Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 866
Ellwangen -
Glanz der Fürstpröpste
Ellwangen: Wallfahrtskirche Schönenberg (2)
Die beiden Westtürme der Wallfahrtskirche sind reich profiliert und linienbetont gegliedert. Nach zwei Geschossen viereckigen Grundrisses gehen sie in ein Achteck über. Sie tragen schlichte Hauben und springen kaum seitlich vor, was der Vorderseite Schlankheit und Eleganz verleiht. Die strenge, fast kubisch strukturierte Außengestaltung mit umlaufenden Simsen, die die unterschiedlichen Blöcke verklammern, sowie die vielen Flachpilaster sind typisch für die Architektur der Thumb-Brüder. Die schlanken Giebel des Querschiffes sind betont vorgeschoben und typisch für die Architektur der Vorarlberger Baumeister. Ähnliche Querschiff-Abschlüsse finden sich in Steinhausen von Domenicus Zimmermann. Die Kirche folgt kunsthistorisch dem sog. Vorarlberger Münsterschema, das ist eine Wandpfeilerkirche mit Kapellen und umlaufenden Emporen sowie einem außen betonten Querschiff vor dem Chor oder in der Mitte des Langhauses. Ein Vergleichsbau ist Obermarchtal. Hier in der Schönenbergkirche treffen sich jesuitische Raumvorstellungen und Vorarlberger Architektur und verschmelzen zu einer der interessantesten Barockkirchen Süddeutschlands.
Linke Abb.: Blick auf die Schönenbergkirche von Südosten. Rechte Abb.: Blick auf die Rundung des Chores von Nordosten. Auf der linken Seite von oben nach unten die Wappen: Wartensee, Freiberg, Wolframsdorf, Pfalz. Auf der rechten Seite (rechts im Bild) von oben nach unten die Wappen: Rechberg, Adelmann, Pfalz, Schönborn. Die Wappen sind erst unter Franz Georg von Schönborn angebracht worden.
Man beachte die interessante Fenstergestaltung: Die untere Reihe ist oval und klein, die obere Reihe oben gerundet, unten gerade abgeschlossen und mehr als doppelt so hoch. Damit wird im Innern eine Lichtmystik erzeugt, denn der vorne Eintretende kann die Fenster selbst nicht sehen, empfindet aber die nach oben gesteigerte Lichtfülle in indirektem Einfall, und der Raum wird von unten nach oben, dem Himmel zu, heller.
Linke Abb.: rechts Nr.1, Johann Rudolf von Rechberg (reg. 16541660). Rechts Abb.: rechts Nr. 2, Johann Christoph IV. Adelmann von Adelmannsfelden (reg. 16741687)
Wappen
des Johann Rudolf von Rechberg (reg. 16541660):
Geviert:
Ein weiteres, gut erhaltenes und farblich gefaßtes Wappen befindet sich im Chor der Stiftskirche an einem Gurtbogen. Es zeigt Gold als Schildfarbe. Es sei daran erinnert, daß auch viele Rechberg-Wappen mit Silber bekannt sind.
Wappen
des Johann Christoph IV. Adelmann von Adelmannsfelden (reg.
16741687):
Diesem Fürstpropst verdanken
wir den Neubau der Schönenbergkirche. Am 14.9.1681 drohte der
Stadt Ellwangen durch Blitzschlag Brand. Auf Anregung des
Missionars und Predigers Philipp Jeningen gab der Fürstpropst
das Gelöbnis ab, die Wallfahrtskirche neu zu bauen, sollte das
Feuer die Stadt verschonen. So geschah es. Er erlebte die
Fertigstellung und den ersten Gottesdienst im neuen
Kirchengebäude, nicht aber mehr die Ausstattungsarbeiten. Sein
Wappen ist geviert:
Sein Wappen ist übrigens auch an einem Epitaph in der Schloßkirche Hohenstadt (zu Abtsgmünd) zu sehen, mit einer 8er-Ahnenprobe (siehe dort).
Linke Abb.: rechts Nr. 3, Wappen für Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg (reg. 16891694). Rechts Abb.: rechts Nr. 4, Wappen von Franz Georg von Schönborn-Buchheim (reg. 17321756). Vordergründig sehen sich beide "Churpfalz"-Wappen zum Verwechseln ähnlich, doch dieses hier hat den Deutschordens-Hochmeister-Adlerschild nicht noch zusätzlich mit einem weiteren Herzschildchen (Mainz) belegt wie das andere Wappen. Deshalb ist dieses Wappen Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg zuzuordnen, das andere aber Franz Ludwig, seinem Nachfolger im Amt. Dennoch ist die Darstellung unzutreffend, wie im folgenden erläutert wird.
Wappen
für Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg (reg. 16891694):
Fürstpropst Ludwig Anton
stiftete für die Schönenbergkapelle zwei Altäre, je einen für
seine beiden Namenspatrone. Das ihm zugedachte Wappen ist
aufgeteilt in Hauptschild, Mittelschild, Hochmeisterkreuz und
Herzschild, hat also rein formal 4 (!) Ebenen übereinander. Der
Hauptschild enthät das Familienwappen, also amtsunabhängige
Komponenten, die auch während seiner Lebenszeit nicht verändert
wurden. Der Mittelschild enthält Amtswappen. Zwischen
Mittelschild und Herzschild liegt das Hochmeisterkreuz, der
Herzschild mit dem schwarzen Adler in Gold gehört zu ihm. Das
eigentliche Stammwappen ist aber das der Wittelsbacher, von denen
die Herzöge von Pfalz-Neuburg abstammen.
Mit Absicht spreche ich in der Überschrift von einem Wappen "für" Ludwig Anton, nicht von einem Wappen "des" oder "von" Ludwig Anton. 8 Wappenfelder, 8 Fürstpröpste, dieses Feld ist ihm zugedacht, auch von der Anordnung und Reihenfolge ergibt sich kein Zweifel. Aber enthält es auch sein Wappen? Mitnichten! Der Nachfolger aus der gleichen Familie war mit 38 Jahren Regierungszeit und unzähligen Bauten, die sein Wappen trugen, ungleich präsenter als sein Vorgänger. Zu ähnlich waren sich auch die beiden Fürstpröpste, engstens verwandt, gleicher Hauptschild, beide Hochmeister des Deutschen Ordens, beide Fürstpröpste, beide Bischöfe von Worms - da kann das schon mal passieren, daß man auch Ludwig Anton für einen Bischof von Breslau hielt, obwohl er es nie war.
Hier sind in der Wappendarstellung jedenfalls einige Unstimmigkeiten:
Im Detail (mit den angesprochenen Unstimmigkeiten):
Hauptschild: Familienwappen der Herzöge von Pfalz-Neuburg. Geviert:
Der Mittelschild enthält ausschließlich geistliche Ämter. Wir sehen:
Die dritte und vierte Ebene des Wappens bildet das über alles gelegte Hochmeisterkreuz, ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz. Herzschild in Gold, belegt mit einem schwarzen Adler.
Lebenslauf
von Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg (reg. 16891694):
Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg
wurde am 9.6.1660 geboren. Sein Vater war Philipp Wilhelm von
Pfalz-Neuburg (1615-1690), seine Mutter war Elisabeth Amalie
Landgräfin von Hessen (1635-1709). Das Schicksal nachgeborener
Söhne war die geistliche Laufbahn, eine Versorgungskarriere.
Ludwig Anton wandelte diese Karriere aber später in eine
militärische um, so trat er 1681 mit päpstlicher Genehmigung in
die Kriegsdienste unter Kaiser Leopold I ein. 1664 wird Ludwig
Anton Domherr in Köln. 1668-1679 diverse Kanonikate. 1679
Aufnahme in den Deutschen Orden, Aufschwörung am 10.12.1679
(zuvor war eine Aufnahme in Aldenbiesen wegen unzureichenden
Alters abgelehnt worden. Schon am 16.12.1679 wird er Koadjutor
des Hochmeisters. 1683 militärischer Einsatz in Preßburg, 1684
Türkenfeldzug in Ungarn. 1684 wurde er Hoch- und Deutschmeister
des Deutschen Ordens, am 15.1.1685 in Bad Mergentheim
inthronisiert. Seine erste Aufgabe sah er in der Rückgewinnung
der Deutschordensbesitzungen am Rhein, die französisch geworden
waren. 1686 zog er in Kriegsdiensten als Generalleutnant nach
Ungarn und focht gegen die Türken. 1688 übernimmt er die
Regierungsgeschäfte stellvertretend in Heidelberg. 1689 war er
wieder in Deutschland und kämpfte gegen französische Truppen.
Bei der Belagerung von Mainz wurde er verwundet und wandte sich
danach wieder seiner geistlichen Karriere zu. Am 22.8.1689 wurde
er zum Fürstpropst von Ellwangen gewählt, und am 12.10.1691
wurde er Bischof von Worms. Alle drei Ämter führte er bis zu
seinem Tode am 4.5.1694 in Lüttich. Am 19.4.1691 wurde er
Koadjutor in Mainz, konnte aber die Nachfolge infolge seines
Ablebens nicht antreten. In allen drei Ämtern folgte ihm sein
Bruder Franz Ludwig nach, dieser erreichte außerdem das, was
Ludwig Anton gerne gehabt hätte, nämlich den Mainzer
Bischofsthron. Kurz vor seinem Tod wurde Ludwig Anton noch zum
Bischof von Lüttich gewählt, am 20.4.1694. Zuvor war mit Josef
Clemens von der Gegenpartei ein Gegenbischof gewählt worden, der
am 18.9.1694 von einer Sonderkongregation als gewählter Bischof
anerkannt wurde.
geführte
Wappen des Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg (reg. 16891694):
Zwischen 1685 und 1689 sieht
das Wappen von Ludwig Anton wie folgt aus: Es ist das
Familienwappen, durch das Hochmeisterkreuz mit aufgelegtem
Herzschild mit dem Adler in vier Felder aufgeteilt:
Es ist von einem Siegel ein weiteres Wappen von Ludwig Anton aus der Zeit von 1689-1691 bekannt, das wie folgt aufgebaut ist: Der Schild wird durch das Hochmeisterkreuz mit aufgelegtem Herzschild mit dem Adler in vier Felder aufgeteilt:
Ein solches Wappen finden wir auch in Graz am Deutschordenshaus zwischen dem Wappen des Deutschen Ritterordens und dem des Deutschordensritters Seyfried Graf von Saurau.
Ab 1691 kommt Worms ins Spiel. Worms und Ellwangen werden in einem quadrierten Mittelschild zusammengefaßt, Ellwangen verschwindet aus dem Hauptschild, die dortigen Felder werden neu verteilt. Es wird folgendes Wappen geführt, das auch seine Sterbemünze des Deutschen Ordens ziert:
Hauptschild: Familienwappen der Herzöge von Pfalz-Neuburg. Geviert:
Der Mittelschild enthält ausschließlich geistliche Ämter und ist geviert:
Die dritte und vierte Ebene des Wappens bildet das über alles gelegte Hochmeisterkreuz, ein schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz. Herzschild in Gold, belegt mit einem schwarzen Adler.
Zur Territorialgeschichte der einzelnen Komponenten des Wappens existiert ein eigener Artikel (ehem. Pfarrhaus).
Wappen
des Franz Georg von Schönborn-Buchheim (reg. 17321756):
Die ovale Herzschild-Kartusche
enthält das gräflich gekrönte Stammwappen des Kurfürsten:
Der Mittelschild enthält sämtliche Ämter des Kurfürsten:
Und der Hauptschild schließlich enthält alle sonstigen Komponenten des Familienwappens und hat nichts mehr mit Ämtern zu tun. Viele der Besitztümer, Ansprüche und Titel in den übrigen Feldern kamen erst im späten 17. und frühen 18. Jh. zur Familie. Im einzelnen sind das:
Franz Georg von Schönborn wurde am 15.6.1682 in Mainz geboren, als Sohn von Melchior Friedrich Graf von Schönborn, kaiserlicher Geheimrat und Kämmerer, kurmainzischer Staatsminister und Vicedomus in Aschaffenburg, Obermarschall von Mainz und Würzburg (16.3.1644 - 19.5.1717), Erbschenk von Mainz, Erbtruchseß von Würzburg, 5.8.1701 Reichsgraf, 19.2.1711 von Schönborn-Buchheim, 1.7.1709 böhmischer Inkolat, 22.1.1710 Inkolat in Niederösterreich, 27.4.1711 Inkolat in Oberösterreich, 1720 Inkolat in Steiermark und Kärnten, und dessen Frau Maria Anna Sophia Johanna Freiin von Boineburg und Lengsfeld (16.10.1652 - 11.4.1726). Er und seine nächsten Verwandten zählten zu den bedeutendsten barocken Kirchenfürsten in Süddeutschland und sorgten für ein beispielloses künstlerisches Schaffen unter ihrer repräsentationsbedürftigen Herrschaft. Sein Onkel ist der Kurfürst Lothar Franz von Schönborn (Mainz, Bamberg), seine Brüder sind die Fürstbischöfe Johann Philipp Franz von Schönborn (Würzburg), Friedrich Carl von Schönborn (Würzburg, Bamberg) und Hugo Damian von Schönborn (Speyer, Bruchsal, Konstanz), alles klingende Namen als große Auftragggeber barocker Kunst, hinter denen Franz Georg nicht zurückstand, es muß sogar gesagt werden, daß er sich während der späteren Jahre seiner Regierung im wesentlichen um seine Bauprojekte kümmerte (Paulinkirche in Trier, Ellwangen, Koblenz, Dirmstein etc.). Zwischen 1640 und 1750 hatten 6 Angehörige dieser Familie imsgesamt 14 geistliche Throne im Bereich Mittelrhein-Mainfranken inne! 1729 Wahl zum Kurfürsten von Trier, 1732 Fürstbischof von Worms, 1732 Fürstpropst von Ellwangen, gest. 18.1.1756 in Schloß Philippsburg in Koblenz-Ehrenbreitstein.
Abb.: Blick von Osten auf die Apsis mit Bauinschrift, Schutzengel und der Wappengalerie.
Abb.: Blick von Südosten auf die Wallfahrtskirche Schönenberg.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher,
insbesondere die Bände Bayern und Bistümer
Hugo Schnell, Wallfahrtskirche
Unsere Liebe Frau auf dem Schönenberg / Ellwangen, Verlag
Schnell & Steiner GmbH Regensburg, 9. Auflage 2002,
Kunstführer Nr. 115.
Die Hochmeister der Residenz Mergentheim, Heft 15 der
Schriftenreihe der Vereinigung zur Förderung der
wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Deutschen
Ordens e.V. und der Historischen Deutschordens-Compagnie Bad
Mergentheim e.V., 1997
Wolfgang Kaps: Ludwig Anton von Pfalz-Neuburg: http://www.pfalzneuburg.de/page2/files/Ludwig_Anton_Text_Internet.pdf (Lebenslauf)
Wolfgang Kaps: Geschichte von Pfalz-Neuburg: http://www.pfalzneuburg.de (Hauptseite), http://www.pfalzneuburg.de/page2/files/Pfalz_Neuburg_Geschichte.pdf (geschichtliche Hintergründe), http://www.franzludwig.de/page1/files/Gesch_Pfalz-_Neuburg.pdf (geschichtliche Hintergründe)
Schönenbergkirche (1) - Schönenbergkirche (2) - ehem. Priesterseminar - ehem. Pfarrhaus - Landgericht - Schloß - Stiftsbasilika St. Vitus außen - Statthalterei - Palais Adelmann - Wallersteinscher Domhof
Fürstbischöfe von Trier Teil (2), Die Entwicklung des
Wappens der von Schönborn
Wappen der Wittelsbacher (1): Pfalz
Die Wappen der Fürstbischöfe von Worms
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Die Wappen der Fürstbischöfe und Bischöfe von
Trier - Teil (1) - Teil
(2)
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