Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 2979
Würzburg (Unterfranken)

Marienkapelle am Markt: Anton Franz Friedrich Stein von Nord- und Ostheim

Bei dieser Grabplatte für Anton Franz Friedrich Stein von Nord- und Ostheim (6.10.1701-) ist die biographische Inschrift auf den umlaufenden Rand beschränkt; sie hat den Wortlaut "Antonius Franciscus Fridericus / a Stein Natus Anno 1701 die sexto Octob(ris) ... / ... / ... igesimo Primo Decembris". Die beiden unteren Ecken wurden beschädigt und sind nur der äußeren Form nach ergänzt worden, deshalb ist die Umschrift dort lückenhaft. Die Familie der von Stein zu Nord- und Ostheim stammt aus der Rhön und kommt im Grabfeld und an der Fränkischen Saale vor, auch zwischen Coburg und Bamberg. Ursprünglich waren die Familienmitglieder Ministerialen der Würzburger Fürstbischöfe und der Grafen von Henneberg. Als Lehen der letzteren hatten sie das Unterburggrafenamt zu Würzburg inne. Ihre Lehen hatte die Familie von den Hochstiften Würzburg und Bamberg, vom Kloster Fulda und von den Grafen von Henneberg, später von den Herzögen von Sachsen. Im 13. Jh. hatten sich zwei Linien herausgebildet, eine zu Ostheim und eine zu Nordheim. Erstere erlosch 1705, letztere erbte, und seitdem wurde der kombinierte Name von Stein zu Nord- und Ostheim üblich. Bis 1922 waren die Güter ein Fideikommiß und wurden als Kondominat verwaltet. Am 3.7.1669 erlangte Carl von Stein, der bei den Vorfahren hier auftaucht, von Kaiser Leopold I. den Reichsfreiherrenstand.

 

Das Zentralfeld der Epitaphienplatte ist völlig heraldisch. Das größer dargestellte Hauptwappen im Zentrum zeigt das Wappen der Stein von Nord- und Ostheim ("STEIN VON / OSTHEIM"), in Silber ein schwarzer Schrägbalken, auf dem gekrönten Helm mit schwarz-silbernen Decken ein silberner Flug, beiderseits belegt mit dem schwarzen Schrägbalken. Dieses Hauptwappen steht für den Probanden selbst. Es wird umgeben von den insgesamt acht Wappen der Ahnenprobe, wobei diese sämtlich mit Schriftbändern zugeordnet sind und jeweils im Bogen angeordnet sind, so daß die mittleren Paare parallel stehen, das oberste Paar einander zugeneigt ist und das unterste Paar mit den Schildfüßen aufeinander ausgerichtet ist. Alle Schilde tragen auf dem oberen Rand eine simplifizierte Krone aus sechs Kugeln in einer gebogenen Reihe und drei einzelnen darüber auf Lücke.

Zur Betrachtung der Ahnenprobe beginnen wir heraldisch rechts oben, wo sich das Wappen der von Stein zu Nord- und Ostheim ("STEIN V: OSTHEIM") wiederholt, Beschreibung siehe oben. Dieses Wappen steht für den Vater, Caspar Stein von Nord- und Ostheim (16.3.1667-28.5.1706), Herr auf Nordheim, erst fürstbischöflich-würzburgischer, dann herzoglich-braunschweig-wolfenbüttelscher Geheimer Rat und Gesandter. Er wurde im Laufe des Spanischen Ebfolgekriegs von den Franzosen auf dem Rhein bei Bingen erschossen. Es steht aber auch für den Großvater väterlicherseits, Dietrich Stein von Nordheim (15.5.1623-14.4.1692), Herr auf Nordheim, kurbrandenburgischer Leutnant, Ritterrat. Und es steht bei einer 8er-Ahnenprobe auch noch für den Urgroßvater, Caspar Stein von Nordheim (25.9.1590-28.9.1632), Ritterhauptmann und Gesandter der Fränkischen Reichsritterschaft, kgl. schwedischer Geheimer Rat und Landrichter zu Franken, Amtmann zu Wildberg und Rotenstein, den Sohn von Caspar Stein von Nordheim (-9.1.1602), Herr auf Nordheim und Ritterhauptmann, und Maria Magdalena von Wallenfels (-10.9.1598).

 

Die heraldisch linke Seite beginnt oben aber ebenfalls mit einem Wappen der von Stein zu Nord- und Ostheim ("STEIN V: OSTHEIM") wie oben beschrieben. Caspar Stein von Nord- und Ostheim (16.3.1667-28.5.1706) hatte nämlich am 11.12.1698 seine Cousine geheiratet, die Mutter des Probanden ist Magdalena Sophia von Stein zu Nord- und Ostheim (3.10.1670-25.8.1742), und für diese war die Vetternheirat ihre erste Ehe von zweien. Dieser Schild steht damit auch für den Großvater mütterlicherseits, Freiherr Carl Stein von Nordheim (8.12.1626-13.9.1675), Premierminister des Bayreuther Markgrafen, markgräflicher Gesandter beim Immerwährenden Reichstag zu Regensburg, der den Reichsfreiherrenstand am 3.7.1669 erlangte, der Erbtruchseß des Burggrafentums Nürnberg und Komtur des Johanniterordens zu Litzen war. Und er steht für den entsprechenden Urgroßvater, den oben genannten Caspar Stein von Nordheim (25.9.1590-28.9.1632), denn der kommt bei einer Cousinenheirat der Eltern des Probanden ja zweimal vor.

Eine Reihe weiter unten sehen wir auf der Schwertseite das Wappen der Stein vom Altenstein ("V: ALTENSTEIH"), in Rot drei (2:1) silberne Streithämmer, ggf. mit goldenen Stielen; die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken ein Paar roter Büffelhörner mit silbernem Kamm. Dieses Wappen steht für die Großmutter väterlicherseits, Maria Dorothea von Stein zum Altenstein (-21.9.1671), und deren Vater, Casimir Christian von Stein zum Altenstein, herzoglich-sachsen-eisenachischer Rat und Amtmann zu Lichtenberg.

 

Auf der Spindelseite erkennt man an zweiter Stelle das Wappen der von Geyer zu Osterburg (auch Geyer von Geyersperg/Geyersberg, "GEYER VON / OSTERBERG"), es ist geviert: Feld 1 und 4: in Gold ein schwarzer, rotbewehrter, einwärts gewendeter Geier (Stammwappen), Feld 2 und 3: in Blau auf einem roten Dreiberg ein goldener, sechszackiger Stern (Fuchs von Kandelberg). Das hier nicht verwendete Oberwappen wären zwei Helme: Helm 1 (rechts): auf dem gekrönten Helm mit schwarz-goldenen Decken auf einem Herzogshut ein schwarzer, rotbewehrter Geier (Stammkleinod), Helm 2 (links): auf dem blau-golden bewulsteten Helm mit blau-goldenen Decken auf einem roten Dreiberg ein goldener, sechszackiger Stern zwischen zwei blau-golden übereck geteilten Büffelhörnern (Fuchs von Kandelberg). Das Wappen wird beschrieben im Siebmacher Band: Bad Seite: 51 Tafel: 31 und im Band: OÖ Seite: 64 Tafel: 27.

Die Familie stammte eigentlich aus Franken, wo die Stammburg Geyersberg bei Coburg zu finden ist. Von da breitete sich die Familie nach Sachsen und nach Österreich aus. Die Vereinigung des Stammwappens mit dem der Fuchs von Kandelberg beruht auf der 1502 geschlossenen Ehe zwischen Hanns Geyer von Geyersberg (-8.9.1525) und Walburga Fuchs von Kandelberg, seiner zweiten Ehefrau, die er nach der Ehe mit Anna Polhauser geheiratet hatte. Besagter Hanns Geyer war es, der aus Franken nach Österreich kam, erst 1483 als Regensburger Hauptmann und Pfleger zu Pöchlarn in Erscheinung trat, dann in kaiserliche Dienste trat, Mauteinnehmer zu Ybbs wurde, es schließlich zum kaiserlichen Rat, Rentmeister, Hofbaumeister und Schatzmeister brachte. 1504 kaufte er das Gut Hart in Niederösterreich, kurz darauf Haindorf. 1508 erschien er unter der Ritterschaft auf dem Landtag zu Krems. Er bekam 1510 von Kaiser Maximilian I. die Pflege und Herrschaft Karlsbach samt Freyenstein auf Lebenszeit. Am 29.12.1514 kaufte er von Johann I. Graf von Hardegg die Herrschaft und Burg Osterberg (Osterburg). 1515 erwarb er das Gut Hernals bei Wien. Von Kaiser Maximilian wurde er mit diesen Besitzungen belehnt unter der Maßgabe, daß er seine noch außer Landes befindlichen Verwandten zu sich holen und in Österreich ansiedeln solle. Die Söhne dieses Hanns Geyer von Geyersberg zu Osterburg wurden gemeinsam mit ihren Vettern am 16.1.1531 von Kaiser Ferdinand I. mit Osterberg, Haindorf und Hernals belehnt. Am 5.5.1536 wurde in einem entsprechenden Diplom die Vereinigung der Wappen Geyer und Fuchs von Kandelberg im vermehrten Schild wie oben beschrieben genehmigt.

Hier steht der Schild für die Großmutter mütterlicherseits, Margarethe von Geyer Freie und Edle Herrin zu Osterburg (1648-1.3.1722), zweite Ehefrau des Freiherr Carl Stein von Nordheim (Heirat am 7.6.1668), sowie für ihren Vater, Johann Ehrenreich Geyer Freier und Edler Herr von Osterburg, Herr auf Leesdorf, Karnabrunn, Wolfsberg und Spitz, kaiserlicher Kämmerer und Oberkriegskommissar für die Kaiser Ferdinand III. und Leopold I., seit 1650 Freiherr, Sohn von Hanns Adam Geyer von Osterburg, Herr zu Inzersdorf, Leesdorf, Wolfsberg und Thallern, und Anna Margaretha Welzer von Welz.

 

Springen wir in die dritte Reihe: Heraldisch rechts ist das Wappen der von Guttenberg ("V GVTTEN/BERG") zu sehen, in Blau eine goldene Rose. Das hier nicht verwendete Kleinod wäre zu rot-goldenen Decken ein roter, hermelingestulpter Turnierhut, besteckt mit fünf schwarzen Rohrkolben. Hier steht der Schild für die Urgroßmutter Rosina Maria von Guttenberg (28.4.1592-23.7.1639), Tochter von Friedrich Wilhelm von Guttenberg, Herr auf Steinenhausen, fürstbischöflich-bambergischer Rat und Amtmann, und Magdalena von Rosenau. Aufgrund der Position in der Ahnenprobe ist sie der väterlichen Linie zuzurechnen. Tatsächlich kommen diese Personen aber aufgrund der Cousinenheirat auch auf mütterlicher Seite vor, und hier wurde auf der Spindelseite das entsprechende Wappen unterschlagen.

Das dritte Wappen auf der Spindelseite ist das der von Kuefstein ("KVEF/STEINER"), in Rot (eigentlich noch auf goldenem Dreiberg) ein nackter, goldengekrönter Mohr, der in der Rechten ein Schwert hält. Das hier nicht verwendete Kleinod wäre zu rot-silbernen Decken ein nackter, goldengekrönter Mohr, der in der Rechten ein Schwert hält, zwischen einem silbern-rot übereck geteilten Flug. Dieses Wappen gehört eigentlich nicht in die dritte Reihe, sondern in die vierte und letzte, und nur durch das Auslassen des zweiten Guttenberg-Schildes ist das hier von Position 8 auf Position 6 gerutscht. Es steht für Anna Justina Freiin von Kuefstein, die Tochter von Hanns Jakob Freiherr von Kuefstein und Clara von Puchheim. Sie war die Ehefrau des Urgroßvaters Johann Ehrenreich Geyer Freier und Edler Herr von Osterburg.

 

In der vierten Reihe bleibt es auf der Schwertseite beim erwartungsgemäßen Bildprogramm: Dort ist der Schild der von Spessart zu Aschhausen ("V: SPISSERT") dargestellt, hier ein bärtiger Kopf im Profil mit hinten zusammengeknotetem Kopftuch (ohne Literaturbeleg, Tinkturen unbekannt). Der Schild steht für die Urgroßmutter Kunigunde Barbara Spessart zu Aschhausen, Ehefrau des Casimir Christian von Stein zum Altenstein. Cave - das Aschaffenburger Wappenbuch listet die von Spessart zu Unsleben mit einem schräggestellten Fischkopf.

Das vierte Wappen auf der Spindelseite hingegen ist ein Nachrücker. Durch das Auslassen des zweiten Guttenberg-Wappens und das Aufrücken des Kuefstein-Wappens kann nun ein Wappen aus der nächstzurückliegenden Vorfahren-Generation berücksichtigt werden. Hierzu nahm man das, was am nächsten dran ist an dem Kuefstein-Wappen, das der von Puchheim (Buchheim, "B..."), geviert mit Herzschild, Feld 1 und 4: in Schwarz drei (2:1) goldene Ährenbündel (Erbtruchsessenamt), Feld 2 und 3: in Silber ein roter Balken (Stammwappen Puchheim/Buchheim), Herzschild: in Rot ein golden gekrönter silberner Löwe (Raabs). Hier steht der Schild für Clara von Puchheim, Mutter von Anna Justina Freiin von Kuefstein und Ehefrau von Hanns Jakob Freiherr von Kuefstein, und Ururgroßmutter des Probanden. So kommt es, daß als einziges Wappen der Ururgroßeltern-Generation ausgerechnet dasjenige zum Zuge kommt, das eigentlich nach strenger Logik auf dem allerletzten Platz landen müßte.

Die Genealogie zu diesem Epitaph noch einmal übersichtlich zusammengestellt:
Eltern:

Großeltern:

Urgroßeltern:

Literatur, Links und Quellen:
Lokalisierung auf Google Maps: https://www.google.de/maps/@49.7947946,9.9295677,20z - https://www.google.de/maps/@49.7948267,9.9295932,81m/data=!3m1!1e3
Homepage der Dompfarrei:
https://www.dom-wuerzburg.de/seelsorge/dompfarrei/
Marienkapelle in Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Marienkapelle_(Würzburg)
Marienkapelle im Würzburg-Wiki:
https://wuerzburgwiki.de/wiki/Marienkapelle
Marienkapelle im Historischen Lexikon Bayerns:
https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Marienkapelle,_Würzburg
Marienkapelle auf der Webseite des Bistums Würzburg:
https://www.bistum-wuerzburg.de/bildung-kunst/sehenswuerdigkeiten/marienkapelle-wuerzburg/
Verwendung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Frau Alexandra Eck, Referentin für die Dombesucherpastoral, vom 27.6.2022, wofür ihr an dieser Stelle herzlich gedankt sei.
Hans Körner: Frankfurter Patrizier. Ernst Vögel Verlag, München, 1971, S. 336-337
Andreas Hansert, Herbert Stoyan: Frankfurter Patrizier, historisch-genealogisches Handbuch, Hansert-Stoyan-Productions 2012, S. 1328-1329, 1344-1345
Genealogie der Geyer von Geyersberg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste_der_Geyer_von_Geyersperg
Genealogie der Geyer von Geyersberg zu Osterburg: Franz Karl Wißgrill: Schauplatz des landsässigen niederösterreichischen Adels vom Herren- und Ritterstande, 3. Band, 1797, online:
https://books.google.de/books?id=e-hkAAAAcAAJ S. S. 291
Geyer von Geyersberg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Geyer_von_Geyersperg
Hans Geyer von Geyersberg zu Osterburg:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Geyer_von_Osterburg
Osterburg auf Burgen-Austria:
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=1392
Peter Kolb: Wappen in Würzburg, Mainfränkische Studien 90, hrsg. vom Verein der Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg, 169 S., Spurbuch-Verlag, Würzburg 2019, ISBN: 978-3-88778-572-7

Marienkapelle: Johann Friedrich Eckenbert von Dalberg - Marienkapelle: Johann Philipp Eckenbert von Dalberg - Marienkapelle: Johann Georg von Mauchenheim gen. Bechtolsheim - Marienkapelle: Maria Johanna Faust von Stromberg - Marienkapelle: Anna Maria Amalia Sophia von Würtzburg - Marienkapelle: Maria Rosina von Greiffenclau-Vollraths - Marienkapelle: Konrad von Schaumberg - Marienkapelle: Maria Anna Theresie von Breidbach-Bürresheim - Marienkapelle: Jörg Schrimpf - Marienkapelle: Ludwig Wilhelm von Bibra - Marienkapelle: Valentin von Münster und seine zwei Frauen - Marienkapelle: Martin von Seinsheim - Marienkapelle: Johanna von Gebsattel

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