Bernhard
Peter
Besondere
Motive: Das Rennfähnlein
Rennfähnlein
und fränkischer Rechen Symbole der Würzburger
Fürstbischöfe
Beide Symbole, Rennfähnlein
und fränkischer Rechen, sind untrennbar mit Franken und mit den
Würzburger Fürstbischöfen verbunden.
Name:
Viele verschiedene
Bezeichnungen hat das Rennfähnlein: Sturmfahne, Rennfahne,
Rennfähnlein, Standarte, Banner. Davon sind Rennfahne oder
Rennfähnlein die besten Begriffe, weil sie an das Zeremoniell
einer Belehnung der Bischöfe erinnert, bei dem eine
"Berennung" stattfand. Andererseits wurde die Fahne
auch im Feld dem Bischof als Landesherrn vorangetragen, so daß
die anderen Ausdrücke nicht ganz von der Hand zu weisen sind.
Farben:
Es ist zu betonen,
daß das Fähnlein von Rot und Silber geviert ist und nicht von
Silber und Rot. Bei einer schrägrechts gelegten Fahnenstange
entspricht das der inneren wie äußeren Logik. Wenn das
Fähnchen aber an schräglinks gelegter Stange weht, wie oft
vorkommend, verläuft die innere Logik konträr zur äußeren,
denn bei einer Fahne beginnt man an der Fahnenstange, Feld 1
einer gevierten Fahne ist immer oben an der Stange, egal, wie
herum sie weht. Das mag auch manchem zeitgenössischen Handwerker
als Haarspalterei erschienen sein, denn wir finden auch
historische Beispiele, wo es genau andersherum ist. Wenn sich nun
bei historischen Beispielen auch die inverse Farbanordnung
findet, worauf gründet sich dann unser Wissen, daß das
Fähnlein von Rot und Silber und nicht von Silber und Rot geviert
ist? Die älteste Beschreibung findet sich in einem Werk des
Dichters Johannes von Würzburg, der in seinem Versepos
"Wilhelm von Österreich" im Jahre 1314 das
Rennfähnlein beschreibt. ".... rot und wiz mit stucken
vier..." - und er als Würzburger mußte es wissen. Ferner
können wir die Züricher Wappenrolle von ca. 1330/40 als Beleg
anführen, wo das Rennfähnlein als Bannermotiv auftaucht, das
Banner ist gespalten, vorne geteilt von Rot und Silber, hinten
fünfmal geteilt von Silber und Rot. Auch wenn die Zahl der
Felder variiert, die Farbverteilung entspricht. Ein weiterer
Hinweis ist der Vergleich mit dem farblich zwar anders
tingierten, aber vom Rennfähnlein abgeleiteten Würzburger
Stadtwappen: Die einzige farbliche Übereinstimmung stellen die
roten Plätze dar.
Form:
Das Rennfähnlein
hatte im Laufe seiner Geschichte durchaus auch vom heutigen Bild
abweichende Formen. Die allerälteste Abbildung einer Fahne im
Zusammenhang mit einem Würzburger Bischof findet sich auf
Münzen des Bischofs Reginhard (1172-1186), ein Brustbild des
Bischofs mit Fahne und Palmzweig in einem Gebäude. Und bis ca.
1254 finden sich regelmäßig solche Kombinationen von
Bischofsdarstellungen mit einer Fahnendarstellung auf Münzen,
dann auch bei Bischof Gottfried von Hohenlohe (1314-1322). Noch
hat diese Fahne aber nicht die typische spätere Form, und es ist
nicht geklärt, ob die ihr beigemessene Bedeutung und Symbolik
der des späteren Rennfähnleins entspricht. Erst unter Gerhard
von Schwarzburg (1372-1400) begegnet uns auf bischöflichen
Prägungen wieder ein Fähnchen, und diesmal ähnelt es schon der
heutigen Form. Und - das ist neu - ab dem Ende des 14. Jh. wird
die Fahne als eigenständiges heraldisches Zeichen mit neuer
funktionaler Bedeutung benutzt, nicht nur als Attribut einer
Bischofsfigur, was für eine neue, eigene, wichtige Symbolik
spricht, als deren Träger die Fahne ab diesem Zeitpunkt
wahrgenommen wurde. Bis zum Anfang des 16. Jh. war die Anzahl der
Einkerbungen mit der Zahl vier höher als jetzt, von ein paar
Ausnahmen (fünf, drei, gar keine) abgesehen. Dann jedoch
etablierte sich die Form mit je zwei
Einkerbungen an den beiden senkrechten Seiten als verbindlich.
Das
Rennfähnlein in Würzburger Bischofswappen
Frühester Beleg
eines Rennfähnleins ist das Grabmal von Bischof Wolfram von
Grumbach (1322-1333). Und damit beginnt eine Serie von
Darstellungen, jeder Bischof trägt dieses Symbol auf seinem
Grabmal, mit Ausnahme von Albrecht II von Hohenberg (1345-1349),
dessen Grabmal gar kleine Wappen aufweist, und von Gerhard von
Schwarzburg, dessen Grabmal nur familiäre Heraldik zeigt, keine
Amtsheraldik. Das Rennfähnlein etabliert sich etwa gleichzeitig
mit dem Fränkischen Rechen als Amtsheraldik der Würzburger
Bischöfe. Auf Grabmälern und Siegeln taucht das Rennfähnlein
ein paar Jahrzehnte früher auf als auf Würzburger Münzen.
Bedeutung
Das Fähnlein ist dem
Fürstbistum Würzburg zuzuordnen und steht für das Hochstift
Würzburg. Es handelt sich wohl um eine Lehensfahne, wie sie
typischerweise der Kaiser anläßlich der Belehnung mit einem
Reichsterritorium an den Belehnten übergab, entspricht also dem
Hochstift, stellt quasi das Landeswappen des Fürstbistums dar,
denn der Würzburger Bischof wurde mit dem Hochstift belehnt,
nicht mit der Bischofswürde. Und das entspricht genau der
Bedeutung, die das Fähnlein ab dem Ende des 14. Jh. neu erfuhr,
als es als Wappenbild der Fürstbischöfe, und nicht nur als
schmückendes Beiwerk, Verwendung fand. Diese Erklärung wird
gestützt durch einen Bericht über die Belehnung von Bischof
Konrad III von Thüngen durch Kaiser Karl V. Weitere
Überlegungen, die im Umkehrschluß auch diese Zuordnung
stützen, finden sich im Kapitel über den Fränkischen Rechen.
Das
Rennfähnlein in Wappen der kommunalen Heraldik
1804 findet das Rennfähnlein
Eingang in das bayerische Staatswappen, sogar an prominenter
Stelle, verschwindet aber später wieder aus diesem und fehlt
auch heute gänzlich.
Behauptet hat sich das Rennfähnlein im Wappen für den Bezirk Unterfranken: Unter rotem Schildhaupt, darin drei silberne Spitzen, gespalten von Blau und Rot; vorne eine schräggelegte, von Silber und Rot gevierte und zweimal gekerbte Standarte an goldener Lanze, hinten ein sechsspeichiges silbernes Rad. Das Rennfähnlein ist hier zwar der Form nach enthalten, nicht aber den Farben nach, denn Rot und Silber sind genau andersherum verteilt.
Und natürlich lebt die Idee des Rennfähnleins im Stadtwappen von Würzburg fort, aber mit anderen Farben: Würzburg, Stadt: In Schwarz eine schräggestellte und an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte rot-golden gevierte Standarte mit silbernem Schaft. Die Fahne als Symbol für die Stadt wird ca. ab dem 16. Jh. verwendet, und anfangs schwankte die Tingierung noch (1532 in schwarzem Feld eine von rot und Silber tingierte Fahne), bis sich ab ca. 1550 die oben gegebene Tingierung durchsetzte.
Und es gibt einige Kommunalwappen, die ihre Symbolik an das Rennfähnlein anlehnen:
Literatur:
Eugen Schöler,
Fränkische Wappen erzählen Geschichte und Geschichten. Verlag
Degener 1992.
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger
Fürstbischöfe. Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde
Mainfränkischer Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger
Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Herrn Peter Kolb ein herzliches Dankeschön für wertvolle
Hinweise.
Zurück zur Seite: Besondere
Motive
Zurück zu Heraldik-Regeln
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2009
Impressum