Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1119
Höchst (Hessen, Stadtteil von Frankfurt)

Höchst, Cronberg-Haus (Kronberger Haus)

Das sog. Kronberger Haus ist eines von mehreren Anwesen, die der Familie in der Stadt Höchst gehörten, und davon das älteste. Das Anwesen in der heutigen Bolongarostraße 152 wurde schon 1326 von der Familie Cronberg gekauft. Das Haus selbst wurde im Auftrag Franz I. von Cronberg (gest. 1605) 1577 - 1580 erbaut. Einst hatte es wie der Dalberger Hof ebenfalls ein weiteres Geschoß aus Fachwerk, welches nach einem Brand 1812 nicht wieder ersetzt wurde. Heute ist hier das Porzellanmuseum untergebracht.

 

An der Fassade befindet sich ein modernes Wappen Cronberg, geviert. Feld 1: In Rot eine goldene Krone. Feld 2 und 3 in Silber 4 (2:2) blaue Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordneter Eisenhutfeh), Feld 4: Rot. Helmzier wäre ein schwarzer Federbusch, auch als eine schwarze Zirbelnuß interpretiert. Helmdecken wären rot-silbern.

Im Hof (Durchfahrt rechts) befindet sich eine Wappentafel mit den Vollwappen Cronberg und Hattstein sowie acht Wappenschilden. Diese Tafel wurde im 2. Weltkrieg zerstört und ist wieder zusammengeflickt worden. Die stark beschädigte alte Tafel ist mittlerweile innen im Haus im Treppenhaus angebracht. Heute ist am rückwärtigen Gebäude seit wenigen Jahren eine perfekt ergänzte Kopie zu sehen. Insbesondere die Bügelhelme, der obere Abschluß und die Helmzier des heraldisch rechten Vollwappens waren bei der alten Platte beschädigt, und die Wappen der Ahnenprobe waren teilweise zusammengestückelte Fragmente. Die neue Tafel hingegen vermittelt einen perfekten Eindruck, ist aber, wie weiter unten erläutert werden soll, keine vollständige Rekonstruktion.

Das zentrale Wappenpaar steht für Franz v. Cronberg (1545-22.2.1605) und seine Frau Catharina v. Hattstein. Dieses Ehewappen wird seitlich in zwei Spalten begleitet von einer Ahnenprobe aus acht Wappenschilden, die es bei näherem Hinsehen in sich hat: Mit der Vorgabe von acht Wappenschilden, ein übliches Maß bei Ahnenproben, stellen wir bei Ehepartnern die Großeltern-Generation dar, vier Großeltern für jeden Ehepartner.

Die Elterngeneration umfaßt Hartmut XIII. v. Cronberg (-3.5.1591), Barbara v. Sickingen (1519-1.3.1567), Dieter v. Hattstein und Margarete Rüdt v. Collenberg. Die Großelterngeneration der Vorfahren der beiden umfaßt Hartmann v. Cronberg (-7.8.1549) aus dem Kronenstamm, Anna v. Cronberg (-14.4.1551) aus dem Flügelstamm, Schweikhard v. Sickingen (4.11.1500-1.11.1562), Anna v. Handschuhsheim (1500-25.7.1539), Johann v. Hattstein (-11.1.1540), Margarete v. Erlenbach (-11.1.1544), Eberhard Rüdt v. Collenberg (-29.10.1567) und Margarete Küchenmeister von Gamburg (-21.1.1554). Die Auflistung zeigt, daß von den acht seitlich angeordneten Schilden nur die oberen vier zu den tatsächlichen, oben gelisteten Vorfahren passen, und zwar zu den vier Großeltern jeweils väterlicherseits. Dazu unten mehr, beschäftigen wir uns zunächst mit dem, was offensichtlich stimmt.

Die Inschrift lautet: "ACH GOT(T) VND HERR DVRCH DEIN GEWALT MIT GNAD VND GLÖCK DI(E)S HAVS ERHALDT SAMPT ALLEM WAS GEHÖRT DARZV DAS SEGNE O HERR IHESV CHRIST IM GVTHEM FRI(E)DT VND RVHE AMEN 1580".

Das Cronberg-Wappen ist geviert, Feld 1: in Rot eine goldene Krone, Feld 2 und 3: in Silber 4 (2:2) blaue Eisenhütlein (silbern-blauer pfahlförmig angeordneter Eisenhutfeh), Feld 4: rot und ledig. Helmzier ein schwarzer Federbusch, auch als eine schwarze Zirbelnuß interpretiert. Helmdecken rot-silbern. Das Wappen der von Hattstein ist nach Siebmacher, Nassauer Adel, von Rot und Silber fünffach schräggeteilt. Helmzier ein wie der Schild bez. Flug. Nach Siebmacher, Nassauer Adel, laufen die Schrägteilungen des Fluges spiegelbildlich nach oben zur Mitte, hier umgekehrt. Helmdecken rot-silbern.

     

Details der seitlich angeordneten Schilde: Abb. oben ganz links, Details unten: Optisch linke Seite, oberer Teil. Der obere Schild steht für den Vater des Ehemannes, Hartmut XIII. v. Cronberg (-3.5.1591), sowie für seinen Großvater, Hartmann v. Cronberg (-7.8.1549) aus dem Kronenstamm, und der zweite Schild von oben auf der optisch linken Seite steht für Anna v. Cronberg (-14.4.1551) aus dem Flügelstamm. Abb. Mitte rechts, Details weiter unten: Der obere Schild steht für den Vater der Ehefrau, Dieter v. Hattstein, sowie für ihren Großvater, Johann v. Hattstein (-11.1.1540), und der zweite Schild von oben auf der optisch rechten Seite steht für des letzteren Frau Margarete v. Erlenbach (-11.1.1544), in Rot eine silberne, goldenbewehrte Gans. Abb. Mitte links: Optisch linke Seite, unterer Teil. Abb. ganz rechts: Optisch rechte Seite, unterer Teil.

 

Vier Schilde stimmen mit der Genealogie überein, die anderen vier jedoch nicht. Wie paßt das nun zusammen? Es nährt sich der begründete Verdacht, daß wir es aufgrund der zwischenzeitlichen Zerstörung des Steines nur noch mit einem Fragment zu tun haben. Denn wichtige Wappen aus der Eltern-Generation wie von Sickingen und Rüdt von Collenberg tauchen nicht auf; dafür tauchen Wappen auf, die sich nicht in eine 8er-Ahnenprobe einordnen lassen, deren Zusammenhang jedoch in der Literatur verifiziert ist. Ein Fehler bei der Herstellung des Steines ist ebenso unwahrscheinlich wie die Hypothese, daß die publizierte Genealogie falsch sei oder daß der Stein nach seiner Beschädigung derart falsch zusammengeflickt worden sei, daß neue Inhalte auftauchten. Die einzig mögliche und sinnvolle Erklärung ist eine ganz andere: Wir haben es hier nur noch mit dem Fragment einer einstigen 16er-Ahnenprobe zu tun! Aufgrund der Auswahl der noch vorhandenen Wappen muß jeweils rechts und links außen einmal noch eine Spalte mit je vier weiteren Wappenschilden gewesen sein, die heute verloren sind.

 

Was müssen wir suchen? Die nächstzurückliegende Generation der Urgroßeltern, je acht für jeden Ehepartner, umfaßt Johann VII. von Cronberg aus dem Kronenstamm, Klara von Helmstadt, Philipp VI. von Cronberg aus dem Flügelstamm (-4.8.1510), Katharina von Bach-Bintzburg (-19.10.1525), Franz I. von Sickingen (2.3.1481-7.5.1523), Hedwig von Flersheim (-9.1.1515), Dieter VI. von Handschuhsheim, Gertrud von Gemmingen (-1524), Marquard von Hattstein (-1514), Maria Wais von Feuerbach, Dieter von Erlenbach (-20.10.1507), Anna von Reiffenberg (-29.12.1503), Thomas Rüdt von Collenberg (kurmainzischer Kämmerer und Hofmeister), Margareta Horneck von Hornberg, Hans Küchenmeister von Gamburg (-5.7.1522) und Magdalena von Seinsheim (-1.8.1517).

Die Logik der Ahnenprobe ist, daß die Plätze von oben nach unten und von innen nach außen befüllt werden, daß die Wappen näher am Probanden einen höheren Platz bekommen und daß das Wappen des Ehemannes jeweils vorrangig behandelt wird. Damit ergibt sich folgendes ursprüngliches Bild vor der Zerstörung, jeweils von oben nach unten:
1. Spalte, ganz links außen, v. Sickingen, v. Handschuhsheim, v. Flersheim, v. Gemmingen
2. Spalte, links, v. Cronberg, v. Cronberg, v. Helmstadt, v. Bach
3. Spalte, rechts, v. Hattstein, v. Erlenbach, v. Feuerbach, v. Reiffenberg
4. Spalte, ganz rechts außen, Rüdt von Collenberg, Küchenmeister von Gamburg, Horneck von Hornberg, v. Seinsheim

Davon sind heute nur noch die beiden inneren Spalten vorhanden:
2. Spalte, links, v. Cronberg, v. Cronberg, v. Helmstadt, v. Bach
3. Spalte, rechts, v. Hattstein, v. Erlenbach, v. Feuerbach, v. Reiffenberg

Entsprechend stehen die vier weiter oben zugeordneten oberen Wappenschilde auch für die Urgroßeltern Johann VII. von Cronberg aus dem Kronenstamm, Philipp VI. von Cronberg aus dem Flügelstamm, Marquard von Hattstein und Dieter von Erlenbach.

 

Mit dieser Logik können wir auch die vier unteren Wappen gut identifizieren: Das dritte Wappen von oben heraldisch rechts (Abb. oben links) ist der Wappenschild der zum Kraichgauer Adel gehörenden von Helmstadt (Helmstatt), in Silber ein flugbereiter (auffliegender) schwarzer Rabe (Otto Hupp, Münchener Kalender 1918; Siebmacher Band: Bad Seite: 9 Tafel: 7, Band: Bay Seite: 12 Tafel: 6, Band: Lot Seite: 27 Tafel: 19; Scheiblersches Wappenbuch Folio 119). Das unterste Wappen auf der heraldisch rechten Seite (Abb. oben rechts) ist der Wappenschild der aus dem Badischen stammenden von Bach, in Blau (je nach Quelle wird auch Silber angegeben) ein von Silber und Rot viermal gestücktes Ammonshorn ("Meerschnecke", auch Steinbockshorn, später ein ebenso geformter Hut) mit goldenem Rand unten. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen oder blau-silbernen Decken (je nach Quelle) ein von Silber und Rot viermal gestücktes Ammonshorn (Scheiblersches Wappenbuch Folio 381, Julius Kindler von Knobloch: Oberbadisches Geschlechterbuch, Band 1, S. 25-27, Siebmacher Band: Bay Seite: 68 Tafel: 73, Band: WüA Seite: 9 Tafel: 1, Band Band: WüA Seite: 243 Tafel: 135, Band: Bad Seite: 86 Tafel: 51, Berliner Wappenbuch, Alberti S. 31, Conrad Grünenberg). Katharinas Eltern waren Bernhard von Bach-Bintzburg (Binzburg in der Ortenau bei Offenburg) und Elisabeth von Auerbach. Die Edlen von Bach waren die Nachfolger der Freiherren von Bintzburg. Die Herrschaft Bintzburg bestand bis 1806, dazu gehörten Hofweier, Niederschopfheim und Teile von Schutterwald. Die Besitzgeschichte ist kompliziert, zu den Erben gehören die von Cronberg und später die von Dalberg und zuletzt 1805 - wieder ganz vereinigt - die von Franckenstein. Katharinas Grabstein ist übrigens in Oppenheim in der Katharinenkirche zu sehen.

 

Das dritte Wappen von oben heraldisch links (Abb. oben links) ist der Wappenschild der Wais von Fauerbach oder Feuerbach, in Silber ein blauer Löwe. Das hier nicht dargestellte Kleinod wäre zu blau-silbernen Decken ein silberner, beiderseits mit einem blauen Löwen belegter Flug (Aschaffenburger Wappenbuch, Tafel 39 Seite 222; Siebmacher Band: NaA Seite: 40 Tafel: 67, Rietstap). Das unterste Wappen auf der heraldisch linken Seite (Abb. oben rechts) ist der Wappenschild der einst im Westerwald und Taunus ansässigen von Reiffenberg, rot-silbern fünfmal schräggeteilt, darüber ein blauer, dreilätziger Turnierkragen. Die hier nicht dargestellte Helmzier wäre zu rot-silbernen Decken rechts ein schwarzes, links ein silbernes Eselsohr (Siebmacher Band: NaA Seite: 9 Tafel: 12, Band: NÖ1 Seite: 375 Tafel: 208; Otto Gruber: Wappen des mittelrheinisch-moselländischen Adels).

Mit dieser Genealogie ergeben sich interessante Querverbindungen: Franz von Cronberg und Katharina von Hattstein begegnen uns mit ihrem Ehewappen außerdem noch in Wörth am Main, am historischen Rathaus. Ihre Vorfahren Thomas Rüdt von Collenberg und Margareta Horneck von Hornberg tauchen auch in der Ahnenprobe am Eingangsportal von Schloß Mespelbrunn auf und ebenso in der Ahnenprobe des Würzburger Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn auf der Festung Marienberg, an der Innenhof-Wand, ebenso an seinem Epitaph im Würzburger Dom, und natürlich gleichermaßen am Epitaph für dessen Bruder Sebastian Echter von Mespelbrunn am gleichen Ort. Bleiben wir noch ein bißchen im Würzburger Dom: Am Epitaph für Fürstbischof Gottfried von Aschhausen ist in der Ahnenprobe ein Erlenbach-Wappen vorhanden, weil er der Ururenkel des Jeremias von Oberstein und der Dorothea von Erlenbach war, und besagte Dorothea ist eine Schwester des hier relevanten Dieter von Erlenbach, Sohn von Hans von Erlenbach und Margaretha von Crüftel und Ehemann der Anna von Reiffenberg. Das Epitaph für Katharina von Bach-Bintzburg in der Katharinenkirche zu Oppenheim wurde bereits erwähnt. Dieter von Erlenbach und Anna von Reiffenberg begegnen uns mit ihrem Epitaph mit vier Wappen in der Kirche St. Johann Baptist in Steinheim. Johann von Hattstein und dessen Frau Margarete von Erlenbach begegnen uns in der Ahnenprobe des Epitaphs für Johann Friedrich von Wolfskehl zu Vetzberg in der ev. Pfarrkirche St. Peter in Bacharach.

Genealogie des Kronenstammes
(geb. = Geburtsdatum, gest. = Sterbedatum, sonstige sind Erwähnungsdaten)

  1. Hartmut XII. von Cronberg, 1488, gest. 7.8.1549, verh. mit Anna von Cronberg aus dem Flügelstamm. Mußte 1522 die Stadt wegen der Teilnahme an der Sickingenschen Fehde gegen Trier verlassen. Gilt als Reformator der Stadt Kronberg. Lebte vorwiegend in Oppenheim bis zu seiner Rückkehr 1541, als ihm Hessen seine Herrschaft zurückgab.
    1. Walter X. von Cronberg, um 1519, gest. 14.3.1558, verh. mit Anna Riedesel von Eisenbach
    2. Philipp VIII. von Cronberg, geb. 1512, gest. 1553, Rittmeister, verh. mit Klara von Landsberg-Vinstingen
    3. Hartmut XIII. von Cronberg, vor 1517, gest. 3.5.1591, Hofmarschall und Großhofmeister in Kurmainz, Oberamtmann in Höchst und Hofheim, verh. mit 1.) Barbara von Sickingen, 2.) Margarete Brendel von Homburg.
      1. Anna von Cronberg, gest. 2.5.1549
      2. Klara Anna von Cronberg, gest. 16.7.1586
      3. Margarete von Cronberg, gest. 4.3.1590
      4. Johann Schweikart I. von Cronberg, geb. 1553, gest. 17.9.1626, geistliche Laufbahn, Kurfürst und Erzbischof von Mainz
      5. Johann Georg II. von Cronberg, geb. 4.2.1561, gest. 9.7.1608, verh. mit Anna Margret von Dalberg
      6. Hartmut XIV. von Cronberg, geb. 1550, gest. 21.6.1606
      7. Franz von Cronberg, geb. 1545, gest. 22.2.1605, Amtmann in Höchst, verh. mit Katharina von Hattstein
        1. Anna
        2. Maria Magdalena von Cronberg

Literatur:
Siebmachers Wappenbücher
M. Müller-Hillebrand: Cronberg, Geschichte eines Rittergeschlechtes und seiner Burg, Verlag Waldemar Kramer Frankfurt 1950, 3. Auflage 1984, ISBN 3-7829-0084-7
Jutta und Wolfgang Ronner: Die Herren von Kronberg an Nahe, Neckar, Rhein und Main, Selbstverlag Wolfgang Ronner 1980, ISBN 3-9800322-0-5
Wolfgang Ronner, Stammtafel der Ritter, Herren und Grafen von Kronberg, Selbstverlag Wolfgang Ronner 1981, ISBN 3-9800322-1-3
Genealogie:
http://gw.geneanet.org/cvpolier?lang=de&p=franz&n=von+kronberg und abhängige Seiten
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Theodor Stolzenberg für wichtige Hinweise und Denkanstöße
Peter Fleck: Die Niederadelsfamilie von Erlenbach - Versuch einer Genealogie, geringfügig überarbeitet und ergänzt von Theodor Stolzenberg, Bad Vilbel 2001, ergänzt Friedberg 2007, pdf Breuberg 2017, Download über die Webseite des Breuberg-Bundes:
https://breuberg-bund.jimdo.com/quellen-forschungen-erörterungen/ - pdf: https://breuberg-bund.jimdo.com/app/download/14725483022/FLECK+-+Niederadelsfamilie+Erlenbach.pdf S. 16-17.

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