Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1734
Lauda (Main-Tauber-Kreis)

Die Marienkirche in Lauda

Außerhalb der früheren, jetzt größtenteils niedergelegten Stadtmauern von Lauda steht inmitten eines 1542 angelegten, heute aber noch genutzten alten Friedhofes die Marienkirche, auch unter dem Namen „Kirche unserer Lieben Frauen“ bekannt. Die kleine Kirche mit eingezogenem 5/8-Polygonalchor, nördlich angebauter Sakristei und achteckigem Dachreiter mit spitzem Helm ist im sog. Juliusstil gehalten, und sie wurde auf Betreiben des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (reg. 1573-1617) im Jahre 1613 erbaut. Für diesen Stil sind gotische Formen in nachgotischer Zeit typisch, mit Spitzbogenfenstern und reichlich Maßwerk. Es gab einen gotischen Vorgängerbau, der im 16. Jh. als Begräbnisstätte für fürstbischöfliche Beamte genutzt worden war. Die neue Kirche hat ein größeres, rechteckiges Langhaus von drei Achsen. Die alten Altäre wurden zuerst wiederverwendet und erst ab 1630 durch neue ersetzt.

Eine Bauinschrift auf der Nordseite lautet: "Di(e)s(er) orth beim Volck de(n) Eiffer bracht, Zuer Muetter Gottes gros(ser) Andacht, Der weg Zu mehr Devotion, Volgt auf rechter affection, Das(s) mit Rath hülff auf großer trew, Erbauet wurt die Kirch gar new, Bischoff Juli(us) der Löblich(e) Herr, und Johan Gotfridt vo(n) Bamberg, Darfür sie nur den Lohn bege(h)r(e)n, Das(s) Gott die Andacht wo(h)l vermehr(e) 1613".

Das eigentliche Schaustück der Kirche ist das Nordportal aus Muschelkalk. Dieses ist ein Werk des Bildhauers Michael Kern aus Forchtenberg, der auch die Kanzel im Würzburger Dom schuf. Das Portal wird flankiert von zwei freistehenden Säulen auf Sockeln mit Löwenmasken. Die horizontal nach außen gezogenen Ansätze des Portalrundbogens treffen die Säulen in deren Mitte. In den beiden Zwickeln sind geflügelte Engelsköpfe zu sehen. Das Gebälk mit zwei verkröpften Gesimsen trägt eine weitere Inschrift zwischen letzteren: "Anbethung Gottes und Verehrung Mariens der Mutter Jesus gewidmet".

Im rechteckigen Aufsatz sind die beiden Vollwappen von Julius Echter von Mespelbrunn und Johann Gottfried I. von Aschhausen nebeneinander zu sehen. Wie kommt es? Der eine war Fürstbischof in Würzburg, der andere in Bamberg, und Lauda war eindeutig Würzburger Territorium. Und doch waren beide gemeinsam Bauherren, denn Julius Echter von Mespelbrunn ist hier als Landesherr Bauherr, und Johann Gottfried I. von Aschhausen quasi als Privatmann, denn er wurde als Sohn des Oberamtmann Götz (Gottfried) von Aschhausen und dessen Frau Brigitta Zobel von Giebelstadt am 22.8.1575 in Lauda geboren (als sechstes Kind von insgesamt neun) und stellte Mittel zur Verschönerung seiner Heimatstadt zur Verfügung.

Das optisch linke, heraldisch rechte der beiden Vollwappen gehört zu dem Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn (reg. 1573-1617). Sein Wappen ist geviert, aber in einer seltenen Form, zum einen ohne das "Rennfähnlein" in Feld 4, das sonst in seinen Wappen immer auftaucht, zum anderen mit einer halben Spitze mehr als sonst üblich beim "Fränkischer Rechen":

Hinter dem Schild rechts Schwert und links Krummstab. Zum Wappen gehören drei Helme:

Das optisch rechte, heraldisch linke der beiden Vollwappen gehört zu dem Bamberger Fürstbischof Johann Gottfried I. von Aschhausen (reg. 1609-1622 in Bamberg, 1617-1622 in Würzburg). Er war Bischof von Bamberg, ehe er zusätzlich Bischof von Würzburg wurde. Aus dieser Zeit 1609-1617 stammt das Wappen an der Marienkirche. Der Schild ist geviert:

In der Mitte ruht auf dem Schild die Kaiserkrone Bambergs, daneben sind zwei Helme auf den Schildrand gestellt:

Hinter dem Schild stehen schrägrechts ein Vortragekreuz und schräglinks ein Krummstab.

Am Westportal befindet sich im profilierten, spitzbogigen Tor oben in der Mitte ein weiterer Wappenschild des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (reg. 1573-1617), diesmal mit dem Rennfähnlein in Feld 4. Der Bogen ist zwar gotisierend spitzbogig, doch die Profile sind bereits solche der Renaissance. Weitere Wappen befinden sich im Innern der Marienkirche, so ist ein weiteres Wappen von Julius Echter von Mespelbrunn auf einem Schlußstein im Gewölbe des Chores zu sehen, auch dieser mit Rennfähnlein, außerdem ein Wappen des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim am Chorscheitelbogen (Herzschild aber fehlerhaft angestrichen, ohne Abb.).

Literatur, Quellen und Links:
Siebmachers Wappenwerk, insbes. Band Bistümer
Lauda: http://www.badischewanderungen.de/Lauda.htm
Marienkirche:
http://www.se-lauda.de/dokuwiki/doku.php?id=kirchen:lauda:ii._die_marienkirche:start
Hermann Fischer, die katholischen Kirchen von Lauda, Schnell Kunstführer Nr. 1420, 1. Auflage 1984, Verlag Schnell & Steiner GmbH, München.
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.

Stadtpfarrkirche St. Jakobus - ehem. Amtshaus - Oberes Tor - Fränkisches Gehöft

Die Wappen der Fürstbischöfe von Würzburg - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
Die Wappen der Fürstbischöfe von Bamberg - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
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