Bernhard Peter, Gernot Ramsauer und Alex Hoffmann
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1419
Nürnberg (Mittelfranken)

St. Lorenz in Nürnberg (5)
Knorr-Fenster

Das Knorr-Fenster ist ein Fenster des Chores aus der Wolgemut-Werkstatt und gleich links vom zentralen Kaiserfenster, das erste der nördlichen Rundung, vom Chorscheitel aus gesehen. Das Entstehungsjahr ist 1476. Es besteht aus sechs Reihen mit je sechs Scheiben und einem Maßwerkabschluß und ist vollständig farbig verglast. Den motivischen Schwerpunkt bilden Heiligendarstellungen mit besonderem Bezug zu Bamberg und den Nachbardiözesen. Der besondere Bezug zu Bamberg ist auch in der untersten Reihe nachzuvollziehen, wo Heinrich rechts und Kunigunde links, die Stifter des Bistums Bamberg, beide mit einem Zepter über die äußere Schulter und beide mit Nimbus, mit einem sich über beide Felder erstreckenden Modell des Bamberger Domes zu sehen sind. Szenischer Höhepunkt der darüber befindlichen Zeilen ist die Verklärung Christi.

Nur in einem einzigen Feld sind heraldische Inhalte, das ist die zweite Scheibe von links in der untersten Zeile. Gestiftet wurde das Fenster von Dr. Peter Knorr (ca. 1410-1478), Pfarrer von St. Lorenz. Daß dieser Kleriker überhaupt Pfarrer wurde, war nicht selbstverständlich und führte damals im Rat zu etlichen Diskussionen, denn er stand vorher in den Diensten des Erzfeindes der Stadt Nürnberg, des Markgrafen Albrecht Achilles, der einen ständigen Kleinkrieg mit der Reichsstadt führte, und Dr. Peter Knorr war 1450 markgräflicher Verhandlungsführer bei Vereinbarungen mit der Reichsstadt. Zurück zu seiner Lebensgeschichte: Er wurde um 1410 als Bürgerssohn in Kulmbach geboren und studierte in Leipzig und Bamberg, wo er auch Weihen empfing, und 1432 immatrikulierte er sich für weitere Studien in Heidelberg, wo er 1434 Baccalaureus des kanonischen Rechts wurde. Nach der Promotion an einer italienischen Universität wurde er 1445 Propst des Marienstiftes in Wetzlar, 1448 Kanoniker in Augsburg, 1449 desgleichen in Bamberg, 1450 Pfarrer in Hallstadt bei Bamberg, 1454 Pfarrer in St. Lorenz, 1469 Propst der St. Gumbert-Kirche in Ansbach. Und so ganz fest saß er auch nicht im Sattel, denn 1474 schrieb der Rat an den Papst, dem religiösen Leben in Nürnberg entstünde durch ungeeignete Pfarrer Schaden, worauf Pfarrer Knorr zurücktrat. Er selbst ist übrigens auch in diesem Fenster dargestellt, rechts von der Wappenscheibe in seiner Studierstube, von einem Buch aufsehend (Abb. unten rechts).

Wie auch immer, ihm verdanken wir dieses Fenster als bleibende Erinnerung an seine Amtszeit und damit eine herrliche Wappendarstellung: Ein Engel (Abb. oben links Detail) hält den nach heraldisch links geneigten, dem Stifter daneben zugeneigten Schild, der ein besonders einfallsreiches Motiv zeigt: In Gold drei (2:1) aus jeweiligen Oberecken und dem Schildfuß hervorkommende silberne Hände, die jeweils einen ebensolchen Fisch halten, der untere balkenweise, die oberen schräg mit den Köpfen nach oben und innen, alle aufwärts gebogen. Das Wappen entspricht zwar nicht der Farbregel, ist aber ein außergewöhnliches Motiv. Das Wappen Knorr wird abgebildet im Schöler auf Tafel 126, dort mit blauen Fischen, und im Siebmacher Band: Bg1 Seite: 26 Tafel: 31, namentlich dem Ansbacher Dr. Peter Knorr zugeordnet, dort werden die Fische als silbern angegeben, die Feldfarbe aber als rot. Die Helmzier wäre nach Siebmacher zu rot-silbernen Decken eine Hand mit einem balkenweise gehaltenen Fisch wachsend. Ein weiteres Wappen Knorr wird im Siebmacher Band: Bg7 Seite: 26 Tafel: 25 abgebildet, mit goldenem Feld, natürlichen Händen und natürlichen (blauen) Fischen, als Helmzier zu schwarz-goldenen Decken ein wachsender nackter Mohr, heidnisch gekrönt, einen knorrigen Ast schulternd (redende Helmzier). Ein Hans Knorr erhielt dieses Wappen in einem von Kaiser Karl V. ausgestellten Wappenbrief zu Nürnberg am 20.4.1543, also lange nach Entstehung dieses Fensters. Ob damit einer bereits stattgefundenen Entwicklung amtlich Rechnung getragen wurde, ist offen. Die Quellen sind also uneinheitlich, hier jedenfalls steht das Motiv silbern in goldenem Feld. Dieses Wappen taucht übrigens über der Sakristeitür und in einem Gewölbeschlußstein der Sakristei der Kirche von Hallstadt bei Bamberg wieder auf, wo er zuvor Pfarrer war.

Literatur, Links und Quellen:
St. Lorenz, Nürnberg: http://www.lorenzkirche.citykirche-magazin.de/
Kunst in St. Lorenz:
http://www.lorenzkirche.citykirche-magazin.de/index.php.....=147
St. Lorenz, Nürnberg:
http://www.nuernberginfos.de/kirchen-nuernberg/lorenzkirche-nuernberg.html
Veröffentlichung der Bilder aus dem Innenraum von St. Lorenz in Nürnberg mit freundlicher Genehmigung von Herrn Marco Popp, Lorenzer Archiv,
wofür ihm an dieser Stelle ganz herzlich gedankt sei.
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere der Band Bayern
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag Degener / Bauer Raspe, Neustadt an der Aisch, 3. Aufl. 1999, Nachdruck 2002, ISBN 3-87947-112-6

Veit Funk, Glasfensterkunst in St. Lorenz, Verlag A. Hofmann, Nürnberg 1995, ISBN 3-87191-200-X

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