Bernhard
Peter
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Photos schöner alter Wappen Nr. 1789
Koblenz
Das Jesuitenkloster in Koblenz
Jesuitenkloster und Jesuitenkolleg bilden einen zusammenhängenden Komplex in der Koblenzer Altstadt. Die drei hufeisenförmig um einen weitläufigen Innenhof mit Brunnenanlage angeordneten Gebäudeflügel des Jesuitenklosters mit der Jesuitenkirche im Norden bilden zusammen ein geschlossenes Geviert, welches auf seiner Westseite von der hier platzartig erweiterten Gymnasialstraße aus betreten wird. Daran schließt sich das von den Jesuiten im späten 17. Jh. errichtete und unterhaltene Gymnasium im Westen an, den Platz an der Nord- und an der Ostseite umschließend, wobei die Hauptfront dieser Gebäude zum Jesuitenplatz hin ausgerichtet ist. Im Süden schließen sich Erweiterungsbauten aus dem frühen 20. Jh. an, die sich stilistisch unauffällig an die Renaissancetrakte anlehnen. Zusammen bilden diese drei Einheiten einen wichtigen städtebaulichen Komplex. Der Gymnasialbetrieb fand in den beschrieben Gebäuden bis 1895 statt, dann zog man in neue Gebäude. Bis 2003 gab es noch Jesuiten in Koblenz, sie nutzten zuletzt nur noch das Erdgeschoß des Nordflügels. Heute werden alle Teile des Komplexes als Rathaus von der Stadtverwaltung genutzt.
Das dreigeschossige Jesuitenkloster (rechts im Bild angeschnitten) stammt aus dem späten 16. Jh., wobei der älteste Teil der Südflügel ist, der 1588-89 vom Architekten Georg Monreal erbaut wurde. Es folgt zeitlich der Westflügel, vom selben Baumeister in den Jahren 1591-93 geschaffen. Der Ostflügel, der sog. Fürstenbau mit dem prächtigen Fürstenzimmer, wurde 1670-71 von Johann Christoph Sebastiani errichtet. Die Jesuitenkirche entstammt dem frühen 17. Jh.; sie wurde unter Verwendung älterer Gebäudeteile errichtet, denn vor dem Jesuitenkloster bestand hier ein Zisterzienserinnenkloster und eine gotische Kirche aus dem 13. Jh. Der Arkadenbau links im Bild mit Durchgang zum Jesuitenplatz stammt aus dem späten 17. Jh.; der Schulbau wurde 1694-1701 von Johann Christoph Sebastiani errichtet.
Blickfänger in der Westfassade des Westflügels ist das Renaissance-Prunkportal nahe dem Ansatz des Arkadentraktes. Dieses Portal ist ein Werk von Goswin Billing aus Köln. Das Gebälk trägt die einzeilige Inschrift: "A SCHONENBVRG ARCHIEP(ISCOP)O TREVIR(ENSI) PRIN(CIPI) ELEC(TORI) FVNDATORI ET PARENTI OPT(IMO) P(OSITUM)". Über dem Gebälk ist ein Aedikula-Aufsatz mit dem kurfürstlichen Wappen von Johann VII. von Schönenberg (1581-1599), flankiert von zwei Statuen, die die beiden Johannes darstellen. Seitlich sind Voluten, die Fruchtgebinde einschließen. Ganz oben ist ein Medaillon mit Portraitbüste. Gerahmt wird diese Komposition von zwei Obelisken über den äußeren Säulen der Portalumrahmung. Das Portal wurde nach Kriegszerstörung wiederhergestellt.
Das Wappen des Trierer Fürstbischofs Johann VII. von Schönenberg (1581-1599) ist wie folgt aufgebaut.
Drei Helme sind über dem Wappenschild zu sehen:
Hinter dem mittleren Helm ragt ein Vortragekreuz empor. Ursprünglich waren hinter dem Schild noch Schwert und Krummstab schräggekreuzt, wovon man nur noch die unten hinter dem Schild hervorkommenden Stäbe sehen kann, nicht aber die oberen Teile.
Das zentrale Wappen wird von vier unscheinbaren Wappenschilden umgeben, die jeweils von Putten gehalten werden. Das optisch linke, untere Wappen zeigt wiederum das Wappen der von Schönenburg, in Schwarz drei (2:1) silberne Tatzenkreuze. Der Wappenschild gegenüber zeigt in Silber drei (2:1) rote Herzen oder Seeblätter, das Wappen der von Bourscheid. Eigentlich hätte man hier das mütterliche Wappen erwartet, das der Weyer von Nickenich, aber es ist das großmütterliche, denn Hermann Weyer von Nickenich war mit Maria von Bourscheid verheiratet, die Tochter von Johann von Bourscheid. Der optisch obere rechte Putto hält einen Schild mit dem Trierer Kreuz, der gegenüber hat seinen Arm vor dem Schild, so daß Inhalte nicht zu erkennen sind und vermutlich auch nicht beabsichtigt waren.
Johann von Schönenberg wurde um 1525 auf Burg Hartelstein bei Schwirzheim als Sohn von Johann von Schönenberg und Elisabeth Weyer von Nickenich geboren. Seine Stationen in der Trierer Verwaltungshierarchie waren: 1538 Domizellar am Trierer Dom, 1548 Domkapitular, 1567 Domkustos, 1570 Dompropst. Nachdem Johann von Schönenberg bereits unter seinem Vorgänger Jakob von Eltz 1580 Statthalter von Trier geworden war und Rektor der Trierer Universität, erlangte er den Höhepunkt seiner Laufbahn, als er am 31.7.1581 vom Trierer Domkapitel zum Fürstbischof gewählt wurde, was am 26.1.1582 von Papst Gregor XIII. durch Verleihung des Palliums bestätigt wurde. Er verstarb am 1.5.1599 in Koblenz, ist aber im Trierer Dom bestattet. Wichtige Ereignisse während seiner Amtszeit waren die Umsetzungen der Beschlüsse des Konzils von Trient und die entsprechenden Reformen, Gegenreformation, Judenausweisung und Hexenverfolgungen.
Zwei weitere Wappen des Trierer Fürstbischofs Johann VII. von Schönenberg: links aus Stuck in der Decke der Tordurchfahrt zum Innenhof, rechts in farbig gefaßter Form an der Wand des Foyers, ehemaliger Schlußstein. Über dem Eingang zum Foyer ist ein weiteres großes Christusmonogramm als Stuckrosette angebracht.
Ein weiteres Wappen des Trierer Fürstbischofs Johann VII. von Schönenberg ist im Innenhof zu finden, nach der Tordfurchfahrt rechterhand hinter einer Bank in die Wand eingelassen. Dieser Wappenschild enthält keinen Herzschild für Prüm. Die Inschrift lautet: "IOANNES D(EI) G(RATIA) ARCHIEP(ISCOPV)S / TREV(ERENSIS) PRIN(CEPS) ELECT(ORIS) FVNDA/TOR P(IVS?) 1588". Dieser Südflügel (sog. Mittelbau) wurde von Baumeister Georg Monreal aus Plaidt errichtet. Der Wappenstein ist der Gründungsstein. Früher befand sich über dem Zugang zu diesem Flügel eine Reliefdarstellung aus der Spätrenaissance, das wurde 1797 beim Bildersturm zerstört.
Zwei weitere Wappen des Trierer Fürstbischofs Johann VII. von Schönenberg sind im Foyer im Stuck in der Kölner Decke zu sehen, beide mit unterschiedlicher Einfassung, das rechte mit erratisch schräg gestellten Tatzenkreuzchen. Beide tragen den Herzschild für Prüm.
Blick in den Innenhof des ehemaligen Jesuitenklosters. Der ehemalige Gartenhof wurde 1985 nach einem Entwurf von Prof. Schmidt aus Trier neu gestaltet.
Ebenfalls im Innenhof des ehemaligen Jesuitenklosters ist dieser nicht bauzeitliche, sondern spätere Wappenstein von 1670 zu finden, diagonal schräg gegenüber der Tordurchfahrt im Eck zur Kirche. Die Inschrift lautet: "16 70 / 24 MARTII / CAROLUS CASPARUS / A PETRA DEI GRATIA ARCHIEP(ISCOPU)S / TREVE(RENSI)S S(ACRI) ROM(ANI) IMP(ERII) PRINCEPS / ELECTOR EXTRV(XIT)". Das Wappen gehört zum Trierer Fürstbischof Karl Kaspar von der Leyen (1652-1676), Hauptschild geviert, Feld 1 und 4: in Silber ein durchgehendes rotes Kreuz, Fürstbistum Trier, Kurtrier, Feld 2 und 3: in Blau ein silberner Pfahl, Stammwappen der von der Leyen (= a Petra), Herzschild: in Rot auf grünem Boden ein silbernes, zurückschauendess Lamm, das ein silbernes Fähnchen trägt, dieses mit rotem Kreuz belegt, sog. Prümer Lamm der Fürstabtei Prüm. Der Ostflügel (sog. Fürstenbau) entstand 16701671; der Architekt ist vermutlich Johann Christoph Sebastiani. Das Hofportal des Flügels trug früher in seinem Dreiecksgiebel ein weiteres Wappen dieses Fürstbischofs, das aber infolge der Kriegszerstörungen unkenntlich ist.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere Band Bistümer
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler
in Rheinland-Pfalz, Band 3.2, hrsg. im Auftrag des Ministeriums
für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur vom
Landesamt für Denkmalpflege, Stadt Koblenz, Innenstadt,
bearbeitet von Herbert Dellwing und Reinhard Kallenbach,
Wernersche Verlagsgesellschaft Worms, 2004, ISBN 3-88462-198-X,
S. 72-78
Johann von Schönenberg: http://www.saarland-biografien.de/Schoenenberg-Johann-von
Herren von Schönenberg: http://www.schoeneberg-soonwald.de/node/137
Genealogie: Franz-Josef Heyen, Germania sacra, neue Folge 48, das
Erzbistum Trier 11, das St. Marien-Stift in Kyllburg, www.books.google.de/books?id=C7H8V_kC3lYC
Koblenzer Rathaus: http://de.wikipedia.org/wiki/Rathaus_%28Koblenz%29
Reinhard Schmid, Koblenz -
Jesuitenkonvent. In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz,
online: www.klosterlexikon-rlp.de/mittelrhein-lahn-taunus/koblenz-jesuitenkonvent.html
Reinhard Schmid, Koblenz - Zisterzienserinnenkloster in der Lehr.
In: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, online: www.klosterlexikon-rlp.de/mittelrhein-lahn-taunus/koblenz-zisterzienserinnenkloster-in-der-lehr.html
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