Bernhard Peter und Dominik Smasal
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1021
Heidelberg

Heidelberger Rathaus

Das Rathaus von Heidelberg ist architekturgeschichtlich heterogen. Die Schauseite ist sicherlich die barocke Fassade zum Marktplatz hin. Der Vergängerbau war 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört worden. Der barocke Kernbbau, heute der Mittelteil des Ensembles zum Marktplatz hin, entstand 1701-1705 durch J. Flemal, Grundsteinlegung war am 17.9.1701. Dieser Baumeister stammte aus einer Lütticher Künstlerfamilie, worauf stilistisch der abgerundete Zwerchhausgiebel der Fassade verweist. Der Niederländer hatte schon für Kurfürst Johann Wilhelm an dessen Düsseldorfer Residenz gearbeitet. Nun wurde er zum Wiederaufbauer des kriegszerstörten Heidelbergs. Das Rathaus wurde sein wichtigstes Werk in der Stadt, aus finanzieller Not war der Wiederaufbau jedoch schleppender als geplant.

Das kurpfälzische Wappen (heute eine Kopie) über der Balkontür ist eines der prächtigsten Pfälzer Wappen in Heidelberg, vor allem, weil es als Vollwappen mit allen zugehörigen Helmen und Kleinoden dargestellt ist. Das Original ist eine Arbeit des ungarischen Bildhauers Heinrich Charrasky, der von 1710 bis 1720 in Heidelberg tätig war. Das Balkongeländer mit den von Geranien überwucherten Initialen des Kurfürsten Karl Theodor (CT) ist eine vorzügliche Schmiedearbeit des Heidelberger Schlossermeisters Thomas Pfeterle aus dem Jahre 1751.

Aufbau des Pfälzer Wappens:
Das Pfälzer Wappen hat hier eine Form, wie sie dem der Linie Pfalz-Neuburg entspricht, nach der Erbschaft von Cleve-Jülich-Berg 1614, nach Verlust des Erztruchsessenamtes 1623, vor der Wiedererlangung des Erztruchsessenamtes 1706, vor der Übernahme des Kurfürstentums durch die Linie Sulzbach im Jahre 1742. Insofern paßt es genau in die Bauzeit 1701-1705.

Um das Wappen die Collane des Ordens vom Goldenen Vlies mit Gliedern aus Feuerstählen und Flammen.

Besondere Aufmerksamkeit verdient hier das Oberwappen, weil es eine der wenigen Darstellungen des Kurpfälzer Wappens mit allen Helmen ist, insgesamt fünf an der Zahl:

Im 19. Jh. wurde das Rathaus umgebaut und erweitert. Der Nordflügel, nicht schön, aber riesig, entsteht unter Hermann Lender in den Jahren 1886-90. Hier ist der Ratssaal im Stil der Neorenaissance im zweiten Stock zu finden. Der Südflügel (Abb. unten), teilweise den Marktplatz und ganz die Hauptstraße beherrschend, ist eine neobarocke Erweiterung von Franz-Sales Kuhn. Innendrin ist das Rathaus ein Poutpourri verschiedener historistischer Neo-Stile im friedlichem Nicht-Einklang. Eine letzte Erweiterung erfuhr das Rathaus 1959-61 durch Heinrich Liedvogel an der Südfront entlang der Hauptstraße und hinten im Winkel zur Mönchgasse hin (ganz rechts gerade noch angeschnitten im Bild). Man beachte bei der Gelegenheit auch die goldenen Pfälzer Löwen auf den beiden Masten.

Die Südfassade zeigt im dem dem kleinen Platz zugewandten Teil eine neobarocke Kartusche, die unharmonisch weit aus dem Segmentbogengiebel nach oben herauswächst und einfach den pfälzischen Löwen auf einem rudimentär zu erkennenden Dreiberg zeigt, wie ihn das Heidelberger Stadtwappen verwendet.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Bernd Müller: Architekturführer Heidelberg, Bauten um 1000 - 2000 / hrsg. im Auftrag der Stadt Heidelberg von Peter Blum. - Mannheim: Ed. Quadrat, 1998. - 288 S., Reihe Sonderveröffentlichungen des Stadtarchivs Heidelberg Nr. 10, ISBN 3-923003-78-1 http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~f25/homo-heid/heidelberg/rundgang-htm.htm
Harald Drös. Das Heidelberger Wappenbuch. Wappen an Gebäuden und Grabmälern auf dem Heidelberger Schloß, in der Altstadt und in Handschuhsheim, Buchreihe der Stadt Heidelberg, Bd. 2, Heidelberg, 1991. ISBN 3-924973-44-X.

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