Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 9
Das
Dikasterialgebäude in Koblenz-Ehrenbreitstein
Das Dikasterialgebäude in Koblenz-Ehrenbreitstein
Das
Dikasterialgebäude in Koblenz
Hinter dem Ausdruck
"Dikasterialgebäude" verbirgt sich einfach ein
zentraler Verwaltungsbau. Ein Dikasterium ist entweder eine
Zentralbehörde der päpstlichen Kurie oder ein weltlicher
Verwaltungsbau eines geistlichen Fürstentums, wie hier in
Ehrenbreitstein, wo auch das kurfürstliche Gericht untergebracht
war. Das barocke Dikasterialgebäude in Koblenz-Ehrenbreitstein
wurde von Balthasar Neumann entworfen und von Johann Seiz
1739-1749 erbaut. Wie auch das Pagenhaus am felsigen Hang links
daneben und der Krummstall und der Marstall zur Rechten ist das
Dikasterialgebäude eines der wenigen Überbleibsel des einstigen
kurfürstlichen Residenz-Komplexes rund um Schloß Philippsburg,
der Residenz der Erzbischöfe und Kurfürsten von Trier. Die
Philippsburg wurde in mehreren Bauphasen im 17. und 18. Jh.
erbaut und war einer der bedeutendsten und größten Barockbauten
am Rhein, mit 160 m Länge und 7 Flügeln und drei Höfen, bis
sie 1801 bei der Sprengung der Festung Ehrenbreitstein durch
französische Truppen so stark beschädigt wurde, daß sie
abgebrochen wurde. Nur einige Nebengebäude wie dieses sind
erhalten. 1786 zogen die Kurfürsten aus und bewohnten seitdem
das neue Schloß in Koblenz.
Das dreigeschossige Dikasterialgebäude steht parallel zum Rhein und besitzt 25:4 Achsen. Es besitzt drei flache Risalite, einen schmäleren von drei Achsen Breite in der Mitte, der von einem gebrochen geschweiften Giebel überhöht wird, und zwei breitere von je sieben Achsen an den Ecken, bei denen wiederum die drei mittleren Achsen durch eine vasenbestandene Dachbalustrade hervorgehoben sind. Je vier rustizierte Pilaster, die bis zur Dachkante reichen, rahmen die einzelnen Abschnitte der Front an den Eckrisaliten. Das Dach ist ein Satteldach, nur die drei Risalite tragen ein Mansarddach. Das Erdgeschoß besitzt im mittleren Teil Arkadenbögen, die ursprünglich offen waren. Die stichbogigen Fenster werden zu Fensterkolumnen zusammengefaßt. Das Gebäude wurde ab 2004 saniert und zur Bundesgartenschau 2011 herausgeputzt.
Neben dem Dikasterialgebäude existieren noch zwei weitere ehemals zur kurfürstlichen Residenz gehörende Bauten, zum einen der exakt hinter dem Dikasterialgebäude gelegene Krummstall mit einem bogenförmig nach hinten schwingenden Mittelteil, zum anderen der zweiflügelige Marstall rechts neben dem Dikasterialgebäude, gegenüber diesem etwas nach hinten versetzt.
Wappenbestandteile:
Zum einen ist dieses komplexe Wappen ein Musterbeispiel für die
Staffelung von mehreren Ebenen, um die vielen Ansprüche
unterzubringen und zu ordnen. Einem Hauptschild (1. Ebene) liegt
ein Mittelschild (2. Ebene), diesem ein Herzschild (3. Ebene)
auf. Zum anderen ist dieses Wappen ebenfalls ein Musterbeispiel
dafür, daß die Schönheit klassischer Heraldik bei
übertriebenem Repräsentationsbedürfnis empfindlich leiden
kann. Über dem Wappen thront Justitia, ein Hinweis auf das
kurfürstliche Gericht, das hier einst untergebracht war.
Der Herzschild enthält das Stammwappen der Person:
Der Mittelschild enthält sämtliche Ämter des Kurfürsten:
Abb. aus dem Jahr 2009
Und der Hauptschild schließlich enthält alle sonstigen Komponenten des Familienwappens und hat nichts mehr mit Ämtern zu tun. Viele der Besitztümer, Ansprüche und Titel in den übrigen Feldern kamen erst im späten 17. und frühen 18. Jh. zur Familie. Im einzelnen sind das:
Anhand vieler kleiner Details erkennt man, daß die strengen Regeln der Heraldik oft künstlerischen Erfordernissen zum Opfer fielen.
Abb. aus dem Jahr 2012, nachdem das Wappen für die Bundesgartenschau 2011 renoviert worden ist. Dabei wurden Fehler in der alten Farbfassung bereinigt; nun ist das Wappen des Erzherzogtums Österreich richtig tingiert, das Hermelinfeld ist korrekt vorhanden, das Prümer Lamm hat wieder ein gänzlich rotes Feld, und aus Hellgrau ist wieder ein echtes Schwarz geworden.
Das kurfürstliche Wappen wird von zwei Löwen gehalten. Hinter dem Wappen erkennt man rechts und links des Fürstenhutes zwei Fahnen als Prunkstücke des gräflichen Wappens, die eine mit dem schwarzen, doppelköpfigen Reichsadler auf goldenem Grunde mit einer über den Köpfen schwebenden Kaiserkrone auf der heraldisch rechten Seite (Ausschnittsvergrößerung unten), die andere heraldisch links mit der erzherzoglich-österreichischen Fahne, auf rotem Grund ein silberner Balken.
Weitere Prunkstücke sind die Amtsinsignien, das Schwert für die weltliche Macht des Fürstbischofs und der Krummstab für die geistliche Macht, und über allem kennzeichnet der Fürstenhut den Rang des Fürstbischofs als reichsunmittelbarer Herrscher, nur dem Kaiser untertan.
Franz
Georg von Schönborn - Erzbischof und Kurfürst von Trier
geboren 15.6.1682 in Mainz,
als Sohn von Graf von Schönborn, Staatsminister in Kurmainz. Er
und seine nächsten Verwandten zählten zu den bedeutendsten
barocken Kirchenfürsten in Süddeutschland und sorgten für ein
beispielloses künstlerisches Schaffen unter ihrer
repräsentationsbedürftigen Herrschaft. Sein Onkel ist der
Kurfürst Lothar Franz von Schönborn (Mainz, Bamberg), seine
Brüder sind die Fürstbischöfe Johann Philipp Franz von
Schönborn (Würzburg), Friedrich Carl von Schönborn (Würzburg,
Bamberg) und Hugo Damian von Schönborn (Speyer, Bruchsal,
Konstanz), alles klingende Namen als große Auftragggeber
barocker Kunst, hinter denen Franz Georg nicht zurückstand, es
muß sogar gesagt werden, daß er sich während der späteren
Jahre seiner Regierung im wesentlichen um seine Bauprojekte
kümmerte (Ellwangen, Koblenz, Dirmstein etc.).
1729 Wahl zum Kurfürsten von Trier
1732 Fürstbischof von Worms
1732 Fürstprobst von Ellwangen
gest. 18.1.1756 in Schloß Philippsburg in
Koblenz-Ehrenbreitstein, beigesetzt im Trierer Dom.
Literatur,
Links und Quellen:
Otto Gruber: Wappen
des mittelrheinisch-moselländischen Adels, Trier 1962-1965,
incl. Nachtrag Trier 1967, ebenfalls veröffentlicht in
verschiedenen Jahrgängen der "landeskundlichen
Vierteljahresblätter".
http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Georg_von_Sch%C3%B6nborn
Die Wappen der Hochstifte,
Bistümer und Diözesanbischöfe im Heiligen Römischen Reich
1648-1803, hrsg. von Erwin Gatz, von Clemens Brodkorb, Reinhard
Heydenreuter und Heribert Staufer, Schnell & Steiner Verlag
2007, ISBN 978-3-7954-1637-9
Fritz Michel: Die Kunstdenkmäler von Rheinland-Pfalz, Band 1,
Stadt Koblenz, - die profanen Denkmäler und die Vororte,
Deutscher Kunstverlag 1954, Nachdruck 1986.
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler
in Rheinland-Pfalz, Band 3.3 Stadt Koblenz, Stadtteile, bearb.
von Ulrike Weber, hrsg. im Auftrag des Ministeriums für Bildung,
Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur von der Generaldirektion
Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesdenkmalpflege,
Wernersche Verlagsgesellschaft Worms 2013, ISBN
978-3-88462-345-9, S. 78.
Ehrenbreitstein, Pagerie - Haus Metternich - Alte Burg - Mittelrhein-Museum: Anna Veronica de Fültz - Schöffenhaus - Liebfrauenkirche, Westportal - Jesuitenkloster - Stadtkommandatur
Die Entwicklung des Wappens der von Schönborn
Die Wappen der Fürstbischöfe von Worms
- Teil (1) - Teil (2)
Die Wappen der Fürstbischöfe und Bischöfe von
Trier - Teil (1) - Teil
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