Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1247
Erbach (Odenwald)
Das Erbacher Schloß (2)
Das
Wappen über dem Portal des Damenbaus
Über dem asymmetrisch in der
Fassade nach rechts versetzten Portal des Damenbaues ist ein auf
1550 datiertes Prachtwappen der Renaissance zwischen zwei
Karyatiden zu sehen. Es gehört zu Eberhard XII. Graf zu Erbach
Herr zu Breuberg (19.1.1511 - 12.7.1564), Landvogt im
Unterelsaß, kurpfälzischer Großhofmeister, und seiner Frau
Margarethe Wild- und Rheingräfin v. Dhaun (25.9.1521 -
5.4.1576). Reiches floral-arabeskes Ornamentwerk füllt die
Zwischenräume zwischen den ohne Oberwappen dargestellten
Schildkartuschen und dem architektonischen Rahmen mit
Dreiecksgiebel. Das Ganze ruht auf dem Renaissance-Portal
zwischen zwei Obelisken.
Abb. links: Damenbau. Abb. rechts: Ausschnitt mit dem Portal des Damenbaues.
Die Portalinschrift "GEORG ALBRECHT COMES ERBACENSIS RENOVAVIT ANNO DOMINI MDCCCLXXXXIV" - 1894 wurde dieser Teil renoviert. Eine Brandkatastrophe hatte 1893 die Gebäude des Schloßhofes heimgesucht und dabei den Rentkammerbau und die Brauerei zerstört, auch das Fachwerkobergeschoß des Alten Baus nicht verschont. Die ehemalige Brauerei wurde stilgerecht als "Damenbau" wiederhergestellt, und die erst 1851 eingerichtete Brauerei wurde nicht mehr in Betrieb genommen. Es handelt sich also bei dem heutigen Damenbau um einen weitgehenden Neubau von 1894, der Bauteile von 1550 enthält, auf jeden Fall ist das Doppelwappen über dem Portal ein originaler Stein von 1550. Die übrigen Steinmetzdetails wirken jedoch historistisch, insbesondere der Giebel ist eine Kopie.
Der an den Ecken und Seiten mit nach vorne und nach hinten gerollten Fortsätzen versehene Wappenschild für Eberhard XII. Graf zu Erbach befindet sich heraldisch rechts und zeigt einen rot-silbern geteilten Schild mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben. Der Wappenschild seiner Ehefrau Margarethe Wild- und Rheingräfin v. Dhaun, Tochter von Philipp Graf v. Salm, Wild- und Rheingraf v. Dhaun (8.9.1492 - 27.8.1521) und Antoinette de Neufchatel (- 29.10.1544) sowie Enkelin von Johann VI. Wild- und Rheingraf v. Dhaun u. Kirburg (- 25.12.1499) und Johanna v. Moers u. Saarwerden, ist komplex aufgebaut:
Abb.: Position des beschriebenen Wappensteines
Das
Wappen am Giebel des Damenbaus
Im Giebel des Damenbaues ist
ein zweiter Wappenstein fast identischen Inhalts eingemauert.
Unter einem Gebälk mit einem flachen, runden Aufsatz mit
Muschelrosette und nach oben eingerollten Enden wenden sich zwei
Tartschenschilde einander zu. Im Gegensatz zu den beiden
verzierten Rollwerkkartuschen über dem Portal handelt es sich
hier durchaus um reale Turnierschildformen mit Lanzenruhe. Der
Schild des Ehemannes ist komplett gespiegelt. Wie oben sind die
beiden Schilde Eberhard XII. Graf zu Erbach Herr zu Breuberg
(19.1.1511 - 12.7.1564), Landvogt im Unterelsaß, kurpfälzischer
Großhofmeister, und seiner Frau Margarethe Wild- und
Rheingräfin v. Dhaun (25.9.1521 - 5.4.1576) zuzuordnen. Auf dem
nach hinten abgeschrägten Sockel liest man die Inschrift:
"EBERHART GAVF ZV ERPACH ANNO DNI MDXXXX" - also 1540.
Der gewendete Tartschenschild für Eberhard XII. Graf zu Erbach zeigt einen rot-silbern geteilten Schild mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben. Der Wappenschild seiner Ehefrau Margarethe Wild- und Rheingräfin v. Dhaun ist wie oben beschrieben aufgebaut, aber mit ein paar Abweichungen gegenüber der üblichen und korrekten Darstellung, so sind im Herzschild vorne und hinten die Inhalte vertauscht, und die Löwen in den Feldern 2 und 3 sind hersehend, nicht die in den Feldern 1 und 4:
Abb.: Position des beschriebenen Wappensteines
Abb.: romantische Idylle im rückwärtigen Teil der Bebauung.
Das
Wappen am Eingang zur Rentkammer
Die Rentkammer stößt in
spitzem Winkel an den Damenbau und bildet den rückwärtigen
Abschluß der Schloßhofbebauung. Der Zugang erfolgt über eine
zuletzt 1997 renovierte barocke Treppe, die ihren Ausgang vor dem
Damenbau nimmt und auf eine kleine, der Rentkammer vorgelagerte
Plattform in Hohe des ersten Hauptgeschosses führt. Über dem
Eingang in das Gebäude befindet sich zwischen erstem und zweitem
Hauptgeschoß dieses Allianzwappen von so hervorragender
Detailarbeit, daß es wohl kaum ein Original aus der Renaissance
ist. Vielmehr ist es ein Werk des Historismus im Stile der
Renaissance, zum Gebäude passend, aber die Wappen der aktuellen
Bauherren Ende des 19. Jh. zeigend. Unter einem Gebälk mit einem
flachen, runden Aufsatz mit Muschelrosette und nach oben
eingerollten Enden, der dem Stein am Damenbau wohl nachgebildet
ist, wenden sich zwei Tartschenschilde mit konkav-konvex
geschwungeder Oberkante und Lanzenruhe einander zu. Die beiden
Wappenschilde sind Franz Georg Albrecht IV. Ernst Friedrich
Ludwig Christian Graf zu Erbach-Erbach (22.8.1844 - 19.4.1915),
erblicher Reichsrat der Krone Bayerns, und seiner Frau Erika
Juliana Prinzessin zu Stolberg-Stolberg (15.7.1856 - 20.3.1928)
zuzuordnen. Die Inschrift unter den beiden Schilden verdeutlicht,
daß es sich hier bei aller efeubewachsenen Romantik nicht um
einen Originalbau handelt, sondern um einen Wiederaufbau nach der
Brandkatastrophe 1893: "NACH DEM BRAND AM 10. JAN. 1893
WIEDERAUFGEBAUT VON GEORG ALBRECHT GRAF ZU ERBACH
A.D.MDCCCXCIII".
Der Tartschenschild für Georg Albrecht Graf zu Erbach-Erbach (22.8.1844 - 19.4.1915) sollte einen rot-silbern geteilten Schild mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben zeigen, ist hier jedoch in Fehlfarben zu sehen, das Silber ist nachgedunkelt und wirkt schwärzlich, das Rot ist verblichen. Der Schild für seine Frau Erika Juliana Prinzessin zu Stolberg-Stolberg (15.7.1856 - 20.3.1928), Tochter von Alfred Fürst und Graf zu Stolberg-Stolberg (23.11.1820 - 1903) und Augusta Amalia Ida Prinzessin zu Waldeck (21.7.1824 - 4.9.1893) sowie Enkelin von Joseph Christian Ernst Ludwig Graf zu Stolberg-Stolberg (21.6.1771 - 27.12.1839) und Luise Auguste Henriette Gräfin zu Stolberg-Stolberg (13.1.1799 - 15.8.1875), zeigt das Stammwappen der Grafen von Stolberg, in Gold einen schreitenden, schwarzen Hirschen.
Abb.: Position des beschriebenen Wappensteines
Genealogie
der Grafen von Erbach (Teil 2)
Nachdem es die Linie
Erbach-Erbach 1270-1503 zum ersten Mal gegeben hatte, entstand
durch Teilung unter Graf Georg Albrechts Söhnen wieder eine neue
Linie zu Erbach, sie entstand 1678 und dauerte bis 1721 an,
danach fiel Erbach-Erbach wieder an die zweite wichtige Linie,
die zu Fürstenau. Erst ab 1748 sollte es wieder ein
Erbach-Erbach geben.
Abb.: die efeubewachsene Fassade der Rentkammer, in der Bildmitte das unten besprochene Wappen, rechts die vorgebaute Treppe mit Eingang, darüber das oben besprochene Wappen.
Das
Wappen an der Wand der Rentkammer
Die Rentkammer schließt den
Schloßhof nach hinten ab. Nicht ganz, denn links davon ist die
Bebauung offen, aber es handelt sich doch um einen wuchtigen
Querriegel, nach dem Schloß selbst die größte bauliche
Einheit. Es handelt sich um einen älteren Bau, der nach dem
ersten Kanzleibau die Funktion als Verwaltungszentrum erfüllte,
welcher heute als Archivbau und Torbau dient, nachdem dieser für
die Verwaltung zu klein geworden war. Bevor der wuchtige Bau zur
Verwaltung wurde, deren Sitz er heute noch ist, war er ein
Speicher, das Kornhaus oder "der Kasten". Der einstige
Speicherbau wurde im Stile der Frührenaissance 1539-1540 erbaut,
Bauherr war Eberhard XII. Graf zu Erbach (19.1.1511 - 12.7.1564).
Heute wirkt der fast vollständig von Efeu umrankte Bau im
Schatten der großen Platanen des Schloßhofes ein bißchen
romantisch und wie im Dornröschenschlaf. Der alte Kanzleibau
wurde ein Opfer des Brandes 1893 und danach unter Verwendung
alter Steine wieder hergestellt. In einer in das Efeu
geschnittenen Lücke sehen wir ein nachträglich beim
Wiederaufbau in Höhe des ersten Hauptgeschosses zwischen zwei
Fenstern eingemauertes Allianzwappen, das aus der Renaissance
stammt und zu den schönsten und ausgewogensten Darstellungen in
Erbach gehört. Eine möglicherweise vorhandene und datierende
Inschrift kann wegen des dichten Efeubewuchses nicht festgestellt
werden. Stilistisch ist das Allianzwappen in die Zeit 1540-1550
einzuordnen.
Das Vollwappen für Eberhard XII. Graf zu Erbach zeigt einen rot-silbern geteilten Schild mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben. Helmzier zwei silbern-rot übereck geteilte Büffelhörner. Helmdecken rot-silbern. Eine erste Helmzierdarstellung finden wir übrigens auf einem Siegel von 1339 von Conrad dem Jüngeren, es zeigt zwei von Rot und Silber mit je einer Spitze geteilte Büffelhörner. Später wurden daraus die übereck geteilten Büffelhörner.
Das Vollwappen seiner Ehefrau Margarethe Wild- und Rheingräfin v. Dhaun zeigt ein paar Abweichungen gegenüber der üblichen Darstellung, so sind im Herzschild vorne und hinten die Inhalte vertauscht, und die Löwen in den Feldern 2 und 3 sind hersehend, nicht die in den Feldern 1 und 4:
Die Helmzier ist ein mit zwei silbernen Federstößen besteckter Turnierhut in Schwarz mit rotem Stulp zu schwarz-silbernen Decken (Stammkleinod der Rheingrafen).
Abb.: Position des beschriebenen Wappensteines
.
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Peter W. Sattler, Helga Bartmann: Erbach erleben, ein Führer zu
den historischen Sehenswürdigkeiten im Städtel und im Schloß,
Edition Diesbach, Weinheim 2006, ISBN 3-936468-33-8 bzw.
978-3-936468-33-5
Peter W. Sattler, Helga Bartmann: Erbach im Odenwald: Wappen
erzählen Geschichte. Aus der Geschichte von Stadt und Grafschaft
Erbach, Band 7, Herausgeber: Magistrat der Kreisstadt Erbach im
Odenwald und Historischer Verein für die Kreisstadt und
ehemalige Grafschaft Erbach e.V., ISBN 3-9801518-2-4
Hartmut Platte: Das Gräfliche Haus Erbach-Erbach, Heft 8 der
Reihe Deutsche Fürstenhäuser, Börde-Verlag Werl, 2004, ISBN
3-9807740-6-6
Peter W. Sattler, Schloß Erbach, ein Führer durch die Residenz
und ihre gräflichen Sammlungen, K. F. Schimper Verlag,
Schwetzingen 2000, ISBN 3-87742-153-9
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Archivbau: http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/XML/035_Erbach_Schloss.xml
Hessische Kulturdenkmäler: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=11004&session=913&event=Query.Details
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