Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1686
Graz (Steiermark, Österreich)

Graz, Palais Wildenstein

Das barocke Palais Wildenstein in der Paulusvorstadt unweit des äußeren Paulustores (Paulustorgasse 8), ein zweiflügeliges Stadtpalais von L-förmigem Grundriß mit mächtigem Hauptbau und schmalem Seitenflügel, war nur 30 Jahre lang im Besitz der Familie der Grafen von Wildenstein. Einst standen hier mehrere Häuser unterschiedlichster Besitzer (Stadtpfarre Graz, Deutscher Orden, Ruprecht von Eggenberg, Familie Rueß), die erst zusammengekauft werden mußten. 1702 ließ Johann Joseph Graf v. Wildenstein (17.2.1668-6.3.1747), k.k. wirklicher geheimer Rat, Kämmerer, Landeshauptmann von Görz, die bestehenden Gebäude zu einem einzigen großen Palais verschmelzen, das er aber schon 1732 wieder an das Benediktinerstift St. Lambrecht verkaufte. Danach war das Palais zeitweise Krankenhaus und Polizeidirektion.

An diesem Palais begegnen wir zwar keinem Wappen der Grafen von Wildenstein, wohl aber überall ihrem Wappenmotiv: Über jeder der reich verzierten Fensterverdachungen des repräsentativen Hauptgeschosses der fünfzehnachsigen Front zur Paulustorgasse sind zwei Greifenbeine (oder Adlerbeine) mit daran hängendem Flügel spiegelbildlich angebracht. So wird das heraldische Emblem zum allgegenwärtigen Dekorationsmotiv der Fassade.

Das Wappen der Grafen von Wildenstein zeigt in Rot ein goldenes Greifenbein (oder Adlerbein, was im Prinzip aber darstellerisch das Gleiche wäre) mit schwarzem Flügel, so wie es auch am Joanneum in der Raubergasse zu sehen ist. Das Kleinod wäre auf gekröntem Helm ein goldenes Greifenbein (oder Adlerbein) mit schwarzem Flügel. Das Wappen wird in dieser Tingierung bei Z. Bartsch abgebildet, mit rechts schwarz-roten und links rot-goldenen Decken, und im Siebmacher Band: Mä Seite: 299 Tafel: 215, mit schwarz-goldenen Decken, aber abweichend mit Gold als Schildfarbe. Das Wappen wird im Kraßler S. 292 beschrieben, auch dort mit Feldfarbe Rot. In der Kleinen Wappenmatrik der Steirischen Landstände ist die Feldfarbe ebenfalls rot, und die Decken sind rechts schwarz-rot und links rot-golden, was demnach entgegen den Siebmacher-Angaben als korrekt zu nehmen ist.

Die Fensterverdachungen wechseln sich in ihrer Gestaltung ab: Bei den runden Fensterstürzen befindet sich die Vase mit Blumen in Muschelnischen unter dem Bogen und die Kugel darüber, bei den dreieckigen Verdachungen ist es umgekehrt.

Die Grafen von Wildenstein sind Uradel aus Kärnten. Ihre gleichnamige, 1348 zerstörte Stammburg lag im Jauntal. Im 15. Jh. kam die Familie in die Steiermark. Am 13.3.1649 erlangte der niederösterreichische Hofkammerrat und kaiserliche Geheimrat Johann Franz von Wildenstein (gest. 18.10.1678) den erbländisch-österreichischen Freiherrenstand als "Freiherr v. und zu Wildenstain, Herr auf Wildpach und Kahlsdorf", und er wurde am 18.1.1678 in den erbländisch-österreichischen Grafenstand als "Graf v. und zu Wildenstain, Freiherr auf Wiltpach und Kallstorff, Herr zu Schackhenthurn und Liboch" erhoben. Der Begünstigte war der Vater des Erbauers des Grazer Palais Wildenstein. Seit 1717 stellt die Familie den Erblandkämmerer in der Steiermark.

Literatur, Quellen und Links:
Informationstafel am Gebäude
Siebmachers Wappenbücher Band Böhmen
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Herwig Ebner, Burgen und Schlösser Graz, Leibnitz, Weststeiermark, 1967, 204 Seiten, ISBN-10: 3850300285, ISBN-13: 978-3850300285
Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Graz, von Horst Schweigert, Verlag Schroll, Wien 1979
Die Kunstdenkmäler der Stadt Graz, Die Profanbauten des 1. Bezirkes (Altstadt), 1997, 712 Seiten, Verlag: F. Berger, ISBN-10: 3850284379, ISBN-13: 978-3850284370
Wappen von Wildenstein: Zacharias Bartsch, Steiermärkisches Wappenbuch (1567), Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen Anmerkungen von Dr. Josef v. Zahn und Heraldische Besprechung von Alfred Ritter Anthony v. Siegenfeld, Graz u. Leipzig, Ulrich Mosers Buchhandlung (J. Meyerhoff) 1893, Seite 157 Tafel 111
Grafen von Wildenstein: http://www.coresno.com/aktuell/61-kategorie-beitraege/1446-lex-wildenstein.html
Palais Wildenstein:
http://www.burgen-austria.com/Archiv.asp?Artikel=Graz%20-%20Palais%20Wildenstein
Palais Wildenstein:
http://de.wikipedia.org/wiki/Palais_Wildenstein
Josef Kraßler: Steirischer Wappenschlüssel, Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchives Graz Nr. 6, 1968, 349 S.

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