Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 656
Wappen an Bauten der Weser-Renaissance

Rinteln: Burg Schaumburg (1)
Äußeres Tor, Außenansicht

Geschichte der Burg Schaumburg
Die Burg Schaumburg liegt auf dem Nesselberg in 225 m Höhe bei Rinteln im Landkreis Schaumburg in Niedersachsen (cave: Sie darf aufgrund des gleichen Namens nicht verwechselt werden mit der Schaumburg bei Balduinstein über dem Lahntal) und ist einer der markantesten Punkte in der Landschaft, auch heute ein beliebtes Ausflugsziel wegen der herrlichen Weitsicht über das Land. Sie ist eine zweiteilige Höhenburg mit Kernburg und weitläufiger Vorburg. Die älteste Anlage wurde im 12. Jh. erbaut und bereits um 1100 erstmalig erwähnt. Bis auf drei der vier Türme und diverse Mauern stammen alle anderen Gebäude aus späterer Zeit. Palas und Torhaus sind im Stile der Weserrenaissance ausgeführt und stammen aus dem 16. Jh. Nach Verfall wurde die Burg im 19. und Anfang des 20. Jh. restauriert. Selbst der Bergfried ist komplett neu aufgemauert worden, und auch die Gebäude im Torbereich sind nicht mehr authentisch. Nach dieser Burg nannten sich die Herren von Schauenburg, später Schaumburg. Ihren Rang als Residenz des Geschlechtes mußte sie aber bald an die Stadtresidenzen Stadthagen und später Bückeburg abtreten, ab 1517 wurde die Burg Schaumburg nur noch als Nebenresidenz und Witwensitz genutzt. Zuletzt wohnte hier Elisabeth von Schaumburg, die 1646 verstarb.

Abb.: Links Drohkopf an der Außenmauer, rechts Blick von außen auf das Burgtor

Als die Schaumburger Besitzungen nach dem Aussterben der Grafen von Holstein-Schauenburg 1640 geteilt wurden, kam die Burg zu Hessen und wurde Amtssitz. Ab 1821 wurde die Burg von der Domäne Coverden genutzt. Damals war sie aber schon ziemlich verfallen. Erst als Hessen-Kassel 1866 durch Annexion an Preußen kam, erwachte wieder Interesse für die Burg. Im Zuge der Romantik wurde sie als Gasthaus hergerichtet. Kaiser Wilhelm II schenkte sie im Jahre 1907 dem Fürsten von Schaumburg-Lippe anläßlich dessen silberner Hochzeit. Aus diesem Anlaß wurde sie 1907-1913 gründlich renoviert - was man in wilhelminischer Zeit eben so "restaurieren" nannte. Im Grunde ist nichts mehr wirklich authentisch. Die Gebäude der Vorburg lagen in Ruinen und wurden neu aufgeführt. Der Bergfried ist neu aufgemauert worden. Beispielsweise wurde an das Torhaus ein historistischer Fachwerkbau angesetzt, wofür ein paar geschnitzte Tafeln eines Hauses aus Osnabrück verwendet wurden. Auch heute noch ist die Burg im Privatbesitz der Familie von Schaumburg-Lippe, aber frei und offen zugänglich. Bekannt ist die Burg wegen des regelmäßig im September stattfindenden Mittelaltermarktes, weiterhin wird das Wohngebäude, an welches ein unpassender Neubau angesetzt ist, als Gaststätte genutzt.

Das Allianzwappen über dem äußeren Tor
Die Inschrift links neben dem Wappen auf der Außenseite des Torbaues lautet: "VON GOTTES GNA / DEN ADOLF GRA / VE ZV HOLSTE / IN SCHAVMBV / RG VND STE / RNEBERGK HERR / ZV GEMEN: / ANNO DOM(INI) 1587" links neben dem Wappen des Ehemannes und rechts neben dem der Ehefrau "VON GOTTES GNAD- / EN ELIZABET GEBOR / NE HERTZOGIN ZV / BRAVNSWICK VND / LVNENBVRGK GRA / VIN ZV HOLSTEIN / SCHAVMBURG VND STERNEBERGK FRA / WE ZV GEMEN: / 1587".

Das Wappen des Ehemannes
Das Stammwappen wurde im Herzschild gezeigt, und der Hauptschild wurde von Sternberg und Gehmen geviert:

Dazu gehören folgende 3 Helme:

Das Wappen der Ehefrau:
Das Wappen ist ein frühes Wappen der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, das nur sechs Felder zeigt: Der Schild ist gespalten und zweimal geteilt und setzt sich aus Braunschweig, Lüneburg, Everstein, Homburg, Hoya und Brückhausen zusammen. Lauterberg, Diepholz, Hohenstein, Blankenburg, Klettenberg und Regenstein sowie andere spätere Zutaten fehlen.

Die drei Helme zeigen Alt-Bruchhausen und Neu-Bruchhausen, Hoya, Braunschweig-Lüneburg. Auch hier sieht man, daß das bedeutendste Ereignis die Einverleibung der Grafschaft Hoya war.

Am Palas bzw. Amtshaus ist ein ganz ähnliches Wappen. Bei jenem Wappen gibt es aber kleine Unterschiede, so sind die Positionen des gevierten Feldes Nr. 6 ausgetauscht, und die Herzchen von Lüneburg fehlen dort.

Geschichte des Wappens der Herzöge von Braunschweig
Das alte Stammwappen der Herzöge von Braunschweig ist: In Rot zwei goldene Leoparden, in dieser Form bis ins 13. Jh. geführt. 1376 wurde dem Wappen das Fürstentum Lüneburg heraldisch „einverleibt“, die Herzöge führten seitdem einen gevierten Schild, 1 und 4 in Rot zwei goldene Leoparden (Fürstentum Braunschweig), 2 und 3 gold bestreut mit roten Herzen, darin ein blauer Löwe, rotbewehrt und rotgezungt (Fürstentum Lüneburg). Dieses Wappen war bis zum 14. Jh. in Gebrauch. Im 15. Jh. kam es zu einer weiteren Änderung: Das Wappen enthielt nun vier verschiedene Felder: 1 Fürstentum Braunschweig, 2 Fürstentum Lüneburg, 3 Grafen von Everstein, 4 von Homburg. Im 16. Jh. wurde der Schild auf 6 Felder erweitert. Neu sind Hoya und Bruchhausen. Dies ist die Form, die wir hier an der Schaumburg sehen. Später kamen noch mehr Elemente ins Wappen und es entstand die Form, die wir z. B. am Schloß Wolfenbüttel sehen können. Das große Wappen der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel vereinigt noch mehr Grafschaften und kommt in mehreren Varianten vor. Ausführliche Beschreibung siehe Welfen-Monographien (Links stehen unten).

Liste der Grafen von Holstein-Schauenburg und Fürsten von Holstein-Schauenburg
Folgende Grafen und Fürsten herrschten über Schauenburg (Schaumburg) und Holstein-Pinneberg:

Wer sind die Herren von Schauenburg?
Um 1030 wurde dieses Geschlecht mit dem Territorium belehnt, deren Stammgebiet zwischen Rinteln und Hameln liegt, und die Burg wurde als Stammsitz Anfang des 12. Jh. erbaut. Das Stammland wurde später vergrößert; die Hauptorte und Residenzen waren dann Bückeburg und Stadthagen. Gegen Ende des 14. Jh. umfaßte es das Gebiet zwischen Steinhuder Meer, Weser, Weserbergland und Deister. Das territorium gehörte zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis, einer Institution des Heiligen Römischen Reiches. Aus dem Namen "Schauenburg" wurde später "Schaumburg".

Die Herren von Schauenburg in Holstein
Im Jahre 1110 schlug die große Stunde für die Herren von Schauenburg: Sie wurden von Herzog Lothar von Süpplingenburg mit der Grafschaft Holstein und Stormarn belehnt. Der erste Graf von Holstein war Adolf I. Graf von Schauenburg und Holstein, reg. 1110-1130. Da der bisherige Graf, Gottfried von Hamburg (Gottfried von Stormarn), 1110 im Kampf gegen die Slawen gefallen war, wurde Adolf jetzt sein Lehensnachfolger. 348 Jahre lang bestimmten nun die Schaumburger Grafen die Geschicke von Holstein und später auch von Schleswig. Später mußten die Grafen von Holstein und Schauenburg auf die Grafschaft Holstein zugunsten Dänemarks verzichten.

Teilung in verschiedene Linien
Die Stammlinie der Grafen von Holstein und Schauenburg teilte sich im 13. Jh. in verschiedene Linien: 1241/1273 erste Teilung in die Linie Kiel und die Linie Itzehoe. Die Kieler Linie stirbt 1315 aus, nachdem sie zuvor in die Linien Kiel und Segeberg geteilt war. 1295/1297 zweite Teilung der Itzehoer Linie in zwei Linien, deren wichtigere und mächtigere die Linie Rendsburg (Herzogslinie 1290-1459) wurde, die im Laufe der Zeit alle Güter bis auf die Stammgrafschaft und Pinneberg unter sich vereinte und Schleswig als Lehen Dänemarks innehatte. Die andere Linie ist die von Holstein-Pinneberg, das ist die, die für den Weserraum wichtig ist, weil diese Linie das Stammterritorium weiterhin innehatte und sich danach Holstein-Schauenburg nannte. 1307/1314 hatten sie die holsteinische Herrschaft Pinneberg erhalten. Diese Linie gab es bis 1640. Dazu gab es ab 1290 noch eine dritte aus der Teilung ensprossene Linie Plön, die 1390 ausstarb.

Die Schauenburger nach dem Ende der Macht in Holstein
Nach dem Aussterben der letzten Herzöge der Rendsburger Linie im Jahre 1459 kamen deren Gebiete an das Haus Oldenburg auf dem dänischen Thron (seit 1448 Könige); Grundlage war der Vertrag von Ripen, und das holsteinische Abenteuer war für die Schauenburger vorbei. Die Linie Holstein-Pinneberg war die einzige Linie, die übrigblieb. Ansprüche territorialer Art auf das Erbe der anderen Linien wurden durch Geldleistungen und Behalt von Pinneberg abgegolten.

Literatur:
Siebmachers Wappenbücher (Fürsten, Souveräne)
G. Ulrich Großmann, Renaissance entlang der Weser, Du Mont Buchverlag Köln, 1989, ISBN 3-7701-2226-7
Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder, die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart, CH Beck Verlag München, 6. Auflage 1999, ISBN 978-3-406-54986-1
http://www.geschichte-s-h.de/vonabisz/schauenburger.htm
http://genealogy.euweb.cz/pan/holstein.html, http://genealogy.euweb.cz/holstein/holstein2.html, http://genealogy.euweb.cz/holstein/holstein1.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Holstein-Pinneberg
http://www.burgenwelt.de/schaumburg/schaumburg.htm
http://www.schloss-bueckeburg.de/page/page_ID/92
Hugo Gerard Ströhl, Deutsche Wappenrolle, Reprint von 1897, Komet Verlag Köln, ISBN 3-89836-545-X

Schaumburg, Torbau außen - Schaumburg, Torbau innen - Schaumburg, Palas links - Schaumburg, Palas rechts - Schaumburg, Bergfried - Schaumburg, ältere Wappensteine

Die Entwicklung des Wappens der Grafen von Schauenburg in Westfalen
Wappen, Linien und Territorien der Welfen (1): Wappen-Komponenten und ihre Geschichte
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