Bernhard Peter
Die Wappen des gräflichen und fürstlichen Hauses Stolberg

Die Entwicklung des Stolberger Wappens
Die Grafen von Stolberg sind ein uraltes gräfliches Geschlecht aus dem Harz, welches in einer Linie 1742 den Reichsfürstenrang erreichte, welche aber wieder erloschen ist. In anderen Linien hingegen blüht die Familie fort. 1548 teilte sich das Haus Stolberg auf in eine rheinische Linie und eine Harzer Linie. Die rheinische Linie erlosch 1631. Die Harzer Linie teilte sich 1645 in die beiden Hauptlinien zu Wernigerode und zu Stolberg, von denen weitere Linien abzweigten: Es gab die Linien Stolberg-Gedern (nach Gedern bei Büdingen, ab 1677 zu Gedern, 1742 Reichsfürsten, 1804 ausgestorben und von Stolberg-Wernigerode beerbt), Stolberg-Ortenberg (Grafen und Fürsten, nach Ortenberg bei Büdingen, 1806 in Hessen-Darmstadt mediatisiert), Stolberg-Rossla (Grafen und Fürsten, nach Rossla bei Sangershausen benannt, 1706 von der Linie zu Stolberg abgezweigt), Stolberg-Stolberg (Grafen, 1645 abgezweigt) und Stolberg-Wernigerode (Grafen, 1645 entstanden durch Teilung der Harzer Linie).

1. Wappen: Stammwappen Stolberg:

   

Abb. links: Stammwappen Stolberg am Erbacher Schloß, am Eingang zur Rentkammer, wiederaufgebaut 1893. Es steht hier dort für Erika Juliana Prinzessin zu Stolberg-Stolberg (15.7.1856 - 20.3.1928), Tochter von Alfred Fürst und Graf zu Stolberg-Stolberg (23.11.1820 - 1903) und Augusta Amalia Ida Prinzessin zu Waldeck (21.7.1824 - 4.9.1893). Abb. Mitte und rechts: Zeichnung von Otto Hupp für den Münchener Kalender 1896.

2. Wappen: Wernigerode kommt ins Wappen:
Das Geschlecht der Grafen von Wernigerode gehörte zu den ältesten im Harz. Schon 1121 wird es erwähnt, als die Grafen ihren Sitz von Haymar/Haimar bei Hildesheim auf die Burg Wernigerode an einer wichtigen Straßenkreuzung im Harz verlegten. Die Grafen hatten neben ihren Grafschaftsrechten auch die Verwaltung des Reichsforstes im Nordostharz inne. 1343 erlangten sie die Grafschaftsrechte um Wernigerode von den Grafen von Regenstein. Weiterhin hatten sie die Vogteirechte der Klöster Ilsenburg und Drübeck inne. Lehnsherr von Wernigerode war ab 1268 der Markgraf von Brandenburg, ab 1381 das Erzstift Magdeburg, 1449 wieder Brandenburg. Mit dem Tode des kinderlosen Grafen Heinrich von Wernigerode am 3. Juni 1429 erlosch das Grafengeschlecht. Wernigerode kam durch Erbverbrüderung zwischen beiden Häusern (Erbvertrag) in den Besitz der Grafen zu Stolberg. Graf Botho wird dadurch "Graf und Herr zu Stolberg und Wernigerode". Stolberger und Wernigeroder Wappen wurden damals vereinigt. Nach Anfall der Grafschaft Wernigerode in der Mitte des 15. Jh. führen die Grafen von Stolberg ihr Wappen geviert:

Helmzier:

Abb.: St. Georgs-Kirche Weikersheim, Schlußstein, Veröffentlichung der Innenaufnahme mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Martin Henzler-Hermann, Kirchengemeinde Weikersheim 2007, http://www.kirchenbezirk-weikersheim.de/ - an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Abb. links: Stadtkirche Waldenburg, Grabdenkmal für Wolfgang Friedrich Graf von Hohenlohe-Waldenburg, Abb. rechts: Stadtkirche Waldenburg, Grabdenkmal für Dorothea Walpurgis von Hohenlohe, Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Samuel Piringer, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Bereits Albrecht Georg (1519-1587) und dessen direkte Vorfahren im Jahre 1431 führten den Schild geviert von Stolberg und Wernigerode, und darauf den Stammhelm. Graf Christoph zu Stolberg, Dompropst zu Halberstadt (1523-1581) führte dazu als Herzschild das Wappen der Dompropstei Halberstadt, in Blau einen goldenen Adler.

Abb.: Ausschnitt aus einem auf 1893 datierten heraldischen Exlibris, entworfen von Adolf M. Hildebrandt (1844-1918) für Wilhelm Prinz von Stolberg-Wernigerode.

 

Abb.: Adolf Matthias Hildebrandt (16.6.1844-30.3.1918) hat dieses Exlibris für Otto Fürst zu Stolberg-Wernigerode angefertigt. Otto Fürst zu Stolberg-Wernigerode, Graf zu Königstein, Rochefort, Wernigerode und Hohnstein (30.10.1837-19.11.1896), Herr zu Eppstein, Münzenberg, Breuberg, Agimont, Lohra und Klettenberg, war der Sohn von Erbgraf Hermann zu Stolberg-Wernigerode (30.9.1802-24.10.1841) und Emma Gräfin zu Erbach-Fürstenau (11.7.1811-1.12.1889). Der auf Schloß Gedern aufgewachsene Otto war erst 4 Jahre alt, als sein Vater aus Verzweiflung über den Verlust seines ältesten Sohnes Albrecht starb. Otto studierte an den Universitäten in Göttingen und Heidelberg Staatsrecht, Geschichtswissenschaft und Kameralistik, machte aber keinen Abschluß, sondern machte eine kurze militärische Karriere 1859-1861 bei der preußischen Armee. Die dabei geknüpften Kontakte waren seiner späteren Karriere äußerst förderlich. 1861 übernahm er die Grafschaft Wernigerode. Er wurde 1854 erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, war 1867-1873 Oberpräsident der Provinz Hannover, 1872-1876 Präsident des Preußischen Herrenhauses als Nachfolger seines Onkels Eberhard von Stolberg-Wernigerode. Er wurde 1876 deutscher Botschafter in Wien. Danach war er 1878-1881 stellvertretender Reichskanzler und Vizepräsident des preußischen Staatsministeriums, sozusagen "zweiter Mann hinter Bismarck". Er war 1882-1895 Vorsitzender des sächsischen Provinziallandtags und 1884-1892 Oberstkämmerer. Daneben war er 1885-1888 stellvertretender Minister des königlichen Hauses. Er war 1876-1896 Vorsitzender des Vereins der deutschen Standesherren. Er wurde am 22.10.1890 preußischer Fürst mit dem Titel Durchlaucht; der Fürstentitel war ihm bereits 1861 angeboten worden. Schließlich wurde er 1893 von Kaiser Wilhelm II. entlassen. Danach war er noch 1893-1896 Präsident des preußischen Herrenhauses in Berlin.

Keine Wernigeroder Helmzier?
Die alte Helmzier der Grafen von Wernigerode war übrigens eine rote Forelle balkenweise vor einem grünen (natürlichen) Pfauenstoß, bzw. nach einer anderen Darstellung eine rote Forelle balkenweise vor einem mit einem grünen (natürlichen) Pfauenstoß besetzten hohen Hut oder Schaft. Decken rot-silbern. Diese Helmzier wurde erstaunlicherweise nicht mit in das Stolbergsche Wappen aufgenommen. Grünenberg bildet eine Version mit zwei Helmen ab, von denen der zweite zwar Wernigerode repräsentieren soll, aber unrichtig ist:

Zwei Helme (nach Grünenberg, Wappencodex Tafel 24 Nr. 3):

Geistliche Wappen: Dompropst Christoph Graf von Stolberg
Christoph I. Graf von Stolberg (10.1.1524-8.8.1581) führte als Dompropst von Halberstadt folgendes Wappen:

Helmzier:

Christoph Graf zu Stolberg-Königstein amtierte seit 1544 als Halberstädter Dompropst, nachdem er diese Stelle durch Verzicht seines Bruders Heinrich von Stolberg (1509-12.11.1572) bekommen hatte, als dieser resignierte. Heinrich beendete seine kirchliche Laufbahn und heiratete 1556 in Quedlinburg Elisabeth von Gleichen-Rembda (-26.6.1578). Christoph Graf von Stolberg war außerdem seit 1545 Propst zu St. Peter in Mainz, 1546-1555 Propst zu St. Severin und 1562 Domherr zu Köln, und schließlich 1572 Administrator des Klosters Ilsenburg. Er führte den Schild als Administrator zu Ilsenburg geviert von dem Stolberger Hirschen, einem schwarzen Löwen in Gold, einem roten Adler in Gold, den Wernigeroder Forellen.

Besondere Varianten
Daneben wurden noch Sonderformen des Stolbergschen Wappens überliefert:

3. Wappen vom 17.5.1548: Königstein kommt ins Wappen
Die Grafen von Königstein starben 1535 aus. Die Grafen von Stolberg waren an der Königsteiner Erbschaft beteiligt, was sich durch folgende Genealogie ergab: 1418 kamen die Herren von Eppstein an Königstein (Erbschaft von den Falkensteinern). 1433 hatten sich die Herren von Eppstein in die Linien Eppstein-Münzenberg und Eppstein Königstein aufgespalten. 1505 wurde ihnen der Grafentitel zugestanden. Die Herren von Eppstein-Münzenberg waren schon 1522 mit Gottfried XII. im Mannesstamm ausgestorben. Das Geschlecht der Grafen von Eppstein-Königstein erlosch 1535. Das Erbe fiel an Stolberg und 1581 an Mainz, andere Teile an Hessen.

Über das neue, vermehrte Wappen erhielten die Grafen von Stolberg am 17.5.1548 in Augsburg einen bestätigenden Wappenbrief. Das Wappen ist aus sechs Feldern aufgebaut, der Schild ist geteilt und zweimal gespalten.

Dazu werden drei Helme geführt:

Die Herrschaft Agimont:
Agimont ist eine historische Herrschaft an der Maas. Sie lag in der Gegend des heutigen Charlemont und Givet im französischen Departement der Ardennen und in Wallonien, in der belgischen Provinz Namur. Erst erwarben die Grafen Rochefort diese Herrschaft käuflich von Burgund. Durch Heirat kam sie an die Grafen von der Mark, die daraufhin den Titel Rochefort annahmen. 1544 kam die Herrschaft an die Grafen von Stolberg, die in weiblicher Linie eine Verbindung zu den Grafen von der Marck hatten. Der Besitz war nur von kurzer Dauer, weil Kaiser Karl V. Agimont 1555 kaufte und Namur zuschlug. Durch den Nimweger Frieden kam die Herrschaft 1679 halb an Frankreich. Die Grafen von Stolberg hatten keine so überwältigende Kenntnis von dem, was sie da beanspruchten, so schrieben sie es lange falsch "Aigmont". Das verwendete Wappenbild ist ein "Derivat" des Wappens der Grafschaft Looz oder Loon, die erst beim Haus Loon, dann beim Haus Heinsberg war und schließlich im 14. Jh. vom Lütticher Bischof Engelbert von der Mark (1304-25.8.1368) eingezogen wurde. Seitdem waren die Bischöfe von Lüttich bis 1794 formal auch Grafen von Looz/Loon. Das ist die Wurzel der golden-roten Teilungen; im Grunde handelt es sich um Looz/Loon. Es kommt leider oft vor, daß aus rot-goldenen Teilungen rot-silberne wurden, und das Ganze dann als Breuberg fehlinterpretiert wurde, obwohl die Anzahl nicht zutrifft. Man hat den Euindruck, am Ende wußte damals keiner mehr, wofür das eigentlich stand, am allerwenigsten die Hofkanzlei.

Die Grafschaft Rochefort:
Es handelt sich hier nicht um die Grafschaft Rochefort bei Rambouillet südlich von Paris, die erst den Grafen von Rochefort, dann den Herren von Garlande, dann den Grafen von Montfort und schließlich der Familie Rohan gehörte. Gemeint ist hier die Grafschaft Rochefort in Belgien, in Wallonien. Dort war das Zentrum der Ort Rochefort 25 Kilometer südöstlich von Dinant in der belgischen Provinz Namur. Erste Besitzer der Herrschaft waren die de Montaigu, dann die de Duras, dann die de Walcourt. Eberhard II. von der Marck-Arenberg, Sohn von Eberhard I. von der Marck-Arenberg und Maria von Looz, heiratete in erster Ehe Marie von Sedan und in zweiter Ehe Agnès de Rochefort, Erbtochter von Jean III. de Walcourt-Rochefort, und so kam der Besitz an die Grafen von der Marck. Ludwig I. von der Marck, Eberhards Sohn aus zweiter Ehe, folgte in dem Besitz der Seigneurie Rochefort nach. Damit spaltete sich das Haus Marck-Arenberg in die Linien Arenberg unter dem Sohn aus erster Ehe und Rochefort unter dem Sohn aus zweiter Ehe. Kaiser Maximilian I. erhob 1494 die bisherige Seigneurie Rochfort zur Grafschaft. 1544 fiel die Grafschaft auf dem Erbwege an die Grafen von Stolberg. Die Grafen von Stolberg besaßen die Grafschaft aber nur rund dreißig Jahre lang, weil sie 1574 durch Heirat an die Familie von Löwenstein-Wertheim kam, die sich ab 1611 von Löwenstein-Wertheim-Rochefort nannten. Nachdem der französische Staat die Grafschaft in den Reunionskriegen eingezogen hatte, nannten sie sich von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg nach einer 1728/1730 gekauften Herrschaft dieses Namens. Ab 1737 waren wieder die Stolberger Besitzer von Rochefort. Die Grafen von Stolberg hatten die Burg, seinerzeit die größte Wehranlage in der Famenne, zu einem riesigen Schloß ausbauen lassen, von dessen Ruine aber nur noch eine Wand des Mittelrisalites übrig ist. Ende des 18. Jh. wurde Rochefort vom französischen Staat eingezogen, das Schloß an privat verkauft und als Steinbruch genutzt. Der blaubewehrte rote Adler auf goldenem Grund ist das heutige belgische Rochefort, und dieser Adler ist abgeleitet von dem der Familie de Walcourt. Der Ort Walcourt führt ebenso einen bis auf Minimalia identischen Adler. Insofern sind hier Motiv, Zuordnung und Tinkturen plausibel. Es sei darauf hingewiesen, daß auch die Löwenstein-Wertheim-Virneburg etc. Felder für diese belgische Grafschaft (Gürtelschnalle für Rochefort, Adler für Montaigu) führen, die aber erheblich von denen hier abweichen und sich nicht von einem der ehemaligen Inhaber der Grafschaft Rochefort ableiten. Und da die Löwenstein-Wertheim letztendlich den Besitz über die Grafen von Stolberg bekommen hatten, ist die Wandlung der Motive nicht rational.

Die Grafschaft Mark:
Wie wir oben gesehen haben, kam es zu einer Spaltung im Hause von der Marck: Ludwig I. von der Marck, ein Sohn aus zweiter Ehe des letzten Gesamtbesitzers der von de Marckschen Besitzungen, gründete die Linie von der Marck-Rochefort und folgte seinem Vater in dem Besitz der Seigneurie Rochefort nach, während sein Halbbruder aus der ersten Ehe des Vaters die Linie von der Marck-Arenberg fortsetzte. Auch für die Herrschaft Agimont waren die Grafen von der Marck der Schlüssel für den Übergang an die Grafen von Stolberg. Auf Ludwig I., Herr von Montaigu und Agimont, 1453 in Rochefort, Agimont, 1/2 Neufchateau, Montaigu, Orchimont, Herbeumont und La Roche, folgten nacheinander seine beiden Söhne, Eberhard von der Marck Graf von Rochefort (-1524, kinderlos) und Ludwig II. von der Marck Graf von Rochefort und Agimont (-6.9.1525), vermählt mit Anna von Rodemachern. Deren Sohn war Ludwig III. von der Marck Graf von Rochefort (-6.5.1544), in Montaigu, Orchimont, Herbeumont und 1/2 Neufchateau, Vogt von Dinant, und mit ihm endete diese Linie der von der Marck 1544. Die Tante dieses letzten Grafen von Rochefort, Louise von der Marck, hatte Philipp I. von Eppstein Herr von Königsstein geheiratet, und dessen Tochter Anna Gräfin von Eppstein-Königstein-Rochefort (-7.8.1538) war die Erbin - und genau die hat Bodo Graf zu Stolberg (4.1.1467-1538) geheiratet. Sie brachte also nicht nur Eppstein, Münzenberg und Königstein mit, sondern auch Rochefort, Agimont und Marck.

Variante
Eine etwas andere Anordnung der Felder bei ansonsten identischen Inhalten zeigt das Wappen auf einem Siegel von Graf Heinrich zu Stolberg, Königstein, Rutzfort (=Rochefort), Wernigerode, Herr zu Epstein, Müntzenberg, Breuberg und Agimont (1509-1572):

Die drei Helme zeigen die gleichen Kleinode wie oben beschrieben.

Geistliche Wappen: Äbtissin Anna von Stolberg-Wernigerode
Anna von Stolberg-Wernigerode (3.4.1565-12.5.1601), Tochter von Heinrich Graf zu Stolberg (1509-1572) und Elisabeth von Gleichen (-1578), war 1584-1601 Äbtissin des Reichsstifts Quedlinburg und führte ein aus neun Feldern aufgebautes Wappen:

Abb.: Stift Quedlinburg, im Torhaus (Kammertor) seitlich

Dazu werden drei Helme geführt:

4. Wappen der Grafen von Stolberg-Königstein-Wertheim
Graf Ludwig von Stolberg führte in der zweiten Hälfte des 16. Jh. ein etwas abweichendes Wappen, das die Grafschaft Wertheim, die er erworben hatte, mit repräsentiert. 1556 stirbt das Grafengeschlecht von Wertheim aus. Ihm folgt Ludwig Graf zu Stolberg-Königstein, der seinerseits nur wenige Jahre später, nämlich 1598, von einem seiner Schwiegersöhne, Graf Ludwig von Löwenstein, abgelöst wird. Das Feld Wertheim war also nicht bleibend im Stolberger Wappen. Wappen nach Erwerb der Grafschaft Wertheim:

Bei Spener ist der Stolberger Hirsch als Feld 5 abgebildet, bei Siebmacher als echter Herzschild. An der Burg zu Wertheim ist es ebenfalls ein echter Herzschild, so daß die historische Evidenz den Herzschild belegt.

Die drei Helme zeigen:

Abb.: Burg Wertheim, Wappen für Graf Ludwig zu Stolberg-Königstein-Wertheim und Rochefort (gest. 1574)

Abb.: Stadtkirche Waldenburg, Wappen Stolberg am Epitaph für Philipp Gottfried Graf von Hohenlohe-Waldenburg und Anna Christina von Limpurg-Sontheim, Veröffentlichung der Innenaufnahme mit freundlicher Erlaubnis von Herrn Pfarrer Samuel Piringer, an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

5. Wappen nach dem Erwerb von Hohnstein:
Das Wappen wird gespalten, vorne das Wappen Stolberg-Königstein von 1548, also wieder ohne Wertheim, hinten das Wappen Hohnstein. Heraldisch korrekt ist folglich eine mittige Spaltung. Um das Erbe der Grafen von Hohnstein wurde lange zwischen den Häusern Stolberg und Schwarzburg gestritten. Ergebnis war eine salomonische Lösung von Kaiser Rudolf II aus dem Jahr 1597, in der er beiden Häusern das Hohnsteinsche Wappen zubilligte. Deshalb finden wir die gleichen Elemente im schwarzburgischen Wappen wieder (siehe dort). Korrekter Aufbau wäre:

Gespalten:

Dazu werden drei Helme geführt:

Der Helm Klettenberg ist nicht vertreten, auch nicht in einer Kombination, er besäße ein Hirschgeweih, schwarz, silbern oder schwarz-silbern, und schwarz-silberne Decken.

Das Diplom vom 18.4.1597 und die erste Verzerrung:
Tatsächlich wird der heraldisch logische und korrekte Aufbau im Wappen von 1597 verzerrt: Bei der Kombination verschieben sich in der vorderen Hälfte die Proportionen bei den üblichen Darstellungen, so daß die Teilung des Schildes im oberen Drittel stattfindet und die zugrundeliegende Geometrie ein zwölffeldriger Schild ist, dessen Felder 4, 7 und 10 zu einem hochrechteckigen Feld vereinigt werden, in dem die Wernigeroder Fische zu liegen kommen. Desgleichen werden die Plätze 8 und 11 für die Herrschaft Münzenberg und die Plätze 9 und 12 für die Herrschaft Agimont genommen. Wernigerode, Münzenberg und Agimont werden also auf Kosten der übrigen Felder auf unheraldische Weise vergrößert. Aufbau nach dem Diplom von 1597:

Gespalten:

Dazu werden drei Helme geführt:

Auch diese Anordnung ist heraldisch unlogisch und fragwürdig, denn dem Stammhelm Stolberg gebührt eigentlich der Ehrenplatz in der Mitte, wie er ihn auch bislang innehatte, und es gibt überhaupt keinen heraldischen oder logischen Grund, warum er jetzt dem Kombinationshelm Eppstein-Hohnstein weichen muß und an den rechten Rand auf die zweite Position gedrängt wird. Dabei war Hohnstein übrigens nie in faktischem Besitz der Grafen von Stolberg.

Vielfach wird das Wappen aber noch weiter verzerrt dargestellt, mit einer Spaltlinie im linken Drittel oder so. Deshalb wird das Wappen auch als auf 4 Spaltungen zu fünf Pfählen beruhend beschrieben, wie im folgenden erläutert wird.

Abb.: Wappen an der Rentkammer zu Wächtersbach für Ernestina Wilhelmina zu Stolberg-Gedern (29.1.1695 - 7.5.1759), Ehefrau von Ferdinand Maximilian II. Graf zu Ysenburg-Büdingen in Wächtersbach (12.1.1692 - 21.4.1755), datiert auf 1735/36. Der Aufbau folgt der Beschreibung im Abschnitt "6. Wappen".

6. Wappen, Diplom vom 18.2.1742, Fürsten zu Stolberg-Gedern, weitere Verschiebung der Platzaufteilung und zweite Verzerrung:
Der Wappenschild entspricht dem Diplom von 1597 mit entsprechender Verschiebung der Feldgrenzen wie im folgenden beschrieben, wodurch die heraldischen Fehler zementiert und weiter verschlimmert wurden, Wegfall der Helme, Schildhalter zwei goldene Löwen, Wappenmantel und Fürstenhut.

Daraus hat sich im Laufe der Zeit folgende, heraldisch und logisch unrichtige Beschreibungsweise entwickelt, die nicht der historischen Entwicklung Rechnung trägt, sondern der Verschiebung der Proportionen durch graphische Bedürfnisse:

Viermal gespalten zu fünf Pfählen:

Die Elemente der Stolbergschen "Hälfte" werden also verbreitert, hinten wird das Hohnsteinsche Wappen zusammengequetscht. Diese Betrachtungsweise, egal ob darstellerisch oder beschreibend, illustriert den Verlust des Verständnisses der Herkunft der einzelnen Bestandteile und der einem Wappen innewohnenden Logik. Eigentlich ist diese Aufteilung heraldisch unbillig. Korrekter ist der Aufbau gemäß der Logik in der allerersten Beschreibung. Man findet jedoch meist Darstellungen, die der zweiten Beschreibung entsprechen.

Abb.: Wächtersbach, Personendenkmal, an einer Mauer zum Schloßpark aufgestellt.

Abb.: Reichenbach im Odenwald, Portal zur evangelischen Kirche

Dieser Wappenschild wird später von den gräflichen Linien mit rotem, hermelingefütterten Wappenmantel geführt. Im Grunde war dieses Diplom von 1742 die Quelle allen Übels, denn die gräflichen Linien ahmten nun diese unbillige Felderaufteilung nach (s.o.), obwohl sie streng genommen die korrektere Aufteilung nach dem Diplom von 1597 führen müßten, denn nur der fürstlichen Linie war die verzerrte Aufteilung verliehen worden. Schlimm genug, aber nun verließen auch die gräflichen Linien das Konzept der mittigen Spaltung.

Diese Aufteilung wird aber nicht erst seit 1742 benutzt, wie das Beispiel von 1735/36 an der Rentkammer Wächtersbach belegt. Vielmehr trägt das Diplom einer stattgefundenen Entwicklung Rechnung.

Seitens der Linie Wernigerode wurde übrigens das im Reichsgrafendiplom 1597 verliehene, heraldisch richtigere Wappen durch gräflichen Erlaß aus dem Jahre 1875 restituiert!

Abb.: Wappen am Eingang zum inneren Burghof in Schloß Büdingen. Hier ist es zu einer dritten Verschiebung gekommen. Das Feld für die Grafschaft Mark geht tiefer nach unten als das benachbarte Feld Eppstein, und drückt das Feld Agimont zusammen. Außerdem sind alle geschachten Elemente zu Kugeln geworden. Und auch in der linken Schild"hälfte" stimmen die Feldergrenzen nicht so ganz.

7. Wappen natürlicher Kinder:
Einen Ausnahmefall stellt das Wappen der natürlichen Kinder von Wolfgang Ernst Graf zu Stolberg-Stolberg dar. Die Kinder dieser Verbindung trugen den Namen "von Stolberg". Da die Söhne unverheiratet starben, hatte das Wappen keine lange Funktion.

Das Wappen war gemäß einem zeitgenössischen Siegel geteilt, oben in Gold ein aus der Teilung wachsender schwarzer Hirsch, unten in Silber balkenweise eine rote Forelle. Das Wappen war also zweifach gemindert, zum einen wurde der Hirsch halbiert, zum andern wurde nur eine der beiden Forellen abgebildet. Die Helmzier war ein grüner (natürlicher) Pfauenstoß auf gekröntem Helm. Decken rechts schwarz-golden, links rot-silbern.

Literatur, Links und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher, insbesondere die Bände Grafen und Hoher Adel (Fürsten)
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder - die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C. H. Beck Verlag München 7. Auflage 2007, ISBN 978-3-406-54986-1
Otto Hupp, Münchener Kalender 1896, Verlagsanstalt München und Regensburg 1896

Das Feld für Münzenberg und seine Verbreitung in deutschen Adelswappen

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