Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 616
Neckarsteinach
am Neckar
Die
ev. Pfarrkirche in Neckarsteinach:
Epitaph für Hans Ulrich I. Landschad von Steinach (gest. 1620)
und seine Gemahlin Walburga von Ratzenberg (gest. 1585)
Hans Ulrich I. (erwähnt 1566-1619, gest. 1620), Sohn des Hans IV. (1500-1571) und der Margarete von Erligheim, Enkel des Hans III., Urenkel des Blicker XIV. Landschad von Steinach, führte nach dem Tod des Vaters die Familienlinie auf der Vorderburg fort. Er war zwar dreimal verheiratet und hatte insgesamt neun Kinder, davon sechs Söhne, die aber alle jung und/oder kinderlos starben. Hans Ulrich I. war Oberamtmann von Germersheim und Oberforstmeister in pfälzischen Diensten. Diesem Hans Ulrich I. verdanken wir mehrere schöne Epitaphien der Spätrenaissance, er gab nicht nur das für sich selbst zu Lebzeiten in Auftrag, sondern auch das für seine Eltern und das für seine Großeltern. Dieses sandsteinerne Epitaph hier mißt 2,91 m in der Höhe und 1,10 m in der Breite und ist an der Wand links vom Triumphbogen zu sehen. Da es das Datum 1595 trägt, wurde es bereits zu Lebzeiten ausgeführt. Walburga von Ratzenberg war die erste Ehefrau des Hans Ulrich Landschad. Seine anderen beiden Frauen waren Margret von Venningen und Agnes Otilie Greck von Kochendorf.
Ganz oben steht: "G(LORIA) I(N) E(XCELSIS) D(EO)" auf dem von Engeln gehaltenen Spruchband. Die kürzere obere Inschrift lautet: "1595 In freudt Vndt Leydt Bedenck o Christ, Das(s) Du Ein Mensch Vndt Sterblich Bist." Dann folgt die große Inschrift: "Hans Vlrich Landtschad Nach seins Vaters Todt, Dasz förder haus stainach Besesen Hat Anno Sechtzig sechsz Er Zu Weibe Nahm, Jungfrauw Walburg Von Ratzenburg Tugentsam Mit Deren Er in W(a)ehrender Ehe Erzichlt Drey Söehn Zugleich Drey Töchter Milt Als Sie Im Iahr Achtzig fünf Verstorben Hat Er Zum Andern Mahl Erworben Frauw Margret von Venimgen Edler Art, So Anno Achtzig Sieben Sein hausfrau wardt Vnd Anno neuntzig Drey Ihr Ende Nahm Da Er Zum Driten mahl Von Grecken Stam Jungfrauw Agnes Otilien Ihm Auser welt Vnd Anno Neutzig finff Zu Ihr Vermä(h)lt Seiner Eltern Religion Durch Got(t)es Gnadt Hat gefürdert Bekent Bis In Sein Todt Starb Den ..... Sag Ich führwahr, Im Tausent ....Iahr Ligt hiebey Seim Ersten Weib Begraben Got wöl Sie Mit Ewiger freud Erlaben Amen - Walburg von Ratzenburg Geborn, hans Vlrich landtschadten Auserkorn Denn 23 December Ihr hochzeit Wahr Im Tauszent finffhundert Sechs vnd Sechtzigsten Iahr Ganz Gottsehlig christlich Tugentsam Sie Lebt, Sechs Kinnder Vberkahm Zwenn Sohnn noch Lebtten Als Sie Schiedt Ab Mitt Christlicher gedult Ihrnn Geist Aufgab Denn Letzstenn No Vembris Im 85 Iahr Gott Ihr Vnndt Vnser Sehll Bewahr Amen." Einige Daten sind offen gelassen worden.
Ganz oben im Bogenfeld ist die Geburt Christi mit der Verkündigung an die Hirten zu sehen. Darunter befinden sich im Aufsatz die beiden Vollwappen der Eheleute, die von einer männlichen Herme rechts und einer weiblichen Herme links gerahmt werden.
Vollwappen der Landschad von Steinach: In Gold eine schwarze Harfe. Die Helmzier ist ein gekröntes Männerhaupt mit wild wucherndem Haupt- und Barthaar, auch als Davidshaupt bezeichnet, das Haar die Helmdecke ersetzend.
Vollwappen der von Ratzenberg (Ratzenburg): Diese führen nach dem neuen Siebmacher in Silber eine schwarze Tischwange altmodischer Form, oben zweimal eingeschnitten zur Aufnahme der Tischbretter, in der Mitte durchbrochen zur Aufnahme des Verstrebungsbalkens, unten schräg auseinandergehend. Helmzier Rumpf einer silbernen Bracke, bedeckt mit einem Spitzhut, dessen Spitze mit drei Federn besteckt ist. Helmdecken schwarz-silbern. Im alten Siebmacher (137 hessische) ist das Feld golden angegeben. Eine Abbildung des Wappens findet sich im Bayhart'schen Wappenbuch, vgl. auch Wernigeroder Wappenbuch mit abweichender Darstellung. Das uradelige fränkische Geschlecht gehörte zu den Bamberger Ministerialen, Ratzenberg hat nichts mit dem Ratzeburg bei Lübeck zu tun! Schon 1216 findet ein Leopold von Ratzenberg Erwähnung, 1289 ein Friedrich von Ratzenberg. 1593 erloschen.
Auf den seitlichen Pilastern sind jeweils acht aus Holz geschnitzten und farbig gefaßten Wappen angebracht, von denen jedoch auf beiden Seiten das letzte fehlt. Auf der optisch rechten Seite befinden sich die acht Wappenschilde der Ehefrau (Ahnenprobe):
Auf der optisch linken Seite sind die acht Wappenschilde des Ehemannes (Ahnenprobe) zu sehen:
Ein seltenes Wappenbild ist der Tischfuß (Synonyme: Tischwange, Tischgestell). Früher waren die Tische keine fest im Raum installierten Möbel, sondern man baute Tische auf, wenn man sie brauchte. Die älteste Konstruktion waren einfache Böcke, auf die man die Tischplatten legte. Und wenn man mit Essen fertig war, hob man buchstäblich die Tafel auf und lehnte sie an die Wand. Man kann die tragende Konstruktion auch wie folgt machen: Zwei einander gegenüberstehende Tischfüße, etwa schragenförmig geschreinert, wurden in deren Mitte mit einem Verstrebungsbalken verbunden, der in viereckige Aussparungen beider Füße bzw. Wangen gesteckt wurde. Und damit die Bretter obendrauf, die den eigentlichen Tisch bilden, nicht verrutschen können und unpraktische Spalten in der Tischfläche bilden, wurden oben in den Tischfüßen Nuten ausgespart, in die entsprechende Leisten zu liegen kamen. Außer den hier vorgestellten Herren von Ratzenberg haben die Marschalk von Ostheim einen Tischfuß im Wappen, ebenfalls ein fränkisches Geschlecht.
Ganz unten auf der Konsole ist ein Frauenkopf in einem Rollwerkmedaillonzu sehen.
Literatur
und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Anneliese Seeliger-Zeiss, Evangelische Pfarrkirche
Neckarsteinach, Schnell Kunstführer Nr. 1401, 1. Auflage 1983,
Verlag Schnell & Steiner GmbH, München, Zürich, Regensburg.
Stammbaumtafel und auf vorbildliche Weise erläuternde
Hinweisschilder im Innern der evangelischen Pfarrkirche
http://www.neckarsteinach.com/barrierefrei/html_bf/stadt_einrichtungen_evkirche.html
http://www.ekhn.de/
Deutsche Inschriften DI 38,
Bergstraße, Nr. 192 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net,
urn:nbn:de:0238-di038mz04k0019206 - http://www.inschriften.net/landkreis-bergstrasse/inschrift/nr/di038-0192.html#content
Hans Ulrich Landschad und Walburg von Ratzeburg 1595,
Neckarsteinach, in: Grabdenkmäler https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/gdm/id/508
Neckarsteinach: Hinterburg - Besitzstein - Kirchenportal - Ev. Kirche: Epitaph für A. E. v. Helmstatt - Hennel L.v.S. - A. Bock v. Gerstheim - Ulrich V. L.v.S - Hans IV. L.v.S. - Hans Ulrich I. L.v.S. - Hans III. L.v.S. - Eberhard II. L.v.S. - Hans Philipp L.v.S. - Hans Bleikhard L.v.S - Blicker XIV. L.v.S.
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Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2007
Impressum
Veröffentlichung der Innenaufnahmen mit freundlicher Genehmigung von Frau Pfarrerin Marion Rink, Neckarsteinach, vom 18.7.2007