Bernhard
Peter und Dominik Smasal
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 999
Heidelberg
Heidelberger Schloß (2): Ruprechtsbau
Der
Pfälzer Löwe
Das Stammwappen der
Pfalzgrafen bei Rhein ist in Schwarz ein goldener, rot gekrönter
Löwe. Die Helmzier ist ein sitzender goldener, rot gekrönter
Löwe. Der Pfälzer Löwe ist erstmalig bei Otto II dem
Erlauchten (1206-1253, Pfalzgraf 1214 bis 1253) in dessen
Reitersiegel von 1229 nachgewiesen, der schon zu den
Wittelsbachern gehörte. Es kann vermutet werden, daß er aber
schon viel früher geführt wurde, und das Motiv sowie die Farben
Schwarz und Gold legen eine Assoziation zum staufischen Wappen
nahe.
Das
neue Pfälzer Wappen: Die Wittelsbacher Rauten kommen ins
Pfälzer Wappen
Im Jahre 1214 wurde Ludwig I.
von Bayern (Ludwig der Kelheimer, 1173-1231) mit der
Pfalzgrafschaft bei Rhein belehnt. Dessen Sohn Otto II der
Erlauchte (1206-1253, Pfalzgraf 1214 bis 1253) war dazu bereits
im Alter von sechs Jahren mit Agnes von der Pfalz (gest. 1267)
verlobt, der Erbin der Pfalzgrafschaft bei Rhein. In Folge nahmen
die Wappen der Pfalz und der Herzöge von Bayern eine parallele
Entwicklung, denn sie wurden aus den Wittelsbacher Rauten und dem
Pfälzer Löwen zusammengesetzt. Die Wittelsbacher Rauten (silbern-blau schräggerautet, Helmzier ein
wie der Schild bez. Adlerflug. Helmdecken blau-silbern) sind ebenfalls noch recht "frisch": Mit
den Besitztümern der Grafen von Bogen kam nach deren Aussterben
1242 auch deren weiß-blaues Rautenwappen zu Bayern und damit
auch zur Pfalz. Schlüsselfigur ist dabei Ludmilla von Böhmen
(ca. 1170 - 1240), Tochter von Herzog Friedrich von Böhmen und
Elisabeth von Ungarn. In erster Ehe heiratete sie 1184 Graf
Adalbert III. von Bogen (11.7.1165 - 1197, Sohn von Bertold II.
Graf v. Bogen (-21.3.1167) und Liutgard v. Burghausen). Aus
dieser Ehe entsprossen zwar drei Söhne, Berthold IV. von Bogen,
Adalbert IV. von Bogen und Liutpold von Bogen. Der erste ist am
12.8.1218 bei Damiette gefallen und war kinderlos, der dritte
starb am 10.5.1221 in geistlichem Amt (Propst der Alten Kapelle
zu Regensburg), und der mittlere, vermählt mit Richza von
Dillingen, aber kinderlos, starb am 15.1.1242, und mit ihm
starben die Grafen von Bogen aus. Und eben jene Ludmilla von
Böhmen heiratete in zweiter Ehe Herzog Ludwig I. von Bayern
(Ludwig der Kelheimer, 1173-1231).
Genealogie der Wittelsbacher Seite:
Genealogie der Pfälzer Seite:
Ruprecht:
Er wählte sich selbst zum König
Ruprecht III (5.5.1352 -
18.5.1410), Pfalzgraf bei Rhein, war der einzige König
Deutschlands, der sich selbst wählen durfte: Am 20.8.1400
setzten die deutschen Reichsfürsten König Wenzel von Luxemburg
(26.2.1361 - 16.8.1419, reg. 1363-1419 König von Böhmen, 1376 -
1400 Römischer König) ab, weil er die Reichsgeschäfte zu sehr
vernachlässigt hatte. Er wurde gleich zweimal abgewählt, denn
erst wurde am 22.05.1400 auf dem Frankfurter Fürstentag Herzog
Friedrich von Braunschweig-Lüneburg zum Gegenkönig gewählt,
allerdings nicht einstimmig, sondern mit Mißbilligung der
geistlichen Kurfürsten. Der Kandidat wurde bei der Heimreise aus
der Welt geschafft. Am 20.8.1400 wurde Wenzel auf Burg Lahneck
für abgesetzt erklärt und schließlich der von den geistlichen
Kurfürsten favorisierte Kandidat, Ruprecht III von der Pfalz, am
21.8.1400 in Rhens zum König gewählt, mit seiner eigenen
Stimme. 1401 wurde er in Köln zum Römisch-Deutschen König
gekrönt, ein ungewöhnlicher Ort, aber weder Aachen noch
Frankfurt wollten sich dafür zur Verfügung stellen. Während
seiner Regierungszeit blieben die wesentlichen Probleme
ungelöst, es war die Zeit des Schismas, der Gegenpäpste, und
der Thronansprüche Böhmens, der katastrophalen Reichsfinanzen,
einer versagten Kaiserkrönung in Rom, eines gescheiterten
Italienfeldzuges, was die Zeit dieses engagierten Königs
letztendlich eine erfolglose werden ließ.
Genealogie:
Die Pfalzgrafen bis zu König Ruprechts Kindern
Die Pfalzgrafen bekamen 1356
in der Goldenen Bulle die Kurwürde:
Abb.: Blick auf den Ruprechtsbau von Nordosten
Ausbau
des Heidelberger Schlosses unter Ruprecht III
Mit Ruprecht III erreichte der
Aufstieg der Pfalzgrafen einen Gipfel: Die Königswürde. Auch
wenn das Reich schwach war und die Finanzen desolat, mehrere
Gegenpäpste seit dem Schisma 1378 stritten und 1409 noch ein
dritter Gegenpapst dazukam, und auch wenn Wenzel von Böhmen sich
mit seiner Absetzung nicht zufriedengeben wollte, das ganze Reich
auf gut Deutsch ein Saustall war, der keine gefestigte Herrschaft
möglich machte - für die Familie der Pfalzgrafen war das ein
Höhepunkt ihrer Erfolgsgeschichte, zu dem die bisherige Burg
gewaltig ausgebaut wurde, um die Anforderungen an eine
repräsentative Residenz zu erfüllen.
Abb.: Reichsadler-Wappen für Ruprecht III von der Pfalz im Kontext
Aber nicht nur Repräsentation war wichtig, sondern die bisherigen Räumlichkeiten waren einfach zu klein, um das Gefolge unterzubringen. Beispielsweise mußte Ruprecht sein Hoflager nach seiner Rückkehr von der Königskrönung im ehem. Augustinerkloster aufschlagen. Und weiterhin mußten die Befestigungen erweitert werden, um möglichen militärischen Anfechtungen seiner Person und seines Amtes begegnen zu können: Die Burg wurde zur Festung. In diese Zeit fällt der Bau des neuen Palas in der Südwestecke der Burg, der heute Ruprechtsbau genannt wird. Es handelt sich um einen langrechteckigen Saalbau mit polygonalem Treppenturm an der Rückseite, heute eines der ältesten Bauwerke auf dem Schloßgelände, aber nicht der älteste, wie Funde romanischer Fensterfragmente gezeigt haben. Typisch am Ruprechtsbau sind die gotischen Fenster im Erdgeschoß aus drei hochrechteckigen Abschnitten, deren mittlerer die beiden äußeren überragt.
Abb.: Reichsadler-Wappen für Ruprecht III von der Pfalz
Das
Wappen mit Reichsadler (Wappen 1)
An der linken Seite der
Gebäudevorderfront befindet sich ein prächtiges Wappen: Ein
gewaltiger Reichsadler hält in seinen Fängen zwei
Wappenschilde, heraldisch rechts in Schwarz ein goldener Löwe,
rot bewehrt (Pfalz), heraldisch links blau-silbern schräg
geweckt (Wittelsbach). Der Reichsadler ordnet dieses Wappen dem
König Ruprecht (Ruprecht III von der Pfalz) zu.
Abb.: Detail des Reichsadlers, das die exquisite Darstellung zeigt
Umbau
und Erweiterung
Ruprecht III konnte den Bau
selbst nicht mehr vollenden. Dessen Fertigstellung erfolgte unter
seinen Nachfolgern, vor allem unter Ludwig V von der Pfalz (reg.
1508-1544). In das Jahr 1534 fällt die Aufstockung um ein
weiteres steinernes Obergeschoß. Man sieht den Wechsel im
Mauerwerk an der Gebäudekante. Ferner ist unter dem rechten
Wappen eine Bauinschrift, die die Erweiterung sowie den Bauherrn
Ludwig nennt. Die Jahreszahl 1534 findet sich auch im Inneren des
Gebäudes. Ein Renaissance-Kamin im Inneren des Ruprechtsbaus ist
eines der wenigen erhaltenen Ausstattungsstücke.
Abb.: Blick auf den Ruprechtsbau und den Torturm von Nordosten
Das
zweite Wappen am Ruprechtsbau (Wappen 2)
Zwischen den Fenstern des
Obergeschosses kündet dieses Wappen vom Ausbau unter Ludwig V
von der Pfalz (reg. 1508-1544): Drei Schilde werden zu einem
komplexen heraldischen Ergebnis zusammengestellt, unter einem
einzigen Helm mit der Pfälzer Stammhelmzier (ein sitzender
goldener, rot gekrönter Löwe) vereinigt.
Hier ist der ganze ledige Schild in der Mitte damasziert - der Schild ist also eigentlich leer. Rot eingefärbt, dient er als Regalienschild. In Zukunft wird hier der Reichsapfel abgebildet werden.
Genealogie bis zu Ludwig V
Abb.: Position der besprochenen Wappen am Heidelberger Schloß
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Band Landesfürsten
Rudolf Haas, Hansjörg Probst: Die Pfalz am Rhein: 2000 Jahre
Landes-, Kultur- u. Wirtschaftsgeschichte. Südwestdeutsche
Verlagsanstalt, Mannheim 1984, ISBN 3-87804-159-4
Meinrad Schaab: Geschichte der Kurpfalz. Bd. 1: Mittelalter.
Kohlhammer, Stuttgart 1999, ISBN 3-17-015673-X, Bd. 2: Neuzeit.
Kohlhammer, Stuttgart 1992, ISBN 3-17-009877-2
Alexander Schweickert: Kurpfalz. Kohlhammer, Stuttgart 1997, ISBN
3-17-014038-8
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Schloßführer: Wolfgang Wiese, Karin Stober, Schloß Heidelberg,
Deutscher Kunstverlag München Berlin, 2005, ISBN 3-422-03107-3
Adolf von Oechelhäuser: Das Heidelberger Schloss. Verlag
Brigitte Guderjahn, Heidelberg, 9. Aufl. 1998 (unveränderter
Nachdruck der 8. Aufl. von 1987, bearb. von Joachim Göricke).
Burkhard Pape: Die Befestigungen am Heidelberger Schloss. Bau,
Architektur und Funktion der Fortifikationen und die Geschichte
der Belagerungen. Verlag Stefan Wiltschko, Neckargemünd-Dilsberg
2006, ISBN 3-00-017727-2
Franz Schlechter, Hanns Hubach, Volker Sellin: Heidelberg: Das
Schloß. Umschau Buchverlag, 2001, ISBN 3894661445
Schloß Heidelberg: http://www.schloss-heidelberg.de/de/schloss-heidelberg/Schloss/238149.html
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