Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 3150
Saarbrücken
Die ev. Stiftskirche St. Arnual - Franz Friedrich von Liebenstein
Die Stiftskirche St. Arnual beinhaltet nicht nur Epitaphien der jeweils regierenden Grafen von Nassau-Saarbrücken und ihrer Angehörigen, sondern auch von wichtigen Hofbeamten. Eines davon ist an der Nordseite des Mittelschiffes aufgestellt, am dritten Pfeiler von Westen gezählt. Um Platz für dieses Epitaph zu schaffen, wurden die die Wand hinablaufenden Dienste des Gurtbogens schräg gekappt. Es ist für Franz Friedrich von Liebenstein (ca. 1540-31.7.1596), erst nassauischer Hofmeister zu Saarbrücken, dann ab 1570 Oberamtmann zu Saarbrücken. Er war quasi oberster Befehlshaber der Stadt und der Burg Saarbrücken. Hier wird an ihn mit einem prächtigen Renaissance-Epitaph erinnert, in dessen Zentralfeld er in ritterlicher Rüstung dargestellt ist. Der nach unten spitz geformte Harnisch ist äußerst reich mit arabesken Motiven verziert, ebenso sind es die Schulterkacheln. Die Abdeckung der Oberschenkel ist vielgliedrig und besteht aus 11 Lamellen auf jeder Seite. In der Rechten hält der Verstorbene einen Stab; die Linke liegt am Schwert, das an einem Wehrgehenk aus breiten Bändern mit Gold-Applikationen hängt. Die den Betrachter frontal anblickende Ritterfigur trägt eine blaue Schärpe über der Brust und darüber eine doppelte goldene Kette. Als einziges textiles Kleidungsstück ist eine sorgfältig in Falten gelegte radförmige Halskrause zu sehen. Der offene Helm mit buntem Federschmuck ist auf einer kleinen Konsole in Kniehöhe auf der rechten Seite des Ritters abgestellt. Auf der anderen Seite, in der optisch rechten unteren Ecke, ist der übliche Löwe liegend hinter den Füßen und Unterschenkeln positioniert. Das Bogenfeld hinter der Ritterfigur ist flach und schmucklos, aber die beiden oberen Zwickel sind mit Blattornamenten ausgefüllt. Durch die flächige Leere der Bogenfläche wird der Reichtum der Ornamente auf der Rüstung um so mehr hervorgehoben.
Es gibt zwei Inschriften, eine nur eingehauene Schrift im Sockelbereich in deutscher Sprache und eine in vergoldeten Lettern ausgeführte in lateinischer Sprache im Aufsatzbereich, flankiert von zwei geflügelten Engelsköpfen, die schräg nach oben schauen. Diese obere Inschrift lautet: "HIC FRANTZ FRIDRICVS MORIENS SVA MEMBRA RELIQVIT / EX LIEWENSTEIN QVI STEMMATE NATVS ERAT / ARCIS SA(A)RPRÜCKEN SVMMVS PRAEFECTVS ET VRBIS / IVSTITIA EXCELLENS ET PIETATE GRAVIS / COEPVS HABET TELLVS ANIMAM MANVS OMNIPOTENTIS / EXTREMO RVRSVM CONSOCIANDA DIE // OBIIT IN OSTERSPEY 31 IVLY SEPVLTV / VERO 14 AVGVSTI ANNO 1596". Im wesentlichen sind beide Inschriften sachlich inhaltsgleich. Zwei weitere, etwas kleinere Engelsköpfe sind auf den Wandvorlagen zu beiden Seiten zwischen den Löwenmasken und der Wappenreihe der Ahnenprobe positioniert.
Als oberste Zone wird das Vollwappen der Familie von Liebenstein dargestellt, mit zwei Engeln als Schildhaltern. Der Schild ist golden mit zwei rot-silbern in zwei Reihen geschachten Sparren; auf dem ungekrönten Helm mit rot-goldenen Decken wird eine sitzende silberne Bracke mit rotem Halsband zwischen einem goldenen Flug geführt, jeder Flügel belegt mit den zwei rot-silbern in zwei Reihen geschachten Sparren. Dieses Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: NaA Seite: 29 Tafel: 45, bei Gruber und bei Zobel. Eine weitere Abbildung findet sich im Pfälzischen Vasallenbuch von 1454. Die ganze Kunstfertigkeit des Bildhauers wurde hier auf die Gestaltung des am Hals reich ornamentierten Helmes und der fein gearbeiteten Helmbügel gelegt.
Die Schreibweise der Familie variiert, heute wird sie weitgehend als "Liebenstein" geführt, auf dem Epitaph steht "Liewenstein", weitere Schreibweisen sind Lebenstein, Lewenstein oder Levenstein. Die Besitzungen der Familie lagen eigentlich woanders, hauptsächlich in der Grafschaft Katzenelnbogen, aber durch die Beamtentätigkeit im Dienste der Grafen von Nassau-Saarbrücken kaufte sich die Familie auch in der Saarbrücker Gegend an. Er besaß zeitweise den Kirschhof bei Heusweiler. Außerdem kaufte er 1582 von Hans Nikolaus von Alben eine verfallene Erbbestandsmühle zu Wehrden. Weiterhin gehörten ihm Anteile am Dorf Güdingen. Er wohnte 1591 in einem Haus in der Hohlgasse zu Saarbrücken, das er zu Lehen hatte. Er starb zu Osterspai und wurde am 14.8.1596 in St. Arnual begraben.
Die Familie besaß Güter in Waldmannshausen, in der Grafschaft Katzenelnbogen, auf dem Einrich, in Raudeck, in Münsterappeln, in Appweiler, in Schernheim und in Waldenbruck im Ravensbergischen. Vor allem hatte die Familie zeitweise mit den Burgen Sterrenberg und Liebenstein bei Kamp-Bornhofen im Mittelrheintal zu tun, den sogenannten feindlichen Brüdern. Die eng benachbarten Burgen haben eine unterschiedliche Geschichte: Sterrenberg war vielleicht eine Reichsburg, dann ein Reichslehen, dann ein Reichspfand, erst in den Händen der Herren von Bolanden, dann wechselnder Besitzer, u. a. Kurtrier. Liebenstein war ein Bau der Herren von Bolanden. Ehemalige Burgmannen von Sterrenberg, die beiden Ritter Siegfried Schenk von Sterrenberg und Ludwig von Sterrenberg, erwarben 1294 bzw. 1295 pfandweise Burg Liebenstein von Heinrich I. von Sponheim-Bolanden, zogen in die Nachbarburg um und nannten sich fortan "von Liebenstein" bzw. "Schenk von Liebenstein". 1340 waren die Herren von Liebenstein und Schenk von Liebenstein gemeinsam mit der Ganerbenburg Liebenstein belehnt. Kurtrier konnte sich diese Burg im Gegensatz zu Sterrenberg nie einverleiben. 1423 starben die Schenk von Liebenstein aus, und die Herren von Liebenstein übernahmen die ganze Burg als Lehen der Grafen von Nassau-Saarbrücken. Zeitweise war sogar Franz von Liebenstein, dem Burg Liebenstein gehörte, kurtrierischer Amtmann auf der bischöflichen Burg Sterrenberg nebenan. Zu Lebzeiten seines hier relevanten Neffen, des Franz Friedrich von Liebenstein, war Burg Liebenstein bereits zur Unbewohnbarkeit verfallen. Die von Liebenstein besaßen sie bis zum Erlöschen der Familie im Jahr 1637 als nassauisches Lehen. Weitere Lehen der Familie waren die Dörfer Stephanshausen bei Rüdesheim und Osterspai, jeweils zur Hälfte. Die Burg Osterspai war ein sponheimisches Lehen. Auch in Kestert bei St. Goarshausen war die Familie ansässig. Und dem Verstorbenen gehörte noch ein Viertel der Herrschaft Freisdorf (Freistroff) in Lothringen.
Die beiderseits in zwei Spalten zu je vier Wappen angebrachte Ahnenprobe besteht aus Vollwappen, von denen jedes einzelne durch ein kleines Schriftband oberhalb zugeordnet ist. Nach gängiger Durchzählung der Vorfahren sehen wir heraldisch rechts die Positionen (1), (3), (5) und (7) und gegenüber, heraldisch links, die Positionen (2), (4), (6) und (8). Alle Wappen sind korrekt und an der logisch richtigen Stelle positioniert. In der obersten Position sehen wir heraldisch rechts erneut das (1) Wappen der von Liebenstein ("LIEWENSTEIN"), in Gold zwei rot-silbern geschachte Sparren, auf dem ungekrönten Helm mit rot-goldenen Decken eine sitzende silberne Bracke mit rotem Halsband zwischen einem beiderseits wie der Schild bezeichneten Flug.
Gegenüber sehen wir das (2) Wappen der von Helmstatt ("HELMSTAT"), in Silber ein flugbereiter (auffliegender) schwarzer Rabe, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein schwarzes rechtes und ein silbernes linkes Büffelhorn (Otto Hupp, Münchener Kalender 1918, Siebmacher Band: Bad Seite: 9 Tafel: 7, Band: Bay Seite: 12 Tafel: 6, Band: Lot Seite: 27 Tafel: 19, Scheiblersches Wappenbuch Folio 119).
Das ist die Wappenkombination für die Eltern: (1) Franz Friedrich von Liebenstein (ca. 1540-31.7.1596) war der Sohn von (1) Philipp von Liebenstein d. J. (-1550) und (2) Katharina von Helmstatt.
In der zweiten Reihe kommt heraldisch rechts zunächst das (3) Wappen der von Warsberg ("(WA)RSBVRGH", falsch ergänzt), in Schwarz ein silberner, golden gekrönter, rotbewehrter und -gezungter Löwe, hier aus Courtoisie linksgewendet, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner, golden gekrönter Löwe wachsend zwischen einem schwarzen Flug (Siebmacher Band: Bad Seite 26 Tafel 17; Lot Seite 43 Tafel 29, Gruber; bei Gruber der Löwe zwischen einem silbernen und einem schwarzen Flügel, im Siebmacher Bad und Lot zwischen einem ganz schwarzen Flug, so auch hier).
Gegenüber sehen wir das (4) Wappen der von Ingelheim ("INGELHEIM"), in Schwarz ein rot-golden in zwei Reihen geschachtes durchgehendes Kreuz, auf dem ungekrönten Helm mit eigentlich rot-goldenen, hier rot-schwarz-golden-gemischten (was eigentlich unmöglich ist) Decken ein schwarzer Flug, beiderseits belegt mit einem rot-goldenen, in zwei Reihen geschachten durchgehenden Kreuz (Aschaffenburger Wappenbuch, Tafel 21 Seite 74, 77, 78, 88, 191, Otto Hupp, Münchener Kalender 1934, Siebmacher Band: Bad Seite: 21 Tafel: 14, Band: Pr Seite: 186 Tafel: 235, Band: Na Seite: 3 Tafel: 2, Gruber, Zobel Tafel 161-162, Rahrbach S. 136-138, Schöler S. 61, T. 13 u. v. a. m.)
Diese beiden sind die neu für die Großeltern-Generation hinzukommenden Wappen, denn die Großeltern väterlicherseits waren (1) Philipp von Liebenstein d. Ä., Amtmann zu Kyrburg, und (3) Lucie von Warsberg, und die Großeltern mütterlicherseits waren (2) Johann II. von Helmstatt (-9.2.1546) und (4) Elisabeth von Ingelheim (-1562).
Anmerkung zu (3) Lucie von Warsberg: Der Name "Warsberg" = "WARSBVRG" ist im Original in der vorderen Hälfte verloren gegangen zu "....RSBVRG" und wurde bei einer Restaurierung ganz falsch zu "EBERSBVRG" mit Farbe ergänzt, wo das Relief verloren war. Das ist sowohl genealogisch als auch heraldisch unsinnig, es gibt keine von Ebersburg oder von Ebersberg mit diesem Löwenwappen, das Wappen kann aufgrund der Tinkturen und des Kleinods als das warsbergische identifiziert werden, und die ganze Ahnenprobe ergibt nur dann einen Sinn, wenn hier Warsberg positioniert ist. Bei einer ansonsten so schönen Ahnenprobe in beeindruckender Qualität sollte die irreführende Restaurierung dringend richtiggestellt werden.
Der Stammsitz der von Warsberg ist eine Burg bei Varsberg im lothringischen Arrondissement Forbach-Boulay-Moselle. Das war anfangs ein Lehen des Bischofs von Metz, das die Grafen von Saarbrücken innehatten, dann kam es unter die Oberhoheit der Herzöge von Lothringen. Es gab mehrere Burgen, die alle zerstört wurden. Der Stammvater der Familie war Peter von Warsberg, Sohn des Johann von Rollingen, genannt von Warsberg. Im Laufe der Zeit erwarben die späteren Freiherren von Warsberg zahlreiche Güter in Luxemburg und Lothringen, bei Trier, Saarburg und Wincheringen. Glückliche, lukrative Heirateten vergrößerten den Grundbesitz der Familie. Heute lebt noch ein Zweig der Familie auf einer der drei Neckarsteinacher Burgen.
Anmerkung zu (3) Lucie von Warsberg: Lucie von Warsberg war zweimal verheiratet, in erster Ehe mit dem hier in der Abstammung benötigten Philipp von Liebenstein d. Ä., und als Witwe heiratete sie noch einmal, diesmal Johann von Elter / Jean d'Autel, Herr zu Lare/Lahr und Bertringen/Birtringen. Diese zweite Ehe ist relevant für eine Ahnenprobe am Epitaph für den 1574 verstorbenen Heinrich von Metzenhausen, Herr zu Linster, in der Kirche von Junglinster, Luxemburg, und dort kommt diese zweite Ehe in der Ahnenprobe vor, während hier die erste Ehe relevant ist.
Anmerkung zu (2) Johann II. von Helmstatt: Johann II. von Helmstatt (-9.2.1546) war Amtmann zu Bischofshomburg. Er wohnte in Dürrkastel und erweiterte den dortigen Herrensitz. Zu seinem Besitz zählten ferner seit 1512 Rechte im Ort Bischdorff und seit 1519 Zehntrechte in verschiedenen Dörfern an der Saar. Seit 1525 besaß er Anteile an der Saline von Dieuze. Er heiratete Elisabeth von Ingelheim im Jahr 1510. Das Paar hatte insgesamt 19 Kinder. Dieser Familienzweig florierte noch zwei Generationen lang, dann ging es wirtschaftlich bergab, und der Besitz wurde 1592 von der Bischofsheimer Linie der von Helmstatt gegen Übernahme der Schulden übernommen und schließlich 1599 verkauft.
Anmerkung zu (1) Philipp von Liebenstein d. J. und (2) Katharina von Helmstatt: Die Heirat zwischen Philipp von Liebenstein d. J. und Katharina von Helmstatt wurde von Johann Wild- und Rheingraf, Graf zu Salm, als Vermittler eingefädelt. Johanns Tochter Katharina von Helmstatt, Ehefrau des Philipp d. J. von Liebenstein, verzichtete zusammen mit ihrem Ehemann notariell auf das väterliche Erbe, nachdem sie als Aussteuer 1000 fl. von ihren Eltern erhalten hatte. Sie sollte weitere 500 fl. erhalten, falls ihr Vater den kinderlosen Ritter Philipp Jakob von Helmstatt beerben sollte. Nur für den Fall, daß all ihre Brüder kinderlos sterben, sollte sie wieder als Erbin (als "unverzichtete Tochter") im Rennen sein. Sie bekam bei der Hochzeit ein Widdum von 100 fl., versichert mit Gütern des Bräutigams zu "Freischdorf" (heute: Freistroff), außerdem eine Morgengabe von 200 fl.
Anmerkung zu (2) Katharina von Helmstatt: Es gab noch eine zweite Querverbindung zwischen den Familien Helmstatt und Warsberg, denn eine Schwester der Katharina von Helmstatt war Margaretha von Helmstatt, welche 1533 Johann von Warsberg (-1604) heiratete, einen Sohn von Johann von Warsberg und Metze von Rheineck. Letztere war eine Tochter von Jacob II. Burggraf von Rheineck, und über sie kamen die von Warsberg an die Burg Rheineck bei Bad Breisig. Auch Margaretha bekam 1000 fl. als Aussteuer von ihren Eltern, und auch sie verzichtete im Gegenzug auf ihr elterliches Erbteil. Philipp d. J. von Liebenstein, Schwiegersohn von Johann von Helmstatt, wurde dadurch Schwager des Johann von Warsberg, mit dem er seinerseits über seine Vorfahren verwandt war.
Nun gehen wir zur dritten Reihe: Zunächst kommt heraldisch rechts das (5) Wappen der Waldbott von Ulmen ("WALDBODT"), achtfach rot-silbern geständert, auf dem ungekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein silberner, rotbewehrter Schwan zwischen zwei beiderseits wie der Schild achtfach rot-silbern geständerten Flügeln.
Gegenüber sehen wir das (6) Wappen der von Pallandt ("PALLANDT"), von Gold und Schwarz fünfmal geteilt, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken ein eigentlich von Schwarz und Gold fünfmal geteiltes Schildchen oben angestemmt zwischen einem eigentlich schwarzen Flug, hier die komplette Helmzier falsch golden (Westfälisches Wappenbuch, Siebmacher Band: Lot Seite: 36 Tafel: 24).
In der vierten und letzten Reihe sehen wir heraldisch rechts das (7) Wappen der von Hollenfels ("HOLENFELS"), in Rot eine rautenförmige silberne Gürtelschnalle (Rink) hier mit dem Dorn nach oben, auf dem ungekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein roter Flug, beiderseits mit der silbernen, rautenförmigen Gürtelschnalle belegt. Die de Hollenfels oder auch de Hollenfeltz: sind eine der ältesten Familien der Luxemburger Ritterschaft, mit der Stammburg Hollenfels im Osten der Ortschaft Helperknapp, Kanton Mersch, am Hang zum Eischtal. Es gibt mehrere Varianten des Wappens, die Gürtelschnalle geschmückt mit 6 Perlen oder roten Scheiben etc. Der Dorn kann nach rechts oder nach links zeigen, ganz selten wie hier nach oben. Französischer Blason: de gueules au fermail d'argent.
Gegenüber sehen wir das (8) Wappen der von Handschuhsheim ("HENSCHVCHEIM"), in Blau ein silberner, schräggestellter Handschuh, auf dem ungekrönten Helm mit blau-silbernen Decken eine schwarze Bracke sitzend zwischen einem silbernen Flug (Berliner Wappenbuch, Scheiblersches Wappenbuch Folio 231, Alberti S. 270, Aschaffenburger Wappenbuch Tafel 32 Seite 117, Zobel Tafel 130). Die Familie hat ihren Stammsitz in der Tiefburg Handschuhsheim bei Heidelberg.
Mittlerweile sind wir in der Ahnenprobe auf der Ebene der Urgroßeltern angekommen, auf der insgesamt vier neue Wappen hinzukommen. Die vier Urgroßeltern väterlicherseits waren (1) Johann von Liebenstein (-1506) und (5) Schönetta Waldbott von Ulmen sowie (3) Johann von Warsberg und (7) Catharina / Katharina von Hollenfels. Die vier Urgroßeltern mütterlicherseits waren (2) Hans / Johann I. von Helmstatt (-1500) und (6) Gertrud von Pallandt sowie (4) Hans / Johann II. von Ingelheim (-21.2.1517) und (8) Margaretha von Handschuhsheim (-29.8.1515).
Anmerkung zu (1) Johann von Liebenstein (-1506) und (5) Schönetta Waldbott von Ulmen: Die Ehe zwischen Johann von Liebenstein und Schönetta Waldbott von Ulmen führt uns in die Geschichte der Waldboten von Waldmannshausen, von Ulmen und von Bassenheim und zur Rolle des Walpodenamtes. Der Name Waldbott kommt daher, daß die Familie ab 1267 das Walpodenamt der Grafen von Diez innehatten. Ihr Stammhaus ist die Burg Waldmannshausen bei Hadamar, also die alte Burg, von der nur noch wenige Mauerreste vor sich hin verfallen, nicht die neue Burg, die heute ein Landschulheim ist. Sie hießen zuerst "Walpod", was sich später in "Waldbott" änderte. Der Name kommt also nicht von "Wald", sondern von "Gewalt", "walten" - denn ein Walpode bezeichnet im Rheinland einen Bevollmächtigten, einen Gewaltboten, jemanden mit Herrschafts- und Vollzugsbefugnis. Aus der Amtsbezeichnung hat sich dann der Familienname entwickelt, ergänzt durch den Sitz. Von diesen Walpoden von Waldmannshausen zweigten die anderen Walpoden-Linien ab. Später nannten sich die einzelnen Zweige nach ihren neuen Häusern, und die Bedeutung des Stammzweiges zu Waldmannshausen wurde durch den Aufstieg anderer Zweige überflügelt. Angefangen hat die Familie als Walpoden von Waldmannshausen, bedeutend wurden die Walpoden von Bassenheim; Bassenheim bekamen die Walpoden vor 1300.
Die weitverzweigte Familie der Walpoden nannte sich nach ihren jeweiligen Sitzen: So gibt es neben den Waldbott von Bassenheim auch die die Walpoden Herren zu Waldmannshausen (älteste Linie auf der Stammburg), die Walpoden von Andernach (1337, offensichtlich identisch mit den Walpoden von Bassenheim), die Walpoden von Ulmen (1321-1472, anscheinend die älteste Abzweigung der Walpoden von Waldmannshausen und eigentlich die begütertere Hauptlinie, sogar zeitweise der Hauptstamm) und die Waltpot von Pfaffendorf (1370-1621). Urkundlich sind ferner die Walpoden von Koblenz 1294, die Walpoden von Braubach 1300, die Walpoden von Münstermaifeld 1305, die Walpoden von Lahnstein 1305, die Walpoden von Polch 1337, die Walpoden von Vallendar 1344 und die Walpoden von Girsenach 1381. Die Linie, die zur wichtigsten und erfolgreichsten werden sollte, stieg erst in späteren Jahrhunderten zu ihrem Zenit auf: die Waldbott von Bassenheim, die sich ebenso von den Walpoden von Waldmannshausen ableiten und den Namen ihres neuen Stammsitzes bei Koblenz annahmen.
Wir benötigen also hier das Wappen der Waldbott von Ulmen. Diese führten eine Vielzahl von individuellen Kleinoden, z. B. 1352 einen weiblichen Rumpf, 1391 einen Jünglingsrumpf, 1404 einen Kahlkopf, 1436 und 1445 eine Bracke, 1348 einen bärtigen Mannesrumpf in mehrfach rot-silbern gespaltenem Kleid und rotem Hut. Das Kleinod der Waldbott von Bassenheim ist im Gegensatz dazu dasjenige mit dem Schwan, dessen Flügeln mit zwei Miniatur-Schilden belegt ist. Hier wird eine Helmzier dargestellt, die jenem der Waldbott von Bassenheim sehr nahe kommt, das war die zur Zeit der Herstellung dieses Epitaphs maßgebliche Linie, ist aber wahrscheinlich nicht die korrekte des Godart Waldbott von Ulmen und seiner beiden Töchter.
Mit dem Aussterben der Walpoden zu Waldmannshausen ging die Waldbotei oder Walpodei an die Walpoden von Ulmen über, an den Ritter Friedrich Walpod von Ulmen. Als wiederum die Walpoden von Ulmen im 15. Jh. im Mannesstamm ausstarben, ging die Erbwalpodei zu Waldmannshausen an die von Liebenstein und an die Weyer von Nickenich über. Denn Godart Waldbott von Ulmen (1428-1472) hatte zwei Erbtöchter. Die eine, Schönetta, heiratete Johann von Liebenstein, den Urgroßvater des Saarbrücker Hofmeisters und Oberamtmanns. Die andere, Elisabeth, heiratete Hermann Weyer von Nickenich. So kamen beide Familien gemeinsam an das Erbe der Waldbotten. Johann von Liebenstein belehnte seinerseits 1477 Thebes von Waldmannshausen (-1526) mit dem Hof in Waldmannshausen, der 1486 die neue Burg in Waldmannshausen erbaute, aber genealogisch und heraldisch nichts mit der Familie der Walpoden zu tun hatte. Und es ging auch nur der Hof über, nicht das Walpoden-Amt. Zeitweise ging der Walpodenhof an diese Familie über, muß aber noch im späten 15. Jh. von den von Liebenstein zurückerworben worden sein. Johanns Sohn Franz von Liebenstein, seit 1492 kurtrierischer Amtmann auf Burg Sterrenberg, wurde 1506 nach dem Tod seines Vaters mit der Waldbotei belehnt. Er kaufte 1498 einen Hof in Kamp (heute Kamp-Bornhofen). Nach Franzens Tod fiel das Erbe an seinen Bruder, Philipp d. Ä. von Liebenstein. Nach einer Quelle kaufte dieser 1521 die zweite Hälfte der Waldbotei hinzu von Hermann Weyer von Nickenich, gleichnamiger Sohn des oben genannten Hermann. Nach einer anderen Quelle war es erst Philipp d. J. von Liebenstein, der die zweite Hälfte von Hermanns Tochter und ihrem Ehemann Johann von Schönberg kaufte. Wer auch immer es wann war, im Ergebnis waren jetzt die von Liebenstein alleinige Inhaber des Waldboten-Erbes. Die alte Burg in Waldmannshausen gehörte nicht mehr dazu, die war 1500 von den Weyer von Nickenich an die von Reiffenberg verkauft worden. Nach Philipp d. J. von Liebenstein wurde dessen Sohn Inhaber der Waldbotei, genau dieser Franz Friedrich von Liebenstein von diesem Epitaph. Er wird 1567 als Eigentümer des Waldbotenhofs zu Waldmannshausen genannt, klagte 1586 noch gegen die Brüder Wilhelm und Philipp von Waldmannshausen wegen einer Korngülte, verkaufte diesen Hof aber Ende des 16. Jh. an die von Waldmannshausen (keine Walpoden, andere Familie!), die ihn bis zu ihrem Aussterben 1656 besaßen. Die von Liebenstein besaßen danach nur noch das Walpoden-Amt, die Walpoden-Rechte in der Grafschaft Diez.
Anmerkung zu (2) Hans / Johann I. von Helmstatt: Hans / Johann I. von Helmstatt (-1500) war der Sohn von Jakob von Helmstatt und Adelheid von Flersheim. Er hatte als Lehen die Teufelsburg bei Wallerfangen und einen Teil der Herrschaft Hingsingen sowie einen Teil des Schlosses und der Stadt Sarralbe.
Anmerkung zu (6) Gertrud von Pallandt: Gertrud von Pallandt war die Tochter von Bernhard von Pallandt (-1480) und Anna von Felsberg. Ihre Großeltern waren Daem I. von Pallandt (-1440) und Maria von Bourscheid (-1463) sowie Johann von Felsberg und Anna Hund von Saulheim.
Anmerkung zu (4) Hans / Johann II. von Ingelheim und (8) Margaretha von Handschuhsheim: Für Hans / Johann II. von Ingelheim (-21.2.1517), Hofmeister der Söhne Kurfürst Philipps des Aufrichtigen, und seine Frau Margaretha von Handschuhsheim (-29.8.1515) existieren zwei Grabplatten mit Inschriften und ein Doppelepitaph in der katholischen Pfarrkirche Sankt Vitus und Georg, Heidelberg-Handschuhsheim. Die Familie erlosch am 31.12.1600 mit Hans von Handschuhsheim als letztem des Geschlechts, eine Folge einer scheußlichen Verwundung, die er am 11.12.1600 des Nachts in einer tätlichen Auseinandersetzung mit Friedrich von Hirschhorn zu Zwingenberg in Heidelberg am Rande der Doppelhochzeit des Hofmeisters der Kurfürstin und des Heidelberger Burgvogts am Hofe Kurfürst Friedrichs IV. erlitten hatte. Der Besitz der Herren von Handschuhsheim fiel an die Horneck von Weinheim und an die von Helmstatt.
Wie ging es weiter mit der Familie von Liebenstein? Franz Friedrich von Liebenstein war mit Ursula Kämmerer von Worms gen. von Dalberg verheiratet, einer Tochter von Georg Kämmerer von Worms gen. von Dalberg (-2.10.1561) und Anna von Flersheim (1511-27.10.1553). Der eine Sohn des Franz Friedrich von Liebenstein war Johann / Hans Christoph von Liebenstein, ebenfalls 1611-1622 Hofmeister im Dienste der Grafen von Nassau-Saarbrücken und 1623 Landhofmeister. Er heiratete am 17.8.1599 Anna Margaretha Faust von Stromberg. Er verkaufte die von seinem Vater erstandene Mühle zu Wehrden an seinen Dienstherrn, ebenso wie 1602 seine Anteile am Dorf Güdingen. Er verkaufte am 8.11.1613 das Walpodie-Gefälle an Georg Graf von Nassau, und damit war die letzte Verbindung zwischen den von Liebenstein, den Waldboten und Waldmannshausen gekappt. 1633 folgten weitere Veräußerungen. Der andere Sohn des Franz Friedrich von Liebenstein war Johann Wolf von Liebenstein (-1612), Amtmann zu Wiesbaden. Es gab ferner noch eine Tochter namens Anna Erika von Liebenstein. Johann Wolfs Sohn Philipp von Liebenstein war Rittmeister. Wolf und Philipp starben vor Johann Christoph, der 1637 in einem Gefecht gegen die kaiserlichen Truppen gefallen ist und als letzter im Mannesstamm der Familie starb. Burg Liebenstein kam an den kurmainzischen Kanzler Gerhard von Waldenburg und später an die von Preuschen.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.2174854,7.0178719,19z?entry=ttu - https://www.google.de/maps/@49.2174384,7.0179076,73m/data=!3m1!1e3?entry=ttu
Stift St. Arnual auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Stift_Sankt_Arnual
Webseite des Stifts St. Arnual: https://ev-stift-st-arnual.de/
Stiftskirche St. Arnual: https://ev-stift-st-arnual.de/stiftskirche/stiftskirche-st-arnual/
Ev. Kirchengemeinde St. Arnual: https://evangelische-kirche-st-arnual.de/
Geschichte der Stiftskirche auf den Seiten der ev.
Kirchengemeinde: https://evangelische-kirche-st-arnual.de/gottesdienste-2/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Prof. Dr. Joachim
Conrad vom 27.10.2024, wofür ihm an
dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Peter Volkert: Saarbrücken, Stiftskirche St. Arnual, Rheinische
Kunststätten Heft 10/1968, hrsg. vom Rheinischen Verein für
Denkmalpflege und Heimatschutz
Hans-Walter Hermann (Hrsg.): Stiftskirche St. Arnual in
Saarbrücken, Köln 1998
Hans-Walter Herrmann: Die Stiftskirche in Saarbrücken / St.
Arnual, kunsthistorische Reihe des Landesinstituts für
Pädagogik und Medien, Saarbrücken-Dudweiler 1997, ISBN
3-928189-25-5, Begleitheft ISBN 3-928189-24-7
Genealogien: https://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=de&n=von+pallandt&p=gertrud und abhängige Seiten, https://gw.geneanet.org/sfaesselboehe?lang=de&n=von+helmstatt&p=johann+i und abhängige Seiten
diverse Urkunden: https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/MFNI65GXGZTLQXM2GAKMKYEHPIC2AMBZ - https://www.archivportal-d.de/item/MFNI65GXGZTLQXM2GAKMKYEHPIC2AMBZ - https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/AAZDQXAUI343D2PKRGTPD4PAZ7272FIV und viele weitere Mosaiksteinchen mehr
Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels,
Trier 1962-1965, incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls
veröffentlicht in verschiedenen Jahrgängen der
'landeskundlichen Vierteljahresblätter'
Max von Spießen (Hrsg.): Wappenbuch des Westfälischen Adels,
mit Zeichnungen von Professor Ad. M. Hildebrandt, 1. Band,
Görlitz 1901-1903.
Alfred Katthagen: Waldmannshausen im Westerwald, Überblick über
die Geschichte des Ortes und seiner Besitzer, Jahresarbeit, Hagen
o. J. https://www.waldmannshausen.de/files/downloads/JahresarbeitKatthagen.pdf
Kurt Hoppstädter: Die Herren von Löwenstein und von Liebenstein
im Saarland, in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend,
Band IX, 1959
Burg Sterrenberg bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Sterrenberg_(Rheinland)
Burg Liebenstein bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Liebenstein_(Rheintal)
Herren von Handschuhsheim bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Herren_von_Handschuhsheim
Burg Hollenfels bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Hollenfels
Herren von Helmstatt auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Helmstatt
Herren von Warsberg auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Varsberg#Freiherren_von_Warsberg
Grafen von Ingelheim auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Ingelheim_(Adelsgeschlecht)
Herren von Pallandt auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Pallandt
Waldbott von Bassenheim und andere Linien auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Waldbott_von_Bassenheim
Walpoden auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Walpode
Prof. Dr. Joachim Conrad: Franz Friedrich von Liebenstein, in den
Saarland-Biographien: http://www.saarland-biografien.de/frontend/php/ergebnis_detail.php?id=859
Prof. Dr. Joachim Conrad: Johann Christoph von Liebenstein, in
den Saarland-Biographien: http://www.saarland-biografien.de/frontend/php/ergebnis_detail.php?id=860
ev. Stiftskirche St. Arnual: Martha Kilburger von Bitburg - Agnes von Schmidtberg - Henning von Stralenheim - Heinrich von Soetern und Philippa von Kerpen - Hans Heinrich von Eltz - Maria Elisabeth von Seckendorff - Margaretha Knobloch - Philipp von Neuß - Georg von Neuß - Katharina von Neuß - Elisabeth von Lothringen - Graf Johann III. von Nassau-Saarbrücken - Graf Johann Ludwig d. Ä. von Nassau-Saarbrücken und zwei seiner Söhne - Graf Johann IV. von Nassau-Saarbrücken - Graf Philipp III. von Nassau-Saarbrücken und seine beiden Ehefrauen - Gräfin Anna Maria von Hessen-Kassel und ihre drei Kinder, Philipp, Dorothea und Louise Juliana von Nassau-Saarbrücken - Graf Moritz von Nassau-Saarbrücken - Johann Nikolaus von Hagen zur Motten und Elisabeth von Lützelburg
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