Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 610
Neckarsteinach am Neckar

Die ev. Pfarrkirche in Neckarsteinach

Die ursprünglichen Herren und Lehensnehmer zu Neckarsteinach, die Landschad von Steinach, kamen nach einem zwischenzeitlichen Tief wieder zu Macht, Geld und Ansehen und erwarben alle vier Burgen zurück. Ihr neu gewonnener Wohlstand drückte sich auch in der Erbauung der spätgotischen Pfarrkirche 1481-1483 aus. An ihrem auf (14)82 datierten westlichen Eingangsportal sind zwei Wappenschilde auf dem Sturz aus rotem Sandstein zu finden, das der Landschad von Steinach und das der von Helmstatt. Die Datierung steht auf einem stark geschwungenen Schriftband und ist nur noch zur Hälfte erhalten. Von der Zeit her entspricht das dem Ehepaar Blicker (Bligger) XIV. Landschad von Steinach (gest. 1499) und Mia von Helmstatt (gest. 1496); durch diese Ehe kamen auch die von der Familie von Helmstatt ererbte Hälfte der Hinterburg an die Landschaden zurück, und den Herren von Handschuhsheim, den Miterben der Hinterburg, wurde 1497 die andere Hälfte auch noch abgekauft. Jedenfalls waren die Landschad von Steinach zurück, waren wieder mit Macht und Ansehen und vor allem Wohlstand ausgestattet, der ihnen diese Kirchenstiftung ermöglichte. Das Kirchenportal befindet sich nicht am ursprünglichen Ort, denn 1777/78 wurde das Langhaus verlängert und dabei auch das Portal mit der Westwand ein Stück nach Westen versetzt.

Das Wappen der Landschad von Steinach zeigt in Gold eine schwarze Harfe. Die Helmzier wäre ein gekröntes Männerhaupt mit wild wucherndem Haupt- und Barthaar, auch als Davidshaupt bezeichnet.
Das Wappen derer von Helmstatt (Helmstadt): In Silber ein schwarzer auffliegender Rabe, kann golden gekrönt sein. Kleinod wäre ein schwarzes und ein silbernes Büffelhorn. Helmdecken schwarz-silbern. Die von Helmstatt besaßen Rechte in und an Neckarsteinach und seinen Burgen im Verlauf der komplizierten Geschichte.
Zwei Details sind hier erstaunlich: Die Harfe ist hier im Gegensatz zu anderen Darstellungen, die die dreieckige Grundform bevorzugen, oval gestaltet. Und der Rabe der von Helmstatt ist abgewendet dargestellt. Ersteres wäre nur eine Stilfrage im Rahmen der künstlerischen Freiheiten, letzteres eine heraldisch ernstere Frage.

Die Kirche ist ein Werk der Spätgotik und geht auf Initiative von Bligger XIV Landschad von Steinach zurück, der Hofmeister der Kurfürsten Friedrich I. und Philipp I. von der Pfalz war. Am südöstlichen Strebepfeiler des Chores befindet sich auf einer rechteckigen Platte aus rotem Sandstein die sechszeilige Bauinschrift in gotischen Minuskeln: "An(n)o (hier fehlt wohl mccc, ein unübliches Zeichen stattdessen)c So sich das i(ar) 83 anfacht hat Blykker la(n)tscha(d) Hoffmeyst(er) diesen Buwe volbracht" - Am Anfang des Jahres 1483 hat Bligger XIV. Landschad von Steinach diesen Bau fertiggestellt. Die Inschrift erinnert an die Vollendung des 1481-1483 durchgeführten Umbaus der Neckarsteinacher Kirche. Im Jahr 1992 wurde die Inschrift mit schwarzer Farbe ausgemalt, aber fehlerhaft. Hier stand statt dessen einmal: "An(n)o iv c So sich das i(ar) 8 3 / anfatht hat / Blycker la(n)tscha(d) / Hoffmeyst(er) disen / Buwe vol(l)bracht".

Hans III. Landschad von Steinach, der Sohn des Bauherrn, führte 1522 den lutherischen Gottesdienst ein und war damit einer der ersten in der Region. 1527 wurde eine neue Kirchenordnung erlassen, gemeinsam mit der Bürgerschaft und Jacob Otter, dem ersten evangelischen Pfarrer des Ortes. 1662 kam es zu einer Simultannutzung im Zuge der Rekatholisierung unter den Metternich. Für die katholische Gemeinde wurde 1906/08 ein neobarocker Neubau nur einen Steinwurf entfernt erbaut. Die Kirche wurde vor drei Jahren umfassend restauriert und ist eine Fundgrube interessanter Epitaphien, die vorzüglich aufbereitet und beschriftet sind. So etwas wünscht man sich mehr: In der Kirche ein übersichtlicher Stammbaum der Landschad von Steinach, alle Epitaphien erklärt und sogar die Ahnenproben zugeordnet. Vorbildlich gemacht!

Der Turm der Kirche befindet sich über dem Chor, daher die dickeren Strebepfeiler; man spricht auch vom Typ einer Chorturmkirche. Eine solche Konstruktion sollte nicht mit den quadratischen Turmchören, sei es auch mit angebautem Dreiseitschluß, früherer Zeit vermengt werden - in der Tat handelt es sich hier um eine besondere Bauform, die in Neckarschwaben und dessen Grenzgebieten zu finden ist.

Literatur und Quellen:
Siebmachers Wappenbücher
Anneliese Seeliger-Zeiss, Evangelische Pfarrkirche Neckarsteinach, Schnell Kunstführer Nr. 1401, 1. Auflage 1983, Verlag Schnell & Steiner GmbH, München, Zürich, Regensburg.
Deutsche Inschriften DI 38, Bergstraße, Nr. 69 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net,
urn:nbn:de:0238-di038mz04k0006907 - http://www.inschriften.net/landkreis-bergstrasse/inschrift/nr/di038-0069.html#content
Deutsche Inschriften DI 38, Bergstraße, Nr. 68 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net,
urn:nbn:de:0238-di038mz04k0006807 - http://www.inschriften.net/landkreis-bergstrasse/inschrift/nr/di038-0068.html#content

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