Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 3159
Meisenheim (Landkreis Bad Kreuznach)

Die ev. Schloßkirche in Meisenheim: Amtmann Daniel von Merlau und seine Frau

Am nördlichen Abschnitt der Westwand ist ein hölzernes Doppelepitaph angebracht, 1,10 m hoch und 1,14 m breit. Es ist prinzipiell als zweiteilige Tafel konzipiert; die Hauptzone besteht aus zwei mit einem rechteckigen, profilierten Rahmen umgebenen aufgemalten Wappen, davon eines mit Inschrift, das andere ohne. Beide Rahmen werden oben durch kannelierte Konsolen getrennt bzw. eingefaßt, die ein dachartig vorspringendes Gesims als Abschluß tragen. Unten schließt eine profilierte schmale Sockelzone mit aufgemalter Rollwerkornamentik das Epitaph ab. Die beiden Tafeln sind oben außerhalb des vergoldeten Rahmens namentlich zugeordnet mit "Daniel von Merlau" und "Dorothea von Frawenberg" sowie unten durch die Angaben "Amptma(n) zu Meisenheim" und "Anno Domini 1591" ergänzt. Obwohl dieses Epitaph mittlerweile 434 Jahre alt ist, ist sein Erhaltungszustand hervorragend, weil es bis 1892 in einer Kammer der Kirche aufbewahrt wurde, ehe es bei einer Umgestaltung des Innenraumes hier an zwei Haken aufgehängt wurde.

Nur bei der Ehefrau gibt es eine Inschrift innerhalb des Rahmens unterhalb des Wappens, mit folgendem Wortlaut: "DEN 5 MARTII ANNO 1591, IST GESTORBEN / DIE EDELE VNDT TVGENTSAME FRAW / DOROTHEA VON MERLAV, GEBOR(E)NE VON / FRAWENBERG, DIESER ZEIT AMPTMAN(N)S ZVE / MEISENHEI(M) EH(E)LICHE HAVSFRAV, DER(EN) SE(E)LE(N) GOT(T) GNAD(E)". Die entsprechende Zone beim Ehemann ist frei, was den Schluß zuläßt, daß dieses Doppelepitaph anläßlich des Todes der Ehefrau im Auftrag des Witwers angefertigt wurde, und die entsprechenden Daten sollten irgendwann, wenn es soweit war, nachgetragen werden. Das unterblieb offensichtlich, vermutlich, weil der Witwer an einen anderen Ort zog und woanders begraben wurde, oder weil die Nachkommen nichts mehr mit Meisenheim zu tun hatten und sich nicht um die Ergänzung der Inschrift kümmerten.

Das Wappen des Daniel von Merlau, Sohn des Ritters Heinrich von Merlau, zeigt in Rot einen goldenen, golden gekrönten Jungfrauenadler. Das Wappen zeigt ein Fabelwesen, eine sog. Harpyie. Sämtliche Extremitäten sind die eines Adlers, Beine, Schwanz, ausgebreitete Flügel. Der Rumpf ist eindeutig als weiblich zu erkennen, und das menschliche Haupt ist gekrönt. Auf dem Helm wird zu rot-goldenen Decken ein wachsender, goldener, golden gekrönter Jungfrauenadler geführt, der rechte Flügel golden, der linke rot (vgl. Rietstap, Siebmacher Band: ThüA Seite: 65 Tafel: 50, Hessisches Wappenbuch S. 99). Die Familie von Merlau, deren Geschichte sich bis in das 12. Jh. zurückverfolgen läßt, gehörte zum alten oberhessischen Adel und kam aus der Gegend von Grünberg. Namengebend war das ca. 7 km nordöstlich von Grünberg gelegene Merlau, heute ein Teilort der Gemeinde Mücke im Vogelsbergkreis. Die Herren von Merlau hatten dort Besitz und Rechte sowie Anteile an der Burg, ein hessisches Lehen. Von der abgegangenen Burg bzw. dem danach errichteten, Ende des 18. Jh. aufgegebenen und verfallenen und im 19. Jh. abgebrochenen landgräflichen Wasserschloß sind gerade mal ein paar Grundmauern in der Nähe eines Teichs erhalten. Das Wappen der Dorothea von Frauenberg (-5.3.1591) ist hier von Silber und Rot schräglinksgeteilt (üblicher ist jedoch die schrägrechte Teilung), auf dem Helm mit silbern-roten Decken eine rote, silbern gefütterte und mit silbernen Bändern belegte Bischofsmütze (vgl. Siebmacher Band: WüA Seite: 11 Tafel: 3, Alberti S. 196-197). Dorothea von Frauenberg stammte aus einer schwäbischen Familie, die ihren heute abgegangenen Stammsitz in der Nähe des heutigen Stuttgarter Stadtteils Feuerbach hatte. Der letzte Sitz der Familie war Thalheim bei Heilbronn.

 

Daniel von Merlau trat in den Dienst der Herzöge von Pfalz-Zweibrücken und wurde zunächst Amtmann in Lichtenberg (1566 erwähnt), dann Vogt des Amtes Falkenburg (1571 erwähnt) und zuletzt Amtmann in Meisenheim (ab 1580 bis mindestens 1591). Der gemeinsame Sohn aus der Ehe mit Dorothea von Frauenberg war Hans Carl von Merlau, der Rosina von Gemmingen-Hagenschieß heiratete, die Witwe des Ludwig von Gemmingen-Guttenberg. Daniel von Merlau bekam von diesen zwei Enkel, Georg Ludwig von Merlau und Luise Margaretha von Merlau. Diese Nachkommen hatten aber nichts mehr mit Meisenheim zu tun. Hans Carl von Merlau bot 1602 Landgraf Ludwig IV. von Hessen seine Güter im Amt Ulrichstein zum Kauf an und wandte sich nach Thalheim bei Heilbronn, wo er ein Freihaus sein eigen nannte und 1617 noch nachzuweisen ist. Die Stammgüter in Merlau blieben weiterhin in seinem Besitz. Im selben Jahr zog Sohn Hans Carl von Merlau nach Altwiesloch im Kraichgau um, möglicherweise kam er über die mütterliche Verwandtschaft an den Besitz, was auch für Thalheim gelten mag. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er in zweiter Ehe Anna Margaretha Speth von Höpfigheim. Der Enkel Georg Ludwig von Merlau ist vermutlich früh verstorben, weil nach 1632 die Familie von Gemmingen die Besitznachfolge auf den Kraichgauer Besitzungen und Johann Adolph von Merlau die Nachfolge auf den hessischen Lehen antrat. Wo Daniel von Merlau die Zeit nach 1591 verbrachte und wann er wo verstarb, ist nicht bekannt. Die von Merlau insgesamt sind 1748 mit dem schwedischen und hessen-kasselschen Generalmajor Johann Adolf von und zu Merlau erloschen.

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7052288,7.671852,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@49.7052213,7.671827,72m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Karl-Heinz Drescher und Günther Lenhoff: Die Schloßkirche zu Meisenheim, Rheinische Kunststätten, Heft 465, hrsg. vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln/Neuß, 1. Auflage 2002, ISBN 3-88094-882-8
1504-2004 Schloßkirche Meisenheim, bewegende Geschichte und lebendige Gegenwart eines einzigartigen Bauwerks, hrsg. von der Evangelischen Kirchengemeinde Meisenheim, Meisenheim 2003/2004, ISBN 3-00-011685-0, mit Beiträgen von Günter Anthes, Gustav Adolf Benrath, Otto Böcher, Hans Böker, Klaus Freckmann, Karen Groß, Martin Held, Günther Lenhoff, Karlheinz Nestle, Eberhard Nikitsch, Walter Rödel, Wolfgang Schmid, Werner Schnuchel und Rainer Voss.
Evangelische Johanniter-Kirchengemeinde:
https://nahe-glan.ekir.de/inhalt/johanniter-gemeinde-bva/
evangelische Schloßkirche auf der Webseite der Stadt:
http://www.stadt-meisenheim.de/historie/evangelische-schlosskirche/
Deutsche Inschriften Bd. DI 34, Bad Kreuznach, Nr. 380 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di034mz03k0038004 -
https://www.inschriften.net/landkreis-bad-kreuznach/inschrift/nr/di034-0380.html
Helmut Walther: Zur Besitzergeschichte des Schlosses Altwiesloch, Die Schlossherren Philipp Albrecht Fock von Wallstadt und Hans Carl von Merlau, 2009, Jahrbuch 21 des Heimatvereins Kraichgau, Herausgeber: Heimatverein Kraichgau e.V., Sinsheim, 2009, S. 103-108 -
https://regionalia.blb-karlsruhe.de/frontdoor/index/index/docId/17020 - https://regionalia.blb-karlsruhe.de/files/17020/BLB_Walther_Schloss_Altwiesloch.pdf
Burg Merlau auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Merlau
Schloß Merlau im Projekt Hessische Renaissance-Schlösser:
https://schloesser.gnm.de/wiki/Merlau,_ehem._Schloss
Burg Frauenberg auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Frauenberg_(Feuerbach)
Verwendung der Innenaufnahmen mit
freundlicher Erlaubnis von Herrn Richard Held vom 16.1.2025, wofür ihm und dem Presbyterium der Johanniter-Gemeinde an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

die evangelische Schloßkirche in Meisenheim - ev. Schloßkirche: Margaretha von Schwarzenberg - ev. Schloßkirche: Johann Philipp Boos von Waldeck - ev. Schloßkirche: Anton Boos von Waldeck - ev. Schloßkirche: Simon III. Boos von Waldeck - ev. Schloßkirche: Sebastian Werner von Kellenbach und Waldburg Marschall von Waldeck - ev. Schloßkirche: die Kinder des Friedrich von Castiglion - ev. Schloßkirche: Catharina von Bernstein/Bärenstein - ev. Schloßkirche: Johann Daniel und Carl Ludwig Schmidtmann - ev. Schloßkirche: Dorothea Ursula von Steinkallenfels und ihre Tochter, Juliana Magdalena von Kötteritz - ev. Schloßkirche: Grabkapelle (Gruftkapelle) der Pfalzgrafen

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