Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 109
Bad Mergentheim und der Deutsche Orden

Wappen von Karl Alexander von Lothringen und Bar am Spital zum Heiligen Geist

Das Spital zum Heiligen Geist befindet sich nördlich des Münsters St. Johannes. Die Vierflügelanlage, ein verputzter Massivbau, wird begrenzt vom Gänsmarkt im Norden, vom Ledermarkt im Osten und von der Kirchstraße im Westen. An der Südostecke des Spitals befindet sich die Spitalkirche St. Martin, ein barocker Saalbau mit Volutengiebel, Dachreiter und einer Ausstattung im Stil des Rokoko.

Das Spital spielte eine wichtige Rolle bei der Festigung der Herrschaft des Deutschen Ordens. Im Mittelalter gab es westlich des Schlosses die Marktsiedlung mit dem Marktplatz und nördlich davon einen hochmittelalterlichen Reichshof, später Johanniterhof. Und wiederum nördlich davon lag ein hochmittelalterliches Bauerndorf. Der Deutsche Orden begann bereits 1330, den Ort mit einer Mauer zu umgeben, vorerst eigenmächtig. Erst 1335 bekam man offiziell die kaiserliche Erlaubnis dazu. 1340 durfte aus dem Ort eine Stadt werden. Noch waren zwei Orden in der Stadt ansässig, der Deutsche Orden, der die weltliche und geistliche Herrschaft über den Ort hatte, und der Johanniterorden, der die Kirchenrechte besaß. Ein Konflikt war vorprogrammiert. Der Mauerbau und die Stadtwerdung waren die ersten Schritte des Deutschen Ordens zur Vormachtstellung, die Gründung des Spitals war der dritte Schritt. Genau gegenüber der Stadtkirche stellte man einen Großbau hin, der die eigene geistliche Position festigte. Man ekelte die Johanniter durch ein demonstratives Großprojekt aus der Stadt, erfolgreich, denn am 1355 verließ der Johanniterorden die Stadt und verkaufte dem Deutschen Orden weitestgehend seinen Besitz.

Die Stiftung erfolgte durch Wolfgang von Nellenburg 1340. 1411 kamen der Nordflügel und eine Kapelle hinzu. 1579 gab es eine umfangreiche Erneuerung. 1698 wurde das Spital unter Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg erneut saniert und umgebaut. Der Ostflügel entstand 1712. Die heutige Spitalkirche ersetzte 1740/1741 die bisherige Kapelle. Eine weitere Erneuerung gab es 1771/1772 durch den Hochmeister Karl Alexander von Lothringen. Die Spitalkirche wurde 1946 instandgesetzt, 1956 außen und 1968 innen saniert und zuletzt 2005 renoviert. 2011-2012 erfolgte eine Sanierung der Dächer und der Fassaden. Das Spital wird auch heute noch als Alten- und Pflegeheim zum Heiligen Geist und als Verwaltungsgebäude für dasselbe genutzt.

Karl Alexander von Lothringen und Bar, Prinz von Lothringen, Generalgouverneur der Niederlande (Hochmeister 1761-1780)
Karl Alexander Herzog von Lothringen und Bar (12.12.1712-4.7.1780) war der jüngere Bruder von Kaiser Franz I. Stephan, dem Mann von Maria Theresia. Er wurde 1737 Generalwachtmeister, 1740 kaiserlicher Feldmarschall, 1744-1780 Gouverneur und Generalkapitän der Österreichischen Niederlande und 1729 Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies. Sein Ordenseintritt erfolgte am 3.5.1761 unter Dispens vom üblichen Probejahr, einen Tag später wurde er zum Hochmeister gewählt, am 4.5.1761. Dieser Hochmeister ist für erhebliche bauliche Veränderungen am Deutschordensschloß verantwortlich: Die Trapponei wurde umgebaut, die Verteidigungsschanzen wurden 1778 abgetragen, der Schloßpark wurde angelegt. Der Westflügel des Schlosses wurde umgebaut und bekam in den Jahren 1778-1784 sein heutiges Aussehen. In der Stadt wurde das Spital 1771-1772 umgebaut, davon kündet das dort angebrachte Wappen. Weiterhin stiftete er das Krankenhaus, nach ihm „Carolinum“ benannt. Er nahm sich 1769 seinen Neffen zum Koadjutor. Er liegt begraben in der St. Gudulla-Kirche in Brüssel.

Das Wappen im Detail, Zuordnung
Sein Wappen wird durch ein schwarzes Balkenkreuz, belegt mit einem goldenen Glevenkreuz und einem goldenen Herzschild mit schwarzem, rotbewehrtem Adler (Hochmeisterkreuz) geviert,

auf dem Adlerschild des Hochmeisterkreuzes eigentlich noch ein genealogisches Schildchen, in Gold ein roter Schrägbalken, nach der Figur belegt mit drei silbernen Alérions (Herzogtum Lothringen), der fehlt hier komplett. Dieser Hochmeister hätte das Lothringen-Stammwappen als oberste Ebene geführt. Später wäre der Herzschild der Herzöge von Lothringen komplexer aufgebaut: gespaltener Herzschild, Feld 1: in Gold ein roter Schrägrechtsbalken, belegt mit drei silbernen AlerionsStammwappen der Herzöge von Lothringen, Feld 2: in Gold fünf (2:2:1) rote Besanten (Kugeln), oben begleitet von einer größeren blauen Kugel, diese belegt mit 3 (2:1) goldenen Lilien, das Wappen des Großherzogtums Toscana bzw. der Medici nach 1465. Vor 1465 hatten sie in gold 6 (3:2:1) rote Besanten. 1737 starb Gian Gastone de Medici ohne Erben, und so kam das Medici-Wappen auf Umwegen in das des Hauses Lothringen.

Lebenslauf von Hochmeister Karl Alexander von Lothringen und Bar:

Seine Wahl zum Hochmeister liegt in einer Zeit, in der der Deutsche Orden quasi ein Hausorden der Habsburger geworden war, und in der der Hochmeisterposten eine Versorgungsstelle für Prinzen aus dem Hause Habsburg war, mit ausgezeichneter finanzieller Absicherung und Einflußmöglichkeiten als Reichsfürst. Allein schon die Ämterakkumulation machte es ihm schier unmöglich, mit ganzem Einsatz für Ordensbelange einzutreten. Entsprechend seiner politisch interessanteren Aufgaben in den Niederlanden weilte er nur selten in Mergentheim (1761, 1764, 1765) und lenkte ansonsten seine Amtsgeschäfte von Brüssel aus.

Die Inschrift unter dem Wappen:
"Unter glorwürdigster Regierung / Des / Hochwürdigst-Durchleuchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn / Carl Alexanders Hertzogen von Lothringen und Baar / Königl:(icher) Hoheit ist dieser Bau auf geführet und neu Errichtet / auch Durch milden Zufluß Speöl: (speziell? des) H(er)rn Hof-Cam(m)errath / Theodorici Öhningers vermehret worden Anno D:(omini) D(edicavit) 1772

Was ist ein Hochmeister?
Der Hochmeister ist das höchste Amt des Deutschen Ordens. Er repräsentiert den Orden nach außen. Den religiösen Titel den Hochmeisters gibt es nur im Deutschen Orden und bezeichnet das höchste Amt in diesem. Andere Ritterorden bezeichnen diese Position als „Großmeister“, normale Orden „Generalsuperior“ o.ä. Bis 1530 wurde das Oberhaupt des Deutschen Ordens nur „Hochmeister“ genannt, danach „Hoch- und Deutschmeister“. Standardmäßig hatte diese Position ein Ordensritter inne, erst später, mit dem Wandel von einem Ritterorden zu einem klerikalen Orden, ging das Amt an die Priesterbrüder über, und die Hochmeister der neueren Zeit waren immer Äbte.

Welche Macht hat der Hochmeister?
Früher, als der Orden noch seinen Schwerpunkt im Heiligen Land hatte, hatte er die höchste weltliche und geistliche Autorität des Ordens inne. Nachdem der Deutsche Orden nach Preußen übersiedelte, wurde der Hochmeister zugleich Landesherr. Im Laufe der Zeit ließ die Autorität des Amtes nach, vor allem nach der Reformation war der Symbolgehalt des Amtes wichtiger als die tatsächliche Machtausübung. Insbesondere nach dem Verlust der Territorien im Osten war „Hochmeister“ nicht mehr als ein wohltönender Titel. Mit der Säkularisation kam der Orden in enge Abhängigkeit des österreichischen Kaiserhauses, denn der Posten wurde ab da stets durch einen Prinzen aus dem Hause Habsburg besetzt und der Hochmeister war nur noch ein besonderer Würdenträger Österreichs aus der kaiserlichen Familie. Der Deutsche Orden war „quasi“ zum Hausorden der Habsburger geworden. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde der Orden aus dieser Abhängigkeit gelöst, Hochmeister wurden nun Kleriker des Ordens.

Wie ist ein Hochmeister gekleidet?
Typisch ist der weiße Ordensmantel, besetzt mit dem Hochmeisterkreuz, zur ritterlichen Gewandung bzw. später zur Uniform getragen. Heutzutage ist der Hochmeister Abt mit dem Recht, bischöfliche Gewandung zu tragen, also Mitra und Krummstab sowie violette Soutane und violettes Scheitelkäppchen (Pileolus), dazu hat er typischerweise das ritterliche Hochmeisterkreuz auf dem weißen Ordensmantel. Normalen Ordensmitgliedern steht nur das schwarze Kreuz auf dem weißen Ordensmantel zu.

Heraldischer Ausdruck des Amtes:
Nur der Hochmeister darf das Hochmeisterkreuz im Wappen führen. Dies ist ein über den Schild gelegtes schwarzes durchgehendes Kreuz, belegt mit einem goldenen Lilienkreuz, Herzschild in Gold der schwarze, rotbewehrte Adler, wie es ab dem fünften Hochmeister in Gebrauch ist. Normalen Ordensmitgliedern steht nur das schwarze Kreuz in Silber zu.

Innenhof des Spitals:
Im Innenhof des Spitals gibt es einen farbig gefaßten Wappenstein des Hochmeisters Heinrich von Bobenhausen (ohne Abb.). Die zugehörige Inschrift lautet: "In dem Ja(h)r nach Christi geburt 1579 / Ist di(e)ser stock des spitals Durch / Her(r)n Heinrichen von Bobenhausen / Administrator des Hochmeisterthums / In preussen Meister Deutsch ordens / In Deutschen und Welschen Landen / Wi(e)der erneu(er)t und gebessert worden".

Literatur:
Hans-Georg Böhm: Hochmeisterwappen des Deutschen Ordens 1198-1618, Frankonia Buch 1990, Fränkische Nachrichten Druck- und Verlags-GmbH, Tauberbischofsheim, ISBN 3-924780-15-3
Die Hochmeister der Residenz Mergentheim, Heft 15 der Schriftenreihe der Vereinigung zur Förderung der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte des Deutschen Ordens e.V. und der Historischen Deutschordens-Compagnie Bad Mergentheim e.V., 1997
http://www.heraldique-europeenne.org/Armoriaux/Teutonique/index.html
http://www.heraldique-europeenne.org/Regions/France/Maison_Lorraine.htm
Markus Numberger, Büro für Bauforschung und Denkmalschutz: Bad Mergentheim, historische Ortsanalyse
https://www.denkmalpflege-bw.de/fileadmin/media/denkmalpflege-bw/......_bad_mergentheim.pdf
Herrn Wolfgang Willig ein herzliches Dankeschön für den Hinweis auf den Wappenstein im Innenhof

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