Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 1246
Erbach (Odenwald)
Das Erbacher Schloß (1)
Schloß
Erbach
Schloß Erbach ist ein
äußerst malerisches Ensemble, das ganz verschiedenen Bauphasen
entstammt. Das Mittelalter hat genau wie die Renaissance und der
Barock und auch der Historismus seine Spuren hinterlassen. Im
Kern handelt es sich um eine mittelalterliche Burg, von der der
aus äußerst sorgfältigen Buckelquadern gemauerte Bergfried
noch erhalten ist, aber nicht mit originalem Abschluß, denn das
oberste Stockwerk wurde 1497 aufgesetzt und mit kleinen
Zwerchhäusern mit Treppengiebeln ausgestattet sowie einem
umlaufenden Kranz von Schießscharten für Hakenbüchsen. In der
Renaissance wurde die Burg zum Schloß umgebaut, aus dieser Zeit
stammen die meisten Nebengebäude rings um den Schloßhof, und im
Barock wurde 1736 der große Schloßflügel (Hauptflügel)
dreigeschossig neugebaut, hofseitig mit breitem Portal, ferner
wurden die Reste der Burg niedergelegt, bis auf den Bergfried,
den man als Treppenturm verwenden konnte. Das 19. Jh. brachte
nach einem Brand viele Erneuerungen, wobei aber die Nebengebäude
zwar historistisch, aber passend wiederaufgebaut wurden. Vom
Bauzustand der Renaissance sind also nur die Nebengebäude in
historistischer Erneuerung vorhanden. Jenseits der Straße liegen
Marstall, Orangerie und Hofgarten. Den Schloßhof begrenzen -
entgegen dem Uhrzeigersinn - Torbau (Archivbau) von 1571, Alter
Bau mit Fachwerkobergeschoß aus der 2. Hälfte des 16. Jh.,
Damenbau (einstige Brauerei) von 1550 und Rentkammer (einstiger
"Kasten") von 1540.
Wappendarstellungen
an Schloß Erbach
Abgesehen von den Wappen im
Städtel und an der Stadtkirche gibt es außen am Schloß Erbach
viele Wappendarstellungen:
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Abb.: Position der in dieser Serie beschriebenen Wappensteine
Das
Wappen auf dem Dach des Schloßbaues
Ganz hoch oben über dem
Mittelrisalit der Ostfassade befindet sich dieses Wappen der
Grafen von Erbach in barocken Formen. Es ist
rot-silbern geteilt mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in
verwechselten Farben. Bekrönt wird die Kartusche von einem
Fürstenhut. Der Kartuscheninhalt entspricht dem alten
Stammwappen, auf das man wegen seiner schlichten Schönheit auch
in späteren Zeiten immer wieder gerne zurückkam, und wie es
bereits in einem Siegel von Conrad Schenk (Pincerna) von Erbach
aus dem Jahre 1255 vorkommt.
Hinter dem Wappen erinnert der vergoldete Aufsatz ein wenig an einen Schenkenbecher und an die Tatsache, daß die Grafen von Erbach bis 1806 die Erbschenkenwürde der Kurpfalz innehatten. Es gibt jedoch nur einen einzigen historischen Beleg für ein Erbach-Wappen mit dem goldenen Schenkenbecher im Schild selbst zwischen den drei Sternen, dazu zwischen den Büffelhörnern der Helmzier, und zwar nur in Conrad Grünenbergs Wappenbuch abgebildet, und nur dort. Andere, insbesondere bauplastische Belege sind mir unbekannt.
Abb.: Position des beschriebenen Wappensteines
Das
Wappen über dem Schloßportal
Die Hauptzufahrt in den
Schloßhof führt durch den Archivbau hindurch. Über dessen
äußerer, etwas außerhalb der Mitte sitzender, rundbogiger
Tordurchfahrt sehen wir einen zwischen zwei den Wappensockel
tragenden Genienköpfen auf 1571 datierten Wappenstein. Der
Torbogen wird von einem vertieften Spiegel mit drei Rosetten
eingefaßt, vertiefte Spiegel befinden sich auch an der Laibung.
Das Vollwappen im Stile der Renaissance wird von einem
kreisförmigen Schriftband umgeben mit den Worten: "GEORG
GRAVE ZV ERPACH VND HERR ZV BREVBERG". Bauherr ist damit
Georg III. Graf zu Erbach (15.7.1548 - 1605), derjenige, der 1569
sämtliche Erbach'schen Besitzungen in seiner Hand vereinigte und
insgesamt viermal vermählt war, mit Anna Amalia zu Sayn, mit
Anna Gräfin v. Solms-Laubach, mit Dorothea Reuss v. Plauen und
mit Maria v. Barby-Mühlingen. Einst war das zweigeschossige
Gebäude mit Zwerchgiebel ein Kanzleigebäude. Es besitzt zwei
geschweifte Giebel an den Seiten, der südliche wird durch den
barocken Schloßbau verstellt. Über dem Tor sind drei
Zwillingsfenster und ein Drillingsfenster, alle mit Karnies
profiliert.
Zwei dem Schriftband folgend gereckte Frauengestalten flankieren das Wappen, optisch links mit Schwert in der Hand, eine Allegorie der Gerechtigkeit, und optisch rechts mit einem flammenden Herz in der freien Linken, welches sie zur Allegorie der Güte macht. Im Zwischenraum zwischen den Füßen, einer Volute und dem Schriftband sind Fruchtgebinde. Über allem eine Löwenmaske als oberer Abschluß.
Es handelt sich um das um Breuberg vermehrte Stammwappen, denn als die Grafen von Wertheim 1556 ausstarben, fiel das Erbe an die Grafen von Erbach und die Grafen von Stolberg-Königstein. Seit 1556 sind die Breuberger Balken Bestandteil des Erbacher Wappens. Es ist nun geviert:
Die Helmzier ist eine Kombinationshelmzier, die beide Elemente vereinigt, ein Paar Büffelhörner, silbern-rot übereck geteilt (Stammkleinod der Grafen von Erbach), bereichert um zwei schräggekreuzte Fähnchen, silbern und mit zwei roten Balken, die für die Breuberg'sche Erbschaft stehen. Decken rot-silbern.
Abb.: Position des beschriebenen Wappensteines
Genealogie
der Grafen von Erbach (Teil 1)
Erbach wird erstmals mit
Eberhard von Erbach 1148 erwähnt. Es handelt sich um ein
Ministerialengeschlecht, das im frühen 13. Jh. das Schenkenamt
im Reich innehatte, welches dann aber an die Pfalzgrafen am Rhein
gegeben wurde. Um 1226 bekamen die Erbacher das Erbschenkenamt
der Pfalzgrafen. Um 1270 entstanden drei Linien, Erbach-Erbach (-
1503), Erbach-Michelstadt und Erbach-Fürstenau (bis 1534). Neu
entstandene Linien trugen immer wieder die gleichen Namen, was
die Familiengeschichte unübersichtlich macht. Erbach-Erbach gab
es z. B. 1270-1503, 1678-1721 und ab 1748 wieder. Lehnsherren
waren die Pfalzgrafen, denen die Schenken all ihre Güter zu
Lehen auftragen mußten. 1532 wurden die Schenken von Erbach
Reichsgrafen und unabhängig. Eine der wichtigsten durch Heirat
erlangten territorial bedeutsamen Erbschaften war Breuberg etc.
aus der Erbmasse der ausgestorbenen Grafen von Wertheim. Die
Hälfte von Breuberg wurde 1556 gewonnen. 1747 ging der
Breuberger Besitz an die Linie Erbach-Schönberg über. Alle
Mitglieder des gräflichen Hauses nennen sich seit 1556 Herren zu
Breuberg.
Abb.: Links Damenbau, rechts Alter Bau mit Wappen in der mittleren Dachgaube.
Das
Wappen am Alten Bau
Der langgestreckte alte Bau
mit Fachwerkobergeschoß wird durch 5 Dachgauben rhythmisiert,
einer großen in der Mitte mit dem hier beschriebenen
Allianzwappen zwischen 2x 2 kleinen Gauben. Es zeigt ein
wunderschönes Allianzwappen, das sich allerdings nicht am
originalen Ort befindet und nicht notwendigerweise mit der
Bauzeit des Alten Baues korreliert. Dieser Wappenstein soll von
einem sog. Hinteren Tor in der Stadtmauer stammen, welches im
ausgehenden 16. Jh. neu gebrochen und gestaltet wurde, was auch
stilistisch passen würde.
Abb. links: Blick aus der Tordurchfahrt unter dem Archivbau auf den Alten Bau (rechts). Abb. rechts: Dachgaube mit dem beschriebenen Wappen.
Von den Ehen zwischen beiden Häusern kommt zeitlich damit das Paar Ludwig I. Graf v. Erbach (3.9.1579 - 12.4.1643) und Juliane v. Waldeck (11.4.1587 - 28.2.1622) in Frage, zumal bekannt ist, daß Graf Ludwig Reparaturen in Erbach durchführen ließ. Ludwig regierte erst ab 1605 gemeinsam mit den Brüdern, 1606 zu Erbach. Im Grunde war es eine Heirat in der Familie, denn Juliane von Waldeck war eine Tochter von Josias Graf v. Waldeck-Eisenberg (18.3.1554 - 6.8.1588) und Maria v. Barby-Mühlingen (8.4.1563 - 1619), die, verwitwet, in zweiter Ehe Georg III. Graf zu Erbach (15.7.1548 - 1605) heiratete, für den es wiederum seine vierte Ehe war - Ludwig und Juliana waren also Stiefgeschwister, obwohl mit verschiedenen Müttern und verschiedenen Vätern. Das Paar Ludwig und Juliana hatte zwar zwei Söhne, die beide als Militärs in schwedischen Diensten Opfer des 30jährigen Krieges wurden. Der dritte Sohn wurde gerade einmal 9 Jahre alt.
Danach gab es übrigens noch viele weitere Verbindungen zwischen den Häusern Erbach und Waldeck:
Das Fachwerkobergeschoß des Alten Baues brannte 1893 ab und wurde erneuert, also auch der Zwerchgiebel, an dem sich das Wappen befindet.
Das Wappen des Ehemannes ist wieder der aus Erbach und Breuberg gevierte Schild, Feld 1 und 4: rot-silbern geteilt mit drei (2:1) sechsstrahligen Sternen in verwechselten Farben (Grafen von Erbach), Feld 2 und 3: in Silber zwei rote Balken (Herrschaft Breuberg). Die Helmzier ist die Kombinationshelmzier, ein Paar Büffelhörner, silbern-rot übereck geteilt (Grafen von Erbach), dazwischen zwei schräggekreuzte Fähnchen, silbern und mit zwei roten Balken (Herrschaft Breuberg). Decken theoretisch rot-silbern, hier abweichend.
Das Wappen der Ehefrau ist das der Grafen von Waldeck, in Gold ein theoretisch achtstrahliger, hier abweichend sechsstrahliger schwarzer Stern. Die Helmzier wäre ein goldener Flug, beiderseits belegt mit einem achtstrahligen schwarzen Stern, und die Helmdecken wären schwarz-golden. Das Oberwappen der Frau entfällt hier aber ersatzlos, weil eine Form des Ehewappens gewählt wurde, wo die einzelnen Schilde der beiden Ehepartner unter einem mittig angeordneten alleinigen Helm des Ehemannes verwendet werden.
Abb.: Position des beschriebenen Wappensteines
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Peter W. Sattler, Helga Bartmann: Erbach erleben, ein Führer zu
den historischen Sehenswürdigkeiten im Städtel und im Schloß,
Edition Diesbach, Weinheim 2006, ISBN 3-936468-33-8 bzw.
978-3-936468-33-5
Peter W. Sattler, Helga Bartmann: Erbach im Odenwald: Wappen
erzählen Geschichte. Aus der Geschichte von Stadt und Grafschaft
Erbach, Band 7, Herausgeber: Magistrat der Kreisstadt Erbach im
Odenwald und Historischer Verein für die Kreisstadt und
ehemalige Grafschaft Erbach e.V., ISBN 3-9801518-2-4
Hartmut Platte: Das Gräfliche Haus Erbach-Erbach, Heft 8 der
Reihe Deutsche Fürstenhäuser, Börde-Verlag Werl, 2004, ISBN
3-9807740-6-6
Peter W. Sattler, Schloß Erbach, ein Führer durch die Residenz
und ihre gräflichen Sammlungen, K. F. Schimper Verlag,
Schwetzingen 2000, ISBN 3-87742-153-9
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf
CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H.
Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Archivbau: http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/XML/035_Erbach_Schloss.xml
Hessische Kulturdenkmäler: http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/cgi-bin/mapwalk.pl?obj=11004&session=913&event=Query.Details
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