Bernhard
Peter und Dominik Smasal
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 998
Heidelberg
Heidelberger Schloß (1): Übersicht
Pfalz
und Pfalzgraf
Die Pfalzgrafen bei Rhein
waren eines der mächtigsten und wichtigsten
Herrschergeschlechter in der Geschichte des Heiligen Römischen
Reiches. Dabei hatte ihre Funktion im Reich, vor allem als
Kurfürsten, völlig überdeckt, daß Pfalzgrafen eigentlich
Amtsträger sind, die bei weitem nicht so eine Machtfülle hatten
wie "die" Pfalzgrafen bei Rhein (comes palatinus
Rheni), und daß es noch viel mehr gab als nur "die"
Pfalzgrafen bei Rhein. Der Begriff Pfalzgraf leitet sich vom Wort
palatinus, der im Palast bzw. bei Hofe Tätige, ab und
kennzeichnet seit der Merowinger- und Karolingerzeit einen
Amtsträger, der zuerst die Pfalzen betreute, dann aber mit mehr
Aufgaben ausgestattet wurde und zunehmend die königlichen
Interessen in leitenden und vermittelnden Positionen vertrat,
auch in jurisdikativen Ämtern. Durch die fehlende Trennung der
Begrifflichkeiten von Amt und Territorialherrschaft kam es zur
Vermischung, und so wurde eines der mächtigsten
Territorialherrengeschlechter nach dem Amt benannt. Neben den
Pfalzgrafen bei Rhein gab es Pfalzgrafen von Bayern (die sich
seit dem 13. Jh. Herzöge nannten), von Burgund, von Lothringen
(ging im 11. Jh. in die Pfalzgrafschaft bei Rhein über), von
Sachsen (Amt ging an die Landgrafen von Thüringen über, dann an
die Wettiner) und in Schwaben (Pfalzgrafschaft ging 1146 an die
Pfalzgrafen von Tübingen über) etc. Der Begriff ist also nicht
singulär, wohl aber der Aufstieg der Pfalzgrafen bei Rhein.
Die
Pfalz bei Rhein entsteht
Hervorgegangen ist die
Pfalzgrafschaft aus der fränkischen Pfalzgrafschaft in
Lothringen (am Niederrhein, Aachen, Köln, Vogteirechte über
Trier und Jülich, Güter in Bacharach), das Amt wurde damals von
der Familie der Ezzonen bekleidet. Der Schwerpunkt der
spätestens im 10. Jh. entstandenen pfalzgräflichen Herrschaft
verlagerte sich immer weiter nach Süden, und als die Ezzonen mit
Hermann II. von Lothringen Ende des 11. Jh. ausstarben, rangen
erst verschiedene Familien um das Amt. Heinrich II. von Laach,
vorm. Heinrich II. von Gleiberg-Luxemburg, Siegfried von
Ballenstedt und Weimar-Orlamünde, Gottfried von Calw als Vormund
für Wilhelm von Ballenstedt, Wilhelm von Ballenstedt, Otto I.
Graf von Rheineck, Heinrich Jasomirgott und Hermann von Stahleck
folgten aufeinander in dem Amt. Danach wurde die Pfalzgrafschaft
1156 erst an Konrad von Hohenstaufen, Stiefbruder von Kaiser
Friedrich Barbarossa, als erbliches Lehen verliehen (zuzüglich
Hausgut, Lehnsrechte und Vogteirechte über Speyer, Worms und
Lorch), wobei er zum Reichsfürsten erhoben wurde, über seine
Tochter kam die Pfalzgrafschaft wegen der welfischen Mutter 1195
bis 1214 vorübergehend an die Welfen, nach dem Tod des letzten
Inhabers ohne direkte Nachkommen 1213 wurde die Pfalzgrafschaft
an die Wittelsbacher neu verliehen, die im Prinzip bis 1918 Titel
und Amt innehatten, sehen wir mal von der wechselvollen
Territorialgeschichte im Detail ab, wie der Besetzung und
Verwüstung durch französische Truppen im Pfälzischen
Erbfolgekrieg 1688-1697 oder der Eingliederung der
linksrheinischen Gebiete in Frankreich 1794-1815 oder der
Auflösung der Kurpfalz auf dem Reichsdeputationshauptschluß
1803, wobei die Pfalz Baden zugeschlagen wurde. Seit 1214,
endgültig seit 1356 waren die Pfalzgrafen bei Rhein Kurfürsten
des Heiligen Römischen Reiches. Warum erst 1356 endgültig?
Zunächst sollte die Kurfürstenwürde zwischen der Pfalz und
Bayern wechseln, was erst 1356 in der Goldenen Bulle zugunsten
der Pfalz aufgehoben wurde. Pfalz wurde mehr und mehr zum Begriff
der erblichen Territorialherrschaft und dann zum
Territorialbegriff, entsprechend diesem Bedeutungswandel benennen
wir heute mit Pfalz den Landesteil.
Die
Wurzeln des Heidelberger Schlosses
80 m über dem Talgrund erhebt
sich auf einer Terrasse des Königstuhls (Schloßberg,
Jettenbühl) eine der berühmtesten und meistbesuchten Burgruinen
Deutschlands. Eine Ruine der Superlative, nicht nur nach der
Anzahl der Japaner und Amerikaner pro Quadratmeter, sondern es
ist auch eine der größten Burganlagen in landschaftlich
einmaliger Lage, Sitz eines der mächtigsten Geschlechter des
Heiligen Römischen Reiches, und eines der bedeutendsten
Kunstwerke der Renaissance-Architektur auf deutschem Boden. Des
Schlosses Ruinen künden immer noch von der beispiellosen Pracht
der höfischen Residenz, und die geborstenen Türme erinnern an
den Pfälzischen Erbfolgekrieg, in dessen Verlauf die Anlage
zerstört wurde. So wurde das Schloß weltweit Symbol für
Romantik verfallener Gemäuer und Sinnbild für deutsche
Geschichte zwischen Pracht und Vergänglichkeit.
1196 begegnet uns urkundlich erstmalig Heidelberg, und die Burg, die ursprünglich von den Wormser Bischöfen angelegt worden war, bekommt 1225 auch den zugehörigen Namen: Castrum in Heidelberg cum burgo ipsius castri. Funde lassen darauf schließen, daß die Entstehung der Burg in der ersten Hälfte des 13. Jh. liegt. Konrad von Hohenstaufen, Stiefbruder von Kaiser Friedrich Barbarossa, hatte die Pfalzgrafschaft 1156 als erbliches Lehen verliehen bekommen, das Gebiet von seiner Tante Gertrud von Schwaben 1155 geerbt und bald darauf Heidelberg zum Zentrum seiner Herrschaft gemacht. Burg Heidelberg wurde zum Stammsitz der Kurfürsten von der Pfalz im Mittelalter, eigentlich war die Burg ein Lehen der Wormser Bischöfe. Als die Wittelsbacher, genauer die Söhne von Ludwig II. Herzog v. Bayern (13.4.1229 - 2.2.1294) 1310-1313 die Erblande teilten, übernahm Rudolf I. Pfalzgraf bei Rhein, Herzog v. Bayern (1274 - 12.8.1319), gen. der Stammler (Balbus), das Erbe an Rhein und Neckar.
Mit dem Aufstieg der Pfalzgrafen wurde zunehmend der Bedarf an einer repräsentativen Residenz wichtig, worauf die Burg auf das stattlichste ausgebaut wurde. Gegen den Berg hin wurden tiefe Gräben als Zwinger ausgehoben, gegen den Abhang hin wurden mächtige Stützmauern errichtet, und die am wenigsten durch natürliche Gegebenheiten geschützte Ostseite bekam drei mächtige Rundtürme als Verteidigungsanlage. Vom Bestand dieser Ausbauphase finden wir eigentlich nichts im Schloß, denn alles wurde später erweitert, verstärkt und überbaut. Man mußte schon sehr gründlich suchen, um in der Bausubstanz romanische Fensterfragmente zu finden.
Das heutige Schloß von Heidelberg ist übrigens nur eine von zwei Burgen: Die zweite, 1303 urkundlich erwähnte, steht hoch oben auf dem Gaisberg; von ihr ist nicht mehr erhalten als Spuren im Boden. Aus der unteren Burg jedoch wurde die repräsentative Residenz, die wir heute in ihren Ruinen bewundern.
Abb.: Übersicht über die Wappen am Heidelberger Schloß
Wappen
am Heidelberger Schloß
Die heraldische Pracht am
Schloß ist groß, fällt doch seine hauptsächliche Ausbauzeit
in eine der schmuckreichsten Zeiten der Kunstgeschichte, der
Renaissance. Deshalb begegnen uns viele qualitativ hochwertige
Darstellungen. Die verschiedenen Pfälzer Wappen spiegeln gut die
Entwicklung desselben und seine Variationsbreite wieder, nur die
letzte Phase der Entwicklung, als nach dem Kleve-Jülichschen
Erbfolgestreit noch die Ansprüche auf Kleve, Jülich, Berg,
Ravensberg, Mark und Moers hinzukamen, wird man an der
Schloßarchitektur vergeblich suchen; Wappen mit diesen Motiven
findet man aber in der Altstadt. Dazu wird die Heraldik durch die
der Ehefrauen von Dänemark bis Nassau-Oranien bereichert.
Nachteilig ist die oft große Höhe der Wappen, insbesondere am
Friedrichsbau, wo sehr große Brennweiten zum Erkennen und
photographischen Dokumentieren nötig sind. Vom Licht her wird
man sich in den frühen Morgenstunden die Wappen 0, 1, 2 und 20
ansehen; die Wappen 10, 11, 12, 13, 21 haben den ganzen Vormittag
Photosaison, die wandernde Sonne gibt dann in einem engen
Zeitfenster gutes Licht auf 5, 6 und 7; am frühen Nachmittag ist
der Ottheinrichsbau 8 in schönem Streiflicht, und am späten
Nachmittag wird Wappen 9 gut beleuchtet, und auch 19 liegt in
vollem Sonnenlicht. Der Abend gehört der Stadtseite des
Friedrichbaus mit den Wappen 14, 15, 16, 17, die aber so hoch und
ungünstig im Winkel sind, daß man sich mit Nr. 18 über dem
Portaldurchgang begnügen muß. Der Abend lockt vor allem auf die
gegenüberliegende Neckarseite, um die stadtseitige
Schloßfassade um Licht zu bewundern.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Band Landesfürsten
Rudolf Haas, Hansjörg Probst: Die Pfalz am Rhein: 2000 Jahre
Landes-, Kultur- u. Wirtschaftsgeschichte. Südwestdeutsche
Verlagsanstalt, Mannheim 1984, ISBN 3-87804-159-4
Meinrad Schaab: Geschichte der Kurpfalz. Bd. 1: Mittelalter.
Kohlhammer, Stuttgart 1999, ISBN 3-17-015673-X, Bd. 2: Neuzeit.
Kohlhammer, Stuttgart 1992, ISBN 3-17-009877-2
Alexander Schweickert: Kurpfalz. Kohlhammer, Stuttgart 1997, ISBN
3-17-014038-8
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Schloßführer: Wolfgang Wiese, Karin Stober, Schloß Heidelberg,
Deutscher Kunstverlag München Berlin, 2005, ISBN 3-422-03107-3
Adolf von Oechelhäuser: Das Heidelberger Schloss. Verlag
Brigitte Guderjahn, Heidelberg, 9. Aufl. 1998 (unveränderter
Nachdruck der 8. Aufl. von 1987, bearb. von Joachim Göricke).
Burkhard Pape: Die Befestigungen am Heidelberger Schloss. Bau,
Architektur und Funktion der Fortifikationen und die Geschichte
der Belagerungen. Verlag Stefan Wiltschko, Neckargemünd-Dilsberg
2006, ISBN 3-00-017727-2
Franz Schlechter, Hanns Hubach, Volker Sellin: Heidelberg: Das
Schloß. Umschau Buchverlag, 2001, ISBN 3894661445
Schloß Heidelberg: http://www.schloss-heidelberg.de/de/schloss-heidelberg/Schloss/238149.html
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