Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 67
Würzburg
- ein heraldischer Leckerbissen
Dom zu Würzburg, Epitaph für Rudolf von Scherenberg
An einem der nördlichen Hauptschiffspfeiler des Kiliansdomes ist das Epitaph für den Fürstbischof Rudolf von Scherenberg (lebte ca. 1401-29.4.1495, amtierte 1466-1495) aufgestellt. Dieses Epitaph wurde von Tilmann Riemenschneider im Auftrag des Nachfolgers auf dem bischöflichen Stuhl angefertigt. Sein Meisterzeichen befand sich in der Mitte des vorstehenden Hauptgesimses unter dem Sockel über der Kante, es ist aber bis auf die unteren Enden der beiden sich kreuzenden Linien weggehauen worden. Zusammen mit dem benachbarten Epitaph für den Nachfolger Lorenz von Bibra bildet dieses Grabdenkmal ein interessantes Paar, denn beide sind vom selben Künstler angefertigt worden, vom selben Mann in Auftrag gegeben worden und aus dem gleichen rötlichen Marmor gehauen worden, und beide haben einen ähnlichen Aufbau. Und doch sind sie beide stilistisch ganz unterschiedlich, dieses hier ist noch in der Spätgotik verwurzelt, wie man insbesondere an dem Maßwerkbaldachin mit den miteinander verschränkten Kielbögen sehen kann, das Grabdenkmal für den Nachfolger weist künstlerisch jedoch bereits in die Renaissance.
Beherrschendes räumliches Gestaltungselement des Grabdenkmals ist der spätgotische Maßwerkbaldachin mit Sprengwerk, unter dem der Fürstbischof in vollem Ornat (Mitra, Albe, Dalmatik, Kasel, Rationale mit der Aufschrift "I(E)H(SV)S MAR(IA) S(ANCTVS) KILIAN(VS)") steht, frontal, doch den Blick ganz leicht schräg nach oben gerichtet. Auffällig sind die scharfkantigen, sicherlich individuell gestalteten Gesichtszüge. Jede einzelne Falte des alten Herrn sieht man, auch dies eine stilistische Frage - das Antlitz seines Nachfolgers auf dessen Epitaph ist idealisierend geglättet. Die Rechte hat das Schwert für die weltliche Macht auf den Boden gestützt, und die Linke hält den Krummstab als Symbol für die geistliche Macht. Die Sockelzone (nicht im Bild) enthält die Inschrift. Die Figur wird von insgesamt sechs Wappenschilden gesäumt, drei auf jeder Seite.
Die beiden obersten Schilde tragen die Symbole aller Würzburger Fürstbischöfe, optisch links ist der "Fränkische Rechen" zu sehen = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, gegenüber, oberhalb der Krümme des Bischofsstabes, das "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, für das Hochstift Würzburg. Man beachte, daß bei genauem Hinsehen nur am Flugsaum die Einkerbung rechteckig ist, am Lieksaum ist sie bogenförmig. Beide Schilde werden jeweils von einem Engel hochgehalten.
Die beiden mittleren Schilde besitzen keinen Schildhalter. Zusammen mit den beiden unteren Schilden bilden sie eine 4er-Ahnenprobe. Das Wappen der von Scherenberg (heraldisch rechts) zeigt in Gold eine nach oben geöffnete rote Schere. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf dem gekrönten Helm Kopf und Hals einen gekrönten silbernen Löwen; die Helmdecken wären rot-golden. Der Fürstbischof stammte aus Frankenwinheim und war der Letzte seines Geschlechtes; mit ihm starb die Familie aus. Hier steht der Wappenschild für seinen Vater Erhard von Scherenberg (-1440) bzw. seinen Großvater väterlicherseits, Konrad von Scherenberg, fürstbischöflicher Amtmann zu Zabelstein (Salver nennt hier gänzlich abweichende Vorfahren im Vergleich zu Biedermann, wobei letztere mit denen bei Flachenecker übereinstimmen). Das Wappen der von Maßbach ist heraldisch links zu sehen, es ist gespalten von Silber und Rot mit einer Spitze in verwechselten Farben. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre ein gebogener Spitzhut, gespalten von Silber und Rot, zu beiden Seiten mit einer goldenen Sonne oder auch von einer Sonne und einem Mond besteckt. Die Helmdecken wären rot-silbern. Hier steht das Wappen für die Mutter des Fürstbischofs, Anna von Maßbach, Tochter von Richard von Maßbach (nach Salver, nicht bei Biedermann). Anna war die Schwester des Domdekans Richard von Maßbach (-1454), der seinen Neffen Rudolf von Scherenberg zu seinem Haupterben machte.
Die beiden unteren Schilde werden jeweils von einem kleinen Löwen gehalten, mit zotteliger Mähne und geschlossenem, pausbäckigem Maul, eher wie Schoßlöwchen als wie ein Raubtier aussehend. Der heraldisch rechte Schild zeigt das Wappen der von Egloffstein, allerdings in invertierten Farben. Die Familie führt in Silber einen schwarzen Bärenkopf. Der Schild steht hier für die Großmutter väterlicherseits des Probanden, Petronella von Egloffstein. Der vierte und letzte Schild schließlich ist heraldisch links unten zu sehen und steht für die Großmutter mütterlicherseits, Anna von Schaumberg, und er ist halbgespalten und geteilt (diese genealogische Angabe nach Salver, genauso in Deutsche Inschriften Band 27, nicht bei Biedermann).
Übersicht über die wahrscheinlichen Vorfahren von Rudolf von Scherenberg (man beachte die Unterschiede bei Biedermann und Salver!):
Eltern:
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Großeltern:
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Auf dem Sockel des Epitaphs halten zwei Engel eine schwarze Metallplatte mit folgender Inschrift in Renaissance-Kapitalis: "RVDOLPHO DE SCHERENBERG EP(ISCOP)O HERB(IPOLE)N(SI) FRAN(CIAE) DVCI SVMMO IN / OMNI VIRTVTVM GENERE VIRO PRVDENTIA VERA ATQVE / CONSILIO ADMIRABILI : QVI EP(ISCOP)ATVM HERBIPOLEN(SEM) OB MALITIAM / TEMPORVM CREDITORIBVS OPPIGNORATVM ATQVE SERVIEN/TEM : NEXV AERIS ALIENI SOLVTO : IN PRISTINVM STATVM DIGNI/TATEMQVE RESTITVIT VT ECCLESIAM HERBIPOLEN(SEM) NON TAM / ADMINISTRASSE QVAM FVNDASSE VIDERI POSSIT PACIS TAM / STVDIOSVS FVIT VT EAM SAEPE VEL PECVNIA ET INIQVISSIMIS / CONDITIONIBVS IMPETRARET DIETA ET VITAE MODERATIONE / AD SVMMAM AETATEM PERVENIT / OBIIT AN(NO) D(OMINI) MCCCCXCVIII K(A)L(ENDAS) APRILIS INGENS ET PRAECLAR(VM) OMNIVM SVCCESSOR(VM) SVOR(VM) EXEMPL(VM)" (Lesung nach Deutsche Inschriften, Band 27) - Für Rudolf von Scherenberg, Bischof von Würzburg und Herzog in Franken, den besten in allen Tugenden, welcher bewunderungswürdig war in echter Klugheit und Einsicht, der das wegen widriger Zeiten geknechtete und an Gläubiger verpfändete Bistum Würzburg durch Bezahlung der lastenden Schulden wiederherstellte, so daß er die Kirche nicht nur verwaltet, sondern gleichsam neu gegründet haben könnte. Er war aus reiner Friedensliebe oft zu Zahlungen von Geldern und ungerechtfertigten Auflagen bereit. Er gelangte zu hohem Alter durch Mäßigung im Essen und im Leben. Er verstarb im Jahre des Herrn 1495 am dritten Tag vor den Kalenden des Aprils als großartiges und leuchtendes Vorrbild für alle, die ihm nachfolgten. Beim Todesdatum ist dem Steinmetz eine Panne passiert: Dort steht APRILIS, müßte aber MAII heißen, denn er starb am 29.4., am dritten Tag vor den Kalenden des Mai.
Im unteren Teil des Sockels gibt es noch eine zweite Inschrift in Versform: "QVOD FVERAT CAPTAE QVON/DAM TIBI RHOMA CAMILLVS // HOC TIBI RVDOLPHVS / DVX FVIT HERBIPOLIS // ILLE VRBEM EXTORSIT / GALLORVM E FAVCIBVS : HIC TE // SERVILI NEXV FOENO/RIS ERIPVIT" - Was Camillus einst dir, dem eroberten Rom gewesen ist, das ist dir, Würzburg, Herzog Rudolph gewesen. Jener hat die Stadt dem Rachen der Gallier entwunden, dieser hat dich der Schuldknechtschaft der Wucherer entrissen. Diese Inschrift bildet zwei Distichen und wird durch die Totenleuchte unterbrochen.
Dom zu Würzburg, Wappen für Rudolf von Scherenberg
Bei dem oben vorgestellten Epitaph tauchen zwar die einzelnen Komponenten des Bischofswappens auf, nicht aber das zusammengesetzte fürstbischöfliche Amtswappen für Rudolf von Scherenberg (1466-1495). Ein solches finden wir an anderer Stelle im Würzburger Kiliansdom, nämlich in die südliche Wand des südlichen Seitenschiffs eingemauert, ohne weiteren Kontext.
Dieses Amtswappen ist geviert, Feld 1: "Fränkischer Rechen" = von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Herzogtum zu Franken, Feld 2 und 3: Stammwappen von Scherenberg, in Gold eine rote nach oben geöffnete Schere, Feld 4: "Rennfähnlein" = in Blau eine rot-silbern gevierte, an den beiden senkrechten Seiten je zweimal eingekerbte, schräggestellte Standarte mit goldenem Schaft, Hochstift Würzburg. Die Helmzier ist eine Kombination aus den Helmzieren aller drei Wappen. Die Scherenberg-Helmzier ist ein rotgekrönter und rotgezungter silberner Löwenrumpf (Kopf und Hals), die Standarten und Federn gehören zum Hochstift Würzburg, die Büffelhörner zum fränkischen Rechen. Hier wurde bei der Wappenvereinigung eine Kombinations-Helmzier gebastelt. Zu späterer Zeit wurden statt dessen drei Helme nebeneinander auf den Schild gesetzt. Die Helmdecken sind die rot-silbernen des Hochstifts und Herzogtums; die der von Scherenberg wären rot-golden.
Die Familie von Scherenberg ist ein uraltes fränkisches Reichsrittergeschlecht, das bereits 1212 erwähnt wird (Hartmut von Scherenberg). Das Geschlecht hat verschiedene Linien (Scherenberger, Zabelsteiner, Donnersdorfer). Die Stammburg war schon 1436 zerstört. Der einzige bedeutende Vertreter der Familie ist der Würzburger Fürstbischof Rudolf von Scherenberg, der auf dem väterlichen Besitz in Frankenwinheim geboren wurde. Mit ihm starb das Geschlecht aus. Die Familie hatte Grundbesitz im Grenzbereich Unterfranken/Oberfranken (Donnersdorf, Eberbrunn, Eberhartsbrunn, Altmannsdorf, Frankenwinheim, Dingolshausen, Oberschwappach, Bimbach, Neuses, Kleingressingen etc.).
Rudolf von Scherenberg studierte 1416 in Leipzig, wurde 1427 Domizellar und Pfarrer in Grafenrheinfeld, 1435 wurde er Domkanoniker in Würzburg. Später findet man ihn als Pfarrer in Obereßfeld, Volkach und Eßleben. 1436 besuchte er das Konzil in Basel. 1438 war er Student in Heidelberg. 1439-1466 war er Richter des Kellergerichts des Domkapitels. 1444 wurde er Mitglied des Würzburger Oberrates. 1450 stieg er zum Domscholaster auf, 1457-1459 war er Generalvikar. 1463 wurde er Archidiakon für Ochsenfurt und Mergentheim. Schließlich wurde er 1466 zum Bischof gewählt. Die Hauptleistungen seiner Regierungszeit waren die finanzielle Sanierung des Hochstifts und die Auslösung etlicher verpfändeter Besitzungen und Ämter, wofür ihn beide Inschriften feiern und als zweiten Gründer sehen.
Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Würzburger Fürstbischöfe:
Johann I. von Egloffstein
1400-1411
Johann II. von Brunn 1411-1440
Sigismund von Sachsen 1440-1443
Gottfried IV. Schenk von Limpurg 1443-1455
Johann III. von Grumbach 1455-1466
Rudolf II. von
Scherenberg 1466-1495
Lorenz von Bibra 1495-1519
Konrad II. von Thüngen 1519-1540
Konrad III. von Bibra 1540-1544
Melchior Zobel von Giebelstadt 1544-1558
Friedrich von Wirsberg 1558-1573
Julius Echter von Mespelbrunn 1573-1617
Johann Gottfried von Aschhausen 1617-1622
Philipp Adolf von Ehrenberg 1623-1631
Franz von Hatzfeld 1631-1642
Johann Philipp von Schönborn (desgl. Erzbischof von Mainz)
1642-1673
Johann Hartmann von Rosenbach 1673-1675
Literatur,
Links und Quellen:
Bistum Würzburg: http://www.bistum-wuerzburg.de/
Bistum Würzburg bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bistum_W%C3%BCrzburg
St. Kilians-Dom: http://www.dom-wuerzburg.de/index.php?r=t/
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe.
Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer
Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger
Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Der Dom zu Würzburg, Schnell
Kunstführer Nr. 232, 11. Auflage 1997, Verlag Schnell &
Steiner GmbH Regensburg, ISBN 3-7954-4194-3.
Werner Dettelbacher, Franken, DuMont
Kunstreiseführer, 9. Auflage Köln 1980, ISBN 3-7701-0746-2
Veröffentlichung der Photos
aus dem Innenraum mit freundlicher Erlaubnis des Bischöflichen
Ordinariates, Presse- und Informationsstelle, Domerschulstraße
2, 97070 Würzburg, vom 24.01.2007.
Rudolf von Scherenberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_II._von_Scherenberg
Helmut Flachenecker, Rudolf II. von
Scherenberg, in: Neue Deutsche Biographie, Band 22, Duncker
& Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2,
S. 192 ff, online: http://www.deutsche-biographie.de/xsfz56240.html
Alfred Wendehorst, das Bistum Würzburg: Teil 3, die
Bischofsreihe von 1455 -1617. Reihe Germania sacra. 1978. ISBN
3-11-007475-3, S. 20-51. Online: http://rep.adw-goe.de/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E3-3 bzw. als pdf: http://rep.adw-goe.de/bitstream/handle/11858/00-001S-0000-0003-16E...617.pdf?sequence=1
Franz Xaver von Wegele, Rudolf II. von Scherenberg, in:
Allgemeine Deutsche Biographie, Band 29, Duncker &
Humblot, Leipzig 1889, S. 566569, online: http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Rudolf_II._von_Scherenberg
Genealogie der von Maßbach: Biedermann, Geschlechtsregister Der
Reichsfrey unmittelbaren Ritterschaft Landes zu Franken
Löblichen Orts Baunach http://books.google.de/books?id=ayZRAAAAcAAJ
Beschreibung dieses Epitaphs in: Joh. Octavian Salver, Proben des
hohen deutschen Reichs Adels oder Sammlungen alter Denkmäler http://books.google.de/books?id=ZONWAAAAcAAJ S. 332-334
Die Deutschen Inschriften, hrsg. von den Akademien der
Wissenschaften in Düsseldorf, Göttingen, Heidelberg, Mainz,
München und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in
Wien, 27. Band, Münchener Reihe 7. Band, Die Würzburger
Inschriften bis 1525, auf der Grundlage des Nachlasses von
Theodor Kramer, unter Mitarbeit von Franz Xaver Herrmann,
bearbeitet von Karl Borchardt, Dr. Ludwig Reichert Verlag,
Wiesbaden 1988, S. 162-163, Nr. 346
Dom, Otto II. von Wolfskeel - Dom, Albrecht II. von Hohenlohe - Dom, Johann I. von Egloffstein - Dom, Johann von Brunn - Dom, Gottfried Schenk von Limpurg - Dom, Johann von Grumbach - Dom, Lorenz von Bibra
Die Wappen der Fürstbischöfe von
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(3) - Teil
(4)
Der Fränkische Rechen - Das
Rennfähnlein
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