Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1917
Schwäbisch Hall (Landkreis Schwäbisch Hall)

Berlin-Haus (Unterlimpurger Straße 7)

Auch dieses Haus ist Teil der ab der Mitte des 16. Jh. möglichen Bebauung der neuen Vorstadt im Süden der Kernstadt außerhalb der mittelalterlichen Stadtbefestigungen. Mit dem Ende des Konfliktes mit den Schenken von Limpurg waren hier plötzlich Sahneschnittchen an Grundstücken verfügbar, die schnell bebaut wurden. Dieses große und repräsentative Haus mit Innenhof, das Berlin-Haus genannt wird, hat aber nichts mit der deutschen Hauptstadt zu tun, sondern mit der in Hall ansässigen adeligen Familie Berlin oder auch Bärlin von Wäldershub, die es erbauen ließ.

 

Das Haus besitzt ein steingemauertes, massives Erdgeschoß und darüber mehrere Fachwerkgeschosse. Rechterhand ist ein turmartiger Anbau, in gleicher Bauweise und mit zwei kleinen Vorkragungen an den freien Seiten. Rückwärtig klettern die Nebengebäude mit Sockelgeschossen aus Bruchstein und Fachwerkoberbau stufenweise den Hang hinauf und umschließen den Innenhof. Innen ist das Haus nach einem Komplettumbau in den 1970er-Jahren weitgehend modern, aber außen am Anbau hat sich unter dem Fenster des ersten Obergeschosses noch ein Wappenstein aus der Bauzeit erhalten. Wie die Nachbarbebauung entstand auch dieses Haus in der zweiten Hälfte des 16. Jh., und den Besitzern Ludwig Berlin von Wäldershub (1534-1612) und dessen Ehefrau Barbara Berlin von Wäldershub geb. Schantz (-1578) entspricht der am Haus angebrachte Wappenstein mit der Jahreszahl 1575.

Das Wappen Berlin von Wäldershub wird im Siebmacher unter "Berlin von Wellershub" beschrieben (Band: WüA Seite: 3 Tafel: 10). Es zeigt in Gold einen schwarzen Bären, auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken der schwarze Bär sitzend oder hockend (Siebmacher: "sitzend" lt. Text, wachsend lt. Abb.). Vgl. auch Siebmacher Band: Bg1 Seite: 33 Tafel: 41 für Wilhelm Bernhard Berlin, Handelsmann in Nürnberg, aber ein gewendet dargestelltes Wappen, Helmzier der Bär sitzend. Wäldershub ist ein Ortsteil der Gemeinde Fichtenau im Landkreis Schwäbisch Hall, nahe Crailsheim und Dinkelsbühl. Hier hatte die aus Dinkelsbühl stammende Patrizierfamilie Bärlin um 1500 ein Rittergut zu Lehen und errichtete um 1561 ein Wasserschloß, mit dem Wappen von Wolf Dietrich Berlin und seiner Frau Anna Dorothea v. Ellrichshausen, datiert auf 1615. Der hier vertretene Ludwig Berlin von Wäldershub war entgegen den Angaben im Siebmacher nicht der Letzte seines Geschlechts, weil ein Wolf Dietrich Berlin das Rittergut Wäldershub erst 1615-1617 veräußerte.

Das Wappen Schantz zeigt in Silber auf grünem Ast sitzend einen schwarzen Raben, der einen goldenen Fingerring mit nach unten gekehrtem Stein im Schnabel trägt, auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein Busch von hier sechs schwarzen Straußenfedern in zwei Ebenen. Hier steht es für Barbara Schantz. Ein farbig gefaßtes Vergleichswappen findet sich auf der Stiftertafel Reichsalmosen in St. Michael für Agatha Schantz geb. Büschler (-1559), Ehefrau des Wolf Schantz, Amtmann zu Wertheim. Vgl. auch die in Hinblick auf Namen und Motiv ähnlichen Siebmacher-Einträge Band: PoA Seite: 83 Tafel: 52, eine Abwandlung mit blauem Schildhaupt und schwarz-silbernen Federn zu blau-golden-schwarz-silbernen Decken, Ergebnis einer schwedischen Nobilitierung, genealogischer Zusammenhang unklar, sowie Band: PrA Seite: 77 Tafel: 57 mit rotem Zweig und Pfauenschweif als Helmzier, ebenfalls ohne ersichtlichen Zusammenhang zu der hier relevanten Barbara. Maßgeblich ist deshalb für die Angaben zur Tinktur die zeitgenössische Darstellung auf der Stiftertafel Reichsalmosen, die aber nur fünf Straußenfedern in der Helmzier hat.

Später kam das Anwesen in der Unterlimpurger Straße an andere Familien, 1720 wird der Stättmeister Drechsler als Besitzer genannt, danach 1767 der Stättmeister Johann Lorenz Sanwald und 1780 seine Witwe, später Haalhauptmann Georg Karl Haspel, und schließlich kam es in den Besitz der Stadt Hall. Das Haus ist der ehemalige Sitz des alten Amtsgerichts, das nun in derselben Straße gegenüber untergebracht ist. Heute haben mehrere Anwälte hier ihre Kanzleien.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher wie angegeben
Häuserlexikon Schwäbisch Hall:
http://www.schwaebischhall.de/buergerstadt/geschichte/haeuserlexikon.html - Gebäudeverzeichnis: http://www.schwaebischhall.de/buergerstadt/geschichte/haeuserlexikon/gebaeudeverzeichnis.html
Gebäude:
http://www.schwaebischhall.de/buergerstadt/geschichte/haeuserlexikon/gebaeudeverzeichnis.html?Detail=131
Der Stadt Schwäbisch Hall und dem Stadtarchiv ein herzliches Dankeschön für mustergültige und vorbildliche Präsentation der Häuser und Wappen der Stadt im Internet.
Eduard Krüger, Schwäbisch Hall, ein Gang durch Geschichte und Kunst, neu bearb. von Fritz Arens und Gerd Wunder, Eppinger Verlag Schwäbisch Hall 1990.
Hinweistafel am Haus
Wappen Bärlin
http://www.schwaebischhall.de/buergerstadt/geschichte/stadtarchiv/familienwappen/wappen-a-c.html
Wappen Schantz:
http://www.schwaebischhall.de/buergerstadt/geschichte/stadtarchiv/familienwappen/wappen-r-sc.html
Wappen Schantz:
http://www.schwaebischhall.de/fileadmin/user_upload/images....-R02-P07_08.jpg
Schloß Wäldershub:
http://www.pro-region.de/web/media/pro-region/pdf/ueberdieregion/staedteundgemeindengeschichte/fichtenau/schlosswaeldershub.pdf
Beschreibung des Oberamts Crailsheim/Kapitel B 26
http://de.wikisource.org/wiki/Beschreibung_des_Oberamts_Crailsheim/Kapitel_B_26

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