Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 870
Ellwangen - Fürstpröpste und Württemberg

Ellwangen: Schloß

Burg der Klosterzeit
Ellwangen kann auf eine lange Stiftsgeschichte zurückblicken. Um 764 wurde von Hariolf und Erlolf (Bischof der französischen Stadt Langres) ein Benediktinerkloster errichtet, bald eines der bedeutendsten im Reich. Seit 817 war das Kloster, inzwischen Königskloster, Reichsabtei. Um 838 lebten im Kloster bereits 160 Mönche. Unter den Staufern erlebte die Abtei eine Blütezeit und gelangte zu Macht und Ansehen. Die Errichtung der Burg auf dem Schloßberg als Klosterburg und Wohnsitz des Abtes fällt in die Zeit um 1200, spätestens ins frühe 13. Jh., unter der Regierungszeit von Abt Kuno I (1188-1221), dem ersten Reichsfürsten in der Reihe Ellwanger Äbte und Fürstpröpste. Die Äbte waren ab 1215 Reichsfürsten, die Abtei reichsunmittelbar. Außerdem waren die Äbte seit 979 exemt, d. h. aus der regulären Hierarchie der katholischen Kirche ausgegliedert und direkt dem Papst unterstellt. Die spätromanische Burg war Wohnsitz und Schutz für Stadt, Kloster und Person des Abtes, aber auch repräsentativer Ausdruck der herausgehobenen Stellung eines der mächtigsten Klöster im Reich. Im späten 12., frühen 13. Jh. wird die Klosterkirche St. Vitus errichtet (1182-1233). 1266 wird ein "castrum Ellwangen" erstmalig urkundlich erwähnt. Nur 13 Jahre später wird diese Burg der Äbte von Graf Ludwig von Oettingen zerstört (1279).

Abb.: Blick von Nordosten auf den Zugang zur äußeren Torhalle, dominiert von der ziegelgedeckten Torbastei. Rechts vom Zugang der Klausengarten, angeschnitten die östlichen Wirtschaftsgebäude.

Wappen im Torbau
Im dunklen Durchgang des Torbaus befindet sich ein wesentlich älteres Wappen, datiert auf 1444. Es ist das des Fürstabtes Johann I. von Holzingen (reg. 1427–1452) und zeigt zwei einander zugeneigte Schilde, heraldisch rechts die Ellwanger Inful, heraldisch links das Wappen der Familie von Holzingen, in Rot ein goldener Löwe. Die zugehörige Helmzier wäre ein goldener Löwe wachsend zwischen zwei roten Büffelhörnern, Helmdecken wären rot-golden. Die Familie wurde 1303 erstmalig erwähnt und ist bald nach 1531 mit Johann Sigmund von Holzingen erloschen. Besitzungen bestanden in Bernhardswinden, Schwaningen, Snabelsburg, Lauffenburg, Dürrwang, und Hohentrüdingen.

Fürstentum
Um 1460 wird das bisherige Benediktinerkloster in ein Chorherrenstift umgewandelt. Oberster Leiter ist jetzt nicht mehr ein Abt, sondern ein Propst, Fürstprobst in diesem Fall natürlich, denn Ellwangen war ein reichsunmittelbares Fürstentum. Albrecht V. von Rechberg 1461–1502 ist der erste Propst nach der Umwandlung in ein weltliches Chorherrenstift. Damit wurde aus einer reichsunmittelbaren Abtei ein Fürstentum. An der Spitze stehen der Fürstpropst und zwölf Stiftsherren, die sich meistens aus dem Adel rekrutieren. Propst bedeutet, daß sich der Inhaber dieses Titels um die weltlichen Belange und äußeren Angelegenheiten einer geistlichen Struktur kümmert. Ein Fürstpropst unterscheidet sich von einem Propst dadurch, daß er neben seiner geistlichen und vorstehenden Stellung auch eine regierende als Landesherr besitzt und ausübt.

Abb.: Blick von Osten über den Schloßhof auf den Residenzbau mit links vorspringendem Südwesttrakt, das sog. Vorschlößchen mit der Kapelle. Links im Schatten die Remisen.

Renaissance-Schloß
In der Zeit von 1603-1606 wurde unter Fürstpropst Johann Christoph I von Westerstetten (reg. 1603-1613) die alte Abtsburg vollkommen umgestaltet und in ein wohnliches Residenzschloß umgewandelt, nur die Außenmauern blieben wehrhaft. Ein Renaissanceschloß von vier Flügeln entstand um einen trapezförmigen, im Grundriß achsensymmetrischen Innenhof. Aus dieser Zeit stammen auch die beiden Westtürme, quadratisch im Grundriß, aber jeweils um 45° gedreht auf die Ecke gesetzt, was dem Schloß die charakteristische Westansicht verleiht. Ursprünglich besaßen die Türme kuppelbekrönte Aufsätze. Die bedeutendste architektonische Leistung und größte Besonderheit des Schlosses aber ist der trapezförmige Arkadenhof mit auf drei Seiten umlaufenden, dreigeschossigen, ursprünglich offenen Arkaden mit toskanischen und jonischen Säulen im Stil der Spätrenaissance. Vergleichsbauten sind die Bischofsschlösser von Würzburg, die Festung Marienburg, sowie von Eichstätt, die Willibaldsburg, beides Renaissance-Vierflügelanlagen inmitten einer mittelalterlichen Bergfestung.

Abb.: Blick in den Arkadenhof nach Norden. Die Verglasung stammt vom Anfang des 19. Jh., ursprünglich waren alle umlaufenden Arkadengänge offen.

Barocke Umgestaltung
1687-1689 wurde der Südflügel über der Kapelle ausgestaltet. Eine dritte große Bauphase fällt in den Barock. Notwendig wurde das durch einen Schloßbrand. Um 1720-1727 wird das Innere im barocken Zeitgeschmack umgebaut; Bauherr ist Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, dessen großes Wappen mehrfach im Schloß anzutreffen ist. Aus dieser Zeit stammt auch das repräsentative Treppenhaus (Vollendung 1726) in dem in den auf der Südseite in den Innenhof vorspringendem Gebäudeteil. Das Dach wurde ein einheitliches Mansarddach. Der Umbau ist ein Werk von Deutschordensbaumeister Franz Keller (bis 1724 Bauleitung) und Franz Josef Roth. Der Entwurf des Treppenhauses stammt von Franz Keller. Im Südflügel wurden ein repräsentativer Saal und Privatappartements für Franz Ludwig eingerichtet. Der Freskenmaler Christoph Thomas Scheffler (1694 - 1756, ein Asam-Schüler) schuf die zeitgenössischen Deckenfresken (ca. 1728-1730).

Abb.: Blick von Nordosten auf den Residenzbau. Links der Mitte ist das hier besprochene Wappen über dem Portal in geschweiftem Rahmen zu erkennen.

Nach der Säkularisation
1802/1803 wurde Ellwangen säkularisiert. Das Schloß wurde württembergische Residenz unter Kurfürst Friedrich, später König Friedrich I. 1803-1806 war im Schloß die Regierung von Neu-Württemberg. Als Württemberg zum Königreich wurde, gab man die eigenständige Regierung des Konstruktes Neu-Württemberg auf und regierte das gesamte Königreich von Stuttgart aus. Jérôme Bonaparte (1784-1860), Bruder des Ex-Kaisers Napoleon, selber verbannter König von Westfalen (1707-1813), wohnte hier 1815/1816 zusammen mit seiner Frau Katharina von Württemberg (1783-1835), eine Tochter von Friedrich I König von Württemberg. Jérôme Bonaparte ließ die Galerien des Arkadenhofes verglasen. Danach setzte der Niedergang ein, wechselnde Nutzungen als Ackerbauschule und durch Landesbehörden folgten, das Inventar wurde größtenteils veräußert. Heute ist in den historischen Räumen das Schloßmuseum eingerichtet, getragen vom Geschichts- und Altertumsverein Ellwangen e.V. Das Gebäude ist Eigentum des Landes Baden-Württemberg.

Abb.: Wappen über dem Eingang zum Residenzschloß.

Wappen des Kurfürstentums Württemberg:
Über dem Haupteingang zum Kernschloß befindet sich dieses Prunkwappen des Kurfürstentums Württemberg, wie es 1803-1806 verwendet wurde. Bestes Photolicht ist frühmorgens, wenn das Sonnenlicht von Osten über den weitläufigen Vorhof flutet und der im Südosten vorspringende zweitürmige Gebäudetrakt noch keinen Schatten wirft. Die Jahreszahl im Portalbogen paßt nicht zum Wappen. Sie datiert einen Umbau unter Franz Georg von Schönborn. Das Wappen kam erst bei der Übernahme durch das Kurfürstentum Württemberg an diese Stelle.

In der Form bleibt das Wappen nur bis 1806 in Benutzung - soviel Aufwand für nur drei Jahre Freude daran! Die Entwicklung des Württemberger Wappens ist als Monographie hier: Die Entwicklung des Württemberger Wappens.

Abb.: Detail: Orden des württembergischen Wappens

Orden
Um den Wappenschild sind zwei Ordensbänder geschlungen, das des Militär-Verdienstordens und das des Jagdordens, noch in ihrer alten Form:

Der Militär-Verdienstordens wurde 1759 von Herzog Carl Eugen von Württemberg 1759 gestiftet und 1799 von Friedrich von Württemberg erneuert. Ursprünglich war er eine Auszeichnung für herausragende Leistungen im Siebenjährigen Krieg. Später wurde er für militärische Tapferkeit und für 25jährige Dienstzeit verliehen. Er bestand aus einem achtspitzigen Kreuz, weiß und golden bordiert, mit Kugelenden und vier Bündeln goldener Strahlen in den Kreuzwinkeln. In der Mitte ist ein blaues Medaillon mit einem gekrönten Initialenzug FR. Das Odensband ist ein Stoffband, gold und beiderseits schwarz bordiert. Später wurde der Orden an blauem Bande getragen.

Der auffälligere Orden ist der untere, der Jagdorden bzw. St.-Hubertus-Jagdorden (nicht zu verwechseln mit anderen Hubertus-Orden, etwa dem der Herzöge von Jülich-Berg): Er wurde 1702 von Herzog Eberhard-Ludwig von Württemberg als Jagdorden gestiftet und zeigt ein achtspitziges rotes Kreuz, golden bordiert. In den großen Winkeln des Kreuzes befinden sich goldene Adler, in den kleinen Winkeln vier goldene Jagdhörner. Das grüne Medaillon ist golden bordiert und trägt die Initiale W. Die Ordenskette wird gebildet von sich abwechselnden Medaillons und Adlern. Die Medaillons tragen einen Kurfürstenhut und abwechselnd ein Jagdhorn und die Initiale W. 1807 wurde er zum Ritterorden vom Goldenen Adler. Marginale Änderungen in der Darstellung waren damit verbunden, z. B wurde aus der Initiale W ein Monogramm FR. Später wurde daraus der Württembergische Kronenorden bzw. Orden der Württembergischen Krone. Am 23.09.1818 vereinigte König Wilhelm I. den Ordens des goldenen Adlers mit dem am 6.11.1806 vom König Friedrich I. gestifteten Civilverdienstordens. Er bestand bis zur Auflösung des Königreichs Württemberg 1918.

Literatur, Links und Quellen
Orden: http://www.zeno.org/Pierer-1857/A/W%C3%BCrttembergischer+Kronenorden
Orden:
http://www.int-st-hubertus-orden.de/html/hubertusorden_2.html
Wappen: Siebmachers Wappenbücher
Wappen und Orden: Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Gechichte des Schlosses: Hinweistafeln am Schloß Ellwangen
Gechichte des Schlosses:
http://www.ellwangen.de/content/extern/ellwangen/freizeit/sehens/schloss/
Gechichte des Schlosses:
http://www.schloesser-magazin.de/de/schloss-ellwangen/Startseite/267810.html
Schloßmuseum:
http://www.schlossmuseum-ellwangen.de/, http://www.schlossmuseum-ellwangen.de/schloss_index.htm
Wolfgang Willig, Landadel-Schlösser in Baden-Württemberg, eine kulturhistorische Spurensuche, 1. Auflage 2010, ISBN 978-3-9813887-0-1, S. 122

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