der
Staatlichen Schlösser und Gärten
Baden-Württemberg/Staatsanzeiger für
Baden-Württemberg/Brausdruck, Heidelberg 1996, ISBN
3-932489-02-0
Artur Hassler: Der Wiederaufbau des Bruchsaler Schlosses -
Sonderbeilage der BNN 28.2.1975 zur Schloßeinweihung
Thomas Moos: Bruchsal, ein Rundgang durch Geschichte und
Gegenwart, Verlag Regionalkultur, ISBN 3-89735-202-8
Hans Huth: Der Wiederaufbau des Schlosses in Bruchsal -
Denkmalpflege in Baden-Württemberg 4/1975, S. 143-148
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