Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 76
Würzburg
- ein heraldischer Leckerbissen
Dom zu Würzburg, Melchior Zobel von Giebelstadt, Epitaph
Hier wird das Epitaph des Würzburger Bischofs Melchior Zobel von Giebelstadt (1544 - Ermordung 1558) vorgestellt. Das Grabmal wurde von Peter Dell d. J. geschaffen und befindet sich im Hauptschiff des Domes auf der Südseite an einem Pfeiler des Langhauses. Das schlanke und hohe Epitaph hat ein zentrales Relief mit dem vor dem Gekreuzigten mit zum Erlöser erhobenen Händen betend knienden Fürstbischof, gänzlich im Profil dargestellt, den Krummstab in der linken Armbeuge haltend.
Diese zentrale Szene wird von zwei Pfeilern mit ionischen Kapitellen eingerahmt, auf denen je drei Wappenschilde der Ahnenprobe zu sehen sind. Die beiden noch fehlenden Wappenschilde, um die Zahl 8 zu erreichen, befinden sich mit etwas Abstand über den Pfeilern in der Gebälkzone, eine bogenförmig nach vorne schwingende Inschriftenzone flankierend. Ganz oben ist im Aufsatz das fürstbischöfliche Wappen zu sehen, es ist geviert. Feld 1: Fränkischer Rechen, von Rot und Silber mit drei aufsteigenden Spitzen geteilt, Feld 2 und 3: Stammwappen der Zobel von Giebelstadt, in Silber ein roter Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug und Zügeln, Feld 4: von Rot und Silber gevierte Standarte des Hochstifts Würzburg in blauem Feld.
Die Helmzier ist eine Kombination aus den Helmzieren aller drei Wappen. Die Helmzier der Zobel von Giebelstadt ist ein roter wachsender Pferdekopf mit schwarzem Zaumzeug und Zügeln, die Standarten (die jetzt in den Mündungen der Büffelhörner stecken) und Federn gehören zum Hochstift Würzburg, die Büffelhörner zum fränkischen Rechen. Hier wurde bei der Wappenvereinigung eine Kombinations-Helmzier gebastelt. In späterer Zeit wurden statt dessen drei Helme nebeneinander auf den Schild gesetzt. Die Helmdecken der Zobel von Giebelstadt sind rot-silbern, desgleichen die des Hochstifts.
Zu beiden Seiten tauchen noch einmal separat die beiden Schilde des Fürstbistums auf, jeweils mit einem Schildhalter, der in der freien Hand eine lodernde Fackel an einem langen Stab trägt.
Die Zobel von Giebelstadt gehören zum fränkischen Uradel. Sie wurden seit jeher als turnier- und stiftsmäßig angesehen und waren einst äußerst wohlhabend. Sie stammen aus der Tauber-Gegend und hießen früher Zobel von Grünsfeld. Ihr Besitz lag weitgehend im Kanton Odenwald (Beispiele: Baierthal, Darstadt, Giebelstadt, Goßmannsdorf, Guttenberg, Osthausen, Herchsheim, Messelhausen, Rütschdorf, Segnitz etc.), später durch Erbschaft bedeutender Besitz auch im Kanton Kocher in Württemberg. Sie standen früher in Diensten der Grafen von Rieneck, danach sind sie Vasallen des Hochstiftes Würzburg. Traditionell haben sie das Amt des Unterkämmerers am Würzburger Hochstift inne. Die Familie stellte viele Mitglieder der Domkapitel von Würzburg, Bamberg und Mainz, dazu in den adligen Stiften wie Comburg und St. Burkard in Würzburg. In Würzburg und in Bamberg stellten sie je einen Fürstbischof. Heute lebt die Familie in zwei Zweigen in Darstadt (Erwerb 1345) und in Giebelstadt (Wasserschloß 1545 neu errichtet).
Die Ahnenprobe besteht aus insgesamt acht Schilden. Ganz oben in der Gebälkzone befinden sich die Wappen der Zobel von Giebelstadt (wie beschrieben, ohne Abb.) sowie der Rüdt von Collenberg (ohne Abb., in Rot ein silberner Rüdenkopf mit Stachelhalsband). Die Eltern des Fürstbischofs waren Georg Zobel von Giebelstadt (-1508) auf Guttenberg u. Rockenstadt und dessen Frau Dorothea Rüdt von Collenberg (-1509). Die Großeltern väterlicherseits waren Hans Zobel von Giebelstadt und dessen zweite Frau Elisabeth von Crailsheim (in erster Ehe war er mit Dorothea von Seldeneck vermählt gewesen). Die Großeltern mütterlicherseits waren Heinz Rüdt von Collenberg auf Wildenburg und dessen Frau Margarethe (nach Biedermann: Anna) von Zwingenberg. In der zweiten Reihe von oben sehen wir also die Wappenschilde der von Crailsheim (in Schwarz ein goldener Balken, ohne Abb.) und der von Zwingenberg. Oben rechts ist das Wappen der von Zwingenberg abgebildet, es zeigt nach dem Aschaffenburger Wappenbuch in Blau drei (2:1) silberne, rotbewehrte Schwanenhälse; die hier nicht dargestellte Helmzier wäre auf dem gekrönten Helm mit blau-silbernen Decken ein wachsender, silberner, rotbewehrter Schwanenhals. Oben links ist ein Wappenschild aus der dritten Reihe abgebildet, und zwar der auf der Spindelseite, er zeigt eine Variante des Wappens derer von Cronberg, geviert: Feld 2 und 3 rot, in Feld 3 zusätzlich eine Krone, Feld 1 und 4: blau-silberner Eisenhutfeh. Er steht für Margarethe von Cronberg, eine Urgroßmutter des Fürstbischofs.
Das Pendant auf der Schwertseite zeigt in Rot drei (2:1) silberne Ringe (Abb. oben), nach den Angaben bei Salver wäre die entsprechende Urgroßmutter Judith von Steinrück gewesen, wozu das Wappenbild aber nicht paßt, denn hier sind Ringe wie bei den von Neipperg zu sehen, nicht Räder, und die Tinkturen passen ebenfalls nicht, denn die von Steinau gen. Steinrück hatten schwarze Räder in Silber, die von Neipperg jedoch hatten silberne Räder in Rot. Viel wahrscheinlicher ist daher, daß dieses Wappen zu Adelheid von Neipperg gehört, der lt. Biedermann eine Generation weiter zurück liegenden Ehefrau des Erlebold Zobel von Giebelstadt zu Guttenberg. Die am Epitaph zu findende Heraldik stützt jedoch die Positionierung von Erlebold Zobel von Giebelstadt und Adelheid von Neipperg als Urgroßeltern, nicht als Ururgroßeltern. Diese Positionierung wird auch von Benkert geteilt.
Besagte Elisabeth von Crailsheim war die Tochter von Wilhelm von Crailsheim und Cunigunde von Wolmershausen. Ihren Schild mit zwei silbernen Balken in rotem Feld finden wir auf der Schwertseite ganz unten (Abb. links unten). Weiterhin sehen wir noch das Widderhorn der von Adelsheim für Anna von Adelsheim, ebenfalls eine Urgroßmutter des Fürstbischofs, diejenige aus durchgehend weiblicher Linie.
Zur Übersicht die Vorfahren des Melchior Zobel von Giebelstadt:
Eltern:
Großeltern:
|
Urgroßeltern:
|
Anmerkung zur Ehe Rüdt von Collenberg mit von Cronberg: Salver gibt als Ahnen Hans Rüdt von Collenberg und Margarethe von Cronberg an. Nach der verläßlicheren Stammtafel der Herren von Cronberg von Ronner gibt es zwei Ehen zwischen diesen beiden Familien: 1.) Margarete von Cronberg aus dem Kronenstamm heiratete Eberhard Rüdt von Collenberg, 2.) Else von Cronberg aus dem Ohrenstamm heiratete in erster Ehe 1360 Hans Rüdt von Collenberg (-1378) und in zweiter Ehe 1379 Hans V. von Hirschhorn. Hier kommt nur die erste Kombination in Frage. Bei Salver findet sich ein vertauschter Ehepartner für Margarethe, nämlich der für die weitläufig verwandte Else. Die Kombination Eberhard Rüdt von Collenberg (-1456) und Margarethe von Cronberg wird durch Angaben der erstgenannten Familie bestätigt.
Dom, Melchior Zobel von Giebelstadt, Messingbeschlag der Grabplatte
Der Messing-Beschlag, der einst die eigentliche Grabplatte zierte, wurde an die Wand eines Seitenschiffs übertragen. Die zentrale Bischofsfigur hat vor sich das Amtswappen.
Die vier Ecken enthalten runde Medaillons mit den Wappenschilden einer 4er-Ahnenprobe. Von den oben vorgestellten Familien sind hier die Zobel von Giebelstadt, die Rüdt von Collenberg, die von Crailsheim und die von Zwingenberg vertreten.
Zur Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Würzburger Fürstbischöfe:
Rudolf II. von Scherenberg
1466-1495
Lorenz von Bibra 1495-1519
Konrad II. von Thüngen 1519-1540
Konrad III. von Bibra 1540-1544
Melchior Zobel
von Giebelstadt 1544-1558
Friedrich von Wirsberg
1558-1573
Julius Echter von Mespelbrunn 1573-1617
Johann Gottfried von Aschhausen 1617-1622
Philipp Adolf von Ehrenberg 1623-1631
Franz von Hatzfeld 1631-1642
Johann Philipp von Schönborn (desgl. Erzbischof von Mainz)
1642-1673
Johann Hartmann von Rosenbach 1673-1675
Peter Philipp von Dernbach (desgl. Bischof von Bamberg) 1675-1683
Konrad Wilhelm von Wernau 1683-1684
Johann Gottfried von Guttenberg 1684-1698
Johann Philipp von Greiffenclau-Vollraths 1699-1719
Johann Philipp Franz von Schönborn 1719-1724
Christoph Franz von Hutten 1724-1729
Friedrich Carl von Schönborn (desgl. Bischof von Bamberg)
1729-1746
Anselm Franz von Ingelheim 1746-1749
Karl Philipp von Greiffenclau-Vollraths 1749-1754
Adam Friedrich von Seinsheim (dsgl. Bischof von Bamberg)
1755-1779
Literatur,
Links und Quellen:
Bistum Würzburg: http://www.bistum-wuerzburg.de/
Bistum Würzburg bei Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bistum_W%C3%BCrzburg
St. Kilians-Dom: http://www.dom-wuerzburg.de/index.php?r=t/
Peter Kolb: Die Wappen der Würzburger Fürstbischöfe.
Herausgegeben vom Bezirk Unterfranken, Freunde Mainfränkischer
Kunst und Geschichte e.V. und Würzburger
Diözesangeschichtsverein. Würzburg, 1974. 192 Seiten.
Eugen Schöler, Historische Familienwappen in Franken, Verlag
Degener 3. Aufl. 1999
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und
Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag -
Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher
Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
Melchior Zobel von Giebelstadt: http://de.wikipedia.org/wiki/Melchior_Zobel_von_Giebelstadt
Franz Xaver von Wegele, Melchior Zobel von Giebelstadt, in:
Allgemeine Deutsche Biographie, Band 21, Duncker &
Humblot, Leipzig 1885, S. 286-289, online: http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Melchior_Zobel_von_Giebelstadt
Alfred Wendehorst, die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz, Das
Bistum Würzburg, Germania Sacra Bd.13, Teilband III, die
Bischofsreihe von 1455 bis 1617, Berlin 1978, ISBN
978-3-11-007475-8, S. 109 f. http://books.google.de/books?id=wqJVS0KPHJ0C
Alfred Wendehorst, Melchior Zobel von Giebelstadt, in: Neue
Deutsche Biographie, Band 17, Duncker & Humblot, Berlin
1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 8, online: http://www.deutsche-biographie.de/xsfz61383.html
Genealogie: Biedermann, Geschlechts-Register Der Reichs Frey
unmittelbaren Ritterschafft Landes zu Francken Löblichen Orts
Ottenwald (Odenwald) http://books.google.de/books?id=g9JDAAAAcAAJ
Wappen Zwingenberg: Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger
Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983, Tafel 57 Seite 211
Veröffentlichung der Photos
aus dem Innenraum mit freundlicher Erlaubnis des Bischöflichen
Ordinariates, Presse- und Informationsstelle, Domerschulstraße
2, 97070 Würzburg, vom 24.01.2007.
Beschreibung dieses Epitaphs in: Joh.
Octavian Salver, Proben des hohen deutschen Reichs Adels oder
Sammlungen alter Denkmäler http://books.google.de/books?id=ZONWAAAAcAAJ S. 457-459
Herrn Rolf Zobel ein herzliches Dankeschön für wertvolle
Hinweise zu Adelheid von Neipperg
Herrn Theodor Stolzenberg ein herzliches Dankeschön für
wertvolle Hinweise zur Ehe Rüdt von Collenberg mit Cronberg
Wolfgang Ronner, Stammtafel der Ritter, Herren und Grafen von
Kronberg, Selbstverlag Wolfgang Ronner 1981, ISBN 3-9800322-1-3.
-> zur Ehe Rüdt von Collenberg mit Cronberg
Hans Gräser: Die Niederadelsfamilie von Wollmershausen, vom
Ortsadel zum Reichsrittertum, hrsg. vom Crailheimer Historischen
Verein e. V., 2014, online:
https://crailsheimer-historischer-verein.de/workspace/media/documents/wollm11_zz3_www-5bca5f1ab910d.pdf
Dom, Konrad von Thüngen - Dom, Konrad von Bibra - Dom, Friedrich von Wirsberg - Dom, Julius Echter von Mespelbrunn - Dom, Joh. Gottfr. von Aschhausen - Dom, Philipp Adolf von Ehrenberg - Dom, Christoph Franz von Hutten - Dom, Franz Ludwig von Erthal - Dom, Karl Georg von Fechenbach
Die Wappen der Fürstbischöfe von
Würzburg - Teil (1) - Teil (2) - Teil
(3) - Teil
(4)
Der Fränkische Rechen - Das
Rennfähnlein
Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright / Urheberrecht an Text, Graphik und Photos: Bernhard
Peter 2006, 2009, 2013
Impressum