Bernhard
Peter und Dominik Smasal
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1000
Heidelberg
Heidelberger Schloß (3): Torturm
Ausbau
des Heidelberger Schlosses zur Festung unter Ludwig V
Die Heidelberger Burg wurde
immer mehr zur Festung ausgebaut. Nötig machten das die
kriegerischen Umstände, z. B. der Landshuter Erbfolgestreit im
Hause Wittelsbach (1504-1505) zwischen Bayern-Landshut und
Bayern-München, der auch auf Pfälzer Territorium ausgetragen
wurde und für die Pfalz einen einschneidenden Gebietsverlust in
der Oberpfalz und im Elsaß bedeutete, nachdem sich die
Pfalzgrafen Rupprecht und sein Vater Philipp eingemischt hatten,
sogar Landshut und Burghausen besetzt hatten. Ludwig V., achter
Kurfürst v. der Pfalz (2.7.1478 - 1544) und seit 1508 im Amt,
sorgte für die militärische Sicherheit. Auf ihn gehen
ausgedehnte Baumaßnahmen am Heidelberger Schloß zurück: Um die
bisherige Außenmauer wurde eine neue, wesentlich stärkere Mauer
in geringem Abstand gezogen. Torturm und Brücke wurden als neuer
Südzugang errichtet, weiterhin der Westwall mit Rondell als
Mittelpunkt desselben, der Bibliotheksbau, der Ökonomiebau, der
Ludwigsbau, der Seltenleer als neuer Wehr- und Gefängnisturm an
der Südostecke, westlicher und südlicher Zwinger wurden
angelegt, Frauenzimmerbau, Brückenhaus, Soldatenbau, Zeughaus an
der Talseite, dicker Turm zur Neckarseite - alles entstand in
seiner Zeit, praktisch eine Generalüberholung, die nur die
östliche Befestigung mit den drei mächtigen Rundtürmen
beließ, aber den Glockenturm erheblich verstärkte. Das äußere
Verteidigungskonzept bot hinreichend Sicherheit, so daß die
bisherigen inneren Mauern überbaut bzw. in neue Bauten
einbezogen werden konnten wie in den Bibliotheksbau oder in den
Ludwigsbau, so daß sie heute nur noch an wenigen Stellen noch zu
erkennen sind - die alte Wehrmauer hatte endgültig ausgedient.
Und trotz all dieser Verteidigungsbauten trägt ihr Bauherr den Beinamen "der Friedfertige", denn durch seine ausgleichende Politik suchte er mögliche Konfliktherde zu umschiffen und sich mit Kaisern und den führenden Herrscherhäusern Süddeutschlands auszusöhnen, um die neuen Mauern möglichst nicht auf die Probe stellen zu müssen. Ludwig V war ferner Humanist und interessierte sich sehr für die geistigen und wissenschaftlichen Themen seiner Zeit, er gewährte z. B. 1518 Martin Luther freies Geleit zur Heidelberger Disputation, die für die Ausbreitung seiner Lehre im südwestdeutschen Raum eine große Bedeutung hatte, da viele Zuhörer die neuen Gedanken weitertrugen.
Abb.: Torturm, Südseite, Position des Wappens: Nur die einst schildhaltenden Löwen und die Wächterfiguren blieben.
Die
Nullnummer am Tor (Wappen 0)
Weg! Ungläubig greifen die
Löwen ins Leere, und auch die Riesen konnten es nicht
verhindern: Hier ist kein Wappen mehr! Fehlt nur noch, daß der
Gewappnete suchend die Hand über die Augen legt - nichts mehr
da, nur ein paar metallene Klammern verraten, daß hier an der
Südseite des Torturms einst ein kunstvolles kurpfälzisches
Wappen angebracht war.
Dafür wird man im Inneren der dreigeteilten Durchfahrt umso mehr belohnt. Drei Kompartimente hat die Durchfahrt, jeweils mit mächtigen Gurtbögen auf massiven Wandpfeilern voneinander abgetrennt. Die beiden äußeren Joche sind kürzer und von rechteckigem Grundriß, das mittlere Joch ist länger. Jedes Joch ist mit einem Kreuzgratgewölbe versehen, im mittleren Joch ist der Schlußstein ein gewaltiges Gußloch, in dem heute eine Laterne hängt. Zwischen dem äußeren schmalen Joch und dem Mittelteil befindet sich das Fallgatter, bei dem jeder Pfahl einzeln durch eine Öffnung im Sandstein gleitet, also eher eine Anordnung von Fallpfählen ist als ein Fallgatter.
Abb.: Sperrpfähle im Torweg.
Wappen
im Gewölbe der Tordurchfahrt (Wappen 3 und 4)
Die beiden schmaleren Joche
haben jeweils einen wappengeschmückten Schlußstein. Die
Anordnung ist die gleiche wie beim Wappen Ludwigs V am
Ruprechtsbau:
Drei Schilde werden zu einem komplexen heraldischen Ergebnis zusammengestellt, unter einem einzigen Helm mit der Pfälzer Stammhelmzier (ein sitzender goldener, rot gekrönter Löwe) vereinigt. Die Helmzier ist hier gewendet.
Abb.: Torturm, erstes Wappen im kreuzrippengewölbten Torweg.
Diese Anordnung mit den drei zusammengestellten Schilden und einem zentralen Helm läßt sich optimal auf der symmetrischen Fläche des vierpaßartig geschnittenen Schlußsteines mit den vier kreisförmigen Ausbuchtungen unterbringen.
Abb.: Torturm, zweites Wappen im kreuzrippengewölbten Torweg.
Ludwig V., achter Kurfürst v. der Pfalz (2.7.1478 - 1544), gen. der Friedfertige, hatte kein dynastisches Glück: Beide Ehen, sowohl mit Sibille v. Bayern (16.6.1489 - 18.4.1519) als auch mit Margarete v. d. Leyen (- 1563) versagten ihm den Nachfolger, so daß 1544 sein Bruder Friedrich II. (9.12.1482 - 26.2.1556), gen. der Weise (Sapiens), neunter Kurfürst v. der Pfalz wurde.
Abb.: Position der besprochenen Wappen am Heidelberger Schloß
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Band Landesfürsten
Rudolf Haas, Hansjörg Probst: Die Pfalz am Rhein: 2000 Jahre
Landes-, Kultur- u. Wirtschaftsgeschichte. Südwestdeutsche
Verlagsanstalt, Mannheim 1984, ISBN 3-87804-159-4
Meinrad Schaab: Geschichte der Kurpfalz. Bd. 1: Mittelalter.
Kohlhammer, Stuttgart 1999, ISBN 3-17-015673-X, Bd. 2: Neuzeit.
Kohlhammer, Stuttgart 1992, ISBN 3-17-009877-2
Alexander Schweickert: Kurpfalz. Kohlhammer, Stuttgart 1997, ISBN
3-17-014038-8
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Schloßführer: Wolfgang Wiese, Karin Stober, Schloß Heidelberg,
Deutscher Kunstverlag München Berlin, 2005, ISBN 3-422-03107-3
Adolf von Oechelhäuser: Das Heidelberger Schloss. Verlag
Brigitte Guderjahn, Heidelberg, 9. Aufl. 1998 (unveränderter
Nachdruck der 8. Aufl. von 1987, bearb. von Joachim Göricke).
Burkhard Pape: Die Befestigungen am Heidelberger Schloss. Bau,
Architektur und Funktion der Fortifikationen und die Geschichte
der Belagerungen. Verlag Stefan Wiltschko, Neckargemünd-Dilsberg
2006, ISBN 3-00-017727-2
Franz Schlechter, Hanns Hubach, Volker Sellin: Heidelberg: Das
Schloß. Umschau Buchverlag, 2001, ISBN 3894661445
Schloß Heidelberg: http://www.schloss-heidelberg.de/de/schloss-heidelberg/Schloss/238149.html
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