Bernhard Peter
Galerie: Photos schöner alter Wappen Nr. 1117
Höchst (Hessen, Stadtteil von Frankfurt)

Schloß Höchst

Das Höchster Schloß
Einst muß es eine mächtige und repräsentative Anlage gewesen sein, wenn man die heutigen Bauten mit historischen Ansichten vergleicht. Heute dominiert vor allem ein hoher Turm das Ensemble, neben dem sich ein kleiner Bau duckt, rechtwinklig von einem Torbau begleitet. An der Nordecke der Anlage befindet sich ein in die Wohnbauten integrierter, viergeschossiger, runder Eckturm ohne Wehrcharakter, der neben dem gigantischen Bergfried aber eher zurückhaltend wirkt, da er den First des Wohngebäudes kaum überragt. Viel beeindruckender ist die Lage wie auf einer ummauerten Insel inmitten eines auf drei Seiten umlaufenden tiefen und vor allem breiten Grabens. Über diesen heute trockenen Graben führt im Nordosten eine Steinbrücke mit schöner Nepomuk-Statue. Alte Ansichten (z. B. von Wilhelm Dilich 1605, Merian-Stich von 1622, Wenzel Hollar 1636) zeigen, daß das Verbliebene eigentlich das Geringste ist - denn sowohl im Südwesten als auch im Südosten sind dreigeschossige Schloßflügel mit vielen Zwerchgiebeln zu sehen, insgesamt eine äußerst repräsentative Vierflügelanlage mit einem weiteren großen Turm. Doch von all dem sind auf der mainseitigen Terrasse über der Stadtmauer nur noch Ruinen zu erkennen, über dem Rest wächst Gras. Zerstört wurde das Schloß 1636 im 30jährigen Krieg durch schwedische Truppen. Die Trümmer wurden als Steinbuch verwendet. Heute gehört das Schloß der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und ist Sitz der Denkmalakademie.

Zurück zu den Ursprüngen: Die einstige Wasserburg der Erzbischöfe von Mainz liegt genau in der Südwestecke der rechteckig mauerumgürteten mittelalterlichen Altstadt. Von der gotischen Zollburg stammt der erhaltene, im Querschnitt runde Bergfried aus dem 14. Jh., der allen Zerstörungen getrotzt hat und eine barocke Haube mit leicht vorkragender Balustrade sowie vier Ädikulen in den Hauptachsen trägt. Heute bildet dieser Bergfried zusammen mit den wenigen verbliebenen Gebäuden aus der Renaissancezeit die Bebauung der nordöstlichen Ecke des Schloßareals. Eine Rolle spielte diese gotische Burg, als nach dem Ende der Mainzer Stiftsfehde (1461-1463) der abgesetzte frühere Erzbischof Diether von Isenburg mit einem kleinen Fürstentum abgefunden wurde, das aus Höchst, Steinheim und Dieburg bestand, alles mainzische Ämter, und er selbst im Alten Schloß von Höchst Wohnung nahm, bis ihm eine zweite Amtszeit beschieden wurde. Der Ausbau der Burg zum vierflügeligen Schloß erfolgte unter Fürstbischof Wolfgang von Dalberg zwischen 1584 und 1601. Das Schloß war Sitz der kurmainzischen Amtsleute. Davon geblieben ist ein rechteckiger Wohnbau mit schmucken, geschweiften Giebeln auf der Nordwest- und der Südostseite, ferner ein sehr elegantes Torgebäude von zwei Stockwerken Höhe mit einem Walmdach.

Hofseitig ist das Torgebäude mit der korbbogig gewölbten und mit einer geometrischen Stuckdecke verzierten Tordurchfahrt schmucklos, außen wird das Erdgeschoß durch rustizierte Halbsäulen mit toskanischen Kapitellen in vier Zonen geteilt, wobei die Tordurchfahrt von zwei schmäleren Einheiten flankiert wird und links asymmetrisch eine breitere Einheit folgt. Trotz der fünf großen Fenster im Obergeschoß und der eher palastartigen Aufmachung kann man bei näherem Hinsehen den früheren Wehrcharakter anhand der rechteckigen Aussparung für die Zugbrücke nachvollziehen. Über den Kapitellen zieht sich ein Gesims über die ganze Breite des Torgebäudes, das über der Durchfahrt halbkreisförmig hochgezogen ist und Platz für eine plastische Darstellung des Hl. Martin schafft. Rechts und links der Tordurchfahrt befinden sich Blendfelder, in denen wir linkerhand das Wappen des Bauherrn, des Erzbischofs und Kurfürsten Wolfgang von Dalberg, und rechterhand das des Mainzer Domkapitels sehen. Rechts vom Tor war eine separate Fußgängerpforte, auch als Zugbrücke gearbeitet mit entsprechendem Anschlag, links vom Tor sehen wir zwei Zwillingsfenster. Das Obergeschoß wird zwischen den fünf Fenstern und seitlich davon mit flachen Pilastern und ionischen Kapitellen vertikal gegliedert.

Das Wappen des Mainzer Domkapitels
In Silber vier rote Balken. Helmzier auf einem roten, golden bequasteten Kissen ein wie der Schild bez. sechseckiges Schirmbrett, an den fünf freien Ecken je mit einer Pfauenfeder besteckt.

Der Schild ist hier zur ovalen Kartusche geworden, deren Ränder in Renaissance-Ornamentik verlaufen: Der Schild wird beiderseits zu einer Fläche ausgezogen, auf der ein Puttenkopf angebracht ist, und davon nehmen die oben nach vorne und unten zur Seite schneckenförmig gerollten Bänder ihren Ausgang. Oben wird die Schildkartusche zu kleinen Hörnchen ausgezogen und eingebogen, unten füllen herabhängende Bänder den Zwischenraum.

Detail-Ausschnitte: Linke Abb.: Helmzier, das Schirmbrett. Rechte Abb.: Detail vom Schildrahmen mit Puttenkopf.

Das Wappen des Kurfürsten Wolfgang von Dalberg (1582-1601)
Sein Wappen ist geviert. Es verwendet nur die Komponente der Kämmerer von Worms, nicht das Dalberger Ankerkreuz:

Der Schild ist hier zur ovalen Kartusche geworden, deren Ränder in Renaissance-Ornamentik verlaufen: Rollwerk, schneckenförmig eingerollte Ausläufer, seitliche, durch Schlaufen gesteckte Fortsätze; das Muster steht weit über der ursprünglichen Funktion eines Schildes.

Hier wird das vollständige Oberwappen gezeigt: Vortragekreuz hinter dem Wappenschild senkrecht, Schwert und Krummstab hinter dem Schild gekreuzt, für die weltliche und die geistliche Macht, 3 Helme:

Es ist eine sehr interessante Darstellung gewählt, bei der auf dem Schild eigentlich nur der mittlere Helm richtig aufsitzt, während die beiden anderen Helme seitlich in dem weder technisch logischen noch korrekt tingierten Rankwerk der Helmdecken untergebracht sind ohne direkten Bezug zum Schild, wie es eigentlich korrekter wäre. Daß die Helmdecken keinesfalls beiderseits grün sind, sondern rot-silbern für Mainz und blau-golden für Dalberg sein müßten, sollte erwähnt werden.

Dafür finden wir hier eine besonders exquisite Darstellung der gestalterisch oft minderbeachteten Details wie Schwert und Krummstab, wo hier fast verliebt ins Kleinteilige gearbeitet wurde.

Detail-Ausschnitte: Linke Abb.: Schildkartusche, geviert aus Mainz und Dalberg. Rechte Abb.: Dalberg-Helmzier. Besonders schön ist an dieser Darstellung zu sehen, daß ein Adlerflug als Hilfskleinod früher keine vollständig ausgearbeitete plastische Vogelschwinge war, sondern aus Brettern, Leisten oder Lederstücken bestand, die mit Federn besteckt wurden. Und genau so ein Brett mit oben und hinten aufgesteckten Federn ist hier zu sehen, im unteren Teil ein als Halterung dienendes Brett, in das oben und hinten in Reihe Federn gesteckt sind. Die naturalistische Darstellung war zwar zur Zeit der Entstehung dieser Plastik schon gebräuchlich, ist hier aber nicht gewählt worden.

Literatur
Siebmachers Wappenbücher
http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/XML/063_Hoechst_Schloss.xml
Historische Ansicht:
http://forschung.gnm.de/ressourcen/schloesser/Html/063_%20Hoechst_Schloss_02.htm
Dehio, Hessen, 1982, S. 434
Denkmalakademie:
http://www.denkmalakademie.de/
Deutsche Stiftung Denkmalschutz:
http://www.denkmalschutz.de/

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Die Wappen der Erzbischöfe und Kurfürsten von Mainz - Teil (1)

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