Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 594
Friedberg
(Wetterau)
Friedberg: Schloß (Burgmannenhaus Kronberg) (5): Hauptportal
Nun zum dritten Wappenportal am Schloß der Burg Friedberg, dem ehemaligen Burgmannenhaus Kronberg aus der Renaissance. Es ist von ausgesuchter bildhauerischer Qualität und eines der schönsten Renaissance-Portale in Deutschland. Eine klare Gliederung erzeugt zwei leicht hochrechteckige Felder, die von den beiden Einzelwappen eingenommen werden. Datiert ist das Meisterwerk auf 1610. Im Sprenggiebel, dessen beide Teile von einem jeweils darauf liegenden Putten geziert werden, eine große Inschriftenkartusche, bekrönt mit einer Vase. Die Inschrift lautet: "O GOTT UND HERR DURCH DEIN GEWALT MIT GNAD UND GLÜCK DIES GEBEW ERHALT"
Das heraldisch linke Wappen wird durch die Inschrift als das der "FRAW ANNA RIEDESELIN ZU EYSENBACH" identifiziert. Freiin Anna Riedesel zu Eisenbach führt hier das Stammwappen, in Gold ein schwarzer (natürlicher) hersehender Eselskopf mit einem dreiblättrigen Riedgras im Maule. Das Helmkleinod ist ein offener schwarzer Flug, beiderseits mit einem goldenen Schildchen mit dem schwarzen Eselskopf belegt, Decken schwarz-golden. Im Stammwappen werden die Riedgrasblätter meist schwarz tingiert. Im späteren vermehrten Wappen werden sie auch als grün angegeben. Hier ist eine darstellerische Abweichung bei der Helmzier gegenüber den Literaturangaben zu finden: Der Eselskopf liegt hier direkt dem Flug auf, nach Literatur sollte er sich innerhalb eines goldenen Schildchens befinden. Auch beim Hauptschild ist hier mit einer gewissen gestalterischen Freiheit gearbeitet worden: Der Schild steht in schlichter Form innerhalb eines typischen Renaissance-Schildes mit Rollwerk - es handelt sich aber mitnichten um ein bordiertes Feld. Man beachte die äußerst qualitätvolle Ausführung und die Liebe zum Detail, die Struktur der Federn des Helmkleinodes, die Ziselierung des Metalles des Helmhalses, die zopfartige Gestaltung der Helmbügel, der ausgesprochen plastische Eselskopf in heraldisch schwieriger Position, nämlich von vorn.
Das heraldisch rechte Wappen ist laut darüber befindlicher Inschrift das des Burggrafen "IOHANN EBERHARD VON UND ZU CRONBERCK DERO EITBURGKGRAVE ZU FRIDBERGK". Das Wappen Kronberg (Flügelstamm) ist gewendet und geviert: Feld 1 und 4 Rot (gewendet!), Feld 2 und 3 (gewendet!) in Silber vier (2:2) blaue Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordneter Eisenhutfeh). Helmzier ein Flug, von Rot und in Silber vier (2:2) blaue Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordneter Eisenhutfeh) geviert (hier mit gewendet). Helmdecken rot-silbern. Wie beim zuerst beschriebenen Wappen gibt es auch hier ein paar künstlerische Freiheiten, hier ist der Schild ebenfalls nochmal in einen Rollwerkschild gestellt, und auf dem Flug fehlt die jeweilige horizontale Teilungslinie. Aber diese Kleinigkeiten werden mehr als kompensiert durch die hervorragende Qualität der Darstellung, man achte auf die Federn der Helmzier, die Damaszierung der roten Felder oder die saubere Facettierung der Eisenhütlein.
Johann Eberhard von Cronberg wurde 1547 geboren, heiratete 1565, ist zuerst Amtmann in Alzenau bei Gelnhausen, das damals zum Kurfürstentum Mainz gehörte, 1577 wird er Burggraf in Friedberg. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tode inne, 40 Jahre lang insgesamt. Während seiner Amtszeit war das Verhältnis zwischen Burg Friedberg und Stadt Friedberg ein besonders unterkühltes, denn bis zu seinem Tode bestand kein gesellschaftlicher Verkehr zwischen ihm und dem Stadtoberhaupt.
Das Portal ist das am aufwendigsten gestaltete des ganzen Schlosses. Rings um die Wappen ist es voller Engelsköpfe, Fratzen, Löwenköpfe, Ornamente und vegetabilem Dekor. Und dennoch bleibt es klar strukturiert und hochsymmetrisch, eines der schönsten Renaissance-Portale.
Direkt über der Tür ist ein Schriftstab mit der vierten Inschrift dieses Portales: "DURCH GOTTES HULFF IST DIES GEBEW / VON GNANDTEN GMAHLN GESETZET NEW".
Position der besprochenen Wappen im schematischen Burggrundriß.
Reste des Epitaphs dieses Ehepaares sind in die Außenwand der Pfarrkirche St. Johannis in Kronberg / Taunus eingelassen.
Ein weiteres Ehewappen dieses Paares befindet sich am Schloß in Großkarben, genauer am Ziehbrunnen im Hof. Wie kommt es? Nach 17jähriger Tätigkeit als Burggraf hatte Johann Eberhard von Cronberg von der Ritterschaft eine Schäferei und zwei Fischwasser in Klein- und Großkarben zum Dank bekommen, wofür am 30.7.1594 Kaiser Rudolf in Regensburg seine Zustimmung gibt. Der Brunnen in Karben geht wohl darauf zurück.
Eine weitere Querverbindung ergibt sich zu einem Epitaph für Annas Eltern in der Stadtkirche von Lauterbach (Vogelsbergkreis). Dort sind auf dem elterlichen Epitaph alle Kinder figürlich klein zu Füßen der Hauptpersonen dargestellt, wobei die zum Zeitpunkt der Anfertigung bereits verheirateten Töchter mit einem Allianzwappen versehen sind, so auch Anna von Riedesel (siehe dort).
Johann
Eberhard von Cronberg der letzte des Flügelstammes
Johann Eberhard von Cronberg
wurde 1547 als Sohn von Georg I von Cronberg (gest. vor 1547)
geboren und starb am 8.10.1617. Er hatte nur eine Schwester,
Martha mit Namen. Er selbst hatte eine Tochter Margarethe, die
1609 starb. Somit wären für eine Erbfolge nur Nachkommen seiner
Cousins in Frage gekommen, Wilhelm III (gest. 26.1.1617), Ulrich
IV (1555-1611), Wolfgang I (gest. 1599) oder Johann IX (gest.
1563). Einzig sein Cousin Ulrich IV hatte Kinder, Anna Katharina,
Anna Elisabeth (gest. 1636) und Wolfgang II Heinrich (gest.
1614). Die Problematik war der Familie frühzeitig bewußt, denn
Ulrich, eigentlich Mitglied des Deutschen Ordens, resignierte und
heiratete, sogar zweimal, um den Flügelstamm fortpflanzen zu
können. Doch nichts hat es langfristig genutzt. Damit war Johann
Eberhard von Cronberg der letzte männliche Nachkomme seines
Stammes, denn er hatte seinen Großneffen Wolfgang II Heinrich um
3 Jahre überlebt. Übrig blieb nur Anna Elisabeth. Der
katholische Flügelstamm war damit erloschen. Die Familie
Cronberg, einst in drei Stämme aufgespalten, war wieder auf
einen einzigen Stamm reduziert, den Kronenstamm, der bis 1704
noch blühte und dann erst mit Johann Nikolaus von Cronberg
ausstarb. Zu der Zeit, wo Johann Eberhard von Cronberg stirbt,
ist der andere Stamm, der Kronenstamm, auf dem Höhepunkt seiner
Macht: Johann Schweikart von Cronberg ist da gerade Kurfürst von
Mainz, erfreut sich seines frisch gebauten Schlosses in
Aschaffenburg und jagt Hexen.
Übersicht
über den Flügelstamm derer von Cronberg:
(geb. = Geburtsdatum, gest. =
Sterbedatum, sonstige sind Erwähnungsdaten)
Literatur,
Quellen und Links:
Siebmachers Wappenbücher
Burg Friedberg: http://www.wissenportal-friedberg.info/index.html - Geschichte: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal18.html - Georgsbrunnen: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal07.html - Rundgang: http://www.wissenportal-friedberg.info/Rundgang_Burg.html - Südseite: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal03.html - Nordseite: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal04.html - Burgkirche: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal08.html - Wache und Kanzlei: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal09.html - Schloß: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wissenportal06.html - Wetterauer Rittergesellschaft: http://www.wissenportal-friedberg.info/Wetterauer_Rittergesellschaft.html
Burgfreunde Friedberg: http://www.burgfreunde-friedberg.de/index2.html
Hermann Roth, Burg und Stadt Friedberg - Ein Wegweiser durch ihre
Sehenswürdigkeiten und ihre Geschichte, Druck und Verlag Carl
Bindernagel, Friedberg 1959
An den Gebäuden und auf dem Burggelände angebrachte
Informationstafeln
Anton P. Rahrbach, Reichsritter in Mainfranken. Zu Wappen und
Geschichte fränkischer Adelsfamilien. Bauer & Raspe Verlag -
Die Siebmacherschen Wappenbücher, die Familienwappen deutscher
Landschaften und Regionen, Band 2, 2003, ISBN 3-87947-113-4
M. Müller-Hillebrand: Cronberg, Geschichte eines
Rittergeschlechtes und seiner Burg, Verlag Waldemar Kramer
Frankfurt 1950, 3. Auflage 1984, ISBN 3-7829-0084-7
Jutta und Wolfgang Ronner: Die Herren von Kronberg an Nahe,
Neckar, Rhein und Main, Selbstverlag Wolfgang Ronner 1980, ISBN
3-9800322-0-5
Wolfgang Ronner, Stammtafel der Ritter, Herren und Grafen von
Kronberg, Selbstverlag Wolfgang Ronner 1981, ISBN 3-9800322-1-3
Michael Keller, Stadtführer Friedberg, hrsg. vom Friedberger
Geschichtsverein e.V., ISBN 3-87076-072-9
Michael Keller, Klaus-Dieter Rack, Hans Wolf, Burg Friedberg -
Adolfsturm - Römisches Bad, hrsg. vom Friedberger
Geschichtsverein e.V.
Friedberger Geschichtsverein: http://www.friedberger-geschichtsverein.de
Burggymnasium http://www.burggymnasium-friedberg.de/index.html - http://www.burg100.de/ - Burggeschichte: http://www.burg100.de/burggeschichte/burggeschichte.htm
Hans Wolf, Michael Keller, Dr. Klaus-Dieter Rack, Dr. Vera Rupp:
Burg Friedberg: http://www.fh-friedberg.de/fbhistorisch/Burg_Friedberg.pdf
Kulturdenkmäler in Hessen: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=5496&session=913&event=Query.Details (Landesamt für Denkmalpflege Hessen) - http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=5567&session=913&event=Query.Details
Friedberg (Wetterau): Deutschordenshaus - Burgkirche - St. Georgs-Brunnen (1) - St. Georgs-Brunnen (2) - Burgtor - Marstall (1) - Marstall (2) - Kronberger Hof (1) - Kronberger Hof (2) - Kronberger Hof (3) - Schloßportal - Burgmannenhaus Löw, Burgkanzlei und Wache
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