Bernhard Peter
Die Entwicklung der Erbacher Wappen

Genealogie der Grafen von Erbach (Teil 1)
Erbach wird erstmals mit Eberhard von Erbach 1148 erwähnt. Es handelt sich um ein Ministerialengeschlecht, das im frühen 13. Jh. das Schenkenamt im Reich innehatte, welches dann aber an die Pfalzgrafen am Rhein gegeben wurde. Um 1226 bekamen die Erbacher das Erbschenkenamt der Pfalzgrafen. Um 1270 entstanden drei Linien, Erbach-Erbach (- 1503), Erbach-Michelstadt und Erbach-Fürstenau (bis 1534). Neu entstandene Linien trugen immer wieder die gleichen Namen, was die Familiengeschichte unübersichtlich macht. Erbach-Erbach gabe es z. B. 1270-1503, 1678-1721 und ab 1748 wieder. Lehnsherren waren die Pfalzgrafen, denen die Schenken all ihre Güter zu Lehen auftragen mußten. 1532 wurden die Schenken von Erbach Reichsgrafen und unabhängig. Eine der wichtigsten durch Heirat erlangten territorial bedeutsamen Erbschaften war Breuberg etc. aus der Erbmasse der ausgestorbenen Grafen von Wertheim. Die Hälfte von Breuberg wurde 1556 gewonnen. 1747 ging der Breuberger Besitz an die Linie Erbach-Schönberg über. Alle Mitglieder des gräflichen Hauses nennen sich seit 1556 Herren zu Breuberg.

Abb. links: Erbach, Schloßkomplex, im Giebel des Damenbaus, Teil eines Allianzwappens, Abb. rechts: Erbach, Schloß, Aufsatz über der Ostfassade des Schloßflügels, Kartusche mit Fürstenhut

 

Abb.: Zeichnung von Otto Hupp für den Münchener Kalender 1897.

Stammwappen
Das Stammwappen ist rot-silbern geteilt mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben. Helmzier ursprünglich zwei von Rot und Silber mit je einer Spitze geteilte, später zwei silbern-rot übereck geteilte Büffelhörner. Helmdecken rot-silbern. Bereits ein Siegel von Conrad Schenk (Pincerna) von Erbach aus dem Jahre 1255 zeigt den Schild mit den drei Sternen. Eine erste Helmzierdarstellung finden wir auf einem Siegel von 1339 von Conrad dem Jüngeren, es zeigt die Teilung der Büffelhörner durch die Spitze.

Beispiele für historische Darstellungen verschiedener Zeiten:

Abb. links: Erbach, altes Rathaus, Seite zur Mümling, Wappen von 1545, Abb. rechts: Erbach, Schloßkomplex, an der Wand der Rentkammer, Teil eines Allianzwappens

Abb. links: Michelstadt, Gänsegretelbrunnen, Abb. rechts: Michelstadt, am Portal der Stadtkirche, mit abweichend fünfstrahligen Sternen

Schenkenwappen
Schenkenwappen: De facto blieb die Erbschenkenwürde von Kurpfalz bis 1806 bei dem Hause Erbach. Dieses Wappen mit dem Schenkenbecher wird jedoch nur in Conrad Grünenbergs Wappenbuch abgebildet, und nur dort. Andere Belege sind mir unbekannt. Rot-silbern geteilt mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben, in der Mitte belegt mit einem goldenen Schenkenpokal. Helmzier ein goldener Schenkenpokal zwischen zwei durch je eine gestürzte Spitze rot-silbern übereck geteilte Büffelhörnern. Helmdecken rot-silbern.

Abb.: Aschaffenburg, Stiftskirche St. Peter und Alexander, Epitaph

Geistliche Wappen
Ein Mainzer Erzbischof aus dem Hause Erbach: Das Wappen des Fürsterzbischofs Dietrich Schenk von Erbach (1434-1459) ist wie folgt aufgebaut: geviert:

Als Vollwappen würden dazugehören: 3 Helme zu hinter dem Schild aufrecht stehendem Vortragekreuz und hinter dem Schild gekreuzten Insignien Schwert und Krummstab:

Abb.: Wörth am Main, Stadttor "Oberes Tor"

Beispiele für historische Darstellungen:

Abb.: Variante mit achtspeichigen Rädern und fünfzackigen Sternen,
Burg Wildenberg im Odenwald, an der Quermauer zwischen Palas und Bergfried

Vermehrte Wappen
Um Bickenbach vermehrtes Wappen: Unter Schenk Erasmus von Erbach (1466-1503), der durch Erbschaft und Ankauf große Teile der Herrschaft Bickenbach unter seine Kontrolle brachte, kam die Burg Bickenbach 1484 an Erbach. Burg Bickenbach ("Alsbacher Schloß") ging in der Hessisch-Bayerischen Fehde wieder verloren, und danach wurde das Bickenbacher Wappen nicht mehr geführt. Das verbliebene Bickenbacher Gebiet wurde Anfang des 18. Jh. verkauft an Hessen-Darmstadt. Das Wappen ist geviert:

Beispiele für historische Darstellungen:

 

Bildbeispiel: Schloß Meßkirch, zwei Wappenmedaillons für Johannes Werner d. J. Graf von Zimmern (24.6.1480-1.1.1548), vermählt mit Katharina von Erbach-Erbach (-13.2.1549), der Tochter von vorerwähntem Erasmus I. von Erbach-Erbach (1466-1503) und Elisabeth von Werdenberg-Sargans (-20.12.1536).

In der Zimmernschen Chronik aus dem 16. Jh. (Cod. Donaueschingen 580a, 580b) wird ebenfalls diese Variante abgebildet, aber in leicht abgewandelter Form: Geviert:

Zwei Helme:

Um Breuberg vermehrtes Wappen: Als die Grafen von Wertheim 1556 ausstarben, fiel das Erbe an die Grafen von Erbach und die Grafen von Stolberg-Königstein. Seit 1556 sind die Breuberger Balken Bestandteil des Erbacher Wappens. Das Wappen ist nun geviert:

Helmzier: gekrönt, ein Paar Büffelhörner, silbern-rot übereck geteilt, Stammkleinod der Grafen von Erbach, bereichert um zwei schräggekreuzte Fähnchen, silbern und mit zwei roten Balken, die für die Breuberg'sche Erbschaft stehen. Decken rot-silbern.

Abb.: Burg Breuberg

Beispiele für historische Darstellungen:

Abb.: Erbacher Schloß, Archivbau, über der Tordurchfahrt zum Schloßhof

Um Breuberg und Bickenbach vermehrtes Wappen: Wahlweise konnten auch beide neuen Gebiete gezeigt werden, auch wenn das selten vorkommt. Das Wappen in dieser Form ist geviert:

Beispiele für historische Darstellungen:

Abb.: Michelstadt, Grabplatte außen an der Stadtkirche

Genealogie der Grafen von Erbach (Teil 2)
Nachdem es die Linie Erbach-Erbach 1270-1503 zum ersten Mal gegeben hatte, entstand durch Teilung unter Graf Georg Albrechts Söhnen wieder eine neue Linie zu Erbach, sie entstand 1678 und dauerte bis 1721 an, danach fiel Erbach-Erbach wieder an die zweite wichtige Linie, die zu Fürstenau. Erst ab 1748 sollte es wieder ein Erbach-Erbach geben.

Abb.: Beide Darstellungen stammen vom Marktbrunnen in der Stadt Erbach

Rarität: ein Erbachsches Ordenswappen
Das Wappen für den oben erwähnten Philipp Ludwig Graf v. Erbach-Erbach (10.6.1669 - 17.6.1720) hat eine Besonderheit, die so selten ist, daß sie nur genau einmal in der Familie vorkommt, nämlich bei ihm: Das übliche gevierte Wappen von Erbach ist mit einem Johanniter-Ordensschild unterlegt, rot mit einem silbernen achtspitzigen Kreuz. Philipp Ludwig Graf v. Erbach-Erbach war 1689 vom Großmeister des Johanniterordens in Sonnenburg (Preußen) zum Ordensritter geschlagen worden, und er wurde Komtur der Ordenskommende Schievelbein, die er 1713 erhalten hatte. Und - die Welt ist klein - der betreffende Großmeister (Herrenmeister zu Sonnenberg) des Johanniterordens war 1689-1692 Georg Friedrich Fürst von Waldeck (31.1.1620-19.11.1692). Und dieser war niemand anderes als sein Schwiegervater! Denn Philipp Ludwigs Frau, Albertine Elisabeth Gräfin zu Waldeck-Eisenberg (9.2.1664 - 1.11.1727), war die Tochter von eben jenem Georg Friedrich Fürst v. Waldeck-Eisenberg und dessen Frau Elisabeth Charlotte Gräfin v. Nassau-Siegen (11.3.1626-16.11.1694). Ein solches Wappen ist an der ev.-luth Pfarrkirche St. Martin in Kleinheubach über dem Portal zu sehen.

Abb.: ev.-luth Pfarrkirche St. Martin in Kleinheubach, Erbach-Wappen, von einem Ordensschild des Johanniterordens unterlegt.

Genealogie der Grafen von Erbach (Teil 3)
Weitere Teilungen fächern die Hauptlinie zu Fürstenau auf. Von Erbach-Fürstenau spaltete sich die Linie Erbach-Schönberg ab (seit 1903 gefürstet), so genannt nach dem Schloß Schönberg im Kreis Bergstraße, seit 1717 Sitz dieser Linie, heute jedoch veräußert. Zum dritten Mal gibt es Erbach-Erbach erst ab 1748 wieder.

Abb.: Erbach, mittleres Portal der Stadtkirche

Die Wappenverbesserung von 1755
Die Wappenvermehrung wurde Georg Wilhelm Graf zu Erbach-Erbach (19.7.1686 - 31.5.1757) am 9.7.1755 durch kaiserliches Diplom gewährt. Der gewährende Kaiser war Franz I., und seitdem tragen alle Grafen dieser Linie als ersten Vornamen den Namen Franz. Das Wappen ist geviert mit Herzschild (Gnadenwappen):

Alternativ der Adler mit dem österreichischen Bindenschild belegt.

Abb.: Erbach, Schloß, links der hofseitigen Freitreppe, 1848 vom Rathaus Reichelsheim dorthin versetzt, Wappen für Georg Wilhelm Graf zu Erbach-Erbach (19.7.1686 - 31.5.1757), Helmkleinode mit farblichen Abweichungen

Drei Helme:

Beispiele für historische Darstellungen:

Genealogie der Grafen von Erbach (Teil 4)
Das bedeutendste Ereignis des frühen 19. Jh. war die Erweiterung um die Grafschaft Wartenberg-Roth. Wartenberg war eine reichsunmittelbare Grafschaft bei Worms, die von den Kolb von Wartenberg geführt wurde. Als Ausgleich für verlorene linksrheinische Gebiete bekamen die Grafen nach der Säkularisierung die ehemalige Prämonstratenser-Abtei Roth im schwäbischen Reichskreis als Entschädigung, daher der Doppelname. 1804 wurde Wartenberg-Roth zur Reichsgrafschaft erhoben. Franz Carl II. Friedrich Ludwig Wilhelm Graf zu Erbach-Erbach (11.6.1782 - 14.4.1832) wurde 1804 von seinem Onkel Ludwig Graf Kolb von Wartenberg adoptiert, weil das Haus Wartenberg auszusterben drohte. Sein Vater Franz II. Graf zu Erbach-Erbach (29.10.1754 - 8.3.1823) hatte in zweiter Ehe Charlotte Luise Polyxene Kolb v. Wartenberg (27.11.1755 - 20.5.1844) geheiratet, daher die Verbindung. 1818 wurde Franz Carl II. Friedrich Ludwig Wilhelm Graf zu Erbach-Erbach auch Graf v. Wartenberg-Roth. Bereits 1845 verkaufte jedoch sein Sohn Franz Eberhard Carl Friedrich Ludwig Wilhelm Graf zu Erbach-Erbach u. Wartenberg-Roth (27.11.1818 - 8.6.1884) die Grafschaft Wartenberg wieder, um das mit hohen Lasten belegte Grafenhaus Erbach zu retten. Wartenberg-Roth kam gänzlich an Württemberg, in das es schon 1806 mediatisiert worden war. Roth wurde 1989 verkauft, und ab da änderte sich der Titel wieder in Graf von Erbach-Erbach. Curl (auch Coort oder Curt) und Ostermannshofen, welche in den Titeln immer wieder auftauchen, waren wartenbergische Besitzungen in der Grafschaft Mark und im Herzogtum Kleve, die später dazukamen und schnell wieder verloren gingen. Steinbach an der Iller ist ebenfalls eine Herrschaft aus dem Erbe der Grafschaft Wartenberg-Roth. Das ebenfalls in den Titeln vorkommende Wildenstein ist ein Amt im Spessart und am Main, das 1559 durch Erbschaft an die Grafen von Erbach kam. Dazu gehörten Kleinheubach, welches 1721 an die Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg verkauft wurde, und Eschau.

Die Wappenvermehrung von 1804 ff
In der nächsten Wappenvermehrung äußert sich der Gewinn der Erbschaft Wartenberg-Roth. Das Stammwappen Erbach wird mit dem Stammwappen der Kolb von Wartenberg kombiniert. Das Stammwappen der Kolb von Wartenberg zeigt in Silber einen roten Balken, begleitet von drei (2:1) roten Kugeln. Helmzier: Jünglingsrumpf in rot-silbern gespaltener Gewandung mit Gürtel, Kragen und Aufschlägen in verwechselten Farben, mit rotgestulpter, silberner, mit dem Schildbild belegter Zipfelmütze, einen Streitkolben in der Rechten vor sich haltend, die Linke eingestemmt (Farbvarianten in der Literatur gegeben). Helmdecke rot-silbern. Als Wappen der Grafen von Wartenberg-Roth gespalten, vorne Stammwappen Wartenberg, hinten in Rot ein silberner Greif (Reichsgrafschaft Roth). Schildhalter zwei Männer in rotem Kleid mit Streitkolben. Das Gräflich Erbacher Wappen, wie es 1804 (Adoption) bzw. 1818 (Graf) bis 1845 (Verkauf) geführt wurde, ist nun gespalten:

Die Seiten können auch ausgetauscht sein.

Abb.: Erbach, Alte Wache

Beispiele für historische Darstellungen:

Davon gibt es auch noch eine aufwendigere Form: Geviert mit Herzschild:

Beispiele für historische Darstellungen:

Drei Helme:

Prunkstücke: Schildhalter rechts ein goldener, widersehender Löwe, links ein Jüngling in rotem Gewand, mit silberner Hose und ebensolchem Gürtel, mit schwarzen Stiefeln und silberngestulptem roten Hut, einen goldenen, auf die Schulter gelegten Streitkolben in der linken Hand haltend. Wappenmantel, Fürstenhut.

Genealogie der Grafen von Erbach-Erbach (Teil 5)

Erbach-Fürstenau
Wappen der Linie Erbach-Fürstenau: Im wesentlichen wird das Wappen von 1556 mit Prunkstücken kombiniert, die Helmzier um die Lanzen vermindert, die dafür hinter dem Schild: Der Schild ist geviert:

Ein Helm:

Prunkstücke: zwei goldene, widersehende Löwen als Schildhalter, hinter dem Schild zwei goldene Lanzen mit Fähnchen, rechts wie Feld 1, links wie Feld 2, blauer, hermelingefütterter, goldenverzierter Wappenmantel, aus einer Erlauchtkrone herabfallend.

Erbach-Schönberg
Späteres fürstliches Wappen der Linie Erbach-Schönberg: Im wesentlichen wird das Wappen von 1556 später mit Prunkstücken kombiniert, die verdreifachte Helmzier um die Lanzen vermindert, die dafür hinter dem Schild: Der Schild ist geviert:

Drei Helme, alle drei gleich:

Prunkstücke: zwei goldene, widersehende Löwen als Schildhalter, hinter dem Schild zwei goldene Lanzen mit Fähnchen, rechts wie Feld 1, links wie Feld 2, roter, hermelingefütterter, goldenverzierter Wappenmantel, aus einer Erlauchtkrone herabfallend.

Bad König, ev. Kirche, frühes gräfliches Wappen der Linie Erbach-Schönberg. Die Inschrift auf dem Sturz des Portales bezieht sich auf Georg August Graf zu Erbach, Herr zu Breuberg und ist auf MDCCLI = 1751 datiert. Bauherr ist damit Georg August Graf zu Erbach-Schönberg (17.6.1691 - 29.3.1758), der Begründer der Schönberger Linie.

Genealogie der Grafen und Fürsten von Erbach-Schönberg (Teil 6)

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Peter W. Sattler, Helga Bartmann: Erbach im Odenwald: Wappen erzählen Geschichte. Aus der Geschichte von Stadt und Grafschaft Erbach, Band 7, Herausgeber: Magistrat der Kreisstadt Erbach im Odenwald und Historischer Verein für die Kreisstadt und ehemalige Grafschaft Erbach e.V., ISBN 3-9801518-2-4
Hartmut Platte: Das Gräfliche Haus Erbach-Erbach, Heft 8 der Reihe Deutsche Fürstenhäuser, Börde-Verlag Werl, 2004, ISBN 3-9807740-6-6
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Otto Hupp, Münchener Kalender 1897, Verlagsanstalt München und Regensburg 1897

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