Bernhard
Peter
Galerie:
Photos schöner alter Wappen Nr. 139
Aschaffenburg
(Regierungsbezirk Unterfranken)
Schloß Johannisburg in Aschaffenburg (1)
Ein
Idealbau der Renaissance
Aschaffenburgs größte
Sehenswürdigkeit ist das auf einer Terrasse am Mainufer erbaute
gigantische Schloß Johannisburg, benannt nach seinem Erbauer:
Johann Schweikhard von Kronberg (1604-1626). Erbaut wurde das
Aschaffenburger Schloß Johannisburg von 1605 bis 1614 vom
Baumeister Georg Riedinger (Ridinger) aus Straßburg. Die
Ausstattung innen zog sich noch bis 1618 hin. Vom Bautypus her
ist es ein idealer Bau der späten Renaissance, in dem schon
deutlich französische Einflüsse deutlich werden, aus einem Guß
und von großer stilistischer Reinheit und damit eines der
bedeutendsten Renaissancebauwerke Deutschlands. Für die damalige
Zeit war das Schloß so gigantisch, daß es alle Bauwerke der
Region in den Schatten stellte; und 1616 publizierte der
Baumeister eine eigene Kupferstichmonographie über das Schloß,
so sehr war es bereits damals eine Sehenswürdigkeit. Das Schloß
folgt dem Kastelltyp, denn es ist eine geschlossene
Vierflügelanlage mit je drei Geschossen und vier viereckigen
Ecktürmen, innen ein Hof. Die Ecktürme haben das gleiche Maß
wie die dazwischen liegenden Flügel: ihre Höhe bzw. deren
Breite beträgt 64 Meter. Die achtgeschossigen Türme besitzen
jeweils über dem sechsten Geschoß einen
balustradengeschmückten Umgang, der auf Konsolen auskragt. Das
jeweils achte Geschoß ist ein achteckiger Aufsatz, über dem
sich eine welsche Haube mit Laterne erhebt. Das Schloß ist
komplett aus Odenwälder Rotsandstein errichtet. Alle Fassaden
sind weitgehend gleich behandelt, was dem Bau ein sehr
geschlossenes Aussehen gibt. Das Schloß steht auf einem Sockel,
der eine leichte Böschung und ein Kordongesims aufweist, was ein
wenig an Festungsarchitektur erinnert, aber eher das Schloß
wirkungsvoll als Unterbau unterstützen und emporheben soll. Zwei
Zugänge führten in das Schloß, einer von Südosten über eine
heute durch eine Steinbrücke ersetzte Zugbücke, ein Weg, der in
grader Verlängerung durch die Mittelachse in den Schloßhof
führt. Ein zweiter Zugang lag an der Nordecke, der von einer
reich profilierten Maulscharte mit einer Kasematte dahinter
verteidigt werden konnte. Der Weg führte dann durch das Tor auf
der Nordwestseite in den Innenhof, den man so neben dem alten
Bergfried betritt.
Das Schloß des Hexenwahnsinnigen von Mainz
Ein so gigantisches Schloß
aus einem Guß, von großer stilistischer Reinheit, in nur 9
Jahren erbaut, das können sich nur ganz wenige leisten. Es wurde
erbaut, wie man eben baut, wenn man unbegrenzt Geld zur
Verfügung hat. Woher dieses Geld aber kam, ist eine ganz andere
Frage - an dem Geld zum Schloßbau klebt auch viel Blut. Denn
wenn jemand als Hexe oder Hexer verurteilt wurde, fiel dessen
Besitz an den Staat, genauer: in die Baukasse des Mainzer
Kurfürsten, eine willkommene Aufbesserung der Finanzen, deren
wesentlicherer Inhalt aber den Mainzer Untertanen abgepreßt
wurde. In Mainz begann die Hexen-Neurose schon unter Johann
Schweikhard von Kronbergs Amtsvorgänger, unter Johann Adam von
Bicken (1601-1604). Die Hexen-Hysterie wurde aber erst von Johann
Schweikhard von Kronberg (1604-1626) in geordnete
Formen gebracht: Auf seinen Befehl wurde allen Gerichten
eine Untersuchungsordnung mit 18 General- und 98 Spezialfragen
zugestellt. Zwischen 1600 und 1630 sind allein im Bereich des
Erzstiftes Mainz 1879 Justizmorde im Zuge der Hexenverfolgungen
dokumentiert. Einem ähnlichen Verfolgungswahn war man nur in
Bamberg, Eichstätt, Würzburg und Ellwangen erlegen. In Mainz
trägt der Justizmord im Namen der Kirche jedenfalls
hauptsächlich einen Namen: Johann Schweikhard von Kronberg!
Die
Vorgängerburg
Der Vorgängerbau an dieser
Stelle war eine mittelalterliche Burg aus dem 13./14. Jh. Auch
diese war nicht die erste Burg in Aschaffenburg, denn eine solche
ist bereits 1122 bezeugt; sie stand aber an anderer Stelle,
ungefähr dort, wo heute der Stiftskomplex liegt. Seit dem 13.
Jh. wurde Aschaffenburg für die Mainzer Erzbischöfe zu einem
wichtigen zweiten Verwaltungs- und Herrschaftszentrum, und unter
Siegfried II. von Eppstein entstand im 13. Jh. auf einem Sporn in
Flußnähe eine landesherrliche Burg an der Stelle des späteren
Schlosses. Von dieser Burg hat sich kaum etwas erhalten. In den
neuen Renaissancebau miteinbezogen wurde lediglich der unter
Heinrich III. von Virneburg 1337 errichtete Bergfried, der um
1450 seine vier Scharwachtürmchen bekam und heute als fünfter
Turm im Innenhof an einen Flügel gelehnt steht. Die Ausdehnung
der alten Burg war deutlich geringer als die des heutigen
Schlosses, dafür war aber mehr Wert auf umfangreiche
Zwingeranlagen gelegt worden. Die Befestigung war im 15. Jh.
erneuert worden. Das Aussehen vor 1552 ist durch eine Zeichnung
von Veit Hirschvogel überliefert; die Anlage war erheblich
unregelmäßiger und besaß noch einen zweiten wuchtigen Turm mit
Scharwachtürmchen an der Südecke. Dennoch hielt die Burg der
ersten wirklichen Belastungsprobe nicht stand und wurde 1552 im
Markgräflerkrieg erobert und durch Brand zerstört.
Wiederherstellungsmaßnahmen wurden 1567-1573 durchgeführt.
Dennoch waren die Schäden so groß und die Befestigungen
mittlerweile so unzeitgemäß, daß sich Johann Schweikhard von
Kronberg für einen kompletten Abriß (bis auf den besagten
Bergfried) und Neubau entschied.
Mein
Schloß ist aber das größere!
Weshalb dieser Gigantismus,
der selbst das Mainzer Schloß in den Schatten stellt? Vielleicht
wollte man einen nahen Konkurrenten übertrumpfen, mit dem man
sogar eine Landesgrenze teilte: Julius Echter von Mespelbrunn,
Fürstbischof von Würzburg, hatte sich auf dem Marienberg eine
weithin sichtbare, mächtige Vierflügelanlage hinbauen lassen, die
er 1604 einweihen konnte, ebenso vom Kastelltyp, auch dort auf
den Fundamenten der alten Burg, von der der Bergfried übernommen
wurde, und die beiden zur Stadt gewandten Türme unterstreichen
die Wucht der neuen Anlage. Beide, der Würzburger und der
Mainzer, waren Fürstbischöfe, doch der Mainzer stand in der
Reichshierarchie wesentlich höher, als Erzbischof, als Kurfürst
und als Erzkanzler des Reichs. Deshalb konnte man sich unmöglich
vom Würzburger, deutlich tiefer gestellten Kollegen in puncto
Repräsentation übertrumpfen lassen! Die Grundfläche ist in
Aschaffenburg zwar kleiner als die des neuen Würzburger
Bischofsschlosses, doch die Baumasse insgesamt ist größer und
durch die idealtypische Anordnung, perfekte Symmetrie und die
kunstvolle Ausführung deutlich besser inszeniert. Vergleicht man
beide Schlösser, kommt man zum Ergebnis: Die Übertrumpfung ist
gelungen!
Nach
dem Ende des Kurfürstentums
Bis 1803 war das Schloß
Nebenresidenz der Mainzer Erzbischöfe. 1774-1784 erfolgte noch
ein Umbau des Schlosses unter Friedrich Carl von Erthal, aber nur
im Inneren. Ganz kurz vor Schluß war Aschaffenburg noch
aufgewertet worden, indem es wegen der Eroberung von Mainz durch
die Franzosen Sitz der Regierung des Erzstiftes Mainz wurde. Für
den letzten Kurfürsten, Carl Theodor von Dalberg, wurde mit dem
Reichsdeputationshauptschluß 1803 aus den verbliebenen
rechtsrheinischen Gebieten des Mainzer Kurstaates ein neues
staatsrechtliches Konstrukt innerhalb des Rheinbundes geschaffen,
das weltliche Fürstentum Aschaffenburg, das bis 1813/14
existierte und 1810 ein Teil des Großherzogtums Frankfurt wurde.
Danach kam die Stadt Aschaffenburg aufgrund des Pariser Vertrages
vom 3.6.1814 am 26.6.1814 an Bayern, und das Schloß wurde
Eigentum der bayerischen Könige und blieb es bis 1918. Schloß
Johannisburg diente dem Kronprinzen Ludwig (dem späteren Ludwig
I.) als Sommersitz, und dieser ließ im Schloßpark das
Pompejanum errichten. Das Schloß gehört heute der Bayerischen
Schlösserverwaltung.
Zerstörung,
Wiederaufbau und Sanierung
Nach schwersten Kriegschäden
im 2. Weltkrieg, in dessen Verlauf das Schloß schwer von Bomben
und Artilleriegranaten getroffen wurde und vollständig
ausbrannte, wurde das Schloß 1954-1964 umfassend erneuert und
1964 wiedereröffnet. Aktuell (2015) steht erneut eine
Generalsanierung an. Veranschlagt sind insgesamt zehn Jahre
Bauzeit; die voraussichtlichen Kosten für Bestandssicherung und
Modernisierung, Reinigung und Ausbesserung der beschädigten
Fassadenflächen, Verschönerung der Außenanlagen, Erneuerung
der Heizungsanlage und der Fenster u.v.a.m. werden auf ca. 24,3
Millionen Euro beziffert. Das ist nominell fast das
Zweieinhalbfache der gesamten Wiederaufbaukosten, die mit 20
Millionen DM zu Buche schlugen, eine für die damalige Zeit
unermeßliche Summe . Die fürstlichen Gemächer und die
Staatsgalerie mit einer der bedeutendsten Cranach-Sammlungen
Europas werden für mindestens drei Jahre verschlossen bleiben.
Offen zur Besichtigung bleiben hingegen die Korkmodellsammlung,
das städtische Schloßmuseum und die Schloßkapelle, so der
Plan.
Die
Wappenmauer zum Fluß
Unterhalb des Schlosses
Johannisburg befindet sich eine massive Stützmauer zum Main hin,
auf der ein zwei mal drei Meter großes Wappen des Bauherrn in
Sandstein ist. Auf dem oberen Bild, von der Mainbrücke aus
aufgenommen, ist der Ort des Wappens ca. 10 m über den geparkten
Autos gut zu erkennen. Das Wappen zeigt die Jahreszahl 1607 und
ist, da es sich um einen Teil der Fundamentkonstruktion handelt,
der älteste Beleg für den Baubeginn des darüber aufragenden
Schlosses (die Fundamente wurden tatsächlich aber schon 1605
begonnen, das ist der eigentliche Baubeginn). Die Inschrift unter
dem Wappen lautet: IOES SUICARDUS D G A M P E AO 1607,
ausführlicher: IOANNES SUICARDUS DEI GRATIA ARCHIEPISCOPUS
MOGUNTINUS PRINCEPS ELECTOR ANNO 1607, übersetzt: Johannes
Schweikhard, von Gottes Gnaden Erzbischof von Mainz und
Kurfürst, im Jahre 1607.
Johannes Schweikhard, Erzbischof von Mainz und Kurfürst, hat einen aus dem Mainzer Rad und dem Kronenstamm-Stammwappen gevierten Schild. Dabei benutzt er charakteristischerweise ein Mainzer Rad mit 8 Speichen, obwohl das Mainzer Rad eigentlich - und in neuerer Zeit wieder - sechs Speichen hat. Das Wappen ist geviert, Feld 1 und 4: in Rot ein silbernes, achtspeichiges Rad, Erzstift Mainz, Feld 2 und 3: erneut geviert, Feld a: in Rot eine goldene Krone, Feld b und c: in Silber vier (2:2) blaue Eisenhütlein, Feld d: ledig und rot. Dazu gehören drei Helme, Helm 1 (Mitte): auf einem roten Kissen eine Bischofsmütze (Inful), Helm 2 (rechts): auf einem roten, hermelingestulpten Turnierhut ein aufrecht stehendes silbernes Rad mit 8 Speichen (fehlt), Helm 3 (links): auf dem Helm ein schwarzer Federbusch, auch als eine schwarze Zirbelnuß interpretiert (fehlt). Alle Helmdecken sind rot-silbern.
Johann Schweikhard von Kronberg - Werdegang
eines Kurfürsten
Geb. 15.7.1553 als Sohn von
Hartmut von Kronberg, Kurmainzer Marschall, Großhofmeister und
Oberamtmann zu Höchst und Hofheim
1564 Domvikar
1566 Stiftsherr von St. Alban in Mainz
Ausbildung am Collegium Germanicum zu Rom
1576-1589 Propst des Stiftes St. Peter
1582 Domkapitular und Dechant
1588 war er Propst von St. Alban in Mainz
1599 Propst des Marienstiftes, Kämmerer des weltlichen Gerichtes
des Erzstiftes Mainz
17.2.1604 Wahl zum Erzbischof und Kurfürst von Mainz, damit
Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation
1605 Belehnung mit dem Erzstift Mainz
zwar gemäßigter und um Ausgleich bemühter, aber konsequenter
Anhänger der Gegenreformation, Rekatholisierung, Förderung der
Jesuiten und der Kapuziner. Erbarmungsloser Hexen-Verfolger.
Gest. 17.9.1626, letzte Grabplatte im Westchor des Mainzer Domes.
Zur
Übersicht ein Ausschnitt aus der Liste der Mainzer Erzbischöfe
und Kurfürsten:
Berthold von Henneberg
(1484-1504)
Jakob von Liebenstein (1504-1508)
Uriel von Gemmingen (1508-1514)
Kardinal Albrecht von Brandenburg (1514-1545)
Sebastian von Heusenstamm (1545-1555)
Daniel Brendel von Homburg (1555-1582)
Wolfgang von Dalberg (1582-1601)
Johann Adam von Bicken (1601-1604)
Johann
Schweikhard von Kronberg (1604-1626)
Georg Friedrich von
Greiffenclau (1626-1629)
Anselm Casimir Wambolt von Umstadt (1629-1647)
Johann Philipp von Schönborn (1647-1673)
Lothar Friedrich von Metternich-Burscheid (1673-1675)
Damian Hartard von der Leyen (1675-1678)
Karl Heinrich von Metternich-Winneburg (1679-1679)
Anselm Franz von Ingelheim (1679-1695)
Lothar Franz von Schönborn (1695-1729)
Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1729-1732)
Philipp Karl von Eltz (1732-1743)
Johann Friedrich Karl von Ostein (1743-1763)
Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763-1774)
Friedrich Karl Joseph von Erthal (1774-1802)
Literatur,
Links und Quellen:
Siebmachers
Wappenbücher
Christian Ottersbach: Frankfurt & Rhein-Main, Burgen und
Schlösser in und um Aschaffenburg, Darmstadt, Mainz, Taunus und
Wetterau, Michael Imhof Verlag, Petersberg 2010, ISBN
978-3-86568-452-3, S. 85-87
Alfred F. Wolfert, Aschaffenburger
Wappenbuch, Veröffentlichung des Geschichts- und Kunstvereins
Aschaffenburg e. V., Aschaffenburg 1983, S. 87-90
Johann Schweikhard von Kronberg: http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Schweikhard_von_Kronberg
Johann Schweikhard von Kronberg: http://www.regionalgeschichte.net/bibliothek/texte/biographien/kronberg-johann-schweikard-von.html
Johann Schweikhard von Kronberg: http://www.deutsche-biographie.de/sfz37493.html
Generalsanierung 2015 ff.: http://www.mittelbayerische.de/bayern-nachrichten/243-millionen-euro-fuer-johannisburg-21705-art1289132.html - http://www.burgerbe.de/2015/10/13/schloss-johannisburg-wegen-sanierung-drei-jahre-lang-teilweise-geschlossen-29238/#more-29238
Schloß Johannisburg: Treppentürme - Schloß: Sockel - Schloß auf 1001 Rädern - Schönborner Hof
Wappen der Herren von Kronberg - Kronenstamm - Flügelstamm - Ohrenstamm
Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1) - Teil (2) - Teil (3) - Teil (4)
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