Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 2989
Würzburg
(Unterfranken)
Marienkapelle am Markt: Martin von Seinsheim
Das an der Westwand des Langhauses südlich des Westportals angebrachte Epitaph aus gelbgrauem Sandstein für Martin von Seinsheim (-26.12.1434) entstammt der Spätgotik und zeigt den Verstorbenen als Ganzfigur in Hochrelieftechnik, den Betrachter frontal anschauend. Er trägt Rüstung mit Dolch rechts und Schwert links und über dem Harnisch einen Überwurf mit sehr weiten, in vielen Falten herabfallenden Ärmeln. An den Händen trägt er klobige Panzerhandschuhe, die Rechte hält einen Rosenkranz; die Linke greift ans Schwert. Auf dem Kopf trägt er eine beutelförmig zu seiner rechten Seite herabfallende Mütze.
Auffälligstes Detail ist der Fürspängerorden auf der Brust, der aus einem gewundenen Ring besteht, von dem fünf sichtbare kurze Ketten herabhängen mit jeweils einer sechseckigen Spange mit Dorn und kleeblattförmig verzierten Enden herabhängen. Bei diesem Orden handelt es sich um einen Ritterbund, eine religiös-gesellschaftliche Vereinigung, deren Abzeichen die "Fürspangen", also Gürtelschließen Mariens waren. Der Orden spielte eine Rolle bei der Selbstorganisation des landsässigen Adels und ist Zeichen einer Selbstbehauptung gegen die mächtiger werdenden Städte und mächtiger werdenden fürstlichen Familien, die immer gerne die Territorien der reichsritterschaftlichen Familien mediatisiert hätten. Für die Mitgliedschaft in diesem von Kaiser Karl IV. gestifteten Orden gibt es weitere Beispiele auf Epitaphien, Friedrich von Seinsheim (-1409) in der Dominikanerinnenklosterkirche in Rothenburg ob der Tauber, Philipp und Friedrich von Seinsheim in der Kirche St. Nicolai in Marktbreit, diese beiden mit der Spange auf der linken Schulter, Kilian von Seinsheim (-1502) in der Kirche St. Cyriacus in Wässerndorf. Von all den genannten Beispielen ist dieses Epitaph hier in der Marienkapelle das mit der beeindruckendsten Darstellung. Diese Ordenszeichen wurden auch auf Totenschilden in der Würzburger Marienkapelle, der Bamberger Marienkirche und der Nürnberger Frauenkirche aufgehängt, den Schwerpunkten dieses fränkischen Ritterbundes. Martin von Seinsheim, für den es auch einen Totenschild in der Nürnberger Frauenkirche gab, war auch noch Mitglied der Würzburger Ratsbruderschaft.
Die links, oben und rechts auf drei Seiten umlaufende und auf der rechten Seite durch die Helmdecke unterbrochene Inschrift in vertieften gotischen Minuskeln lautet: "Anno d(omi)ni Mo cccco xxxiiijo an dem ander(e)n C(h)rist(t)ag sta(r)b der e(h)ber / und veste mirtein von seinß/heim stiffter di(e)ße(s) altars dem got(t) genade amen". Der "andere Christtag" ist der zweite Weihnachtefeiertag. Die erwähnte Altarstiftung bezieht sich darauf, daß Martin von Seinsheim 1419 ein Meßpfründe für die Marienkapelle gestiftet hatte, damit dort eine ewige Messe gelesen wird. Früher stand das Epitaph in der Nähe des dafür vorgesehenen Altars. Der Helm ist in der oberen rechten Ecke dargestellt, auf einen eigenen Schild wird verzichtet, dafür wird dieser in einer Mini-Version dem Kleinod aufgelegt (silbern-blau fünfmal gespalten). Das Kleinod ist zu blau-silbernen Decken ein wachsender Mannesrumpf in mehrfach blau-silbern gespaltenem Gewand und ebensolchem, silbern aufgeschlagenen Spitzhut, vom dem hier allerdings nur die Partie bis zum Ende des Stulps zu sehen ist. Martin von Seinsheim war mit Katharina von Seckendorff verheiratet.
Literatur,
Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps:
https://www.google.de/maps/@49.7947946,9.9295677,20z - https://www.google.de/maps/@49.7948267,9.9295932,81m/data=!3m1!1e3
Homepage der Dompfarrei: https://www.dom-wuerzburg.de/seelsorge/dompfarrei/
Marienkapelle in Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Marienkapelle_(Würzburg)
Marienkapelle im Würzburg-Wiki: https://wuerzburgwiki.de/wiki/Marienkapelle
Marienkapelle im Historischen Lexikon Bayerns: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Marienkapelle,_Würzburg
Marienkapelle auf der Webseite des Bistums Würzburg: https://www.bistum-wuerzburg.de/bildung-kunst/sehenswuerdigkeiten/marienkapelle-wuerzburg/
Verwendung der Innenaufnahmen mit
freundlicher Erlaubnis von Frau Alexandra Eck, Referentin für
die Dombesucherpastoral, vom 27.6.2022, wofür ihr an dieser
Stelle herzlich gedankt sei.
Peter Kolb: Wappen in Würzburg, Mainfränkische Studien 90,
hrsg. vom Verein der Freunde Mainfränkischer Kunst und
Geschichte e. V. Würzburg, 169 S., Spurbuch-Verlag, Würzburg
2019, ISBN: 978-3-88778-572-7
Zum Fürspängerorden: http://geneal.lemmel.at/Ger-25h.html
Hanns von Heßberg: Die ehemaligen Totenschilde in der
Frauenkirche zu Nürnberg, in: Genealogie 22. Jahrgang 1973, S.
607
Die Deutschen Inschriften, hrsg. von den Akademien der
Wissenschaften in Düsseldorf, Göttingen, Heidelberg, Mainz,
München und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in
Wien, 27. Band, Münchener Reihe 7. Band, Die Würzburger
Inschriften bis 1525, auf der Grundlage des Nachlasses von
Theodor Kramer, unter Mitarbeit von Franz Xaver Herrmann,
bearbeitet von Karl Borchardt, Dr. Ludwig Reichert Verlag,
Wiesbaden 1988, Nr. 209, S. 105
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