Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 661
Wappen an
Bauten der Weser-Renaissance
Rinteln:
Burg Schaumburg (6)
Ältere Wappensteine
Zwei Wappensteine mit der älteren Form des
Nesselblattes
Auf der Schaumburg sind noch
zwei ältere Wappensteine eingemauert, die das Stammwappen ohne
spätere Zutaten zeigen, in Rot ein silbernes Nesselblatt der
Herren von Schauenburg. Das erste befindet sich auf der
Rückseite des wiederaufgebauten äußeren Tores, seitlich
eingemauert. Das zweite befindet sich an einem Torbogen, durch
den der Weg in die Kernburg führt. Das Nesselblatt bezeichnet
einen dreieckig geformten Schildinhalt mit gezacktem Rand und
rhombenartig ausgezogenen Ecken. Die Anzahl der Zacken ist nicht
festgelegt, gewöhnlich wird es mit 3-4 Zacken an den
Dreiecksseiten dargestellt. Varianten sind zu späterer Zeit
möglich, wie wir an den anderen Beispielen auf der Schaumburg
gesehen haben. In seiner ursprünglichen Form handelt es sich
aber um dieses Schildbild.
Burg Schaumburg, äußerer Torbau, auf der Rückseite vermauerter älterer Wappenstein
Das
Nesselblatt der Schauenburger
Als Deutung gilt das stilisierte Blatt der Brennessel. Viel
wahrscheinlicher ist jedoch, daß das Nesselblatt eine
volkstümliche Benennung dieser Figur ist, was aufgrund der
Wehrhaftigkeit durch die Brennhaare nachvollziehbar ist, die
Figur aber eigentlich von einer vorheraldischen, auf der
hölzernen Schildfläche angebrachten metallenen oder ledernen
Schildverstärkung oder umlaufenden gezackten Schildeinfassung
abgeleitet ist, die im nachhinein heraldische Bedeutung erlangte.
Dazu paßt, daß das Nesselblatt von vielen Heraldikern nicht als gemeine Figur, die es in seiner Eigenschaft als Teil einer Pflanze wäre, sondern aufgrund seiner klaren Form, seines hohen Abstraktionsgrades und seiner bordartigen Restfläche als Heroldsbild angesehen wird.
Die Interpretation der Figur als zackiger Schildrand wird ferner durch die Beobachtung erhärtet, daß sich in 2 geistlichen Siegeln des Geschlechts derer von Schaumburg Siegelfelder mit zackigem Rand nachweisen lassen.
Alternative spekulative Deutungen, die bis zum Ilexblatt reichen, sind in Umlauf, können aber genauso wenig belegt werden wie die Theorie, daß sich der Name vom Nesselberg/Nettelnberg in der Nähe des Stammsitzes der Schauenburger im Wesertal bei Rinteln ableitet. Dagegen spricht, daß das Geschlecht derer von Schaumburg, die berühmtesten Träger eines Nesselblattes, dieses erst annahmen, als sie Herren von Holstein waren, denn vorher führten sie einen Löwen. Im Jahre 1110 schon wurden die Grafen von Schauenburg mit Holstein belehnt, zuerst wurde das Nesselblatt von Adolf IV. geführt, der 1227 die Dänen bei Bornhöved besiegte, neben seinem bisherigen Löwenwappen. Es ist als Wappensymbol erst ab 1239, sicher ab 1247 nachgewiesen. Seine Nachkommen führten es als alleiniges Wappen weiter. Die Ursachen für den Wappenwechsel sind in der Absicht zu suchen, sich heraldisch deutlich von Dänemark abzugrenzen.
Burg Schaumburg, innerer Torbogen
Das Schauenburger Kleinod
Das letztgezeigte
Schauenburger Wappen hat eine frühe Form der Helmzier. Die
beiden charakteristischen Elemente Fähnchen und Pfauenwedel sind
schon vorhanden, aber bei dieser Darstellung handelt es sich bei
letzteren um einen gemeinsamen, auf dem flachen Teil des
Kübelhelmes aufliegenden und durchgehenden Stab, der an beiden
Seiten mit einem Pfauenstoß besteckt ist. Man sieht gut, daß
der durchgehende Stab in gerader Richtung aufliegt, denn er
befindet sich auf der Helmdecke, die hier kurz zugeschnitten und
nur mit einfachem bogig gelappten Rand versehen ist. Erst in
späteren Darstellungen erlangt die Helmzier die Form, in der sie
dann konstant beibehalten wurde, und die beiden Pfauenwedel
stehen beide schräg nach oben: Zwei goldgestielte Pfauenwedel
(Schleswig) und dazwischen ein Stoß von goldenen Lanzen mit
Fähnchen, die das Nesselblatt zeigen (Holstein-Schauenburg),
Helmdecken rot-silbern.
Auch die Anzahl der Fähnchen mit dem Nesselblatt ist in früheren Beispielen nur vier Stück wie hier abgebildet, erst später werden die üblichen sieben Fähnchen erreicht.
Abb.: Das zweite Wappen über dem Torbogen am Aufgang von der Vorburg zur Kernburg im Kontext.
Das
Nesselblatt heute
Heute findet sich das silberne
Nesselblatt auf rotem Grund in modifizierter Form, belegt mit
gemeinen Figuren oder auf einem kleinen Schildchen in vielen
kommunalen Wappen der Städte, Gemeinden und Landkreise der
ehemaligen Schaumburger Herrschaftsgebiete, z. B. Kiel (mit
schwarzem Boot), Wedel, Bückeburg, Rinteln, Itzehoe, Flensburg,
Barmstedt (Teilung und verwechselte Farben), Stadthagen, Kreis
Pinneberg, Uetersen, Landkreis Schaumburg (mit blauem Schildbord,
Verletzung der Farbregel), Wedel (mit Roland), Bundesland
Schleswig-Holstein (im gespaltenen Schild).
Literatur:
Siebmachers Wappenbücher
(Fürsten, Souveräne)
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897,
Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X
Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder, die
deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart, CH Beck
Verlag München, 6. Auflage 1999, ISBN 978-3-406-54986-1
Schaumburg, Torbau außen - Schaumburg, Torbau innen - Schaumburg, Palas links - Schaumburg, Palas rechts - Schaumburg, Bergfried - Schaumburg, ältere Wappensteine
Die Entwicklung des Wappens der Grafen von Schauenburg in Westfalen
Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik
©
Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2007
Impressum