Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 609
Neckarsteinach am Neckar

Die Stele vor der ev. Pfarrkirche in Neckarsteinach

Vor der evangelischen Pfarrkirche steht ein hochinteressanter Stein aus rotem Buntsandstein, datiert auf 1534. Auf achteckigem Sockel befindet sich ein würfelförmiges Oberteil, zu dem vier gekehlte Zonen überleiten. Auf zwei gegenüberliegenden Seiten ist auf dem Oktogon jeweils ein menschliches Gesicht plastisch dargestellt, auf zwei benachbarten Flächen des Würfels befinden sich zwei Wappenschilde, die der Landschad von Steinach und der von Handschuhsheim.

Es handelt sich hier nicht um eine mögliche Heiratsverbindung, sondern um Markierung eines geteilten Besitzes. Die Landschad von Steinach sind die eigentlichen Herren des Ortes, mußten aber zwischenzeitlich in der sehr komplizierten Herrschaftsgeschichte des Orten und seiner Burgen Besitzrechte anderer Familien an Ort und Burgen akzeptieren. So war z. B. 1474 die Hinterburg einst hälftig geteilter Besitz zwischen den Landschaden und den Herren von Handschuhsheim. Das kam, weil Martin von Helmstatt (gest. 1490) zwei Töchter hatte, von denen Mia von Helmstatt (gest. 1496) Blicker (Bligger) XIV Landschad von Steinach (gest. 1499) heiratete, und Gertrude von Helmstatt Heinrich VI von Handschuhsheim geehelicht hatte. Nicht lange, denn die Landschaden kauften 1497 die andere Hälfte der Burg mit einem Viertel der Stadt Steinach zurück. Bei der Mittelburg war es ähnlich, der mainzisch gewordene Teil der Burg wurde auch von den Herren von Handschuhsheim besessen und kam erst 1550 durch Kauf wieder in den Besitz der Landschad. Nach dem Tod Philipps von Handschuhsheim kam es zu Erbstreitigkeiten, in deren Folge das Hochstift Speyer schlichtend eingriff und das Lehen einfach einzog (wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte). Ab ca. 1544 wurden die Landschad von Steinach wieder mit dem Lehen als alleinige Lehensnehmer betraut und blieben Besitzer der Burg und des Amtes bis zu ihrem Erlöschen 1653. 1545-1549 wurden die von Handschuhsheim gezwungen, die Vorderburg zu räumen. Die Stadt gehörte anteilig den Besitzern der Burgen Vorderburg und Hinterburg. Dieser Stein kennzeichnet mit seinen Wappen die 1534 geltenden Besitzverhältnisse und fällt in eine Zeit, als das Bistum Speyer und die beiden Geschlechter um Besitzrechte rangen.

Linke Abb.: Das Wappen der Landschad von Steinach zeigt in Gold eine schwarze Harfe (auch einfach als Saitenspiel bezeichnet). Die Helmzier des hier nicht dargestellten Oberwappens wäre ein gekröntes Männerhaupt mit wild wucherndem Haupt- und Barthaar, auch als Davidshaupt bezeichnet. Das Wappen der Landschad von Steinach lebt übrigens im heutigen Wappen von Neckarsteinach fort: Auch die Stadt führt in Gold eine schwarze Harfe.

Rechte Abb.: Redendes Wappen der Herren von Handschuhsheim: In Blau ein silberner, schrägrechtsgelegter Handschuh, bisweilen rot gefüttert dargestellt, den Stulp immer nach rechts zu einem langgezogenen, aufwärts gebogenen, dünnen Zipfel mit Quaste ausgezogen. Helmzier wäre eine schwarze Bracke sitzend zwischen einem silbernen Flug, Helmdecken rot-silbern oder blau-silbern. Im Scheiblerschen Wappenbuch findet sich die Darstellung wie folgt: In Blau ein silberner, schräggestellter Handschuh. Auf dem Helm mit blau-silbernen Decken eine schwarze Bracke zwischen einem blauen Flug. Bei Alberti ist der Flug silbern, die Decken sind auch blau-silbern. Die Herren von Handschuhsheim waren ein am 31.12.1600 mit Hans von Handschuhsheim im Mannesstamm ausgestorbenes Ministerialengeschlecht, deren Mitglieder die Tiefburg in Heidelberg-Handschuhsheim erbauten. Die letzte des Geschlechtes insgesamt war Anna von Handschuchsheim, die Witwe von Philipp Kämmerer von Worms gen. Dalberg, die am 9.10.1612 verstarb. Der Wappenschild wird heute als Wappen des Heidelberger Stadtteiles Handschuhsheim geführt. Am Relief wurde der Daumen später ergänzt.

Photo-Tip: Optimales Licht am späten Vormittag.

Literatur und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
R. Irschlinger, Neckarsteinach - Aus der Geschichte der vier Burgen, ihrer Bewohner und der Stadt, 1956
F. Langendörfer, Die Landschad von Steinach, Dissertation, Universität Heidelberg 1971
W. Möller, K. Krauß: Neckarsteinach, seine Herren, die Stadt und seine Burgen, Mainz 1928, in: Starkenburg in seiner Vergangenheit Bd. 4
Deutsche Inschriften DI 38, Bergstraße, Nr. 123 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net,
urn:nbn:de:0238-di038mz04k0012305 - http://www.inschriften.net/landkreis-bergstrasse/inschrift/nr/di038-0123.html#content

Hinterburg - Besitzstein - Kirchenportal

Ortsregister Photos von Wappen - Namensregister
Zurück zur Übersicht Heraldik

Home

© Copyright Text, Graphik und Photos: Bernhard Peter 2007
Impressum