Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 152
Münnerstadt: Deutscher Orden, Henneberger und Würzburger Fürstbischöfe

Deutschordensschloß in Münnerstadt, Wappenpaar über dem Portal des Treppenturmes

Eine Ballei ist eine Verwaltungseinheit des Deutschen Ritterordens, eine Ordensprovinz (wie es auch bei anderen Orden heißt). Die Balleien unterstanden in Deutschland dem Deutschmeister, dieser wiederum dem Hochmeister des Deutschen Ordens (erst in der Marienburg, später in Bad Mergentheim, Details in den Kapiteln über Bad Mergentheim). Nur einige Balleien (Österreich, Elsaß-Schwaben-Burgund und Böhmen) unterstanden im Laufe der Geschichte des Deutschen Ordens zeitweise direkt dem Hochmeister, dann nannte man sie Kammer-Ballei. Eine Ballei umfaßt mehrere Kommenden. Eine Kommende ist eine einzelne Ordens-Niederlassung, geführt von einem Komtur. Eine Ballei wird von einem Landkomtur geführt, der die Geschäfte in der Landkommende führt. Das Wort Ballei (auch Bolley) leitet sich von ballivus = Aufseher ab.

Diese Abhängigkeiten innerhalb des Ordens, diese Struktur wird auch innerhalb der Heraldik sichtbar: Im Hof des Deutschordensschlosses haben wir 5 Wappenpaare, eines über dem Eingang zum Treppenhaus, eines am rechteckigen Renaissance-Erker und drei in die Wände eingemauert. Alle sind Doppelwappen mit dem des Landkomturs der Ballei Franken heraldisch rechts und dem des Komtur von Münnerstadt selbst heraldisch links, also das Wappen des Chefs als das wichtigere heraldisch rechts und das des vor Ort Zuständigen nachgeordnet heraldisch links.

Dieses Doppelwappen stammt von 1611 AD. Der wuchtige, überdimensionierte Sturz trägt die Bauinschrift und die Jahreszahl.

Optisch links, heraldisch rechts (Abb. unten) befindet sich das Wappen von Johann Konrad Schutzbar genannt Milchling, Landkomtur der Ballei Franken 1606-1612, Komtur zu Ellingen und Nürnberg, Deutschordensritter. Er darf nicht mit dem berühmteren Verwandten Wolfgang Schutzbar gen. Milchling verwechselt werden, dem früheren Hochmeister des Deutschen Ordens in Bad Mergentheim. Auch dieser war einmal Landkomtur, aber nicht in Ellingen und der Ballei Franken, sondern in Marburg für die Ballei Hessen. Sein Wappen zeigt in Silber drei (2:1) zum Dreipaß verbundene schwarze gestielte Lindenblätter (auch als Kugeln oder Herzen dargestellt je nach Darstellung und Quelle). Die Helmzier ist ein wie der Schild bez. offener Flug, Helmdecken schwarz-silbern. Dieser Schild ist von einem zweiten Schild mit dem schwarzen Deutschordenskreuz in Silber unterlegt. Die Schildformen sind hochmanierierte symmetrische Renaissance-Kartuschen, die mit einer Tartsche oder gar einem mittelalterlichen Reiterschild nicht mehr viel gemeinsam haben. Die Bügel des Helmes sind leider zerstört, dafür sind Helmzier und Schild und insbesondere die Helmdecken eine exquisite Arbeit.

Später führte die Familie Schutzbar gen. Milchling ein vermehrtes Wappen: Geviert, Feld 1 und 4: in Silber drei (2:1) mit den Stielen zum Dreipaß verbundene schwarze Lindenblätter oder Kugeln. Feld 2 und 3: In einem mit Sternen besäten Felde ein aus dem linken Rand hervorkommender geharnischter Arm, in der Faust einen Streitkolben haltend, Farben unklar. Helm 1: Ein offener silberner Flug, beiderseits mit der Schildfigur belegt. Helm 2: gekrönt, wachsende Frau mit zwei Standarten in den vor dem Körper gehaltenen Händen, rechte Standarte: Ein adler, begleitet von vier Sternen, linke Standarte: Ein Krückenkreuz, bewinkelt von kleinen Kreuzchen, Farben unklar. Helmdecken rechts schwarz silbern, links blau-gold.

Die Schutzbar sind eigentlich ein hessisches Geschlecht. Der Stammsitz ist das Schloß Burgmilchling bei Treis a. d. Lumde. Im 16. Jh. erst ist die Familie nach Franken gekommen. In Wilhermsdorf (Ämter Wilhermsdorf, Buchklingen und Neuses), wo sie sich ankauften, errichteten sie ihre neue Burg Burgmilchling. 1569 wurden die Schutzbar in den Freiherrenstand erhoben. Die fränkische Linie starb aber schon 1661 aus. Dafür entwickelte sich die sog. Friedrich'sche Linie in Hessen und Westfranken weiter. Sie stellten mehrere Domkapitulare in Würzburg. Neben dem Hochmeister des Deutschen Ordens, Wolfgang Schutzbar gen. Milchling, sind von Bedeutung der gleichnamige Fürstabt von Fulda (1558-1567) und der hier vorgestellte Landkomtur Johann Konrad Schutzbar genannt Milchling.

Optisch rechts, heraldisch links (Abb. unten) ist das Wappen von Wilhelm von und zu der Hees, Komtur zu Münnerstadt und Deutschordensritter, der Erbauer dieses Treppenturmes im Stil der Spätrenaissance. Der von der Hees-Schild mit zwei Mühleisen über einem ebensolchen Balken ist von einem zweiten Schild mit dem Deutschordenskreuz unterlegt. In Farbe würde die Blasonierung lauten: In Rot ein silberner Balken, oben von zwei silbernen Mühleisen begleitet, unterlegt von einem silbernen Schild mit schwarzem Kreuz. Die vordere Partie des Helmes und die Helmzier sind leider zerstört, man kann aber noch vermuten, daß es sich einst um ein Paar Büffelhörner gehandelt haben muß, zwischen denen der Schild wiederholt wurde. So wird das Kleinod im Aschaffenburger Wappenbuch beschrieben, zu rot-silbernen Decken der Schild zwischen zwei roten, je mit einem silbernen Balken belegten Paar Büffelhörner. Etwas anders gibt das Westfälische Wappenbuch die Helmzier an: Auf dem gekrönten Helm mit rot-silbernen Decken der Schild oben angestemmt zwischen einem Paar roter Büffelhörner, also die Büffelhörner nicht noch einmal mit dem silbernen Balken belegt, sondern gänzlich rot. Im Rietstap finden sich folgende Angaben: De gueules à la fasce d'argent, accompagné en chef de deux anilles du même. Casque couronné, un écusson des armes, entre deux proboscides de gueules, chargées chacune d'une fasce d'argent, also mit den Angaben bei Wolfert übereinstimmend.

Lebensdaten des Wilhelm von und zu der Hees:
Vater: Johann Georg von und zu der Hees, nassauischer Amtmann zu Siegen
Mutter: Lutgart von Neuhoff genannt von der Ley
Das Stammhaus Hees ist heute unter dem Namen Junkernhees im Kreis Siegen bekannt.
1600 Eintritt in den Deutschen Orden in Mergentheim
1608-1609 Komtur Gangkofen
1609-1610 (ca.) Hauskomtur Nürnberg
1610-1616 Komtur zu Münnerstadt
1616-1625 Komtur zu Frankfurt
1625 verstorben. Seine Ernennung zum Komtur zu Würzburg wurde noch beschlossen, aber konnte nicht mehr verwirklicht werden.

Unter dem gewaltigen Wappenrelief über dem Eingang befindet sich eine einzelne markante Konsole, die nur vom dem Deutschordenskreuz (schwarz in Silber) geschmückt wird.

Ein inhaltlich ganz ähnlicher Wappenstein befindet sich in Nürnberg, datiert auf 1609, als Wilhelm von und zu der Hess noch Hauskomtur in Nürnberg war. Es stammt von der 1862-1865 weitgehend abgebrochenen Nürnberger Deutschordenskommende und ist an der Nordwand der ehemaligen Kartäuserkirche angebracht (Germanisches Nationalmuseum). Er zeigt ebenfalls die Wappen Schutzbar und von der Hees.

Literatur:
Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens, hrsg. von Prof. Dr. Udo Arnold, Band 45: Ekhard Schöffler, Die Deutschordenskommende Münnerstadt: Untersuchungen zur Besitz-, Wirtschafts- und Personalgeschichte, Elwert Verlag Marburg, 1991, ISBN 3-7708-0969-6
Hans-Georg Böhm: Hochmeisterwappen des Deutschen Ordens 1198-1618, Frankonia Buch 1990, Fränkische Nachrichten Druck- und Verlags-GmbH, Tauberbischofsheim, ISBN 3-924780-15-3
Die Hochmeister der Residenz Mergentheim, Heft 15 der Schriftenreihe der Vereinigung zur Förderung der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Deutschen Ordens e.V. und der Historischen Deutschordens-Compagnie Bad Mergentheim e.V., 1997
http://www.heraldique-europeenne.org/Armoriaux/Teutonique/index.html
http://www.people.freenet.de/heckmann.werder/Wappen.htm
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener 3. Aufl. 1999
http://forschung.gnm.de/ressourcen/kulturgut/2007/Ausgabe_IV_2007.pdf, Seite 1-4 (Frau Timann ein herzliches Dankeschön für den Link zu diesem Vergleichswappen)
Schlösser und Burgen in Unterfranken, von Anton Rahrbach, Jörg Schöffl, Otto Schramm. Hofmann Verlag Nürnberg 2002, ISBN 3-87191-309-X

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