Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3167
Meisenheim (Landkreis Bad Kreuznach)

Die ev. Schloßkirche in Meisenheim: Johann Daniel und Carl Ludwig Schmidtmann

Zwischen Chor und Grabkapelle sind in die südöstliche Stirnseite des Mittelschiffs zwei kleine, hochrechteckige Epitaphienplatten aus grauem Sandstein nebeneinander eingelassen, gestalterisch und inhaltlich sehr ähnlich, was auch nicht überrascht, denn sie sind für Vater und Sohn. Und dennoch sind beide im Detail unterschiedlich, vor allem gibt es eine Wappenwandlung von einer Generation auf die nächste zu beobachten. Beginnen wir zunächst mit der linken Platte, derjenigen für den Vater, Johann Daniel Schmidtmann d. Ä. (1./11.4.1632-5.10.1696), geboren in Zweibrücken als Sohn des Gastwirts Christoph Schmidtmann (-1655 in Zweibrücken) und dessen Frau, Katharina Crahé, der Tochter von Paul Crahé aus Soumain. Johann Daniel Schmidtmann war der Enkel von Pfarrer Christoph Schmidtmann. Er besuchte die Schulen in Straßburg und in Meisenheim, immatrikulierte sich am 5.9.1649 in Groningen, desgleichen am 3.5.1652 in Genf; und kurz darauf sehen wir ihn 1653 beim Studium in Basel. Es ist 1653-1655 als reformierter Pfarrer in Duchroth zu finden, vom 10.3.1657 bis 1684 als pfalz-landsbergischer Hofprediger in Alsenz; 1684 bis 96 als Pfarrer, Inspektor und als Mitglied des Oberkonsistoriums Meisenheim. Nach seinem Tod im Alter von 64 Jahren wurde er in der Meisenheimer Schloßkirche beerdigt.

Es gibt zwei Inschriften auf der Grabplatte. Die erste in in griechischer Kapitalis und läuft auf dem ovalen Rand um, sie beginnt mit "TEXT. FVN. II. TIM. IV. 18", und der darauf folgende griechische Text bedeutet: "Der Herr wird mich allem Bösen entreißen, er wird mich retten und in sein himmlisches Reich führen. Ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit. Amen.". Die zweite Inschrift füllt den Großteil des Zentralfeldes aus und ist in extrem stark, bis zur Unleserlichkeit abgekürztem Latein abgefaßt: "C. S. / I. D. SCHMITMAN. BIP. / SUB PASCH. 1632 HON FAM / NAT. ADOLESCE GRESSUS / IACT. IN HVMAN. ARGENT. ET / MEISENH. FVND. SED THEOL. APPLIC. GRON. / BASIL. GEN. ING. FEL. IVD. ACVM. MORE LEG. L. AB / IMPROBAD S. MIN. ADMSS. Ao. 51. PAST. DVCHR. / 53. ALS 57. MEISEN. 84. LEGIT. VOC. INSP. CLAS. / MEIS LANDSB STAD NEC. NON CONSIST. SVP. / PR. ADI. ET SCHOLARC. CONSTIT. PERPET. FID. / INTEG. ANIM. CONST. PART. SVIS. EGR. SATISFEC. / AERVM. SAT. MET. ATTIG. FEL. TYMP. CORREPT. / 5. OCT. 96. AET. VLTR. 64. PRAEMISS. UX. BIN. / MAR. MAG. FABR. GVMQ. HAC. CAR. LVD. V. CAP. / BAL. CHRIS. ET. MAR. CAT. AB EICH. PAR. ET. / SOC. OPT. LIB. SVPERST. I. DAN. PAST. / NOR. IVL. I. L. TEN. ET. AM. CHAR. CV. N. / SVO. I. H. HEYDEN. M. P. MOEST. / MORT. VIVIT. / SEQVIMINI".

Übersetzt bedeutet das: J(ohann) D(aniel) Schmidtmann, in Zweibrücken gegen Ostern 1632 aus einer angesehenen Familie entsprossen, ist als Jüngling ausgezogen, die Humaniora in Straßburg und Meisenheim zu lernen, die Fundamente der Theologie zu erwerben in Groningen und Basel, ausgestattet mit glückhaften Geistesgaben, Urteilsschärfe und feinen Sitten, sich von allem Bösen fernhaltend, zugelassen zum geistlichen Amt 1651, im Jahre 1653 Pastor in Duchroth, 1657 in Ansenz, 1684 in Meisenheim, ordentlich berufener Inspektor der Klasse Meisenheim-Landsberg-Stadecken, Adjunkt beim Oberkonsistorium und ständiger Scholarch, im unerschütterllichen Glauben und festen Sinnes hat er vortrefflich seine Amtspflichten erfüllt. Von Drangsalen übersättigt, wurde er am 5. Oktober 1696 im Alter von über 64 Jahren von der Wassersucht dahingerafft. Zwei Frauen waren ihm da schon vorangegangen, Maria Magdalena Faber, mit ihr Carl Ludwig, Kapitänleutnant, und Balthasar Christian, und Maria Katharina von Eich. Dem besten Vater und Schwiegervater haben die überlebenden Kinder, Johann Daniel, Pastor in Nürnberg, Premierleutnant Julius und Amalie Charlotte mit ihrem Gatten Johann Huldreich Heyden in tiefer Trauer dieses Denkmal errichtet. Der Tote lebt - folget nach!

 

Die Inschrift nennt die unterschiedlichen Stationen seiner Biographie wie im ersten Absatz ausgeführt, dazu nennt sie die Ehepartner. Johann Daniel Schmidtmann hatte in erster Ehe am 12.6.1655 in Meisenheim Maria Magdalena Faber (-1668) geheiratet, die Tochter von Johann Faber (1622-); letzterer war pfalz-zweibrückischer Hoftrompeter. Diese erste Frau ist die Mutter des nachfolgend vorgestellten Sohnes. Danach hat Johann Daniel Schmidtmann in zweiter Ehe am 5.12.1671 in Kreuznach Marie Katharina von Eich geheiratet, die Tochter von Johann Weigand von Eich, Verwalter für die Familie der Freiherren von Greiffenclau-Vollraths zu Hilbersheim auf der Guldenbach. Und dann heiratete er in dritter Ehe am 25.11.1684 in Kreuznach Elise NN. (-17.4.1699), die Witwe des Kreuznacher Stadtmedicus Dr. med. Adolf Dülkens). Im oberen Teil des Zentralfeldes ist das redende Wappen der Familie Schmidtmann reliefiert, ein wachsender Schmied mit einem Hammer in der erhobenen Rechten, die Linke eingestemmt, auf dem Helm das Schildbild wachsend. Die Tinkturen sind mangels Verzeichnung in den Standardwerken nicht bekannt. Der umlaufende Bord ist nicht als signifikant zu werten, da er beim Sohn nicht auftritt.

Die 1,13 m hohe und 0,675 m breite Platte für den ältesten Sohn des Pfarrers Johann Daniel Schmidtmann ist ganz ähnlich gestaltet. Auch hier gibt es zwei Inschriften, die aber beide in deutscher Sprache in Kapitalis eingehauen sind: Umlaufend auf der ovalen Einfassung steht der Bibelspruch " ICH HAB EIN(EN) GVTEN KAMPF GEKÄ(M)PFET MEINEN LAVFF VOLENDET ICH HAB GLAVBEN GEHALTEN HINFORT IST MIR BEIGELEGT DIE KRON(E) DER GERECHTIGKEIT", die Quelle ist oben im Zentralfeld notiert: "2 TIM(OTHEVM) IV CAP(ITEL)". Im Vergleich zu seinem Vater, dem in klassischen Sprachen gebildeten Pfarrer, der Griechisch und Latein wählt und bei der Wahl des Bibelspruchs die Errettung von dem Bösen in den Vordergrund stellt, so ist hier in deutscher Sprache alles etwas "irdischer", und die Wahl des Bibelspruchs ist ein erster Hinweis auf den militärischen Lebensweg des Carl Ludwig Schmidtmann (17.11.1657-10.9.1688), geboren in Alsenz (Pfalz, Donnersbergkreis), unvermählt und kinderlos gestorben in Meisenheim. Die Inschrift mit den biographischen Daten füllt den größten Teil des Zentralfeldes und lautet: "GEDECHT/NVS / HERREN CARL LVDWIG SCHMI(D)T=/MAN(N)S HERREN IOHAN(N) DANIEL / SCHMIDTMANNS HIESIGEN / PFARRERS VND INSPECKTORES / IN GOTT RVHENDEN LIEBEN / SOHNS GEWESENEN CAPIDAIN LIEVTENANTS VNDER DEM / LÖBLICHEN SCHWEIZER REGI=/MENT VON SALIS WELCHER / GEBORN ZV ALSENZ ANNO / MDC LVII VND CHRISTLICH / VER SCHIEDEN ALHIER / DEN X SEBTEMBER / A(NN)O CHRISTI M DC LXXXVIII"

 

Carl Ludwig Schmidtmann stammte aus der ersten Ehe seines Vaters, derjenigen mit Maria Magdalena Faber. Nach dem Umzug des Vaters von Alsenz, wo Carl Ludwig geboren wurde, nach Meisenheim besuchte er die dortige Lateinschule. Doch anstelle wie so viele Familienmitglieder auch Pfarrer zu werden, schlug er eine militärische Laufbahn ein. Den Weg dazu bereitete ihm sein 1665 vom französischen König Ludwig XIV. geadelter Onkel Johann Jakob von Schmidtmann (1624-1701), welcher Oberstleutnant im Salis'schen Regiment war, in dem auch der Neffe diente und das auch in der Inschrift erwähnt wird. Dieses war ein Schweizer Kavallerie-Regiment in französischen Diensten, also so eine Art "Fremdenlegion". Dieser Onkel war Gouverneur der französischen Grenzfestungen Neuß und Rheinbergen. Er erhielt als Geschenk des französischen Königs die Baronie Hauteville in der Picardie, und aus eigenen Mitteln erwarb er die Herrschaften Thiepval, les Mets und Saint-Ramottin.

Carl Ludwig Schmidtmann, der bis zum Kapitän-Lieutenant aufstieg, starb im Alter von dreißig Jahren und acht Monaten, aber nicht im Felde, sondern ganz banal während eines Heimatbesuchs an "Wassersucht". Auch er führt auf seinem Grabdenkmal das Wappen Schmidtmann, doch mit einer entscheidenden, auf seinen Lebensweg anspielenden Änderung im Vergleich zu dem seines Vaters, ein wachsender Mann mit einem Schwert in der erhobenen Rechten, die Linke eingestemmt, auf dem Helm das Schildbild wachsend. Die Tinkturen sind mangels Verzeichnung in den Standardwerken nicht bekannt. So wurde das Wappen auf eine besondere Weise an die militärische Laufbahn adaptiert, wobei der redende Charakter verloren ging, ganz zu schweigen von der auf der Strecke gebliebenen Wappeneindeutigkeit. Inwieweit bei dieser Wappenveränderung ein obrigkeitliches Mitwirken eventuell stattgefunden hat, läßt sich nicht feststellen.

Carl Ludwig Schmidtmann hatte noch weitere Geschwister, einerseits Balthasar Christian Schmidtmann (11.9.1660-), über den nichts Weiteres bekannt ist und der vermutlich jung gestorben ist, andererseits Amalia Charlotta Schmidtmann (19.7.1668-), geboren in Alsenz, vermählt 1695 in Meisenheim mit Pfarrer Dr. theol. Johann Ulrich / Huldreich Heyden. Der berühmteste Bruder aber war Johann Daniel Schmidtmann d. J. (1663-7.11.1728), geboren in Alsenz, studierte in Heidelberg, wurde reformierter Theologe, 1687-1690 Feldprediger im besagten Salis'schen Regiment, 1693 Prediger in Lambrecht bei Neustadt/ Haardt, 1694 in Mannheim (aufgrund der dortigen Kriegszerstörungen wohnhaft in Heidelberg), 1695 in Nürnberg, 1703 königlich-preußischer Hofprediger, 1714 Konsistorialrat in Berlin, gestorben in Berlin, vermählt am 23.10.1694 in Frankfurt am Main mit Rosina Katharina Gutwill. Dieser Johann Daniel Schmidtmann d. J. ist berühmt, weil er a) bei der Erstürmung von Heidelberg 1693 verhindert hatte, daß das berühmte Große Faß zerstört wird, und weil er b) den in der Heidelberger Heiliggeistkirche eingeschlossenen Bürgern gerade rechtzeitig zur Flucht verholfen hatte, ehe die Franzosen die Kirche anzündeten. An weiteren Geschwistern gab es noch Julius Schmidtmann, Kapitän in französischen Diensten, gefangen bei Höchstädt 1704 im Zuge des Spanischen Erbfolgekriegs, lebte später in Venlo, und Sara Schmidtmann, welche am 24.10.1665 Nikolaus Faber aus Birkenfeld heiratete. Die Familie Schmidtmann brachte noch mehr Pfarrer hervor, denn es gab in Bezug auf Pfarrer Johann Daniel Schmidtmann d. Ä. noch einen gleichnamigen Enkel und Urenkel, die beide ebenfalls Pfarrer wurden.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7052288,7.671852,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@49.7052213,7.671827,72m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Karl-Heinz Drescher und Günther Lenhoff: Die Schloßkirche zu Meisenheim, Rheinische Kunststätten, Heft 465, hrsg. vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln/Neuß, 1. Auflage 2002, ISBN 3-88094-882-8
1504-2004 Schloßkirche Meisenheim, bewegende Geschichte und lebendige Gegenwart eines einzigartigen Bauwerks, hrsg. von der Evangelischen Kirchengemeinde Meisenheim, Meisenheim 2003/2004, ISBN 3-00-011685-0, mit Beiträgen von Günter Anthes, Gustav Adolf Benrath, Otto Böcher, Hans Böker, Klaus Freckmann, Karen Groß, Martin Held, Günther Lenhoff, Karlheinz Nestle, Eberhard Nikitsch, Walter Rödel, Wolfgang Schmid, Werner Schnuchel und Rainer Voss.
Evangelische Johanniter-Kirchengemeinde:
https://nahe-glan.ekir.de/inhalt/johanniter-gemeinde-bva/
evangelische Schloßkirche auf der Webseite der Stadt:
http://www.stadt-meisenheim.de/historie/evangelische-schlosskirche/
Deutsche Inschriften Bd. 34, Bad Kreuznach, Nr. 604 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0060408 -
https://www.inschriften.net/landkreis-bad-kreuznach/inschrift/nr/di034-0604.html
Genealogie der Familie Schmidtmann:
https://www.geneal-forum.com/tng/familychart.php?familyID=F10561&tree=ce
Pfälzisches Pfarrerlexikon:
https://www.eberhard-ref.net/pfälzisches-pfarrerlexikon/pfarrerlexikon-alte-fassung/sa-se/
Verwendung der Innenaufnahmen mit
freundlicher Erlaubnis von Herrn Richard Held vom 16.1.2025, wofür ihm und dem Presbyterium der Johanniter-Gemeinde an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

die evangelische Schloßkirche in Meisenheim - ev. Schloßkirche: Amtmann Daniel von Merlau und seine Frau - ev. Schloßkirche: Margaretha von Schwarzenberg - ev. Schloßkirche: Johann Philipp Boos von Waldeck - ev. Schloßkirche: Anton Boos von Waldeck - ev. Schloßkirche: Simon III. Boos von Waldeck - ev. Schloßkirche: Sebastian Werner von Kellenbach und Waldburg Marschall von Waldeck - ev. Schloßkirche: die Kinder des Friedrich von Castiglion - ev. Schloßkirche: Catharina von Bernstein/Bärenstein - ev. Schloßkirche: Dorothea Ursula von Steinkallenfels und ihre Tochter, Juliana Magdalena von Kötteritz - ev. Schloßkirche: Grabkapelle (Gruftkapelle) der Pfalzgrafen

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